Sie haben es vielleicht auch in Ihren Fächern gesehen, wir haben als SPD-Fraktion jetzt eine rote Karte herausgebracht, auf der Hilfeeinrichtungen aufgelistet sind. Dies ist, denke ich, auch ein kleiner Schritt
und nicht der einzige Schritt, beileibe nicht! –, es ist ein kleiner Baustein, das Thema Gewalt wieder in die Öffentlichkeit zu bringen und hier wirklich auch dafür zu sorgen, dass die Gewaltopfer auch Mut fassen, dagegen vorzugehen und diese Verbrechen anzuzeigen. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei jeglicher Gewalt gegen Menschen – Frauen, Mädchen, Männer und Jungen – darf keiner von uns wegsehen. Ich glaube, das ist allen klar, und das ist der allererste Grundsatz.
Meine Herren von der FDP – ich hätte fast gesagt, die Vorstellung –, das, was Sie hier in einen Kontext gestellt haben, macht mich doch etwas besorgt, weil Sie vollkommen verkennen, dass es hier um eine strukturelle Problematik geht, und es geht nicht nur darum, Frauen gegen Männer auszutauschen im Bereich von Gewalt und Jungen gegen Mädchen auszutauschen. Wir haben es hier auch mit einer anderen Rollenverteilung in der Gesellschaft zu tun, und wenn Sie die Studie anführen, die Sie hier, Herr Dr. Buhlert, benannt haben, so darf ich sagen, dass ausdrücklich in dieser Studie benannt ist, dass sie nicht repräsentativ ist. Ich bitte sehr darum, dass Sie an der Stelle überdenken, ob das, was Sie hier auch insgesamt dazu eingebracht haben, nicht von Ihrer Seite eine sehr einseitige Betrachtungsweise ist.
Es freut mich sehr, dass wir hier ansonsten insgesamt bei diesem Thema sehr einig sind und sehr deutlich sagen: Es gilt, gegen alle Gewalt vorzugehen, und häusliche Beziehungsgewalt ist noch einmal ein ganz besonderes Problem und eine ganz besondere Herausforderung, der wir auch begegnen müssen. Deshalb ist dieses Thema nicht nur im Bereich des Sozialressorts ein Thema, sondern, wie es hier in dem vierten Bericht auch deutlich geworden ist, ein ressortübergreifendes Thema. Dort sind Soziales, Inneres und das Justizressort beteiligt, aber dazu gehört natürlich auch die ZGF. Wir alle haben hier in den letzten Jahren gemeinsam etwas weiterentwickelt, und es darf nicht der Eindruck entstehen, dass wir hier am Ende unserer Unterstützungsmöglichkeiten, unserer Beratungsmöglichkeiten und auch der Projekte sind, die Mädchen und Frauen, aber auch Jungen und Männern helfen, mit Gewalt umzugehen.
Ich will aus dem Bericht, der jetzt vorliegt, zwei Themen herausgreifen, nicht, weil die anderen nicht
gleich wichtig wären, aber ich will hier – weil das, in den nächsten Monaten und nächsten Jahren auch weiterbefördert werden muss – das Thema der Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund aufgreifen. Es ist richtig, dass wir mit dem Programm FITMigration und FIT-Eltern einige gute Schritte nach vorn gekommen sind, denn dort ist es ein Thema, das in diesen gesamten Komplex der Unterstützung von Menschen mit Migrationshintergrund einfließt und somit auch einen Wert und eine Bedeutung hat, darüber zu sprechen, wo es Unterstützungsmöglichkeiten gibt.
Programme, die sehr stark wahrgenommen werden und die darüber hinaus, das ist mir besonders wichtig, eine Multiplikatorenfunktion haben – das heißt, sie sind nicht nur für die, die dort hingehen, sondern es verbreitet sich – sind das, was wir brauchen. Ich möchte besonders auch auf die Programme hinweisen und mich auch gleichzeitig bei den Kooperationspartnern bedanken, die mit uns an der Seite gemeinsam an diesem Thema arbeiten, nämlich im Bereich der offenen Jugendarbeit. Dort geht es auch darum, häufig unter sehr niedrigschwelligen Bedingungen, hier sowohl bei den Mädchen als auch in der offenen Jungenarbeit Beratungs- und Unterstützungsangebote zu machen.
Alles in allem darf man sagen, es ist hier einiges erreicht worden. Es muss weitergehen, und es muss insbesondere die Schnittstellenproblematik, die hier auch aufgezeigt worden ist, gelöst werden. Ich denke, dass wir hier gemeinsam auch mit den beteiligten Ressorts einen ganz guten und wichtigen Schritt für die Mädchen und Frauen, für die Menschen, die Gewalt und auch häusliche Beziehungsgewalt erfahren, geleistet haben. – Herzlichen Dank!
Wer den Bemerkungen des Ausschusses für die Gleichstellung der Frau, Drucksache 17/918, beitreten möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) tritt den Bemerkungen des Ausschusses für die Gleichstellung der Frau bei.
Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem vierten Bericht der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe „Häusliche Beziehungsgewalt“, Druck
sache 17/799, und dem Bericht des Ausschusses für die Gleichstellung der Frau, Drucksache 17/918, Kenntnis.
Gesetz zur Änderung des Bremischen Jagdgesetzes Antrag des Abgeordneten Timke (BIW) vom 2. September 2009 (Drucksache 17/919) 1. Lesung
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich stelle heute den Antrag, den Paragrafen 27 Absatz 2 des Bremischen Jagdgesetzes zu ändern. Mit diesem Antrag soll bewirkt werden, dass der Abschuss von Hunden und Katzen im Jagdrevier zukünftig nicht mehr willkürlich und grundlos, sondern nur dann erfolgen darf, wenn das Haustier auch tatsächlich dem Wild nachstellt und es gefährden könnte.
Nach den derzeitigen landesgesetzlichen Regelungen kann ein Hund von einem Weidmann im Jagdrevier erschossen werden, sobald sich das Tier außerhalb der Einwirkung seines Herrn befindet. Dabei spielt es keine Rolle, ob der frei laufende Hund tatsächlich gewildert hat oder nicht. Befindet sich der Hund außerhalb der Einwirkung seines Herrn, darf der Jäger abdrücken, quasi auf Verdacht. Die Definition „Einwirkung seines Herrn“ ist natürlich ausgesprochen dehnbar und Auslegungssache. In dem Buch „Der Jäger und sein Recht“ ist zu diesem Thema Folgendes zu lesen, ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin: „Es reicht, wenn die Aufsichtsperson sich nicht um den Hund kümmert, sondern sich zum Beispiel mit einer anderen Person unterhält.“ Dann hat der Jäger schon die Befugnis, den Hund zu erschießen. Ich halte das für eine recht zweifelhafte Definition.
Bei Katzen ist die derzeitige Bremer Rechtslage noch fragwürdiger. Den Stubentigern unterstellt man schon das Wildern, wenn sie sich mehr als 200 Meter vom nächsten Haus entfernt aufhalten. Ob sie nun gelassen in der Sonne liegen oder Ungeziefer wie zum Beispiel Mäusen nachstellen – der Jäger darf sie erschießen, sobald das Entfernungskriterium von 200 Metern überschritten ist. Dabei weiß man doch heute, dass die Reviergröße eines Katers durchaus 1 000 Quadratmeter betragen kann. Kater wildern also nicht au
tomatisch unkontrolliert herum, wenn sie sich mehr als 200 Meter von einem Haus entfernen, sondern sie verhalten sich natürlich und artgerecht.
Nach Schätzungen der Tierrechtsorganisation PETA Deutschland e. V. werden bundesweit pro Jahr etwa 400 000 Katzen und 65 000 Hunde unter dem Vorwand der Wilderei von Jägern erschossen. Diese unglaublichen Zahlen muss man sich einmal vor Augen führen. Dass Jäger mit Haustieren auf Kriegsfuß stehen, ist leider nicht neu. Schon im Nationalsozialismus galten Hunde und Katzen als unangenehme Wegbegleiter der Weidmänner. 1934 wurde das Reichsjagdgesetz beschlossen, dass dann am 1. April 1935 in Kraft trat. Verantwortlich für dieses Gesetz war der damalige Reichsjägermeister und zweite Mann im Nazistaat, Hermann Göring. Für ihn galten Hunde und Katzen als Raubzeug, das ausgemerzt werden muss. Wesentliche Bestimmungen des heutigen Jagdrechts, das wissen Sie sicherlich, stammen aus dem Reichsjagdgesetz von 1934, und deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass dieser Ungeist auch in einigen Jagdgesellschaften fortwährt. Für viele Jäger sind Hunde und Katzen auch heute noch Raubzeug, das ausgemerzt werden muss.
Mit Genehmigung der Präsidentin zitiere ich zwei Passagen aus der aktuellen Jagdliteratur aus dem Buch „Jagd und Fang des Raubwildes“ des Autors Hans Behnke, der vom Deutschen Jagdverband für sein gesamtliterarisches Schaffen ausgezeichnet wurde. Herr Behnke stellt fest: „Hunde und Katzen sind die Geißeln der Wildbahn. Sie werden nicht gejagt, sondern bekämpft. Einen streunenden Hund gibt es nicht; ein frei laufender Hund ist ein wildernder Hund.“ Solche Textpassagen in der Jagdliteratur haben nichts mit Tierschutz und Hege und Pflege des Wildbestandes zu tun. Solche Textpassagen sind schlicht und einfach Ausdruck von Verachtung gegenüber unseren Mitgeschöpfen.
In unserer heutigen Gesellschaft genießen Hunde und Katzen zweifelsohne für ihre Besitzer einen sehr hohen sozialen Stellenwert. Haustierabschuss führt zu dramatischen Erlebnissen für die Menschen, für die Besitzer, also für Erwachsene und Kinder gleichermaßen. Er führt zu einer Ohnmacht und Trauer, dass dies einfach ungestraft geschehen darf, einmal ganz abgesehen vom Leid der Tiere selbst. Deshalb dürfen Hunde und Katzen auch zukünftig nicht mehr als Raubzeug oder als Geißeln der Wildbahn angesehen werden und erschossen werden.
Zurück zum Kern meines Antrags! Vergleicht man das Bremische Jagdgesetz mit den Jagdgesetzen anderer Bundesländer, wird man feststellen, dass in einigen Bundesländern viel präzisere Regelungen getroffen wurden, was den Abschuss von Hunden und Katzen angeht. Mit Genehmigung der Präsidentin zitiere ich aus dem Bayerischen Jagdgesetz, dort heißt es in Artikel 42 Absatz 1: „Die zur Ausübung des Jagdschutzes berechtigten Personen sind befugt, wildernde Hunde und Katzen zu töten. Hunde gelten
als wildernd“, und das ist der entscheidende Satz, „wenn sie im Jagdrevier erkennbar dem Wild nachstellen und dies gefährden könnten.“ Hunde in Bayern müssen also erst einmal erkennbar dem Wild nachstellen und obendrein noch das Wild gefährden, bevor der Jäger das Recht erhält, diese Hunde zu erschießen. In Bremen dagegen braucht ein Hund nur einmal außerhalb der Einwirkung seines Herrn zu sein, um Gefahr zu laufen, erschossen zu werden.
Durch das Inkrafttreten der Föderalismusreform am 1. September 2006 haben sich die Gesetzgebungskompetenzen im Jagdwesen grundlegend geändert. Der Bund darf nunmehr das Jagdrecht einheitlich regeln, wobei den Ländern wiederum ein weitgehendes Abweichungsrecht zusteht. Von dem Recht, abweichende Regelungen durchzuführen, sollten wir Landesparlamentarier immer dann Gebrauch machen, wenn die bestehenden Regelungen im Bremischen Jagdgesetz entweder veraltet oder nicht eindeutig formuliert sind.
Das ist hier der Fall. Deshalb ist das Bremische Jagdgesetz dringend zu modifizieren. Zukünftig muss auch in Bremen gelten, dass Hunde und Katzen dem Wild erkennbar nachstellen und es gefährden, bevor die Weidmänner das Recht erhalten, Haustiere zu erschießen, so wie ich das auch in meinem Antrag dargelegt habe.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Nein, da steht, 200 Meter vom Haus darf man es abschießen!)
Meine Damen und Herren, das massenhafte und oftmals grundlose Töten von zahmen Hunden und Katzen ist eine Schande für jede zivile Gesellschaft. So etwas darf es im Deutschland des 21. Jahrhunderts einfach nicht mehr geben, und deshalb ist es notwendig, das Jagdrecht besonders in diesem Punkt zu modifizieren.
Lassen Sie mich abschließend noch eines deutlich machen! Es ist für mich völlig unstrittig, dass Wildtiere in Feld und Flur ein Recht darauf haben, geschützt zu werden. Doch die derzeitigen Regelungen zum Haustierabschuss im Bremischen Jagdgesetz sind völlig veraltet, willkürlich und gehen weit über das hinaus, was zum Schutz wild lebender Tiere notwendig ist. Deshalb bitte ich Sie, meinem Antrag zuzustimmen! Lassen Sie uns gemeinsam das Landesjagdgesetz ändern, damit Hunde und Katzen in Bremen zukünftig nicht mehr auf Verdacht geschossen werden können! – Vielen Dank!
Der mündliche Beitrag hat auch nicht zur Klärung beigetragen. Ich möchte Ihnen aber – vielleicht ist das hilfreich – den schon angesprochenen, auszugsweise vorgestellten Artikel 27 Absatz 2 des geltenden Landesjagdgesetzes Bremen vorlesen, damit Sie vergleichen können: „umfasst die Befugnis, Hunde und Katzen im Jagdbezirk zu töten, es sei denn, dass sich der Hund innerhalb der Einwirkung seines Herrn und die Katze weniger als 200 Meter vom nächsten Haus entfernt befindet oder dass es sich um einen Jagd-, Blinden-, Polizei-, Hirten- oder sonstigen Diensthund handelt, der als solcher kenntlich ist“. Für meine Begriffe, die ich mit diesem Sport nun gar nichts zu tun habe, ist das sprachlich sauber, klar nachvollziehbar und erkenntlich, was ich von dem vorliegenden Antrag, wie gesagt, nicht sagen kann.
Ich habe mir aber die Mühe gemacht, diesen Antrag des Abgeordneten Timke noch einmal einem Juristen in die Hand zu geben, weil ich vielleicht die eine oder andere Feinheit nicht erkannt habe. Er hat mir Folgendes gesagt, ich zitiere: „Der Text ist unverständlich, leicht verquast und in der Sache nicht dienlich. Worum geht es dem Antragssteller?“ Das wollte ich ihm aber nicht beantworten.
Ich möchte mich jetzt nicht auf Kosten unserer knappen Zeit länger in Spekulationen oder Vermutungen ergehen, darum komme ich gleich zum Fazit: Wir lehnen diesen Antrag ab! Wäre ich Hobbyanglerin oder Sportfischerin, würde ich sagen, Herr Timke hat im Trüben gefischt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!