Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 17/1226 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE hat zur heutigen Sitzung einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, der sich vordergründig auf die ganz offensichtlich angestrebte Zusammenarbeit des bremischen Senats mit der Firma Rhenus Midgard bezieht.
tics beschäftigt mit mehreren Geschäftsbereichen an rund 290 Standorten circa 16 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und erzielte im Jahr 2009 einen Umsatz von 2,7 Milliarden Euro; also von den Zahlen her ein durchaus ernst zu nehmendes Unternehmen. Die wichtigsten und größten Niederlassungen befinden sich in Antwerpen, Galati, Gdansk, Gdynia, Marseille und Rotterdam. In Deutschland unterhält sie Niederlassungen in Wilhelmshaven, Hamburg, Nordenham, Cuxhaven und, uns mehr betreffend, in Bremen und Bremerhaven.
Zu Bremen: Hier wurde 1994 die Joint Venture Weserport GmbH mit den ehemaligen Stahlwerken Bremen, jetzt ArcelorMittal, ins Leben gerufen. Der Weserport hat im Jahr 2008 an seinen vier Terminals rund neun Millionen Tonnen an Seegütern wie Eisen, Stahl, Massen- und Schüttgut umgeschlagen. Der Weserport in Bremen-Stadt ist der mit Abstand größte private Hafenbetreiber.
Nun zum aktuellen Stein des Anstoßes, der Situation in Bremerhaven! Mitte der Neunzigerjahre hat Rhenus Logistik die ortsansässige Firma Midgard übernommen. Die Struktur von Midgard wurde von Anfang an in Frage gestellt und Schritt für Schritt abgebaut. Von den ehemals 280 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den 18 Ausbildungsplätzen sind nunmehr nur noch rund 35 Vollzeitarbeitskräfte beschäftigt. Diese Arbeitskräfte werden nach dem für die Hafenwirtschaft gültigen Flächentarifvertrag zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem Zentralverband Deutscher Seehafenbetriebe e. V. bezahlt. Zum Ende dieses Monats hat nun Rhenus Midgard bekanntlich bis auf zwei leitenden Angestellten allen Beschäftigten gekündigt. Die größte – ich benutze jetzt bewusst einmal ein Wort, das nicht so häufig in der Bürgerschaft benutzt wird – Sauerei dabei ist allerdings, die Kündigungen erfolgten nicht aus Arbeitsmangel, sie erfolgten aus einem rein betriebswirtschaftlichen Gewinnmaximierungskalkül auf dem Rücken der Kolleginnen und Kollegen! Wie bekannt wurde, sollen alle bisher bei der Rhenus Midgard beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über den Umweg einer Billiglohnfirma weiter beschäftigt werden.
Was heißt das nun konkret? Konkret heißt das zunächst für die betroffenen Menschen, dass ihr jetziger Stundenlohn von rund 17 Euro auf unter acht Euro sinken wird. Was das für die Betroffenen bedeutet, werden sich in diesem Hause einige Abgeordnete hoffentlich noch vorstellen können. Konkret heißt das aber auch, dass die betroffenen Kolleginnen und Kollegen demnächst als Bittsteller bei der ARGE auftauchen werden und aufstockende Sozialhilfe beantragen müssen. Diese innerbetriebliche Entlastung auf Kosten der Betroffenen und auf Kosten der Allgemeinheit darf nicht auch noch von der öffentlichen Hand unterstützt werden.
Damit komme ich zur konkreten Forderung in unserem Antrag: Alle Spatzen pfeifen es von allen Dächern; heißer Favorit für den Bau und anschließenden Betrieb des zukünftigen Schwerlasthafens in Bremerhaven ist besagte Firma Rhenus Midgard, auch falls sie im Verein mit RWE oder Siemens oder sonst irgendeiner Firma auftreten wird. Der Kollege Wolfgang Jägers von der FDP-Fraktion hat nicht nur recht –
von der SPD-Fraktion, kleiner Versprecher, Entschuldigung! –, nein, der Kollege hat „senkrecht“, wenn er Folgendes in seiner Pressemitteilung verkündet, ich zitiere: „Es ist völlig verantwortungslos, wenn große Kapitalgesellschaften Lohndumping durch Leiharbeit betreiben, nur um noch mehr Profit zu machen.“ Er hat natürlich auch „senkrecht“, wenn er feststellt, dass sich die Firma Rhenus Midgard als möglicher Hafenbetreiber disqualifiziert hat!
Wir können uns allerdings in unserer Fraktion nicht des Eindrucks erwehren, dass diese Aussage des Vorsitzenden der leider innerhalb der SPD nicht sonderlich beachteten Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen eine reine Beruhigungspille für betroffene Hafenarbeiter darstellt. Leider müssen wir in diesem Zusammenhang befürchten, dass der Abgeordnete Jägers – der beruflich tätig als Regionalleiter Weser-Ems, als Gewerkschaftssekretär der IG BAU, bestens mit der Situation der betroffenen Arbeitnehmer der Rhenus Midgard vertraut ist – den Finger richtig in die Wunde legt. Oder anders ausgedrückt: Wolfgang Jägers sagt deutlich, um was es geht,
wir befürchten allerdings eine gewisse Doppelstrategie in den Reihen der SPD und der Landesregierung. Der Kollege Jägers darf auf die Unternehmen schimpfen und damit die betroffenen Arbeitnehmer bedienen, um nicht zu sagen zu beruhigen, und der Senat stört sich nicht weiter daran.
Daher haben wir die Forderung aufgestellt, dass der Senat der Freien Hansestadt Bremen nur mit Firmen einen weiteren Hafen baut und auch betreiben wird, die dem Flächentarifvertrag von ver.di und dem ZDS unterliegen,
und jetzt sind wir einmal gespannt, ob Sie wirklich eine von mir unterstellte Doppelstrategie betreiben
Ob Sie ernst nehmen, was Herr Jägers – wie gesagt, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen – öffentlich verlautbart hat, werden wir gleich an Ihrem Abstimmungsverhalten sehen!
(Widerspruch bei der SPD und beim Bünd- nis 90/Die Grünen – Abg. T s c h ö p e [SPD]: Wer solche Anträge vorlegt, kann nicht mit Zustimmung rechnen!)
Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, stimmen Sie mit uns dafür, dass zukünftig in den bremischen Häfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt werden, die auch mit ihrem Lohn für sich selbst sorgen können und nicht auf Unterstützungsleistungen der Allgemeinheit angewiesen sein müssen! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem hier vorgelegten Antrag bleibt DIE LINKE ihrem bekannten populistischen Muster treu. Politische Forderungen werden nur aufgrund einer aktuellen Zeitungsmeldung aufgestellt, eine tiefer gehende Beschäftigung mit der Thematik findet nicht statt. Geschielt wird nur auf das kurzfristige Sammeln von Sympathiepunkten bei den gerade Betroffenen, häufig aber auch zulasten der Betroffenen. Außer Frage steht dabei die vollkommen unverständliche Handlungsweise der Firma Rhenus Midgard. Es kann und darf nicht im Sinne des eigentlich sinnvollen Instruments der Leiharbeit sein, wenn eine Firma damit die komplette Stammbelegschaft austauscht.
Dies stärkt auch nicht gerade das Vertrauen in dieses Unternehmen, und eine eventuelle Zusammenarbeit bedarf sicherlich einer genauen Prüfung. Unsere uneingeschränkte Solidarität und Unterstützung gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Opfer eines äußerst fragwürdigen Vorgehens wurden, welches dringend einer juristischen Prüfung bedarf.
Hieraus eine allgemeingültige Forderung abzuleiten, wie es DIE LINKE tut, geht dann allerdings in die falsche Richtung. Schon vergaberechtlich ist ein
solcher Beschluss äußerst problematisch, aber Sie nehmen damit auch alle Firmen in Sippenhaft, die aus verschiedenen Gründen eben nicht dem Flächentarifvertrag unterliegen. Solche Verallgemeinerungen machen wir nicht mit!
Typisch für die Politik der LINKEN ist auch die vage Andeutung, ich zitiere aus dem Antrag: „Als sicher scheint zu gelten, dass das Land Bremen als Partner die Firma Rhenus Midgard ausgesucht hat“, Herr Müller hat das in seiner Rede eben auch mehrfach erwähnt. Erstaunlich, woher Sie Ihre Kenntnisse nehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen noch nicht einmal, wo und in welcher Form der neue Offshore-Hafen gebaut wird – leider noch nicht, wie ich angesichts der Verzögerungen kurz anfügen möchte –, aber Sie wissen schon, wer ihn baut.
Hören Sie doch auf, irgendwelche haltlosen Vermutungen in den Raum zu stellen, um ein Vorhaben zu torpedieren, welches Ihnen nicht in den Kram passt, es wird langsam anstrengend mit Ihnen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der LINKEN geht am Thema vollkommen vorbei, das muss man hier einmal so feststellen.