Protocol of the Session on April 30, 2009

(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Ja, auf der Straße!)

Wir sprechen hier über die Bahn! Ich habe einführend als Beispiel die Straße angeführt. In der Reportage von gestern wurde genau dargestellt, dass die

Schienenemissionen weitaus stärker sind als die Emissionen der Straßen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Ella, zu Ihrem Hinweis: Lärmschutz, Geschwindigkeitsbegrenzungen, das ist für Sie zurzeit kein Thema. Das erklären Sie einmal den Bremerhavenern in der nächsten Stadtverordnetenversammlung, vielleicht sollten wir das dort einmal ansprechen!

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Lärmschutz ist aber sehr wohl ein Thema, das hat er wohl gehört!)

Frau Dr. Schaefer, dass der Güter- und Personennahverkehr für uns nicht gleichberechtigt nebeneinander stehen kann, liegt daran, dass Die Linke fordert, dass der Personennahverkehr weiter ausgebaut werden muss. In Bremerhaven wurde er zum Beispiel abgebaut, so dass die ersten beiden Früh-Verbindungen dem Güterverkehr zur Verfügung gestellt werden konnten.

(Abg. W i l l m a n n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: 2010 kommt der S-Bahn-Tarif!)

Ökonomische und ökologische Auswirkungen, also, Frau Dr. Schaefer, wenn Sie es selbst nicht wissen – jeder von uns hier im Haus weiß, was damit gemeint ist. Ökonomisch, hier müssen Sie den Kosten-Nutzen sehen, die Wirtschaftlichkeit.

Das heißt, es müssen die Maßnahmen geprüft werden – diese werden Sie ja wahrscheinlich in Kürze vorstellen – und dann müssen sie auf die Kosten und den Nutzen hin überprüft werden. Danach muss geklärt werden, wie sich die ökologischen Auswirkungen darstellen, das heißt, wie sich die Maßnahmen auf Mensch und Natur auswirken.

(Zuruf der Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/Die Grünen])

Frau Dr. Schaefer, DIE LINKE hier so hinzustellen, als wenn sie sich über ökologische und ökonomische Auswirkungen nicht auskennen würde, dann kann ich nur antworten, im Europaparlament sind wir die grüne, alternative LINKE. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe vom Bünd- nis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Dr. Loske.

Herr Präsident, verehrte Abgeordnete! Wir stehen vor großen Aufgaben im Bereich der schienengebundenen Infrastruktur. Vor allen Dingen müssen wir drei Ziele zusammenbringen:

Das Erste ist die Vereinbarkeit des Personen- und Güterverkehrs auf der Schiene. Das ist für uns ganz wichtig. Wir sollten das nicht „entweder oder“ denken, sondern „sowohl als auch“, vor allen Dingen vor dem Hintergrund der Tatsache, dass wir hier in Bremen Ende 2010 endlich eine S-Bahn mit einem Viertelstundentakt bekommen. Ein Viertelstundentakt heißt eben nicht, dass eine Bahn um 7 Minuten nach, eine um 11 Minuten nach, die nächste dann um 44 Minuten nach und die übernächste um 54 Minuten nach geht, sondern ein Viertelstundentakt heißt für uns dann auch ein Viertelstundentakt, und das ist eine große organisatorische Herausforderung.

Der zweite Punkt ist die Abwicklung der Güterströme. Von denen wurde ja in der Vergangenheit angenommen, dass sie immer weiter exponentiell wachsen würden. Im Moment hat man aber erst einmal eine Delle, und dann wird man sehen, wie es weitergeht. Aber es ist nicht ganz unrealistisch anzunehmen, dass sie wieder anschwellen werden und dass wir diese Güterströme, die über unsere Häfen anlanden, zu einem möglichst großen Teil über die Schiene abwickeln wollen.

Der dritte Punkt, der wurde jetzt zum Schluss vollkommen zu Recht angesprochen, ist, dass wir im Bereich des Lärmschutzes auf mehr Akzeptanz treffen. Denn wenn die Bahn ihre hohe Umweltakzeptanz bei der Bevölkerung verliert, ist es für alle Beteiligten schlecht. Das sind die drei großen Aufgaben, vor denen wir stehen.

Ich möchte Ihnen kurz einen Bericht über den Stand der Dinge hier bei uns in Bremen und über die Sicht des Senats geben. Vielleicht zunächst zu den kurzfristigen Maßnahmen! Es sind im Rahmen des sogenannten Sofortprogramms „Seehafen-Hinterlandverkehre“ verschiedene Kurzfristmaßnahmen initiiert worden, auch für uns hier in Bremen. Das ist erstens die geänderte Anbindung der Oldenburger Straße über die Gleise 1 bis 3, hier wird es eine Verlängerung des Gleises 1 und den Bau eines zusätzlichen Verbindungsgleises Richtung Oldenburg geben. Zweitens wird es die Einrichtung eines Linksfahrbetriebes auf der Güterbahn zwischen dem Bereich Föhrenstraße und Oslebshausen geben und gleichzeitig eine Modernisierung der Strecke. Drittens wird es eine Beseitigung höhengleicher Bahnensteigzugänge zur Erhöhung der Streckenleistungsfähigkeit auf der Strecke Wunstorf-Bremen-Bremerhaven geben. Viertens wird es eine sogenannte Blockverdichtung, das heißt kürzere Signalabstände und Verlängerungen von Überholungsgleisen, auf der Strecke Bremen– Bremerhaven geben und den Bau eines elektronischen Stellwerks in Osterholz-Scharmbeck.

Diese Maßnahmen – dafür laufen die Planungen, die Fertigstellung erfolgt im Zeitraum 2010 bis 2011 – sind die sehr kurzfristigen Maßnahmen. Ergänzend kommt hinzu, dass wir auch in Bremen, nämlich durch den Senator für Wirtschaft und Häfen und bremenports, das Gleis der Hafenbahn zum Güterverkehrs

zentrum elektrifizieren und dort die Gleisgruppe Grolland auf 700 Meter verlängern. Praktisch heißt das, dass zukünftig in der Neustadt am Bahnhof Bremen-Neustadt kein Lokwechsel mehr nötig ist, sodass sich die Transportzeiten verkürzen und die Streckenkapazität Richtung Oldenburg steigt, das ist der zweite große Themenkreis der Kurzfristmaßnahmen.

Das dritte Thema hat Frau Dr. Schaefer angesprochen: Das Land Niedersachsen hat weitere Ausbaumaßnahmen im Bereich der Verkehrsbetriebe ElbeWeser initiiert, das sind die sogenannten nicht bundeseigenen Bahnen, die ebenfalls der Entlastung des Knotens Bremen dienen. Hier werden Oberbau und Signaltechnik der nicht bundeseigenen Strecke Bremerhaven-Bremervörde-Rotenburg im Rahmen des Programms Initiative Niedersachsen modernisiert. Über diese Strecke können dann eben Züge mit dem Ziel Hamburg oder Hannover oder darüber hinaus um Bremen herum geleitet werden, auch das ist der dritte Kreis der Kurzfristmaßnahmen.

Es findet zurzeit die politische Debatte statt, auf die auch eingegangen wurde, ob dafür in Zukunft auch Bundesmittel zur Verfügung gestellt werden sollen. Dazu haben wir noch keine abgestimmte Senatsmeinung. Ich halte das aber für sinnvoll, weil wir im allerbesten Fall, wenn die Y-Trasse realisiert werden sollte, erst 2020 dieselbe hätten. Und für diese Übergangsdekade, die vor uns liegt, müssen wir uns natürlich auch Gedanken machen.

Bei den mittelfristigen Ausbaumaßnahmen bis 2020 geht es natürlich zum einen um die Y-Trasse, die als Voraussetzung gesehen wird, um den Nordwesten insgesamt vor allem nach Inbetriebnahme des Jade WeserPorts besser an das deutsche und europäische Schienennetz anzuschließen. Aber wie gesagt, als Kurzfristmaßnahme kann man das beim besten Willen nicht bezeichnen. Nach Auskunft der DB Netz AG würde hier günstigstenfalls im Jahr 2020 eine Inbetriebnahme stattfinden können. Die DB Netz AG sagt aber gleichzeitig, dass die eingeleiteten Kurzfristmaßnahmen, die ich für Bremen und Niedersachsen beschrieben habe, ausreichend sind, ich zitiere wörtlich, „um die bis dahin steigenden Verkehre abzuwickeln“. Das war eine Verkehrsprognose vor der Wirtschaftskrise.

Es werden aber auch weitere Maßnahmen über die Y-Trasse hinaus zum Ausbau der Infrastruktur derzeit erörtert. In der Tat steht die Frage im Raum, ob hierfür Bundesmittel bereitgestellt werden können. Das ist einmal der Bau eines dritten Gleises zwischen Burg und Oslebshausen, der Bau eines dritten Gleises zwischen Bremen und Langwedel, die Elektrifizierung und der Ausbau der Strecke Oldenburg-Osnabrück, der Ausbau und die Elektrifizierung der Strecke Langwedel-Uelzen und der weitere Ausbau der Infrastruktur insgesamt der nicht bundeseigenen Eisenbahn.

Es gibt zurzeit Gespräche zwischen Hamburg, Niedersachsen und Bremen, inwieweit wir ein Eisenbahn

gutachten zur Y-Trasse erarbeiten, wo es um die Konkretisierung der Maßnahmen geht, um die Ermittlung der Kosten-Nutzen-Relation, um die ökologischen Auswirkungen und um die Priorisierungen. Ich sage es an dieser Stelle noch einmal, dabei ist für uns natürlich ganz wichtig, dass die Belange des Personenverkehrs und des Schienengüterverkehrs gleichberechtigt berücksichtigt werden. Es kann kein generelles Prä für eine der beiden Verkehrsformen geben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich komme abschließend zum Thema Lärmschutz! Es ist ja so, das muss man wissen, das ist nicht erfreulich, aber es ist so, dass die Lärmschutzmaßnahmen der DB freiwillig über die Förderrichtlinie für Lärmschutz laufen. Die basiert auf absoluter Freiwilligkeit und unterliegt überdies noch einer internen Wirtschaftlichkeitsüberprüfung der DB. Bei uns hier in Bremen sind alle Ortsdurchfahrten – in Bremen und in Bremerhaven – zur Planung von Schallschutzmaßnahmen freigegeben. Im Jahr 2009 werden für diese Maßnahmen insgesamt 6,5 Millionen Euro bereitgestellt und im nächsten Jahr 6 Millionen Euro, sodass wir dann Ende 2010 22 Millionen Euro im Bereich Lärmschutz investiert haben. Überdies sind folgende Abschnitte von der DB AG zur Lärmsanierung in Aussicht gestellt worden: Im Jahr 2010 Grolland und Huchting, im Jahr 2011 Oberneuland und frühestens ab 2012 – dort liegen auch noch keine verbindlichen Zusagen vor – die Bereiche Oslebshausen, Burg-Grambke und Burg-Lesum.

Ein ganz großes Problem wegen der gewaltigen Schallwirkungen sind die Brückenbauten, zum Beispiel im Bereich der Cherbourger Straße beziehungsweise der Stephani-Eisenbahnbrücke. Wer sich das einmal angehört hat, weiß, wovon ich rede. Das führt aufgrund von Stahlkonstruktionen durch Körperschallabstrahlung zu erheblichen Lärmbeeinträchtigungen. Hier liegen noch keine Angebote der DB AG vor. Man sagt, man wolle noch an anderer Stelle ablaufende Pilotvorhaben abwarten. Aber da werden wir natürlich Druck machen. Denn das ist eines der größten akustischen Probleme der Stadt überhaupt!

Ob Geschwindigkeitsbegrenzungen von Zügen in Ortsdurchfahrten zur Lärmbegrenzung zweckmäßig sind, darüber kann man streiten. Ich glaube nicht, dass das eine prioritäre Maßnahme sein soll. Es kann einmal im Einzelfall sein, wenn das an einer Stelle besonders arg ist. Aber prinzipiell müssen wir natürlich ein Interesse daran haben, dass die Reisegeschwindigkeit der Züge hoch ist und dass die Attraktivität der Bahn steigt. Sie können nicht beides sagen, Herr Müller, Sie können nicht sagen, die Attraktivität der Bahn soll steigen und sie dann gleichzeitig über dem Kfz-Verkehr immer langsamer machen, das passt nicht zusammen. Entweder oder!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Abschließend zu den Lärmkarten des Eisenbahnbundesamtes! Auch das wurde schon mehrfach gesagt, das Eisenbahnbundesamt muss die Lärmkarten von Strecken der Deutschen Bahn vorlegen. Für Bremen muss man leider sagen, bis zum heutigen Tag sind nicht alle Strecken kartiert. Trotz mehrfacher Anfragen bei verschiedenen Anlässen beim Eisenbahnbundesamt, beim Bundesverkehrsministerium, bei der DB Projektbau, ist noch immer keine vollständige Lärmkartierung da. Daraus ziehen wir einstweilen jedenfalls den Schluss, dass wir unseren Lärmschutzaktionsplan im Herbst dann eben ohne den Eisenbahnlärm vorlegen und verabschieden müssen. Uns wäre es natürlich wesentlich lieber, wir würden das schon voll integriert haben. Ich möchte das gern von dieser Stelle aus noch einmal tun: Wir erwarten vom Bund, also namentlich vom Eisenbahnbundesamt, dass diese Karten zügig vorgelegt werden und wir dann auch wirklich ein integriertes Lärmschutzaktionsprogramm vorlegen müssen.

Ich glaube in der Tat, dass die Bahn aus Gründen der Verkehrspolitik, der Wirtschaftspolitik, aber vor allen Dingen auch aus Gründen des Klimaschutzes wahnsinnig wichtig ist. Aber die große offene Flanke der Bahn bei der Umweltakzeptanz ist im Moment der Lärm, und deswegen müssen wir diese Flanke so weit wie möglich schließen, damit dieses gute Ansehen der Bahn in der Öffentlichkeit erhalten bleibt. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Gemäß Paragraf 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE abstimmen. Es ist getrennte Abstimmung beantragt worden.

Wer dem Punkt 1 des Änderungsantrags der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 17/771 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, Abg. T i m k e [BIW] und Abg. T i t t - m a n n [parteilos])

Stimmenthaltungen?

(FDP)

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Punkt 1 des Änderungsantrags ab.

Wer dem Punkt 6 des Änderungsantrags seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! (Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, Abg. T i m k e [BIW] und Abg. T i t t - m a n n [parteilos])

Stimmenthaltungen?

(FDP)