Protocol of the Session on April 30, 2009

Nächster Redner ist Herr Senator Dr. Loske.

Herr Präsident, verehrte Abgeordnete! Das Kuratorium des Bremer Solidaritätspreises, das den Senat bei der Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger beratend unterstützt, hat, abweichend von der bisherigen Praxis, dem Senat für den 11. Preis nur einen Vorschlag unterbreitet. Aus gutem Grund: Immaculée Birhaheka und ihre Arbeit, aber auch die Bedingungen, die diese Arbeit erforderlich machen, sind so außergewöhnlich, dass die Entscheidung für Frau Birhaheka und ihre Organisation PAIF über jeden Zweifel erhaben war.

In der Demokratischen Republik Kongo wird ein brutaler Kampf – das Thema kam noch nicht zur Sprache – um die dort vorhandenen Bodenschätze ausgetragen. International besonders begehrt ist das für die Herstellung von Mobiltelefonen benötigte Kobalt. Darin liegt eine besonders zynische Tragik, möchte ich sagen: Der Reichtum des Landes wird der Bevölkerung zum Verhängnis und zum Fluch.

Frauen und Mädchen werden täglich Opfer systematischer Vergewaltigungen als Mittel der Kriegsführung. In vielen Fällen überleben die Opfer nicht, darauf wurde hingewiesen. In allen Fällen sind sie jedenfalls psychisch und physisch schwer und dauerhaft verletzt. Frau Birhaheka und PAIF bieten diesen Frauen und Mädchen medizinische, psychoso

ziale, ökonomische und juristische Hilfe. Sie klagen Menschenrechtsverletzungen an, benennen die Täter und engagieren sich gegen Straffreiheit. Dabei sind sie selbst gefährdet!

In ihrer Laudatio bei der Verleihung des Solidaritätspreises fragte die Laudatorin Frau Monika Hauser zu Recht, ich zitiere: „Wer unterstützt und schützt vor Ort Menschenrechtsaktivistinnen? Wer unterstützt Frau Birhaheka, wenn sie wieder zurück im Kongo ist, Täter benennt, vor Gericht bringt und Verurteilung einklagt?“ Frau Hauser machte klar, dass die Beantwortung dieser Fragen auch hier, bei uns in Bremen, Deutschland und Europa beginnt. Der Solidaritätspreis hat traditionell auch eine gewisse Schutzfunktion. Deshalb sieht sich der Senat in der Verpflichtung, das in seiner Macht Stehende zu tun, um die Preisträgerin auch über den Tag der Preisverleihung hinaus zu schützen und zu unterstützen. Der Senat begrüßt daher ausdrücklich den vorliegenden Antrag und bedankt sich dafür.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

In der UN-Resolution 1820 bekräftigt der Sicherheitsrat unter anderem seine Absicht, ich zitiere, „bei der Verhängung und Verlängerung von länderspezifischen Sanktionsregimes die Angemessenheit gezielter und abgestufter Maßnahmen gegen Parteien bewaffneter Konflikte, die Vergewaltigung und andere Formen sexueller Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Situationen bewaffneten Konfliktes begehen, in Erwägung zu ziehen.“ Ebenso wird auf die wichtige Rolle von Frauen bei der Verhütung und Beilegung von Konflikten und bei der Friedenskonsolidierung hingewiesen und die Notwendigkeit betont, sie an Entscheidungsprozessen zur Konfliktbeilegung und Friedenssicherung umfassend und gleichberechtigt zu beteiligen. Der Senat nimmt die von der Bürgerschaft an ihn gerichtete Bitte, sich für die Umsetzung der entsprechenden Resolutionen des UN-Sicherheitsrates sowie für die anderen im Antrag genannten Maßnahmen einzusetzen, sehr ernst. Er wird alle ihm möglichen Schritte unternehmen, um die aufgeführten Anliegen und Forderungen zu unterstützen.

Gleichzeitig muss man aber auch in realistischer Einschätzung der eigenen Kräfte zur Kenntnis nehmen, dass die Möglichkeiten der Einflussnahme durch Bremen in diesem furchtbaren Konflikt begrenzt sind. Neben den im Antrag aufgeführten Maßnahmen wird sich der Senat darum bemühen, mit Immaculée Birhaheka kontinuierlich in Kontakt zu bleiben, um auf eventuelle Bedrohungen direkt und schnell unterstützend reagieren zu können. Wie schon bisher in ähnlichen Fällen, wird der Senat bei Bedarf auch das Auswärtige Amt einbeziehen.

Frau Birhaheka hat während ihres Besuchs mehrfach darauf hingewiesen, dass sexualisierte Gewalt

besonders häufig im Umfeld der Kobalt- und Edelsteinminen stattfindet, die von internationalen Konzernen ausgebeutet werden. Es muss deshalb sichergestellt sein, dass deutsche Firmen an diesem Skandal nicht beteiligt sind.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, beim Bünd- nis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass auch unsere Lebensstile – natürlich wenn auch in bescheidenem Umfang – über die Rohstoffnachfrage in solchen Ländern mitbestimmen und jeder sich selbst fragen möge, was er braucht und was nicht.

Frau Birhaheka und PAIF geben den vergewaltigten Frauen und Mädchen im Kongo eine Stimme. Diese Stimme hier zu verstärken, indem das Schicksal der Opfer bekannt gemacht und die Täter benannt werden, indem wir uns hier für die Rechte und Interessen der Frauen im Kongo einsetzen und über die Situation dort informieren, dafür sieht sich der Bremer Senat auch durch die Verleihung des Solidaritätspreises an Frau Birhaheka in besonderer Verantwortung. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Es ist getrennte Abstimmung beantragt worden. Zuerst lasse ich über den Punkt 2 h abstimmen.

Wer dem Punkt 2 h des Antrags der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 17/767 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP, Abg. T i m k e [BIW] und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Punkt 2 h des Antrags zu.

Jetzt lasse ich über den restlichen Antrag abstimmen.

Wer dem restlichen Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der DrucksachenNummer 17/767 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Meine Damen und Herren, wir sind an das Ende der heutigen Tagesordnung gekommen. Ich wünsche Ihnen noch einen arbeitsreichen Tag und heute Abend unserem SV Werder einen Sieg. Ich bedanke mich und schließe die Sitzung.

(Schluss der Sitzung 13.29 Uhr)