Zu Frage 1: Die Einführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Übernachtungsleistungen ist vom Land Bremen während des Gesetzgebungsverfahrens nicht unterstützt worden und wird weiterhin kritisch beurteilt. Wegen der kurzen Laufzeit seit Inkrafttreten des Gesetzes kann derzeit noch nicht bewertet werden, welche Wirkungen die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes letztlich entfalten wird.
Zu Frage 2: Die Länder haben die verfassungsrechtliche Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuern, solange und soweit diese nicht bundesrechtlich geregelten Steuern gleichartig sind. Eine Steuer, die zukünftig allein auf Übernachtungsleistungen erhoben wird, schöpft letztlich die durch Absenkung des Mehrwertsteuersatzes für Übernachtungsleistungen seit dem 1. Januar 2010 erzielbaren Mehrerlöse ab. Es ist daher nicht möglich, eine genau denselben Sachverhalt regelnde Steuer als Landessteuer oder – in einzelnen Kommunen – als eine örtliche Verbrauchs- und Aufwandsteuer zu schaffen. Da Steuern der allgemeinen Einnahmeerzielung dienen, stößt darüber hinaus die bindende Verwendung dieser finanziellen Mittel zur Pflege der touristischen Attraktivität Bremens auf rechtliche Bedenken.
Zu Frage 3: Die Stadt Köln prüft derzeit die Möglichkeit, eine kommunale Aufwandsteuer einzuführen. Diese würde an den Aufwand zur Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb anknüpfen. Damit könnte etwa die Hälfte der erfolgten Steuerentlastungen abgeschöpft werden. Die Einführung dieser Steuer, wie in Köln vorgesehen, wäre wegen der unter Punkt 2 genannten erheblichen Bedenken voraussichtlich nicht zulässig.
In der Stadt Bremen gibt es seit 1903 den Verkehrsverein. Alle Hotels der Stadt Bremen sind Mitglied im Verkehrsverein und zahlen neben den Mitgliedsbeiträgen eine Provisionsabgabe für jede Buchung, die über die BTZ, Bremer Tourismus-Zentrale, abgewickelt wird. Alle so erwirtschafteten Erträge der BTZ aus den Geschäften mit den 530 Mitgliedern des Verkehrsvereins gehen direkt in die touristische Vermarktung der Stadt Bremen. Insofern ist die Situation in Bremen nicht vergleichbar mit Köln, wo es eine solche Zusammenarbeit mit den Hotelbetrieben nicht gibt.
In der Tourismuskonzeption Land Bremen 2015 ist festgehalten, dass eine Mitfinanzierung der touristischen Marketingaktivitäten durch einen Marketingbeitrag aus Eintrittsgeldern oder einer Marketingabgabe der touristischen Leistungsträger wie den großen Märkten in der Stadt, den Kultureinrichtungen et cetera weiter zu verfolgen und zu konkretisieren ist. Dieser Weg wird für zielführend gehalten und soll in den nächsten Monaten konkretisiert werden. – Soweit die Antwort des Senats!
Herr Senator, zunächst einmal zu der ersten Frage: Wir hatten gefragt, wie der Senat die Tatsache beurteilt, dass es nicht zu Preissenkungen gekommen ist. Ich darf Ihnen, auch wenn die Zeit seit dem 1. Januar kurz ist, doch vorhalten, dass es zum Beispiel Untersuchungen durch den Geschäftsreisenmanager Lufthansa AirPlus gibt, die bundesweit und auch in Bremen eindeutig keine Preissenkung, sondern im Gegenteil Preissteigerungen recherchiert haben. Das deckt sich im Übrigen auch mit unseren eigenen stichprobenartigen Erhebungen hier in Bremen. Es gibt keine Preissenkung trotz einer Mehrwertsteuersenkung von zwölf Prozent! Wie beurteilt der Senat das?
Zunächst ist ja die Frage, wie werden die Preise denn gebildet. Die Preise werden letztlich am Markt gebildet.
Ja natürlich, Sie kennen das, Sie wissen das –, es ist Übung von Unternehmen und natürlich auch anderen Reisenden, immer zu schauen, inwiefern bei einer Hotelbuchung auch Rabatte verhandelt werden können. Das ist übliches Geschäft, und ein Hotel lässt sich dann darauf ein, wenn die Auslastungsquote schlecht ist, wenn sie gut ist, macht es das nicht.
Insofern, denke ich, müssen wir sehen, ob man am Ende wirklich nachvollziehen kann, welche Ursachen das Preisverhalten der Hotels beeinflussen. Wir werden dieses Thema aber auch im Hinblick auf das, was Sie an Hinweis gegeben haben, gern noch einmal untersuchen. Es mag ja sein, dass die Hotelbetriebe oder die meisten sagen, wir werden das nicht weitergeben, aber am Ende wird die Frage auch sein, wie die Verbraucher, die Kunden reagieren, also wir alle, die Hotels buchen und nutzen.
Zur Antwort auf die zweite Frage! Die war sehr kross, sage ich einmal, dass der Senat einschätzt, dass es rechtlich nicht möglich sei. Wie beurteilt der Senat die Tatsache, dass es in der Stadt Weimar seit fünf Jahren eine Kulturförderabgabe als örtliche Aufwandsteuer nach Artikel 105 Grundgesetz gibt, deren Zahlung genau an den Tatbestand der Übernachtung gebunden ist, ohne dass dies bisher beanstandet worden wäre. Gehen Sie davon aus, dass die Stadt Weimar insoweit verfassungswidrig handelt?
Zunächst stützt sich der Senat bei der rechtlichen Einschätzung dieser steuer- und steuerverfassungsrechtlichen Frage auf die Kompetenz der Finanzsenatorin. Das ist eine abgestimmte Antwort. Sie haben mindestens so gute Zugänge, wie ich sie auch habe, die Dinge zu klären. Im Übrigen ist es so, lieber Herr Dr. Kuhn, dass Weimar, wenn das so ist und wenn das wirklich vergleichbar ist, da bin ich vorsichtig, weil das Steuerrecht und das Abgabenrecht bekanntlich ein Dschungel ist, dann könnte es durchaus auch sein, da die das jetzt schon haben und die Überlegung Kölns im Zusammenhang mit einer Steuersenkung der Mehrwertsteuer stehen, die Situation sich ganz anders darstellt. Denn sie haben von dieser verfassungsrechtlichen Möglichkeit im Frühjahr schon Gebrauch gemacht. Ich nehme das aber gern mit, um auch zusammen mit der Kollegin Linnert die Frage zu prüfen, ob man von Weimar etwas lernen könnte.
Herr Senator, teilen Sie denn unsere Auffassung, dass die Länder und Kommunen angesichts der Auswirkungen der Berliner Steuerpolitik auch darüber nachdenken müssen und neu darüber nachdenken müssen, ihre eigenen originären Einnahmen zu verbessern?
Das ist, Herr Abgeordneter Dr. Kuhn, ein Thema, mit dem wir uns gemeinsam und jetzt auch verschärft befassen werden, wenn es um die Frage geht, wie die Haushalte des Landes Bremen künftig aussehen. Ich hatte darauf hingewiesen, dass wir als Senat, als Landesregierung, dieses Steuersenkungspaket insgesamt abgelehnt haben und für nicht zielführend halten, denn es kommt als zusätzliche Last auf die Lasten dazu, die wir im Zuge der erforderlichen Staatsintervention im Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Finanzkrise ohnehin machen mussten. Das heißt jetzt umgebrochen auf Bremen, wenn wir unseren Standort vermarkten wollen, brauchen wir Marketingmittel, das sind Landesgelder oder kommunale Gelder. Nun bekommen wir durch die Steuersenkung weniger herein, also müssen wir in der Tat darüber nachdenken, wie wir zum Beispiel in diesem Bereich eine Einnahmeverbesserung erzielen können. Ich hatte vorgetragen, dass wir in unserem Tourismuskonzept zumindest eine Idee haben, die wir jetzt mit den Beteiligten besprechen wollen.
(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Nein! Ich wünsche uns viel Erfolg da- bei, und wir werden Sie dabei unterstützen!)
Für die Aktuelle Stunde liegen drei Themen vor, und zwar erstens, auf Antrag der Abgeordneten Frau Troedel und Fraktion DIE LINKE,
Hartz-IV-Abhängigkeit von Frauen und Kindern in Bremen und Bremerhaven – Konsequenzen aus der BIAJ-Mitteilung vom 15. Januar 2010 ziehen
zweitens, auf Antrag des Abgeordneten Dr. Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und des Abgeordneten Tschöpe und Fraktion der SPD,
Konsequenzen aus dem Fall Schlecker ziehen: Leiharbeit nicht für Lohndumping und Abbau von Stammbelegschaften missbrauchen
drittens, auf Antrag der Abgeordneten Rohmeyer, Frau Ahrens, Röwekamp und Fraktion der CDU und der Abgeordneten Dr. Buhlert, Woltemath und Fraktion der FDP,
Die Themen werden in der Reihenfolge des Eingangs behandelt. Gemäß Paragraf 30 a Absatz 7 erhält als erster Redner der Antragsteller das Wort. Die Redezeit pro Thema und Fraktion beträgt für den ersten Redner bis zu zehn Minuten und für einen weiteren Redner bis zu fünf Minuten. Insgesamt, meine Damen und Herren, darf die Redezeit pro Fraktion auch bei mehreren Themen 15 Minuten nicht überschreiten.
Noch zur weiteren Ergänzung: Nehmen Mitglieder des Senats oder ihre Vertreter im Amt mehr als 15 Minuten Redezeit in Anspruch, so kann jede Fraktion den über 15 Minuten hinausgehenden Zeitanteil ebenfalls als weitere Redezeit beanspruchen.
Hinsichtlich der Reihenfolge der Redner wird nach der Reihenfolge des Eingangs der Themen verfahren.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Deutschland ist die Armut der vergangenen Jahre schneller gewachsen als in allen anderen Industrienationen. Dafür hat die Politik die Grundlage geschaffen. Rot-Grün leitete diese Entwicklung durch die Hartz-Gesetze einerseits und die Senkung der Spitzensteuersätze andererseits ein. Rot-Schwarz hat sie mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer und der Sozialisierung von Spekulationsverlusten der Banken in Milliardenhöhe fortgesetzt. Schwarz-Gelb sorgt jetzt für die rasantere Verschlechterung für die Mehrheit der Bevölkerung durch Steuergeschenke an die reichen Erben und Hoteliers ei––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
nerseits und Belastungen im Gesundheitswesen ausschließlich für die Versicherten andererseits. Die Politik hat die Grundlagen dafür geschaffen, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht.
Deshalb ist für die Armutsbekämpfung kein Geld mehr da, es ist kein Geld mehr da für die Kommunen und für die Menschen in diesem Land erst recht nicht. Auch die Ungleichheit bei den Einkommen hat rasant zugenommen. Vor allem aber geht die Zunahme der Armut in Deutschland zulasten von Frauen und Kindern.
Im Land Bremen ist die Situation besonders katastrophal. Das belegt die Studie des Bremer Instituts für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufsbeihilfe. Sie zeigt auf, dass im Vergleich der 413 deutschen Kreise Bremerhaven Platz eins im Negativranking einnimmt im Bereich der Kinderarmut. Dort leben 37,4 Prozent der Kinder unter 15 Jahren in Familien, die auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind. Bestürzend ist, dass die Kinder mit Migrationshintergrund ein mehr als doppelt so hohes Armutsrisiko haben. Platz zwei in diesem Negativranking der Kinder- und Jugendarmut belegt wieder einmal das Land Bremen.
Weiterhin legt die Studie offen, dass in 15 der 16 Bundesländer und in 384 von 413 Kreisen Frauen stärker auf Leistungen zum Lebensunterhalt gemäß Sozialgesetzbuch II/Hartz IV angewiesen sind als Männer. Der Zusammenhang von Frauenarmut und Kinderarmut wird anhand dieser Studie erschreckend deutlich. Daten und Fakten sind wichtig und notwendig. Wie aber sieht die Alltagssituation aus? Der tägliche Existenzkampf, die bange Frage, ob das Geld noch bis zum Monatsende reicht, ob das tägliche Essen noch bezahlt werden kann, sind Fragen, die täglich wiederkehren. Immer wieder dieselben Antworten auf Wünsche von Kindern: Dafür reicht das Geld nicht. Der Kauf von gesunder, ausgewogener Ernährung: Dafür reicht das Geld nicht. Der Erwerb von vernünftiger, haltbarer, warmer Kleidung: Dafür reicht das Geld nicht. Wehe, es geht etwas im Haushalt kaputt! Reparaturen und notwendiger Ersatz: Dafür reicht das Geld nicht. Mit diesen Sorgen wird eingeschlafen und mit diesen Sorgen wird aufgewacht.
Ein Grund für die alarmierende Kinderarmut ist die dramatische Lage alleinerziehender Mütter. 41 Prozent von ihnen leben in Armut. Viele alleinerziehende Frauen haben Schwierigkeiten, Beruf und Familie zu vereinbaren. Der Ausbau von Krippen und Horten muss also viel schneller als bisher vorangehen. Die Politik ist hier in der Pflicht. Vielen Frauen bleibt häufig nur die Möglichkeit, schlecht bezahlte Jobs anzunehmen. Kurze Arbeitszeiten, flexibilisierte Arbeitszeiten und niedrige Stundenlöhne gehören oftmals zusammen. Obwohl Frauen bereit sind, sich auf erbärmlichste Arbeitsbedingungen einzulassen, wie zum Beispiel bei einer bekannten Drogeriekette, sind 20,9 Prozent der erwerbsfähigen Bremerhavenerinnen auf Hartz IV angewiesen. Das sind nur die offiziellen Zah
len. Wir wissen alle, dass die Statistiken dadurch beschönt sind, dass Arbeitsuchende beispielsweise in Weiterbildungsmaßnahmen, in Ein-Euro-Jobs, in staatlich geförderten Maßnahmen auf dem zweiten Arbeitsmarkt gar nicht erst in der Statistik auftauchen. Wir fordern existenzsichernde Löhne!