Protocol of the Session on January 28, 2010

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Müller.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Noch vor der Finanz- und Wirtschaftskrise sind die Hafenbetriebe und der Gesamthafenbetriebsverein, kurz GHB genannt, für die erreichten Ziele und ihre Flexibilität gelobt worden. In jeder Senatsvorlage wurde dies kenntlich gemacht, aber gleichzeitig wurde auch darauf hingewiesen, dass die bremischen Häfen für die Reedereien interessanter gestaltet werden müssten. Um dies ermöglichen zu können, wurde zum Beispiel auch das Thema Lohnkostensenkung ange

sprochen. Meine Damen und Herren, wie kann es angehen, dass die Häfen hohe Gewinne erwirtschaften, wie auch im letzten Jahr, und gleichzeitig die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf ihren gerechten Lohn verzichten sollen? Wer kann das noch verstehen?

(Abg. Frau B u s c h (SPD): Schon mal etwas von Krise gehört?)

Eine Lohnkostensenkung, die ausschließlich zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht, wurde und wird von der LINKEN abgelehnt.

(Beifall bei der LINKEN)

DIE LINKE fordert stattdessen gutes Geld für gute Arbeit. Ich bin der Meinung, dass hier sensibler gehandelt werden muss, denn wir sprechen hier von den bremischen Häfen. Wenn dieser angedachte Weg weiter beschritten werden sollte, besteht die Gefahr des aggressiven Lohndumpings und die Gefahr des Einsatzes von Leiharbeitsfirmen, die weit unter den derzeit gezahlten Löhnen arbeiten werden. Hier ist eine gefährliche Tendenz zur prekären Beschäftigung zu vermuten, die auch zulasten der Qualität und Flexibilität der Hafendienstleistungen führen wird. Der im Hafenumschlag tätige GHB war der erste Verlierer der Wirtschaftskrise. Von den ehemals 2 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des GHB sind nur noch 1 800 übrig geblieben. Der Abbau von 1 000 Arbeitsplätzen war aber nicht das Ende der Hiobsbotschaften. Denn von den 1 800 übrig gebliebenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind an die 1 100 dem Lohndumping zum Opfer gefallen.

Rainer Kuhn, Geschäftsführer des ver.di-Bezirks in Bremen-Nordniedersachsen erklärte hierzu, ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten: „Die derzeitige Krise in der Hafenwirtschaft darf nicht dazu genutzt werden, dem GHB e. V. die Existenzgrundlage zu entziehen.“ Meine Damen und Herren, wir befinden uns in schwierigen Zeiten, und die Drohung des Arbeitsplatzverlustes steht so manchen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vor Augen, oder sie sind bereits davon betroffen. Für das Tun in den bremischen Häfen ist aber die Bürgerschaft, ist der bremische Senat verantwortlich, da die entscheidenden Logistikunternehmen zu den öffentlichen Gesellschaften Bremens gehören oder zumindest über die Mehrheitsbeteiligung Bremens gesteuert werden können.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, das Land hat hier eine Vorbildfunktion auszuüben und muss dafür sorgen, dass die soziale Gerechtigkeit gewahrt bleibt. Wenn wir vormachen, wie das Land bestehende Lohnstrukturen unterläuft, werden die anderen, kapitalistisch

ausgerichteten Unternehmen, die der Gewinnmaximierung unterliegen und eine möglichst hohe Rendite anstreben, es uns nachmachen oder dies sogar noch verstärken. Derzeit wird versucht, die Hafentarife für die BLG-Logistics aufzuweichen. Hier soll ein Tarif entstehen, der weit unter den derzeit gezahlten Löhnen liegt. Hier ist zu erwähnen, dass das Land Bremen bei BLG-Logistics mit 50,4 Prozent beteiligt ist und direkt in die Verhandlungen eingreifen kann. Weitere 12,6 Prozent gehören der Bremischen Landesbank und 12,6 Prozent der Sparkasse Bremen.

Um der Gefahr dieses Lohndumpings entgegenzutreten, hat die Fraktion DIE LINKE den Dringlichkeitsantrag „Keine Lohnsenkung im Hafen!“ eingebracht. Darin fordern wir den Senat dazu auf, seinen Einfluss bei den Hafenbetrieben, insbesondere den öffentlichen Gesellschaften und Beteiligungen des Landes dahingehend geltend zu machen, dass keine Tarifregelungen zustande kommen, die für Teile der Beschäftigten Lohnsenkungen bedeuten und zur Niedrigbezahlung von Tätigkeiten führt.

Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitiere ich die heutige Ausgabe der „Nordsee-Zeitung“: „Die SPDBürgerschaftsfraktion scheint auch der Ansicht zu sein, dass der Senat etwas unternehmen muss. Sie fordert ihn auf, mit Unternehmen und Gewerkschaften Lösungen zu suchen. Der GHB müsse erhalten bleiben, die SPD will keine Leiharbeitsfirmen im Hafen. Allenfalls zeitweilige Anpassung der in den Häfen gültigen Tarife akzeptiert die Fraktion. Wir wollen, dass die Leute ordentlich bezahlt werden, und vom Lohn leben können, so der Hafenpolitiker Martin Günthner.“

Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, nun bin ich auf Ihr Abstimmungsverhalten sehr gespannt. Andere Fraktionen können natürlich unserer Initiative zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Ella.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da hier von der Fraktion DIE LINKE ein sehr einseitiges Bild gezeichnet wird, möchte ich meinem Beitrag eines voranstellen: Die bremischen Hafenbetriebe, sowohl die BLG als auch die privaten Unternehmen, haben auch in dieser Krise bewiesen, dass sie zum einen klug wirtschaften und zum anderen verantwortungsbewusst mit ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern umgehen.

(Beifall bei der FDP)

Hier wird von der LINKEN nun der Eindruck erweckt, dass die Hafenbetriebe alles daran setzen

würden, möglichst schlecht zu zahlen, und das nachdem wir uns viele Jahre über einen starken Aufschwung, über stetiges Wachstum mit entsprechenden Neueinstellungen und über gute Löhne freuen konnten. Halten wir uns vor Augen, der momentane Einbruch des Hafenumschlags erreicht Dimensionen, mit denen kein Mensch gerechnet hat! Wenn in manchen Bereichen ein Viertel oder ein Drittel des Umschlags wegfällt, ist auch das in den letzten Jahren so erfolgreiche Modell in Gefahr.

Natürlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, kann man da den einfachen Weg wählen: populistische Kritik an den ach so bösen Unternehmen. Man sollte aber den ehrlichen Weg wählen, sich nach vielen guten Jahren einmal ungemütlich in den Wind stellen und deutlich zugeben, dass die lokale Politik hier derzeit nicht viel machen kann. Bei dem, was Sie hier fordern, würden wir nämlich bald über eine schwere wirtschaftliche Schieflage der Hafenbetriebe debattieren. Mit der Verstaatlichung, dem Weg in die Vergangenheit, den Weg zurück zu einigen wenigen hundert Arbeitsplätzen im ganzen Hafen, helfen Sie niemandem weiter, am allerwenigsten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

(Beifall bei der FDP)

Sie, liebe LINKE, bedienen nur einige populistische Klischees und das auf dem Rücken der Hafenarbeiter. Das ist unappetitlich, liebe Kolleginnen und Kollegen auf der linken Seite!

Ähnlich auch die Verhandlungen der Gewerkschaft und des Betriebsrats des GHB, die bewusst den unsolidarischen Weg gegangen sind, der gegen den Wunsch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und gegen den Wunsch des Vorstands zu Entlassungen und Änderungskündigungen im großen Umfang geführt hat. Wenn wir nach Hamburg schauen, sieht man, dass es auch anders geht. Meine Damen und Herren, warum nicht so?

Sie, liebe LINKE, haben natürlich einen schönen Antrag für die Galerie geschrieben.

(Abg. Frau N i t z [DIE LINKE]: Sie haben ja gar keinen geschrieben!)

Gut, Sie wollen letztendlich die Gewerkschaften als Tarifpartner entmachten! Sie sollten sich aber überlegen, ob Sie damit der Sache wirklich dienen. Wir jedenfalls, lehnen ihren Antrag ab. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bödeker.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal muss

ich die beiden Vorredner daran erinnern, dass sie auch Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung sind. Wir in der Stadtverordnungsversammlung haben schon eine gemeinsame Erklärung verfasst, die ich für vernünftig halte, in der wir uns natürlich solidarisch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Gesamthafenbetriebsvereins erklären und in der wir fordern, dass Maßnahmen getroffen werden, die dazu führen, dass möglichst viele Menschen in Arbeit bleiben können.

Die Lage ist eine ganz schwierige. Wir haben eine Wirtschaftskrise gehabt, wir haben bis zu 25 Prozent Umsatzeinbußen gehabt und der Gesamthafenbetriebsverein als Unternehmen ist ein Unternehmen, das über viele Jahre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer quasi als Leiharbeiter für die Spitzenzeiten im Hafen zur Verfügung gestellt hat. Man hat dann Qualifizierungen angeboten und dann hat man, glaube ich, einen großen Fehler gemacht, deswegen heute ja auch der Artikel in der „Nordsee-Zeitung“ mit den verhärteten Fronten, die ja inzwischen da sind! Ich meine, es ist unerträglich, wenn ein Betriebsratsvorsitzender Polizeischutz braucht. Es ist aber eine Atmosphäre, die sich so hochgesteigert hat, weil die Menschen natürlich Angst um ihre Zukunft haben. Selbstverständlich!

Das Problem, das hat Herr Ella angesprochen, ist in Hamburg anders gelöst worden. Hamburg hat 30 Prozent Umsatzeinbußen im Containerumschlag und hat trotzdem bei seinem Gesamthafenbetriebsverein eine friedliche Lösung hinbekommen. Man hat dort nämlich über den gesamten Bereich des Personals Einsparungen durchgeführt, allerdings mit der klaren Zusage: Wenn es im Hafen weiter aufwärts geht, werden auch diese Sparmaßnahmen zurückgenommen. Hier ist das der richtige Weg, während man im Gesamthafenbetriebsverein einzelne Kündigungen ausgesprochen hat und da auch bei der Auswahl nicht sozial vorgegangen ist. Das hat natürlich die Gemüter erhitzt.

Ich glaube, wir können es nicht so einfach machen wie der Antrag der LINKEN, die dann sagen, man muss dann eben bezahlen. Der Kollege Günthner hat – nicht heute, heute hat er sich ausnahmsweise einmal vernünftig ausgedrückt – vorher schon die Forderung aufgestellt, dass im Gesamthafenbetriebsverein die BLG eingreifen soll und man mit Geldern die Arbeitsplätze erhalten soll. Das geht natürlich nicht!

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: So haben wir es nicht gefordert!)

Die nächste Überlegung, die man hat, ist, wenn man es einfach so laufen lässt, dann haben wir die Insolvenz des Gesamthafenbetriebsvereins. Deswegen besteht natürlich Handlungsbedarf, der ist ja nicht wegzudiskutieren. Insofern glaube ich, das, was gefordert wird und was notwendig ist, ist die Aufforderung an den Senat, Gespräche zu führen. Es sind natür

lich schon Gespräche geführt worden, ich will da nichts Falsches sagen, Herr Senator Nagel. Man muss aber weiterhin darauf einwirken, dass einmal die Stimmung auf ein Maß zurückkommt, dass man wieder miteinander sprechen kann, das ist ja in den unterschiedlichen Bereichen des Gesamthafenbetriebsvereins im Moment überhaupt nicht der Fall. Dahin müssen wir auf jeden Fall wieder, dass man vernünftige Lösungen findet, die für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dann auch zu akzeptieren sind.

Mir ist ganz wichtig, dass man von vornherein das Signal sendet! Denn wir gehen ja alle davon aus, dass irgendwann nach dieser Krise, die ja aus der Krise der Finanzmärkte entstanden und zu einer Wirtschaftskrise geworden ist, die natürlich im Logistikbereich ganz besonders stark gewirkt hat, die Menschen natürlich dann, wenn wieder Möglichkeiten bestehen, auch wieder beschäftigt werden. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt als Aussage, der im Moment überhaupt nicht gemacht wird.

Die Menschen beim Gesamthafenbetriebsverein haben im Moment das Gefühl, dass sie ausgetauscht werden. Ein Indiz dafür, das, muss ich sagen, ärgert mich schon, ist natürlich, dass Aushilfskräfte, die über die sogenannte rote Karte beschäftigt werden, im Moment stark beschäftigt werden, während die Stammbelegschaft des Gesamthafenbetriebsvereins in Kurzarbeit ist und nicht beschäftigt wird. Das ist, glaube ich, falsch! Das ist auch alles ein Ergebnis dieses Streits und dieser hochgekochten Stimmung, die in dem Bereich ist. Da müssen wir einwirken, sodass wir dort wieder zur Sachlichkeit zurückkehren.

Was wir als ausgesprochen bedenklich ansehen, ist natürlich die andere Geschichte, wenn man sich die Bereiche BLG ansieht: BLG Autologistik. Da haben wir im Moment ein bisschen das Gefühl, dass Veränderungen auch unter dem Deckmantel der Krise herbeigeführt werden. Auch das ist nicht in Ordnung!

(Beifall bei der LINKEN)

Ich glaube, wir als Bürgerschaft können nur einen Appell an den Senat und an die Betroffenen aussenden, in dem wir sagen, dass alle an einen Tisch kommen, dass mit vernünftigen Gesprächen das Problem gelöst werden muss. Wir können das aber nicht per Antrag beschließen. Deswegen werden Sie verstehen, dass wir diesen Antrag hier nicht mittragen. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU!)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Günthner.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eines ist aus Sicht ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

der SPD-Fraktion klar: Die Krise darf nicht dazu benutzt werden, um langfristig gewachsene, erfolgreiche Strukturen in den bremischen Häfen zu zerschlagen.

(Beifall bei der SPD)

Zweiter Punkt, der aus Sicht der SPD-Fraktion sehr wichtig und sehr klar ist: Der GHB muss erhalten bleiben, muss gesichert werden, auch in seinen Strukturen, in denen er in den vergangenen Jahrzehnten hervorragende Arbeit für die bremischen Häfen gemacht hat. Es muss alles unternommen werden zu verhindern, dass der GHB – aus welchen Gründen auch immer – in die Insolvenz treibt. Dazu gehören aber natürlich alle Seiten: Dazu gehört die Arbeitgeberseite, dazu gehört natürlich aber auch die Gewerkschaftsseite, und dazu gehören auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beim GHB.

Die Sorge, da bin ich dem Kollegen Bödeker auch sehr dankbar für die klare Beschreibung, die er eben in weiten Teilen geliefert hat, ist doch, dass die aktuelle Situation im Hafen genutzt wird, um unter dem Deckmantel der Krise Leiharbeitsfirmen hereinzuholen, die dann zu ganz anderen Bedingungen arbeiten werden, als es der GHB bisher macht. Die Sorge ist doch, und dafür gibt es doch das eine oder andere Indiz, dass rote Karten eingesetzt werden. Das versteht natürlich niemand! Es versteht kein Arbeitnehmer und keine Arbeitnehmerin im Hafen in Bremerhaven, warum er oder sie nach Hause geschickt worden ist, warum es Probleme bei der Beschäftigung gibt, auf der anderen Seite dann aber externe Leiharbeitsfirmen im Hafen sind oder die Enkeltochter, die Schwiegertochter, wer auch immer auf roter Karte eingesetzt wird, um nebenbei noch ein bisschen Auto zu fahren. Das kann man niemandem erklären!

(Beifall bei der SPD)