Wir haben natürlich den Antrag, wie man beispielsweise ausbilden muss, bewusst so formuliert, dass man nachhaltig wirken muss. Wir wissen, dass wir nicht 1 000 Steuerprüfer einstellen müssen, aber unserer Meinung nach – und unsere Indizien zeigen das – sind es zu wenige, die Prüfungsdichte bei Betrieben ist zu gering. Die Prüfungsdichte bei Privatpersonen ist zu gering, und das alles kann man nicht allein durch Effizienzgewinn und neue Software ausgleichen. Ich finde, man kann es einmal darauf ankommen lassen, man kann es einmal fünf Jahre machen und mehr Leute einstellen, dieser Batzen ist nicht so groß, und dann kann man schauen, wie viel es gebracht hat. Das Problem ist nur, und das ist hier die zweite Absurdität dieser Steuergeschichte, wenn wir hier in Bremen diese Mehreinnahmen generieren, geht das natürlich erst einmal zum Bund, und wir müssen die Personalkosten tragen. Das ist auch ein weiterer Grund, einmal ernsthaft darüber nachzudenken, dass man über veränderte Finanzamtstrukturen bundesweit vernünftigere Sachen einziehen kann.
Im Übrigen finde ich, die ersten Initiativen, so eine Form von bundeseinheitlicher Steuerverwaltung zu diskutieren, sind misslungen. Politik kenne ich so, dass man gute Ideen und gute Vorschläge durchaus mehrfach vorbringen darf, irgendwann werden sie dann wahr. Im Übrigen haben wir Anfang nächsten Jahres Wahl in Nordrhein-Westfalen, möglicherweise sind dann andere Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat.
(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Die werden auch nach der Wahl kei- ne Verfechter sein, darauf gebe ich Ihnen Brief und Siegel!)
Das wird ja von der Koalition abhängen. Möglicherweise, wenn Rüttgers mit den Grünen koaliert, wird das nicht der Fall sein, aber möglicherweise, wenn die Sozialdemokraten genug Stimmen bekommen, um mit den Grünen zusammen eine wunderbare rot-grüne Koalition zu machen, dann wird das möglicherweise gehen.
Möglicherweise haben Sie ja auch den Arsch in der Hose, um es einmal auf Deutsch zu sagen, falls es – –.
Das ist eine gängige Redewendung. Wenn es für RotGrün nicht reicht, dann sollte man auch einmal über andere Optionen nachdenken.
Ich denke, es gibt Handlungsbedarf, es gibt auch jetzt Handlungsbedarf, und deshalb finde ich es nicht richtig, dass dieser Antrag in Bausch und Bogen als Populismus abgelehnt wird. Das ist falsch, es ist kein Populismus, es gibt einen realen Handlungsbedarf, und ich finde auch, dass die Maßnahmen, die bisher getroffen worden sind, in die richtige Richtung gehen, aber sie sind letztendlich zu kurz gegriffen. Ich meine, da kann man in der Tat in diesem konkreten Fall mit etwas mehr Leuten etwas mehr Einnahmen generieren. Das kann Bremen gebrauchen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte krankt in der Tat daran, dass es um zwei verschiedene Dinge geht, die eigentlich nur an einer einzigen Stelle etwas miteinander zu tun haben, nämlich auf der einen Seite um Steuerhinterziehung und auf der anderen Seite die Ausstattung der Finanzämter. Wenn man über Steuerhinterziehung redet, dann muss man über internationale Spielregeln sprechen. Man muss darüber reden, dass es zwei Bereiche der Steuerverwaltung gibt, die mit Steuerhinterziehung zu tun haben, das sind nämlich die Steuerfahndung und der Bereich, der sich große Umsatzsteuerfälle anschaut. Alle anderen Bereiche der Finanzverwaltung haben mit Steuerhinterziehung so gut wie gar nichts
Ihre gesamte Argumentation, Herr Rupp, die Sie hier gebracht haben, hatte etwas mit dem ganz normalen Steueralltag zu tun, wo Unternehmen geprüft werden und wo man im Rahmen des Prüfvorgangs von größeren, mittleren und kleineren Unternehmen unterschiedliche Auffassungen über die zu tragende Steuerschuld anstellt. Deshalb muss man, glaube ich, das ein bisschen sauberer auseinanderhalten. Sie selbst gehen diesem gedanklichen Problem auch in Ihrem Antrag auf den Leim. In der Begründung dieses Antrags wird nämlich behauptet, dass dem Fiskus etwa 30 Milliarden Euro jährlich wegen Steuerhinterziehung entgehen. Ob die Zahl richtig ist oder nicht, mag einmal dahingestellt bleiben. Wenn aber in diesem Zusammenhang zwar in Anführungsstrichen, aber immerhin von „steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten“ gesprochen wird, die hier genutzt werden, ist das eine grobe Verniedlichung. Wer sein Geld am Fiskus vorbei ins Ausland schleust, Schwarzgeld oder schon versteuertes Geld, und dort Kapitaleinkünfte erzielt, ohne sie zu versteuern, handelt kriminell.
Das hat mit steuerlicher Gestaltung überhaupt nichts zu tun, sondern das ist eine vorsätzliche kriminelle Handlung.
Man muss das auch wirklich auseinander halten, das ist nämlich so eine ähnliche Mär wie die der sogenannten Steuerschlupflöcher, die es nach dem Gesetz auch nicht gibt. Noch einmal, steuerliche Gestaltung ist legal. Unsere Gesetze geben in bestimmten Spielräumen steuerliche Gestaltung her, und die Finanzverwaltung schaut mit den Betriebsprüfern in den Betrieben, inwieweit die Gesetze richtig ausgeführt werden. Diese steuerliche Gestaltung ist vom Gesetz gedeckt, Steuerhinterziehung dagegen ist kriminell.
(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Ich weise dar- auf hin, das sehe ich auch so, und diese Form von Anführungsstrichen soll darauf hinwei- sen, dass es eben keine Gestaltungsmög- lichkeit ist, sondern etwas ganz anderes! – Vielen Dank!)
Okay! Sie haben auch in Ihrem Redebeitrag gesagt, dann werden die Steuerhinterzieher erwischt, weil wieder einmal eine CD gekauft wurde, und dann zahlen sie ein bisschen zurück. Entschuldigung, aber die Wirklichkeit ist anders! Sie müssen die gesamte Steuerschuld zurückzahlen, und das ist ein ziemlich verrechtlichtes und gar nicht angenehmes Verfahren, wenn jemand sich da meldet und seine Steuern korrekt bezahlen muss. Da tut mir niemand leid, aber auch das Verfahren sollten Sie nicht einfach so verniedlichen! Da schlägt der Staat schon, Gott sei Dank, gewaltig zurück.
Das Thema Bundessteuerverwaltung wurde hier schon erwähnt. Es ist einfach so, dieses Thema ist durch die Föderalismusreform II – in der Tat übergangsweise, aber nicht wenige Monate später neu zu präsentieren – erledigt! Die behaupteten Mehreinnahmen von elf Milliarden Euro sind von den Ländern nie akzeptiert worden und sind von der Unternehmensberatung auch nie belastbar dargelegt worden. Ehrlich gesagt, das war eine Kampfzahl des Bundes, um die Länder dazu zu bekommen, ihre Steuerverwaltung abzugeben. Da muss man jetzt ein bisschen der Wahrheit zuliebe das auch mitnennen. Bremen hätte der Übertragung der Aufgaben auf eine Bundessteuerverwaltung wahrscheinlich zugestimmt, wenn die Konditionen vertretbar gewesen wären, zum Beispiel Übernahme des Personals inklusive der Pensionslasten, aber eine Mehrheit im Bundesrat war für diesen Schritt nicht erkennbar.
Jetzt gibt es einen anderen Weg, und ich finde, den gehen wir jetzt auch. Der Bund hat nämlich nach den Vereinbarungen der Föderalismuskommission II die Möglichkeit erhalten, auf die Steuerverwaltung der Länder stärker Einfluss zu nehmen. Er wird mit den Ländern zukünftig Zielvereinbarungen abschließen, sodass sich die Arbeitsstandards in den einzelnen Ländern zunehmend annähern werden. Eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Länder Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hamburg bereitet dieses Vorhaben derzeit vor. Insoweit wird auch vom Bundesministerium für Finanzen unsere Strategie der risikoorientierten Arbeitsweise geteilt. Wenn also von maßvollem Gesetzesvollzug die Rede ist, bedeutet dies, dass die korrekten Steuerzahlerinnen und -zahler in Ruhe gelassen werden sollen und nicht mit zeitraubenden Prüfungen überzogen werden mit der Folge, dass die Zeit vorhanden ist, sich mit den Fällen
Mehr Personal bedeutet nicht automatisch, das wurde auch gesagt, ein Mehr an Steueraufkommen, entscheidender ist die richtige Fallauswahl bei Veranlagung und Außenprüfung. Deshalb unternehmen wir hier in Bremen größte Anstrengungen, um mit einer effizienten Steuerfahndung den Steuerbetrügern entgegenzutreten. Wir setzen vielmehr in allen Bereichen der Steuerverwaltung auf die Strategie des risikoorientierten Handelns und auf eine effiziente Organisation. Die Steuerfahndung mit der Bußgeldund Strafsachenstelle wurde, das wissen Sie auch, Sie sind ja Mitglied im Haushaltsausschuss, in den Jahren 2007 und 2008 neu strukturiert, damit eine bessere Fallsteuerung erreicht werden kann.
Wir betreiben in Bremen ausdrücklich keine Standortpolitik durch lasche Prüfungstätigkeit insbesondere um Leute zu schonen, auch Einkommensmillionäre werden angemessen betreut. Wir achten darauf, dass die Steuern, die dem Staat zustehen, hier auch eingetrieben werden. Der Prüfungsturnus betrug hier im Jahr 2009 2,7 Jahre, geprüft werden immer drei Jahre, somit finden hier Anschlussprüfungen statt. Das durchschnittliche Ergebnis lag bei 222 000 Euro.
Die Personalbedarfsberechnung, die hier erwähnt wurde, wird bundesweit alle drei Jahre durchgeführt. Die Aussage, dass der tatsächliche Personalbestand die Vorgaben der Personalbemessungsberechnung nur zu 77 Prozent erfüllt, beruht auf alten Zahlen. Die neue Erhebung hat zu dem Ergebnis geführt, dass unser Deckungsgrad 84,7 Prozent ist, das sieht schon sehr viel besser aus, und ich finde, das ist vor dem Hintergrund der Tatsache, dass wir ein armes Bundesland sind und uns ziemlich viel Mühe geben müssen, Geld zu sparen, vertretbar.
Bremen hat, das ist in der Tat richtig, wenn Sie darauf hinweisen, beim Betriebsprüfungsturnus im Jahr 2008 die Empfehlungen des Bundes für die Finanzministerkonferenz nicht in allen Betriebsgrößenklassen erreicht. Die Problematik betrifft allerdings fast alle Bundesländer in fast allen Größenklassen. In Bremen wurden sowohl bei Groß- als auch bei Mittelbetrieben prozentual mehr Betriebe geprüft als im Bundesdurchschnitt, und nur bei den Kleinstbetrieben lag Bremen geringfügig darunter. Davon unabhängig wird die Betriebs- und Lohnsteueraußenprüfung in einem neuen Prüfungsamt zusammengefasst, Herr Dr. Kuhn hat schon erwähnt, dass wir große Anstrengungen unternehmen, die Finanzämter durch Fusionen und Aufgabenverlagerung und bessere Struk
turen zukunftsfähig auszurichten, ohne dass wir Personal einstellen müssen. Das machen wir jetzt dadurch, dass wir Betriebs- und Lohnsteueraußenprüfung in einem Prüffinanzamt zusammenfassen.
Die Auffassung des Bundesrechnungshofes zur Quote bei der Umsatzsteuersonderprüfung, das wurde hier auch erwähnt, wird von den Steuerverwaltungen aller Länder insgesamt nicht geteilt. Seit Jahren wird nicht nur von Bremen, sondern von allen Ländern eine Quote von 2 Prozent angestrebt. Im Jahr 2009 wurden in Bremen 1,7 Prozent der Unternehmer geprüft, damit dürfte Bremen im Bundesdurchschnitt liegen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in den letzten Jahren von einem neuen Instrument, der Umsatzsteuernachschau, verstärkt Gebrauch gemacht wurde, ist die Abweichung von der Quote vertretbar.
Die in der Anfrage erwähnte Untersuchung des Finanzamtes Bremen-Nord stammt im Übrigen aus dem Jahr 2001. Eine Hochrechnung auf die Verhältnisse des Jahres 2010 ist mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, da sie die organisatorischen, automationsgesteuerten Veränderungen seitdem nicht berücksichtigt. Dass sämtliche Maßnahmen, die wir machen, natürlich nur funktionieren, wenn wir mit ausreichendem Personal ausgestattet sind, versteht sich von selbst. Der Personalbedarf in der Steuerverwaltung wurde daher aktuell und streng nach den Grundsätzen der Personalbedarfsbemessung ermittelt, die bundesweit abgestimmt werden.
Bremische Besonderheiten, die bis 2008 noch zu rechtfertigen waren, weil sich die neuen EOS-Verfahren bei den Bearbeitern in den Ämtern erst einschleifen mussten, sind jetzt herausgefallen. Die verbesserte Automationsunterstützung macht sich daher in der Personalbedarfsbemessung bemerkbar. Wir haben nach der neuesten Berechnung einen Deckungsgrad von knapp 85 Prozent, wie ich sagte, gemessen am bundesweiten Soll-Wert.
Auch zukünftig wird für eine angemessene Personalausstattung gesorgt. 2009 wurden die Absolventinnen und Absolventen der Fachhochschule für den gehobenen Dienst der Steuerverwaltung übernommen, und ab 2010 wird jeweils ein Ausbildungslehrgang für den gehobenen und für den mittleren Dienst eingestellt. Damit ist eine gute Basis gelegt, um die künftige altersbedingte Personalfluktuation in den Finanzämtern auffangen zu können.
Steuerprüferinnen und Steuerprüfer wachsen nicht auf Bäumen! Es dürfte bekannt sein, dass wir nur in Einzelfällen jemanden von außerhalb einstellen können, und deshalb müssen sie ausgebildet und in ihre Arbeit eingeführt werden. Dazu dient die Festlegung der Ausbildung in Bremen für die Aufgaben der Steuerverwalter bis zum Jahr 2014 mit jeweils einem Lehrgang für den gehobenen und den mittleren Dienst. Damit ist erstmalig seit einer Reihe von Jahren dafür gesorgt, dass die Steuerverwaltung eine verlässliche
Perspektive hat, um den Personalbestand im Wesentlichen im Rahmen einer Fünfjahresplanung zu halten, und ich werde mich dafür einsetzen, dass wir das auch verlängern.
Wenn Sie uns helfen wollen, machen Sie Werbung für ELSTER. Jede Steuerbürgerin und jeder Steuerbürger, die das ELSTER-Verfahren nutzen, um die Steuererklärung abzugeben, machen Personalkapazitäten frei für das, was uns allen wichtig ist, nämlich die zu erwischen, die sich gern verkrümeln möchten. Es hilft auch, die Betriebe zeitnäher zu prüfen, was die selbst gern wollen. Sie haben auch keine Lust, dass wir Jahre später kommen und es dann Missverständnisse und vielleicht langwierige Streitfragen gibt. Auf Bundesebene unterstützen Sie Bremen zusammen mit der Bundesregierung bei unseren Auseinandersetzungen im Kampf gegen internationale Steueroasen! Das geht nur mit internationalen Regelungen.
Alles in allem kann ich sagen, Bremen tut alles, was es kann, damit wir gut funktionierende und gut ausgestattete Finanzämter haben. Wir haben auf Bundesebene auch keine Kritik für unsere Ausstattung erhalten. Stärken Sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Finanzämtern den Rücken, indem Sie auch ihre Arbeit anerkennen! Da wird bei der wichtigen Einnahmeverwaltung für Bremen sehr gute Arbeit geleistet, von der wir alle profitieren.