Protocol of the Session on August 27, 2009

Ich eröffne die 50. Sitzung der Bürgerschaft (Landtag).

Ich begrüße die hier anwesenden Damen und Her- ren sowie die Zuhörer und die Vertreter der Medien.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn unserer heutigen Donnerstagssitzung mit Ihnen gemeinsam eines Ereignisses gedenken, das katastrophal, schrecklich und unmenschlich war für Deutschland, für Europa und die Welt. Ich spreche vom Zweiten Weltkrieg und seinem Beginn vor 70 Jahren. Wir begehen den 1. September als Erinnerungstag. An jenem Morgen im Jahr 1939 trat Adolf Hitler vor die Abgeordneten in der Berliner Krolloper, der Reichstag war schon abgebrannt, und die Parlamentarier bildeten eine einzige NSDAPTruppe. Er behauptete, die polnische Armee hätte mit regulären Soldaten deutsches Hoheitsgebiet betreten und das Feuer eröffnet. Dann verkündete er: „Seit 5.45 Uhr wird zurückgeschossen, Bombe mit Bombe vergolten.“

Die Abgeordneten waren, so schreibt es die Geschichte, außer Rand und Band, sprangen von ihren Stühlen und schrien: „Heil Hitler!“ Damit ging ein außergewöhnlich langer und warmer Sommer der Deutschen jäh zu Ende. Wer damals allerdings genau hingeschaut und hingehört hatte, konnte die Vorboten des Krieges schon früher als am 1. September wittern. Nehmen wir nur den heutigen Tag, den 27. August, im Jahr 1939: Das Reichspropagandaministerium wies die deutsche Presse an: „Aufmachung weiterhin Polen, in der Stärke keinesfalls nachlassen. Es gibt genügend Meldungen über Kriegsvorbereitungen, Panikstimmung, kleinere Unruhen.“ An jenem 27. August kanzelte Hitler den Bund mit Moskau, jenen deutsch-russischen Nichtangriffspakt, der erst am 23. August unterzeichnet worden war, als „Pakt mit dem Satan, um den Teufel auszutreiben“, ab.

Was besonders die eigentlich noch sommerlich milde gestimmten Menschen beunruhigte: Am 27. August vor 70 Jahren wurden im deutschen Reich für bestimmte Lebensmittel sowie Seife und Kohle bereits Bezugsscheine eingeführt.

Am 1. September 1939 begann mit dem Angriff auf Polen der Zweite Weltkrieg. Für viele Menschen wurde die Tür zur Hölle aufgestoßen, das zivilisierte Miteinander und Füreinander zerstört. Am Ende zog der Krieg 100 Millionen Menschen in Mitleidenschaft, 50 Millionen in den Tod, sechs Millionen jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger kamen in den Vernichtungslagern um. Der Krieg hinterließ Obdachlose, Waisen, Heimatvertriebene und Kriegsversehrte, Trümmer erdrückten das Alltagsleben, dazu bange Fragen nach dem Überleben am nächsten Tag, traumatisierte Kinder, Frauen und Männer überall. Folge des Krieges war schließlich die tiefe Spaltung Euro

pas für Jahrzehnte, und die Trennungslinie, damals Demarkationslinie, verlief mitten durch Deutschland und Berlin. Meine Damen und Herren, ich darf den 1. September 2009 in unserer Partnerstadt Danzig verbringen und an den zentralen Feierlichkeiten anlässlich des 70. Jahrestages des Kriegsbeginns teilnehmen als Repräsentant der Bremischen Bürgerschaft und, Ihre Zustimmung vorausgesetzt, der darin vertretenen fünf Fraktionen. Es ist mir ein Bedürfnis, an diesem schwierigen Tag an der Seite von Menschen zu sein, mit denen uns Bremerinnen und Bremern eine über 30 Jahre alte Städtepartnerschaft verbindet. Es braucht die freundschaftlichen Begegnungen zwischen Polen und Deutschen und den gegenseitigen Respekt. Wir brauchen die Verständigung, um Versöhnung zu erreichen. Die Schuld und Scham für und über das unermessliche Leid, das Deutsche vielen Menschen angetan haben, bleiben. Der Weg der Aussöhnung mit den Völkern ist ein langer und schmerzlicher, aber einer mit Zuversicht: Sich der Vergangenheit zu erinnern ist die Voraussetzung, dass Polen und Deutsche die Gegenwart und die Zukunft in einem vereinten Europa gemeinsam gestalten. Meine Damen und Herren, 70 Jahre Erinnerung an den Beginn des Zweiten Weltkrieges sind leider keine Garantie dafür, dass nicht irgendwo auf der Welt wieder Kriege oder kriegsähnliche Eskalationen ausbrechen, eine bittere Erkenntnis. Auch und gerade wir Deutschen stehen also in der Verantwortung, Demokratie und zivilgesellschaftliche Werte zu leben, zu verteidigen und Friedenspolitik aktiv zu betreiben, heute und in Zukunft! Wir treten in die Tagesordnung ein.

Haushaltsgesetze und Haushaltspläne der Freien Hansestadt Bremen für die Haushaltsjahre 2010 und 2011

Mitteilung des Senats vom 16. Juni 2009 (Drucksache 17/835) 1. Lesung

Wir verbinden hiermit:

Finanzplan 2009 bis 2013 der Freien Hansestadt Bremen

Mitteilung des Senats vom 18. August 2009 (Drucksache 17/891)

s o w i e

Wirtschaftspläne 2010/2011 der Eigenbetriebe, Sonstige Sondervermögen, Stiftungen und Anstalten öffentlichen Rechts

Mitteilung des Senats vom 25. August 2009 (Drucksache 17/900)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Bürgermeisterin Linnert.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch darauf hinweisen, dass in diese Aussprache auch die Beratung des Stadthaushalts einbezogen werden soll.

Es ist verlängerte Redezeit vereinbart; sie beträgt für den jeweils ersten Redner einer Fraktion bis zu 20 Minuten.

Wir kommen zur ersten Lesung der aufgerufenen Gesetzesvorlagen.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Senat legt Ihnen hiermit die Haushaltsentwürfe für die Jahre 2010 und 2011 sowie den Finanzrahmen 2009 bis 2013 vor mit der Bitte, nun den parlamentarischen Beratungsprozess, dessen Federführung der Haushalts- und Finanzausschuss hat, durchzuführen. Am Ende stehen dann beschlossene Haushalte, die das finanzielle Fundament für das Handeln der Regierung in den Jahren 2010 und 2011 bilden.

Die den Haushalten zugrunde liegenden Eckwertbeschlüsse des Senats sind – nach zugegeben zähen Verhandlungen – einstimmig gefällt worden und sind Ausdruck der Handlungsfähigkeit des Senats, auch in diesen Zeiten Schritte zur Haushaltskonsolidierung zu gehen, den sozialen Zusammenhalt Bremens zu stärken, soweit möglich eine nachhaltige ökologische Entwicklung zu fördern, in den Erhalt und Ausbau von Arbeitsplätzen in Bremen und Bremerhaven zu investieren und das Wohl von Kindern und Jugendlichen in den Mittelpunkt zu rücken.

Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Finanzressort danke ich für ihren großen Einsatz und die Leistung, das alles trotz Konjunkturpaket, Nachtragshaushalt, Föderalismusreform und anderer Kleinigkeiten wie gewohnt solide erarbeitet zu haben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Diese Haushalte entstanden in einer aus zwei Gründen außergewöhnlichen Lage, die mit Sicherheit auch die weiteren Beratungen ganz stark prägen wird.

Zunächst befinden wir uns in der größten Wirtschaftskrise seit Bestehen der Bundesrepublik Deutsch- land. Unsere Steuereinnahmen werden geschätzt im Jahr 2009 um zehn Prozent unter dem guten Jahr 2008 liegen. Während die Kreditaufnahme 2008 deshalb nur 360 Millionen Euro für Land und Stadtgemeinde betrug, müssen wir davon ausgehen, dass diese im Jahr 2010 über 900 Millionen Euro liegen wird. Parallel zu den geringeren Steuereinnahmen steigen die Anforderungen an den Staat für Arbeitslosenhilfe, Jugendhilfe und Wohngeld. Es ist kein Trost, dass alle Bundesländer, die Gemeinden und der Bund unter dieser Situation zu leiden haben.

Für Bremen bedeutet der Absturz der Steuereinnahmen die Scheidelinie zwischen perspektivisch mit Hilfe zu bewältigender Haushaltslage oder objektiver Unmöglichkeit. Ausdrücklich möchte ich auch darauf hinweisen, dass knapp 50 Prozent der geringeren Steuereinnahmen bis 2011 auf Steuerentlastungen zurückzuführen sind. Bei der Veranschlagung der Einnahmen der beiden Haushaltsjahre hat sich der Senat an den angenommenen Steigerungen der bundesweiten Steuerschätzung orientiert und ist somit bundespolitisch auf der sicheren Seite. Gleichwohl sind diese Schätzungen mit hohen Unsicherheiten belastet.

Der zweite Grund für eine außergewöhnliche Lage für die Haushaltberatungen sind die Ergebnisse der Föderalismusreform II, über die der Senat hier mehrfach berichtet hat. Zurzeit finden Gespräche auf Verwaltungsebene statt mit dem Ziel einer Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den fünf Sanierungsländern. Dabei ist es bedeutsam herauszufinden, ein wie hoher Anteil unseres Haushaltsdefizits strukturelle Gründe hat, also abzubauen ist, und welcher Anteil konjunkturelle Gründe hat. Dafür werden verschiedene Berechnungsmodelle, die aus Bremer Sicht möglichst einfach und nachvollziehbar sein sollen und uns Rechtssicherheit geben müssen, diskutiert. Erst im Frühjahr 2010 werden wir die erforderlichen jährlichen Abbauraten bis 2020 kennen, damit für Bremen die 2,7 Milliarden Euro Sanierungshilfen in 300-Millionen-Euro-Tranchen neun Jahre lang feststehen. Diese dürfen, damit sich nicht noch jemand Hoffnungen macht, ausschließlich zur Senkung der Kreditaufnahme eingesetzt werden.

Vorsorglich hat der Senat für das Haushaltsjahr 2011 einen Abbau des Defizits von 50 Millionen Euro eingeplant. Da aber auch diese Annahme mit hohen Unsicherheiten belastet ist, empfehlen wir der Bürgerschaft, die Haushalte zwar beide zu beraten, auf ihre Belastbarkeit hin zu prüfen und dafür Sorge zu tragen, dass dem politischen Willen soweit möglich Rechnung getragen wurde, dann aber die Beschlussfassung über den Haushalt 2011 auf das Frühjahr 2010 zu verschieben. Das erspart uns möglicherweise den einigermaßen einmaligen Vorgang, dass ein Nachtragshaushalt, der aus rechtlichen Gründen sowieso erst nach Beginn des Jahres 2011 beschlossen werden könnte, anstatt wie üblich Mehrausgaben in diesem Fall weitere Kürzungen enthält. Außerdem brauchen wir für die Verhandlungen mit dem Bund eine gesicherte Grundlage, die der Haushalt 2010 als Basisjahr und der Haushalt 2011 als, Vorschlag, erstes Sanierungsjahr abbilden sollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, beide Haushaltsentwürfe sind erkennbar von dem Willen geprägt, den auf der Basis der Karlsruhe-Klage eingeschlagenen Konsolidierungsweg konsequent weiter zu gehen. Veränderungen haben wir nur dort und insoweit vorgenommen, wie tatsächliche

Entwicklungen so gravierend abweichen, dass eine Anpassung unvermeidlich ist. Das gilt – wie auch schon im Haushalt 2008 und 2009 – für den Bereich der gesetzlichen Leistungen im Sozial- und Jugendbereich. Diese Entwicklung betrifft alle größeren Städte und stellt überall die Kämmerer vor Herausforderungen.

So besteht die Gefahr, dass wir, ständig mit dem Besorgen von Geld beschäftigt, keine Energie mehr haben, genauer die Wirkungsweise sozialstaatlicher Hilfen zu hinterfragen, und uns gemeinsam der Tatsache entgegenstemmen, dass es in Bremen ganze Nachbarschaften gibt, für die staatliche Hilfen Tradition haben und keine Perspektive aus dieser Lage heraus mehr gesehen wird. Der Senat wirkt mit seiner Orientierung auf benachteiligte Stadtteile, dem kostenlosen Mittagessen für Kinder aus armen Familien, dem Ausbau von Ganztagsangeboten und dem Sozialticket dieser Entwicklung entgegen.

Die Hoffnung, dass sich eine stärker präventive und ermutigende Sozialpolitik letztendlich auch in geringeren Kostensteigerungen im Haushalt niederschlägt, erfüllt sich dagegen bisher nicht.

Verändern mussten wir unseren ursprünglichen Haushaltskurs auch bei den Personalkosten. Die Tarifergebnisse 2009 und 2010, die zeit- und wirkungsgleich auf die Beamtenbesoldung übertragen wurden, erhöhen die Haushaltsanschläge für Personalkosten unvermeidbar. Da der Senat sich entschlossen hat, auch die Tarifeffekte bei ausgelagerten Einrichtungen, insbesondere Hochschulen, Theater und Stadtgrün, die konsumtiv im Haushalt veranschlagt werden, auszugleichen, mussten auch dort im Gefolge die Anschläge erhöht werden. Trotzdem wird es auch in den kommenden Jahren zu weiteren Einsparungen im Bereich des Personals kommen müssen.

Die Investitionen Bremens werden auf der Basis der ursprünglichen Planungen in den beiden Haushaltsjahren noch einmal leicht abgesenkt, damit wir dann aber das durchschnittliche Bundesniveau erreicht haben. Das zusätzlich im Haushalt 2009 veranschlagte Konjunkturprogramm unterstützt durch seine deutliche Orientierung auf energetische Sanierung eine nachhaltige Haushaltswirtschaft und stabilisiert die Beschäftigung in der Region.

Meine Damen und Herren, trotz aller Sparanstrengungen legt Ihnen der Senat Haushalte vor, die mit über 20 Prozent Defizitquote eine bedeutende Neuverschuldung von 806 und 928 Millionen Euro nach sich ziehen werden. Am Ende des Finanzplanzeitraums werden das Land und seine beiden Gemeinden Schulden in Höhe von fast 20 Milliarden Euro haben. Diesen Anstieg zu bremsen und am Ende Haushalte vorzulegen, die ohne neue Schulden auskommen, wird die zentrale Herausforderung besonders für Bremen, aber für viele andere Länder und Gemeinden auch. Auch wenn die Talsohle der Krise überwunden scheint, die Auswirkungen in

den öffentlichen Kassen werden uns noch jahrelang beschäftigen.

Zeiten, in denen man glaubt oder den Eindruck zu erwecken versucht, im Finanzressort sei eine nicht versiegende Geldquelle, die mit öffentlichem Druck und viel Getöse zum Sprudeln gebracht werden kann, sind lange vorbei. Kostenbewusstsein muss bei allen Entscheidungen eine zentrale Rolle spielen, und zur Abwägung gehört immer auch der Gedanke darüber, ob das, was wir uns heute leisten, von den Menschen, die es nach uns bezahlen werden müssen, auch als werthaltig akzeptiert werden wird. Die Grundlage der Haushaltspolitik ist damit definiert: Nachhaltigkeit, Transparenz und realistische Veranschlagung. Sie bietet überhaupt erst die Voraussetzung dafür, dass Kostenbewusstsein alle Überlegungen von der ersten Minute an begleitet und nicht, wie immer noch einmal gern wieder vorgefunden, erst einmal Wünsche angehäuft werden, die man dann kurz vor Ende dem ungeliebten Realitätscheck unterzieht.

Als Faustformel kann man sagen: Bremens Haushalte werden stabil gehalten oder, wie die Haushälter sagen, überrollt. Nur im Bereich gesetzlicher Leistungen, die von hier aus nicht beeinflusst werden können, und Tarifsteigerungen müssen wir die Ansätze aufstocken und natürlich die Steuerminderausgaben ausgleichen.

Die Schwerpunkte der Regierung im Bereich Kinder und Jugendliche und Ausbau der Bildung und im Bereich Wissenschaft werden durch Umschichtungen finanziert. So wurden seit 2008 über 80 Millionen Euro konsumtive Mittel umgeschichtet, 20 und 30 Millionen Euro in den Jahren 2008 und 2009. In diesen Haushalten kommen noch einmal 13 und 20 Millionen Euro hinzu für diesen Bereich durch Umschichtungen. Dieses Geld kann rechnerisch dafür verwendet werden, im Jahr 2010 378 zusätzliche Ganztagsplätze in den Kindertagesheimen zu schaffen und weitere 269 im Jahr 2011. Darüber hinaus werden 500 bestehende Plätze für Drei- bis Sechsjährige auf eine Betreuungszeit von sechs Stunden ausgebaut. Im Vergleich zum Jahr 2007 erhöhen wir den Haushaltsansatz für den Bereich Kinderbetreuung um 34 Prozent. Dazu kommen die investiven Mittel aus dem Konjunkturprogramm II.

Für den weiteren Ausbau von Ganztagsschulen und Sprachförderung planen wir 15,6 Millionen Euro zusätzlich ein. Es bleibt bei der Neueinstellung von 1 000 Lehrerinnen und Lehrern, 800 in Bremen und 200 in Bremerhaven. Mit der Senatorin für Bildung wurde ein Kontrakt zu Schulentwicklung abgeschlossen, der es ermöglicht, 20 weitere Lehrkräfte in den Jahren 2010 und 2011 einzustellen und zusätzliche Verwaltungsangestellte, um Lehrerinnen und Lehrer von unterrichtsfernen Tätigkeiten zu entlasten.

Im Bereich Jugendpolitik wird das vorgesehene Projekt „Stopp der Jugendgewalt“ mit jeweils einer Million Euro ausgestattet sowie die Finanzierung des Anpassungskonzeptes sichergestellt. Mittel in

der Größenordnung von 33 Vollzeitkräften und 13 Poolkräften unterstützen den Bereich Kindeswohl bei der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales. Universitäten und Hochschulen können sich auf uns verlassen. Die im letzten Haushalt veranschlagten Mittel zur Stärkung der Lehre werden verstetigt, und die Tarifsteigerungen müssen nicht mehr aus dem eigenen Budget erbracht werden. Die Koalition hält die Zusage, dass im Bereich Polizei keine weiteren Personaleinsparungen erbracht werden müssen, ein. Deshalb wurden – wie hier gestern schon in der Fragestunde dargestellt – 20 zusätzliche Anwärterinnen und Anwärter für den Polizeidienst eingestellt. Auch in diesem Bereich wurde vereinbart, dass beim Nichtvollzug die Einsparverpflichtungen deutlich reduziert werden, um wichtige Unterstützungsleistungen für die Polizeiarbeit nicht zu gefährden. Für den Justizbereich wurden im Rahmen der Eckwertberatungen Mittel in einer Größenordnung von 35 Vollzeitstellen beschlossen, um unseren guten Benchmarking-Platz bei der Aufgabenerledigung auch zukünftig abzusichern. Einen Gesamtüberblick über die geplanten Investitionen können Sie gewinnen, wenn man die Investitionen des Haushalts, das Konjunkturprogramm und das Gebäudesanierungsprogramm aus dem Sondervermögen zusammen betrachtet. 150 Millionen Euro Investitionen sind im Bereich des Senators für Wirtschaft und Häfen und 110 Millionen Euro im Bereich des Senators für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa vorgesehen. Dazu gehören der verabredete überproportionale Anteil Bremerhavens an den Landesmitteln, die Fortsetzung der Wirtschaftsförderung auf hohem Niveau und weitere Investitionen in die Hafeninfrastruktur. Außerdem gehen größere Summen in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, in die Sanierung des öffentlichen Gebäudebestands und in den Klima- und Lärmschutz. Die Investitionen in die Justizvollzugsanstalt ermöglichen nach Jahren des Stillstands wieder einen Strafvollzug, der modernen Anforderungen genügt, und die Aufstockung der Krankenhausinvestitionen sind Investitionen in einen wirtschaftlich wichtigen Bereich in unserem Bundesland. Meine Damen und Herren, zu den Beratungen hier gehört auch die Vorlage eines Finanzplans für die Jahre 2009 bis 2013. Der Finanzplan soll eine Orientierung geben und die vorgelegten Haushalte einordnen im Vergleich zu den Vorjahren und für die Zukunft. Schauen Sie einmal hinein! Im Anhang finden Sie eine vollständige Übersicht über alle Kapitaldienstfinanzierungen, die aus dem Haushalt – zum Teil auch noch über viele Jahre hinweg – abgezahlt werden müssen, aber Sie finden auch vergleichende Daten mit anderen Bundesländern, langfristige Entwicklungen von Schuldenstand, Wirtschaftswachstum und Staatsausgaben. Dieses Material soll Sie ganz gezielt dabei unterstützen, den vielen Bauchreden über Bremens Finanzen zahlengestützte Argumente entgegenzusetzen.

Zum Schluss möchte ich einen kurzen Ausblick auf das weitere Verfahren Sanierungsweg machen, der ja dann für die weiteren Beratungen des Haushalts 2011 wichtig wird! Wir rechnen damit, dass im Frühjahr des Jahres 2010 das Verwaltungsabkommen fertig sein wird. Die Zeit bis dahin wird der Senat nutzen, um weitere, über das geplante Bisherige hinausgehende Sparvorschläge zu erarbeiten. Die Zeiten des schnellen Geldes mit Vermögensveräußerungen und Schließen von Einrichtungen ohne vertretbare Begleitschäden sind wahrscheinlich ziemlich weitgehend vorbei. Deshalb werden wir Konzepte brauchen, die einen Schwerpunkt auf den Umbau auch der Verwaltung legen. Immer noch benötigen wir 30 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst für die innere Organisation. Da können wir besser und effizienter werden. Aber natürlich werden wir auch über die Steigerung von Einnahmen nachdenken, das müssen wir!

Sicher können Sie sich sein, dass bei aller Notwendigkeit des Sparens der Senat die Stärkung des sozialen Zusammenhalts unserer Städte und eine nachhaltige Haushaltsentwicklung nicht aus den Augen verlieren wird. Wir werden, wenn der Senat die Konzepte vorlegt, auch selbstverständlich gern auf das Angebot der Opposition eingehen, gemeinsam darüber zu sprechen und zu schauen, welche der Dinge von Ihnen mit getragen werden. Wenn Sie auch noch zusätzliche Vorschläge haben – –. Es ist sicher, dass die Vorschläge, die der Senat macht, eine breite Debatte in der Stadt oder im Bundesland hervorrufen werden, und dem werden wir uns auch gern stellen, aber wir werden uns der Aufgabe, dass der Senat etwas vorlegen muss, schon auch stellen.

Zuallerletzt eine Bitte: An unseren Zahlen können Sie sehen, wenn sich die Steuereinnahmen perspektivisch nicht in Richtung Niveau von 2008 stabilisieren, können weder Bremen noch viele andere Gebietskörperschaften das Ziel ausgeglichener Haushalte erreichen. Wer heute weitere Steuersenkungen propagiert, erodiert den Staat. Bremen wird sich auf allen Ebenen weiteren Steuersenkungen widersetzen. Nur mit einer gesicherten Einnahmebasis kann der Sanierungsweg gelingen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir wollen einen leistungsfähigen und ressourcenbewussten Staat auf einer soliden Grundlage.

Jetzt bleibt mir nur noch, Ihnen diesen Haushalt zu überreichen, mich für Ihre Aufmerksamkeit zu bedanken und Ihnen frohes Schaffen zu wünschen. Ich gehöre zu den Menschen, die finden, dass die Freude an der Haushaltspolitik nicht nur darin besteht, dass man immer mehr Geld ausgibt, sondern dass man auch daraus einen Gewinn für sich selbst und für Bremen haben kann, wenn man mehr über die Wirkungsweise des Geldes erfährt. Wir haben,

obwohl wir ja Produktgruppenhaushalte vorlegen, in vielen Punkten immer noch das Problem: Wir wissen, wie viel Geld in welche Bereiche geht, aber wir kennen nicht genau die Wirkungsweise. Da werden wir besser werden müssen. Allein das ist eine Grundlage dafür, in Zukunft auch verantwortbar einzusparen.