Protocol of the Session on November 10, 2010

Wer den Ausführungen des Ausschusses für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten, Drucksache 17/1482, beitreten möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) tritt den Ausführungen des Ausschusses bei.

(Einstimmig)

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem 14. Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, Drucksache 17/1261, und von dem Bericht des Ausschusses für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten Kenntnis.

Farbschmierereien an öffentlichen Ge- bäuden umgehend beseitigen – Täter konsequent abschrecken

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP vom 9. Juni 2010 (Drucksache 17/1326)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Bürgermeisterin Linnert. Die Beratung ist eröffnet. Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Richter.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frage in der Kleinen Anfrage der CDU zur Schadenshöhe in Bremen konnte leider nicht beantwortet werden. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht – wozu gibt es Wikipedia? – nachzuschauen: 500 Millionen Euro an Beseitigungskosten pro Jahr, davon tragen Privateigentümer etwa 50 Prozent, also 250 Millionen Euro für die Deutsche Bahn, die Verkehrsunternehmen und die öffentliche Hand. Die BSAG hat einmal vor zehn Jahren gesagt, es entstehen Beseitigungskosten in Höhe etwa einer Million – damals waren es noch Deutsche Mark – pro Jahr.

Doch das sind nur nackte Zahlen. Geht man wieder einmal mit offenen Augen durch Bremen und Bremerhaven, dann stellt man sehr schnell fest, Vandalismusschäden sind nach wie vor an der Tagesordnung und Realität. Realität in den unterschiedlichsten Ausdrucksformen: Da gibt es die klassischen Farbschmierereien, da gibt es das Scratching – besonders betroffen sind die öffentlichen Verkehrsmittel –, und da gibt es seit einiger Zeit – neben den wilden Plakatierungen mit Aufklebern – beklebte Fassaden, aber auch Verkehrsschilder, die teilweise nicht mehr erkennbar sind und ihren Zweck nicht mehr erfüllen. Auch die Hinweistafeln auf Besonderheiten unserer Städte sind meistens beklebt. An der Bischofsnadel habe ich es heute Morgen auch festgestellt, und wenn ich dann einmal am Haus des Reichs vorbeigehe, da gibt es ja diese wunderschönen Stelen: Das Kunstwerk ist seit Monaten beschmiert und mittlerweile auch beklebt. Das ist nicht gerade schön, wenn man durch unsere Städte geht.

(Beifall bei der FDP)

Reinigung: Fehlanzeige! Geht man dann weiter, ich bleibe einmal bei diesem Beispiel, um die Ecke in den Richtweg hinein – öffentliche Gebäude sind kaum betroffen, habe ich in der „taz“ gelesen –, sieht man, dass das ganze Haus des Reichs rechts in den Richtweg hinein von vorn bis hinten beschmiert ist. Über die Beispiele von Schädigungen an öffentlichen Gebäuden könnte ich jetzt mindestens zehn Minuten reden. Ich habe einfach einmal unsere Beiräte angesprochen und bin mit Rückmeldungen überschüttet worden.

(Abg. S e n k a l [SPD]: So viele können es ja nicht sein!)

Das ehemalige Rathaus in Hemelingen, die Turnhalle Borgfeld West, das Schulzentrum Rockwinkel, und selbst das Landesamt für Denkmalpflege sind nicht nur vollgeschmiert, sondern auch in einem desolaten Zustand, was Bauschäden anbelangt. Da klingt es geradezu wie Hohn, wenn der Sprecher von Immobilien Bremen, Herr Schulz, am 22. Juni 2010 gegenüber der „taz“ erklärt, man würde keinen

Handlungsbedarf sehen. Immobilien Bremen seien gerade einmal circa zehn Fälle von Farbvandalismus an öffentlichen Gebäuden bekannt. Wo lebt Herr Schulz eigentlich? Sicherlich nicht in Bremen! Anders ausgedrückt: Wenn man für die Verwaltung von gut 2 000 Immobilien in Bremen zuständig ist und, wie heute im „Weser-Kurier“ zu lesen war, gerade 340 Mitarbeiter in eine neues Verwaltungsgebäude umziehen, sich also 340 Mitarbeiter um 2 000 Immobilen kümmern und dafür auch noch bezahlt werden, dann muss man sich auch kümmern. Ich sage Ihnen, wenn das einem privaten Verwalter passieren würde, wäre er längst seine Aufträge los.

(Beifall bei der FDP)

Es genügt einfach nicht, nur antisemitische, sexistische und rechtsextremistische Symbole und Parolen beseitigen zu lassen. Selbst das klappt ja nicht, sonst hätte es vor einigen Monaten nicht den antifaschistischen Putztag gegeben. Wissenschaftlich vor gut 15 Jahren schon evaluiert, also fast schon ein alter Hut, aber immer noch einer, der funktioniert: Nehmen Sie den Sprayern und Klebern ihre Spielwiesen! Das heißt, wenn Farbvandalismus stattfindet, dann möglichst schnell reinigen. Das ist meistens das beste Mittel. Man darf auch nicht vergessen, Sprayen oder Scratching ist oft der erste Schritt in die Kriminalität.

Übrigens, vor zehn Jahren waren es rund 80 bis 100 Anzeigen pro Monat! Da braucht man keine Kriminalstatistik, die es für diese Fälle angeblich erst seit 2008 gibt. Im Jahr 2000 gab es eine zentrale Ermittlungsgruppe, die genauere Zahlen geliefert hat. Heute sind es immer noch etwa 100 Fälle pro Monat, die zur Anzeige kommen. Im Jahr 2000 lag die Aufklärungsquote bei rund 50 Prozent. Heute ist die Aufklärungsquote weitaus niedriger. Kein gutes Zeichen! 2005 beschließt der Senat die Änderung des Bremischen Ortsgesetzes. Der damalige Innensenator Röwekamp, der im Moment nicht hier ist, sagte: Wir müssen der zunehmenden Verwahrlosung des öffentlichen Raums ein deutliches Signal entgegensetzen. Worten auch Taten folgen zu lassen, da hat ja zumindest nicht funktioniert, was man sich 2005 vorgenommen hat.

Wir reden immer wieder zu Recht über Stadtentwicklung, WiN-Projekte, Verbesserung der Wohnquartiere, das Halten von jungen Familien in unserer Stadt. Dazu gehört auch das Thema Vandalismus und das sich Wohlfühlen in den Wohnquartieren. Gestern gab es die Veranstaltung zum ersten Geburtstag des BID-Projekts Ostertor/Steintor. Wissen Sie, was die Initiatoren da auf Ihre Papiere geschrieben haben, was ein wichtiger Faktor sei? Gemeinsame Beseitigung von Farbvandalismusschäden, damit das Wohlfühlgefühl im Ostertor/Steintor wieder zunimmt, und das ist richtig!

Ein Beispiel: Wir reden über öffentliche Gebäude. Ich fasse öffentliche Gebäude aber ein wenig weiter

als nur jene, die von IB Bremen verwaltetet werden. Dazu gehören auch die Brückenbauwerke und manches andere von der Deutschen Bahn, der BSAG et cetera. Fahren Sie einmal in die Stadt hinein, wenn Sie von der Autobahnabfahrt Vahr kommen! Dann kommen Sie durch den Concordia-Tunnel, der nach jahrelanger Bauzeit fertiggestellt wurde. Kurz vor Beendigung ein erstes Tag, und jetzt von vorn bis hinten voll beschmiert, die Brückenbauten oben und die Gebäude rundherum auch! Es ist ein schönes Zeichen für Besucher, die durch dieses Einfalltor in unsere Stadt in Richtung Stadtmitte kommen.

Eigentlich hatte ich mit Herrn Hinners etwas vereinbart. Er wollte heute eine Spraydose mitbringen und damit die Ausdrucksform seines freien künstlerischen Geistes vorstellen. Ich habe hier keine Butterbrotdose, sondern Graffitireinigungstücher dabei. Ich wollte zeigen, wie man diese „Kunst” dann CO2-frei wieder beseitigt. Aber wir holen das nach. Es ist ja nicht aufgehoben.

Wir bitten ganz einfach im Interesse der Stadt, unserer Bürgerinnen und Bürger und unserer Besucher, dass diesem Thema wirklich mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Wir bitten Sie, unserem Antrag zu folgen. Frau Bürgermeisterin Linnert hat in ihrem Haus – weil ich das Mittel nicht umsonst mitgebracht haben möchte – vielleicht jemanden, der damit umgehen kann!

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Kröhl.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will es gar nicht spannend machen, ich will Ihnen vorweg gleich sagen, wir lehnen den Antrag ab. Ich glaube, man muss erst noch einmal darauf hinweisen, dass wir heute nicht über Vandalismus im gesamten Stadtgebiet Bremen reden, sondern dass uns ein Antrag zum Thema Graffiti und Farbschmierereien vorliegt. Auch da muss man sich wohl der Mühe unterziehen, dass Graffiti und Farbschmierereien ebenfalls zu unterscheiden sind. Mir zum Beispiel ist bekannt, dass es ganz tolle Graffiti gibt, die sogar als Kunst bezeichnet werden und die auch ganz legal an bestimmten Flächen angebracht sind. Daneben gibt es illegale Graffiti.

(Abg. D r. M ö l l e n s t ä d t [FDP]: Ja, um die geht es!)

Nun müssen wir uns überlegen, wie wir damit umgehen, aber mit Sicherheit, meine Herren Kollegen von der CDU und von der FDP, nicht so, wie Sie sich das denken! Sie schreiben nämlich in Ihrem Antrag, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

„die von der Stadt betreuten Gebäude regelmäßig zu kontrollieren“. Ich stelle mir das gerade einmal vor, dass wir Frau Bürgermeisterin Linnert zukünftig abstellen, damit sie immer durch die Stadt geht und schaut, wo die Gebäude beschmiert sind.

Dann schreiben Sie in Ihrem Antrag weiter „Farbschmierereien unverzüglich zu beseitigen“.

(Abg. D r. M ö l l e n s t ä d t [FDP]: Möchten Sie denn, dass die Graffiti darin sind, oder nicht?)

Wir sind uns alle einig, dass bestimmte Farbschmierereien –

(Abg. D r. M ö l l e n s t ä d t [FDP]: Können daranbleiben!)

nun seien Sie einmal einen Augenblick still und halten Sie Ihren Mund! –

(Heiterkeit)

von Nazisymbolen unverzüglich beseitigt werden müssen. Alle anderen Dinge werden dann aber im Rahmen der Gebäudesanierung mit beseitigt. Mehr können wir gar nicht bezahlen. Das kostet nämlich auch alles Geld, und ich sehe dann schon Herrn Schrörs, der uns wieder sagt, dass wir das Geld an der falschen Stelle ausgeben und die GEWOBA verkaufen sollen. Also, so machen wir das nicht!

Das Graffitigesetz ist im Jahr 2005 verbessert worden. Das hat nichts gebracht. Die Polizei stellt nüchtern fest, dass es keinerlei Vorteile geschaffen hat.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Buhlert?

Ja, bitte!

Bitte Herr Dr. Buhlert!

Sie haben gesagt, Sie wollen einiges nur im Rahmen der normalen Pflegeaufwendungen machen. Wie wollen Sie da denn bei beklebten Verkehrsschildern beispielsweise die Verkehrssicherheit gewährleisten? Ist da nicht eine unverzügliche Säuberung notwendig?

Ich gehe davon aus, dass in dem Moment, in dem die Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet ist, die zuständigen Behörden tätig werden. Das müssen wir hier aber nicht extra

beschließen, und dafür müssen wir auch kein Strafmaß extra festlegen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das läuft im Rahmen der ganz normalen Tätigkeiten.

Frau Abgeordnete Kröhl, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Buhlert zu?

Wenn es ihm dient, gern!

Bitte, Herr Dr. Buhlert!

Es ist schlichtweg die Frage, ob Sie wirklich ernsthaft meinen, dass sich Ihre Hoffnung mit der Beobachtung der Bevölkerung deckt!

Es gibt gefühlte Sicherheit, das wissen Sie auch, und reale Sicherheit. Das Ganze schlägt sich immer in den Statistiken nieder, die dann ganz anders aussehen. Wenn die Verkehrssicherheit nicht gefährdet ist, kann auch der Button erst einmal ein bisschen daranbleiben. Wenn die Verkehrssicherheit gefährdet ist, muss der Button sofort entfernt werden. Das entscheiden aber nicht Sie, und das entscheide nicht ich, sondern das entscheiden die zuständigen Behörden.

Es handelt sich bei den Graffitizahlen, die festgestellt worden sind, um Sachbeschädigungen. Darum können wir gar nicht so genau erfassen: Was ist Graffiti, was ist dies, was ist das? Das heißt einfach Sachbeschädigung. Dann müssen Sie wissen, dass die Täter in der Regel nicht bekannt sind. Wissen Sie, warum? Graffitimaler sind nämlich nachts unterwegs,

(Abg. D r. M ö l l e n s t ä d t [FDP]: Ach was! Das ist uns gänzlich verborgen geblieben!)