Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit dem Vorliegen des 3. Fortschrittsberichts zur Umsetzung von Gender-Mainstreaming in der bremischen Verwaltung können wir inzwischen auf einen achtjährigen Einführungs- und Umsetzungsprozess blicken. Im Februar 2002 haben wir hier im Haus beschlossen, Gender-Mainstreaming schrittweise einzuführen. Das war damals ein wichtiger Beschluss für die Geschlechterdemokratie.
2003 wurde von der eingerichteten ressortübergreifenden Arbeitsgruppe unter Federführung der Senatorin für Finanzen und unter Mitwirkung der ZGF ein Konzept zur Umsetzung vorgelegt und auch beschlossen. Nach einer zweijährigen Pilotphase, in der alle Ressorts in frei gewählten Bereichen GenderMainstreaming erproben sollten, wurde schon einiges deutlich sichtbar, nämlich: Die Einführung des Prozesses traf auf unterschiedliche Akzeptanz. Zweitens hatten die Pilotprojekte unterschiedliche Qualität – das galt für die Auswahl eines Projektes sowie auch für die Durchführung –, und die Pilotphase hatte zum Ziel, dass Instrumente und Standardverfahren entwickelt werden, damit Gender-Mainstreaming verbindlich eingeführt werden kann.
Ich denke, es war richtig, Gender-Mainstreaming schrittweise einzuführen und diesen Prozess nicht im Blitzverfahren zu verordnen. Für uns Grüne kann ich dazu nur sagen, uns ist es wichtig, die Menschen bei diesem Prozess und bei der Umsetzung von GenderMainstreaming auch mitzunehmen. Ich habe nicht den Anspruch, Frau Ahrens, die Vorgesetzten sozusagen per se zu verdonnern und zu sagen, ihr müsst das jetzt machen. Ich finde es richtig, wenn es gekoppelt und verbunden miteinander ist, aber wenn ich hier die Genderkompetenz auch einmal im Haus beurteile, denke ich, fehlt es auch noch an einigem.
Ebenso möchten wir, dass die von der Umsetzung Beauftragten davon überzeugt sind, dass GenderMainstreaming ein wirksames gleichstellungspoliti
sches Instrument ist. Die gezielten Fortbildungen in diesem Bereich haben dazu beigetragen, dass die Umsetzung bei vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht nur auf Akzeptanzsteigerung für diesen Prozess gestoßen ist, sondern viele verteidigen diesen Prozess inzwischen nicht nur, sondern befürworten ihn auch. Viele sagen, denke ich auch, dass die Auswirkungen, die sie jetzt erkennen, vorher für sie nicht so sichtbar gewesen sind, denn viele Themen, die zuerst geschlechtsneutral angesehen werden, zeigen bei näherer Betrachtung durchaus eine unterschiedliche Wirkung auf die Geschlechter. Damit wird vielen auch deutlich, dass die Berücksichtigung der Geschlechterperspektiven nicht nur eine qualitative Verbesserung von Verwaltungsaufgaben mit sich führt, sondern auch die Möglichkeit, Mittel zielgenauer einzusetzen, und das ist auch ökonomisch sinnvoll.
Es ist zum Beispiel schon seit Jahren in der Arbeitsmarktpolitik bei mit EU-Geldern geförderten Programmen eine Vorgabe, Gender-Mainstreaming zu berücksichtigen. Als Koalition nehmen wir neben Migrantinnen und Migranten sowie älteren Beschäftigten besonders auch die Frauen in den Fokus. Das hat nicht nur zum Ziel, dass diese Gruppen auch an den Arbeitsmarktprogrammen partizipieren, sondern auch, dass jeder Schritt nach Gender-Mainstreaming beurteilt wird.
Jetzt kommen wir zu dem Offshore-Hafen, Herr Dr. Möllenstädt! Gerade in der letzten Deputationssitzung haben wir zum Fachkräftemangel beschlossen, dass Frauen gerade auch in den Bereichen besonders gefördert werden. Ich erinnere Sie daran, das hat nämlich noch einmal sichtbar gemacht, dass in dem Bereich die Frauen als Fachkräfte unterrepräsentiert sind, und dem wirken wir damit entgegen.
Flankieren werden wir diese Programme, und das haben wir auch beschlossen, zusätzlich mit dem Chancengleichheitsprogramm für Frauen. Gender-Mainstreaming und Frauenförderung sind in dieser Doppelstrategie für uns unverzichtbare Instrumente für die Gleichstellungspolitik.
Einen Schwerpunkt im letzten Berichtszeitraum bildete die Einführung von Gender-Budgeting im Bereich des Zuwendungswesens, mit dem Ziel, künftig eine geschlechtssensible Vergabe von Projektmitteln und Zuwendungen zu erreichen. Meine Kolleginnen haben ja schon auf die Gender-Bilanz in der Sportförderung hingewiesen. Auch das hatte ich mir als Beispiel aufgeschrieben, weil es uns alle wirklich fast umgehauen hat, welch eine Wandlung es dort gegeben hat, und das habe ich demjenigen auch gesagt. Ich denke, da habe ich auch noch die Hoffnung, dass sich viele in dem Bereich auch noch wenden. Auch für manche Kollegen habe ich die Hoffnung, dass Frauenförderung und Gender-Mainstreaming
doch noch auseinandergehalten werden und dass ich sie dafür begeistern kann. Ich gebe jedenfalls nicht auf, daran zu arbeiten!
Besonders, denke ich, in Zeiten knapper Kassen und Haushaltskonsolidierung – also gerade dann, wenn es nicht mehr darum geht, weniger, sondern anders zu verteilen – ist Gender-Budgeting ein wichtiges Instrument, das wir hier auch weiterverfolgen werden und bei dem wir uns dafür einsetzen, dass es hier auch weiter implementiert wird.
Ich komme gleich zum Schluss! Das Beispiel mit der Sportförderung habe ich schon genannt. Ich denke, dass wir beim nächsten Fortschrittsbericht deutlich einen Schritt weiterkommen werden, denn ich merke auch, dass die Akzeptanz wirklich in vielen Bereichen – nicht nur in der Sportförderung – größer geworden ist.
Ich denke, unsere Aufgabe hier als Parlamentarierinnen und Parlamentarier ist es, darauf hinzuwirken, dass diese Akzeptanz breiter wird und auch selbst daran zu arbeiten, dass unsere Gender-Sensibilität größer wird, auch wenn manches nicht verstanden wird, nicht nur darüber zu lächeln, sondern auch einmal einen Moment darüber nachzudenken, wo die Geschlechterperspektive versteckt ist. – Vielen Dank!
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort gebe, möchte ich auf der Besuchertribüne eine Gruppe der Jungen Union aus Bremen und Niedersachsen begrüßen. – Herzlich willkommen in der Bremischen Bürgerschaft!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will den Einstieg in diese Debatte einmal ein wenig anders wählen! Es ist vorhin angedeutet worden, das Gender-Mainstreaming habe nun die Verwaltung von oben nach unten und von unten nach oben durchdrungen und würde uns noch viel Freude bereiten. Das hat Frau Arnold-Cramer gesagt, ich glaube das allerdings auch, weil nach unserer Auffassung und unserem Eindruck doch die Schwierigkeit darin besteht, diesen Zusammenhang insgesamt dort auch zu vermitteln. Wenn ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
es Ihnen tatsächlich nur um ein gerechtes Geschlechterverständnis ginge und um Verständnis für die Unterschiedlichkeit der Geschlechter, würde ich das durchaus unterstützen.
Ich freue mich auch, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich gerade bei der SPD und bei den Grünen einiges bewegt hat. Gerade in der nächsten Zeit werden wir ja auch noch über Fragen wie etwa geschlechtspezifische Pädagogik diskutieren, die, wie ich finde, eine sehr richtige Sache ist.
(Abg. Frau H o c h [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Gerade die Unterschiedlichkeit ist doch wichtig! Schauen Sie sich das in der Medi- zin an!)
Wir haben in den vergangenen Jahren ganz oft den Eindruck gehabt, dass unter dem Titel Gender-Mainstreaming viele Dinge in die Verwaltung hineingebracht wurden, die damit eigentlich originär gar nichts zu tun haben. Insbesondere können Sie das in dem Bereich des von Ihnen sehr gepriesenen Gender-Budgeting sehen. Wir haben durchaus den Eindruck, dass dort auf dieser ideellen Basis Dinge entschieden werden können, die am Ende nicht mehr sachgerecht sein können.
Sie haben die Arbeitsmarktprogramme genannt. Ich glaube, da muss man auch wenig vorsichtiger sein. Sie haben vor zwei Jahren gesehen, Sie haben Gender-Mainstreaming so verstanden, dass Sie einfach schlicht eine Frauenquote festgelegt haben, die dann am Ende noch nicht einmal erreicht und in einzelnen Programmen sogar drastisch unterschritten wurde. Den guten Willen will ich Ihnen gar nicht absprechen, aber ich glaube, dieses Konzept ist nicht ausgereift, um es wirklich durchgängig und in gleicher Weise auch in den einzelnen Verwaltungen umzusetzen.
Insofern glaube ich schon, dass man dann am Ende auch einmal schauen muss, nicht ganz viele unterschiedliche Projekte mit ganz unterschiedlichen Themen und ganz unterschiedlichen Ansätzen zu fördern und auch zu finanzieren, sondern dass man die Dinge, die es gibt, auch zusammenführt. Ein Vorschlag wäre zum Beispiel: Es gibt bereits einen Arbeitskreis, der sich mit gendergerechter Schule im Bildungswesen beschäftigt. Der müsste eigentlich sehr eng mit der Frage der geschlechtsspezifischen Pädagogik verzahnt werden, für die wir uns ja auch sehr aussprechen. Da sehen wir nur nicht den Zusammenhang, den Sie hier eigentlich herstellen müssten, sondern Sie tun das eine, Sie tun das andere, aber die
Zusammenführung fehlt am Ende. Ich glaube, man muss sehr intensiv daran arbeiten, zumal das gesamte Genderkonzept in der öffentlichen Debatte auch in der Kritik steht. Sehr lesenswert dazu ist, der Journalist Harald Martenstein hat jüngst in einer Veröffentlichung geschrieben: „Gender-Politik und Voodoo laufen auf das Gleiche hinaus.“
In der Tat lohnt es sich, einmal auch wirklich das Verständnis herauszuarbeiten, was wir eigentlich in die Verwaltung tragen wollen. Ich glaube, das wäre die Aufgabe für die nächsten Jahre, hieran zu arbeiten, dass nicht nur eine Verbreitung von doch sehr diffusem Wissen stattfindet, sondern tatsächlich eine Konzentration auf das Notwendige. Für Sensibilität sind wir immer zu haben, wenn es darum geht, aber man muss es eben auch mit den richtigen Mitteln tun, und vor allen Dingen auch im Rahmen von vertretbaren Kosten.
Ich hatte bereits eingangs gesagt, ich habe meine Zweifel, dass Sie bereit sind, auch die Kosten einfach einmal offenzulegen. Dies wäre auch ein Fall von Transparenz, dass man einmal darlegt, was dieser Genderprozess bisher gekostet hat, um letzten Endes auch den Nutzen der einzelnen Maßnahmen bewerten zu können. Ich glaube aber auch, das habe ich eingangs auch gesagt, dass unter dem Deckmantel von Gender auch viele Dinge umgesetzt werden sollen, die vielleicht gar nicht unbedingt etwas damit zu tun haben.
Ich habe neulich einmal gefragt, wie viel dieser Einführungsprozess allein für das Gender-Budgeting bisher gekostet hat. Da hieß es dann, es ginge ja gar nicht darum, das wollte man nicht sagen, im Übrigen sei das aber ein Instrument, um Geld zu sparen. Ja, gut, das ist aber etwas anderes! Dann sollte man vielleicht von vornherein sagen, dass dies eine Methode sein soll, um Budgets zu reduzieren. Das werden Sie uns sicherlich in der einen oder anderen Frage auf Ihre – –.
Ich kann Ihnen gern aus dem Protokoll des Gleichstellungsausschusses vorlesen, was die Vertreterin des ZGF dazu gesagt hat! „Insgesamt sei der Gender-Prozess, weil er das Verwaltungshandeln transparenter und zielgenauer mache, geeignet, Mittel zu sparen.“ Von „sinnvoller einsetzen ist“ da nicht so sehr die Rede gewesen!
Ich finde es auch nicht verkehrt, Mittel zu sparen – verstehen Sie mich nicht falsch –, nur sollte man von vornherein auch sagen, was das Ziel der Operation ist. Ich glaube, da wird ein Instrument doch sehr überhöht, wenn Sie hier an dieser Stelle nicht auch einmal zugeben können, dass Sie bis heute eben keine Transparenz darüber herstellen können, was diese gan
zen Veranstaltungen, was die ganzen Kommunikationsmaßnahmen und zusätzlichen Beauftragten gekostet haben. Wir haben eben gerade auch über Frauenbeauftragte diskutiert, daneben werden jetzt demnächst noch Genderbeauftrage eingesetzt.
Ich glaube, das sind alles Themen, die sehr viel miteinander zu tun haben, die aber am sinnvollsten eben wirklich in den bestehenden Personalvertretungen abgebildet werden können, weil dies Facetten von Personalvertretungsarbeit sind. Deshalb auch hier noch einmal der Appell, keine zusätzlichen Stellen, auch keine zusätzlichen Freistellungen einzuführen,
sondern bitte mit dem zu arbeiten, was wir haben! Wenn es Ihr Ziel ist, Mittel zu sparen, ist das hoch begrüßenswert. Dann sagen Sie das aber auch und verkaufen Sie es nicht unter einem anderen Deckmantel! – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Möllenstädt, Sie brauchen nicht nach diesen Argumenten zu suchen, warum Sie den ganzen Prozess ablehnen. Sagen Sie es klipp und klar, dann ist es ehrlich, dann nehmen wir es Ihnen ab, dann sind die Fronten klar, auch damit kommen wir zurecht!
Ich möchte noch einmal auf mein Lieblingsinstrument Gender-Budgeting zu sprechen kommen! Weil wir ja wirklich vor schwierigen Haushaltszeiten stehen und Haushaltsberatungen anstehen: Schauen Sie sich bitte die Zahlen, die Ihnen präsentiert werden, auch ganz genau an! Schauen Sie auch bitte darauf, wer von diesen Mitteln begünstigt wird, wer die Empfänger dieser Mittel sind! Überlegen Sie sich wirklich, was dahinter steht, Mittel so oder so zu verteilen! Versuchen Sie wirklich einmal, liebe Kolleginnen und Kollegen, aus der Geschlechtersicht hier diese Zahlen zu analysieren und die Mittel dann zu vergeben! Uns wird schon viel Hilfestellung geleistet, nicht das gesamte Zahlenmaterial, aber immer mehr Zahlenmaterial wird uns von der Verwaltung schon entsprechend aufbereitet, das finden wir auch sehr schön. Umsetzen müssen wir es. Das ist mein Appell vor den ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Haushaltsberatungen an Sie alle: Schauen Sie auch mit dem Genderblick auf die Zahlen! Ich glaube, dann werden wir auch eine viel gerechtere Mittelverteilung haben.
Mit einem Sparprozess hat das nichts zu tun, Herr Dr. Möllenstädt! Wir möchten eine gerechte Mittelverteilung, und die Mittel sollen dort ankommen, wo sie auch hingehören. – Danke!