Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 17/1104 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Mitteilung des Vorstands der Bremischen Bürgerschaft, Drucksache 17/979, Kenntnis.
Vielleicht darf ich noch zu Ihrer Information sagen, dass der Kollege Röder aus Hamburg jetzt zum 1. März 2010 die Landtagspräsidenten der vier Küstenländer zu ersten vorbereitenden Gesprächen eingeladen hat, um die erste Auftaktkonferenz vorzubereiten.
Konzept zur Förderung von mehr Migrantinnen und Migranten im Lehramt und im Bereich der sozialen Arbeit
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach wie vor haben wir in der Bundesrepublik, aber auch in Bremen ein deutliches Missverhältnis zwischen der Anzahl derjenigen, die als Kinder oder Jugendliche in Kindertagesstätten
betreut oder in Schulen unterrichtet werden, und der Anzahl derer, die dort arbeiten, also der Lehrkräfte oder Erzieherinnen und Erzieher. Wir können daraus ganz klar entnehmen, dass Migrantinnen und Migranten in unserem Land noch längst nicht in allen Bereichen unserer Gesellschaft angekommen sind, und wir müssen feststellen, dass eben für eine große Zahl von Kindern und Jugendlichen Vorbilder fehlen, an denen sie sich orientieren können in ihrer weiteren Berufs- und Lebensplanung.
Diese Problematik haben wir bereits im November letzten Jahres debattiert und beschlossen, den Senat aufzufordern, ein Konzept vorzulegen, das aufzeigt, wie erreicht werden kann, dass mehr Migrantinnen und Migranten sich für Studiengänge sowohl für das Lehramt als auch für andere soziale Berufe entscheiden. Dieses Konzept liegt nun vor. Es wurde in einer ressort- und institutionenübergreifenden Arbeitsgruppe erstellt, und ich finde, es ist ein Zeichen für die erfolgreiche Zusammenarbeit über diese beiden Ressorts hinweg, und möchte mich an dieser Stelle auch ganz herzlich dafür bedanken. Ich hoffe, dass die Empfehlungen, die dort ausgesprochen werden, dann, wenn deren Umsetzung geprüft wurde, auch in Maßnahmen zur Umsetzung fließen.
20 bis 50 Prozent unserer Schülerinnen und Schüler, aber nur ein Prozent der Lehrkräfte haben einen Migrationshintergrund. Wir haben jetzt hier durch das Maßnahmenpaket des Senats verschiedene Maßnahmen aufgelistet, kurzfristige, aber auch mittel- und langfristige, die dieser Problematik Abhilfe schaffen sollen. Zunächst einmal müssen wir natürlich schauen, wie wir mehr Lehrkräfte mit Migrationshintergrund in unsere Schulen bekommen. Ich finde den Vorschlag, der hier vom Senat gemacht wird, mit Kontingenten zu arbeiten, sehr zielführend.
Zukünftig wird es Kontingente sowohl bei den Studienplätzen als auch bei den Plätzen im Vorbereitungsdienst als auch für Lehrkräfte insgesamt für sogenannte nachgewiesene bilinguale Sprachkompetenz geben. Ich gehe einmal davon aus, dass das dann nicht dazu führen wird, dass jemand mit bilingualer Kompetenz in Englisch oder Spanisch hier vorrangig berücksichtigt wird, sondern dass sich das auf die Sprachkompetenz bezieht, die tatsächlich für das Arbeiten in unseren Schulen mit den Migrantinnen und Migranten auch erforderlich ist. Aber das allein wird nicht dazu führen, dass sofort Jugendliche mit Migrationshintergrund, die jetzt bildungsmäßig immer noch an letzter Stelle stehen, studieren oder für sich überhaupt in Betracht ziehen, in soziale Berufe zu gehen, denn bei der Anzahl der Personen, die von den Kontingenten profitieren, handelt es sich ja nur um eine kleine Anzahl.
Deshalb ist es wichtig, dass alle Lehrkräfte in unseren Schulen über interkulturelle Kompetenzen ver
fügen, um angemessen darauf eingehen zu können, was Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund an Besonderheiten vielleicht auch von zu Hause mitbringen, welche besondere Situation dadurch gegeben ist, dass man eben Deutsch als Zweitsprache spricht. Diese interkulturelle Kompetenz soll verankert werden in der Lehramtsausbildung, sodass alle Lehrkräfte zukünftig auch über diese Kompetenz verfügen.
Wir wissen, dass die Beherrschung der deutschen Sprache das A und O für den Bildungserfolg ist, und deshalb ist es wichtig, dass alle Kinder, die Defizite in der deutschen Sprache aufweisen, eine Förderung erhalten, die ihnen eine gleichberechtigte Teilnahme an Unterricht und Bildung ermöglicht. Der Senat spricht in seinem Konzept davon, dass die Vermittlung des Deutschen als mündliche Erst- und Zweitsprache systematischer und konsequenter in jedem Fachunterricht durchgeführt werden muss, und dafür ist es notwendig, dass Lehrkräfte eben auch nachgewiesene Qualifikationen in Deutsch als Zweitsprache mitbringen. Zusätzlich muss aber auch die Möglichkeit bestehen, Sprachförderung verbindlich anzuordnen. In diesem Zusammenhang finde ich, dass es auch wichtig ist, das Seminar Wissenschaftssprache Deutsch an der Universität fortzuführen.
Darüber hinaus haben wir hier schon häufiger darüber debattiert, welche Problematik die Anerkennung von Abschlüssen darstellt. Wir haben nicht nur Migrantinnen und Migranten, die wir erst ohne Qualifikation für die Arbeiten in den beschriebenen Einrichtungen motivieren oder qualifizieren müssten. Es gibt auch Menschen, die bereits als Lehrkräfte in ihrem Heimatland gearbeitet haben, die aber keine Anerkennung ihrer Qualifikation besitzen. Da haben sich nun Bund und Länder zum Ziel gesetzt, diese Anerkennungspraxis und auch die Transparenz der Verfahren und Entscheidungen grundlegend zu verbessern. Hier spricht der Senat davon, eine dezentrale Anlauf- und Clearingstelle und einen Anspruch auf Anpassungsqualifikationen zu organisieren. Das, glaube ich, ist bitter notwendig.
Auch wenn wir in Bremen nicht bei Null anfangen, zeigt doch die tägliche Realität, dass die gleichberechtigte Teilhabe am Bildungserfolg eben lange noch nicht gegeben ist, und deshalb bin ich über dieses Konzept des Senats froh, das hier konkrete Maßnahmen benennt.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang aber auch noch einmal auf die Bremer Regionalstudie zum Studienverlauf von Lehramtsstudierenden mit und ohne Migrationshintergrund eingehen!
Hier ist deutlich herausgefunden worden, dass tatsächlich unterschiedliche Bedürfnisse bei den beiden Gruppen bestehen. Das eine ist zum Beispiel die Studienfinanzierung. Es ist erwiesen, dass Studierende mit Migrationshintergrund sehr viel stärker auf BAföG angewiesen sind als Studierende ohne, die ihr Studium eher durch ihre Familie finanzieren lassen. Das heißt, notwendig sind hier BAföG-Regelungen, die sehr viel weitergehender sind als die, die wir zurzeit haben, wenn wir diese Gruppe angemessen auch entsprechend einbinden wollen.
Ich komme zum Schluss. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass darüber hinaus die Maßnahmen mit dem verbunden werden, was die Grundlagenforschung zu Fragen der Förderung von Menschen mit Migrationshintergrund ermittelt, dass diese Grundlagenforschung auch zukünftig stattfindet, und ich bin zuversichtlich, dass wir uns dann diesen Problemen ein ganzes Stückchen erfolgreicher nähern können. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit dem hier vorliegenden Konzept erreichen wir erneut einen wichtigen Meilenstein der Integration. Das macht mich froh, denn mit dem Ziel, mehr Migrantinnen und Migranten als Lehrkräfte und Pädagogen zu gewinnen, schlagen wir einen neuen Weg ein und leisten damit wieder einmal einen entscheidenden Beitrag im Umgang mit Vielfalt und Heterogenität in unserer Gesellschaft. Unsere Gesellschaft braucht das.
Das Konzept ist ein überzeugendes Grundlagenpapier zur Weiterentwicklung und Umsetzung dieser Thematik. Ich möchte der Senatorin für Bildung und Wissenschaft und der Senatorin für Arbeit, Gesundheit, Jugend und Soziales, aber auch den Autorinnen und Autoren der Bildungseinrichtungen, Universität Bremen, Hochschule Bremen und Landesinstitut für Schule, LIS, meinen Dank aussprechen.
Ihr Engagement zeigt, dass unsere Überlegungen gerade auch im Praxisbereich des Bildungswesens mitgetragen werden. Ich bin überzeugt davon, dass wir auf dieser gemeinsamen Basis eine spürbare Stär––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
kung der Migranten unter den Lehramtstudierenden und Studenten erzielen können. Ich denke, dass auch damit eine der Voraussetzungen realisiert wird, nämlich bessere Bildungschancen für die Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund.
Die kulturelle Heterogenität der Schülerschaft ist eine Rahmenbedingung des Unterrichts, der vor allem die Lehrerinnen und Lehrer gewachsen sein müssen. Die PISA-Studien, aber auch andere Untersuchungen haben immer wieder darauf hingewiesen, dass der Bildungserfolg vor allem auch etwas mit den Lehrkräften zu tun hat, mit den Lehrkräften und ihrer Qualifikation, ihrer Motivation, aber auch ihrer Bereitschaft, auf die ihnen anvertrauten Kinder einzugehen, und auch ihre kulturelle Sensibilität, ihre interkulturelle Kompetenz, meine Kollegin Frau Böschen ist darauf eingegangen, führt maßgeblich zu Bildungserfolg.
Gleichzeitig ist aber wichtig, dass die Lehrkräfte die Vielfalt der Klasse widerspiegeln. Sie können den Schülerinnen und Schülern nachzueifernde Vorbilder sein, für sie sind die Lehrkräfte mit türkischer, russischer und afrikanischer Herkunft der lebende Beweis, dass man auch mit Migrationshintergrund in diesem Land etwas werden kann. Durch den Einsatz von gut ausgebildeten Migrantinnen und Migranten können Kinder die gesellschaftliche Vielfalt als etwas Positives erleben und wahrnehmen.
Selbst mehrsprachig bringen sie gute Voraussetzungen im Umgang mit Migrantenkindern, die ja an mangelnder Sprachkompetenz, aber auch Erstsprachkompetenz leiden. Sie können der Brückenschlag zu den Elternhäusern sein. Ich glaube, in diesem Bereich kann man als ein großes Defizit an unserem Schulsystem benennen, dass es auch immer noch zu wenig gute und klare Kommunikation mit Migranteneltern gibt. Doch so schön diese Erkenntnisse sind, vor uns liegt noch ein längerer Weg der Umsetzung. Mir sind dabei vier Punkte besonders wichtig, die in naher Zukunft für den Umsetzungserfolg mitentscheidend sind.
Erstens: Die Werbung für die Lehrerausbildung oder für die Ausbildung sozialer Beruf muss zukünftig speziell auch auf die Schulabgänger mit Migrationshintergrund ausgerichtet sein. Wenn wir also mehr Migrantinnen und Migranten für diese Berufe haben wollen, müssen wir auch mehr dafür tun.
Zweitens: Ich denke, die Kompetenz in Deutsch ist eine wesentliche Voraussetzung für das Ankommen in der Schule, im Beruf und auch in der Hochschule. Wir müssen das Angebot an Deutschförderunterricht sowohl quantitativ als auch qualitativ steigern. Aber auch im universitären Bereich sollten wir mehr Lehrveranstaltungen im allgemeinen fachsprachlichen Deutscherwerb anbieten. Denn bislang sind mangeln