Protocol of the Session on July 11, 2007

Die 4. Sitzung der Bürgerschaft interjection: (Landtag) ist eröffnet.

Ich begrüße die hier anwesenden Damen und Herren sowie die Zuhörer und die Vertreter der Medien.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich eine Klasse der Berufsschule für Metalltechnik – Metallbearbeiter von Mercedes-Benz, eine Klasse der Elternschule Gröpelingen und eine Gruppe der Förderungsgesellschaft für Bildung.

Seien Sie ganz herzlich willkommen!

(Beifall)

Gemäß Paragraf 21 der Geschäftsordnung gebe ich Ihnen folgende Eingänge bekannt:

1. Regierungserklärung des Senats, Mitteilung des Senats vom 10. Juli 2007, Drucksache 17/23.

Für den Ablauf der Tagesordnung ist vereinbart, heute zu Beginn der Sitzung den Punkt außerhalb der Tagesordnung „Regierungserklärung des Senats“ aufzurufen. Hierzu ist eine verlängerte Redezeit für den jeweils ersten Redner je Fraktion von bis zu 20 Minuten vereinbart worden. Für die Reihenfolge der Redner ist vorgesehen, zuerst dem ersten Redner der Fraktion der CDU, dann der SPD, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und dann dem ersten Redner der Fraktion der FDP das Wort zu erteilen.

2. Benennung von zwei ordentlichen und zwei stellvertretenden Mitgliedern des Ausschusses der Regionen der Europäischen Union für die vierte Mandatsperiode bis 2010.

Ich schlage Ihnen vor, diese Wahl am Schluss der Tagesordnung vorzunehmen.

Ich höre dazu keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

3. Benennung eines stellvertretenden Mitglieds im Kongress der Gemeinden und Regionen Europas, KGRE.

Auch hier schlage ich Ihnen eine Behandlung zum Schluss der Tagesordnung vor.

Ich höre keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.

Die Eingänge bitte ich der Mitteilung über den voraussichtlichen Verlauf der Plenarsitzungen zu entnehmen.

Zur Abwicklung der Tagesordnung wurden interfraktionelle Absprachen getroffen, und zwar zur Aussetzung der miteinander verbundenen Tagesordnungspunkte 3 und 4, Wahl von sechs Mitgliedern und dreizehn stellvertretenden Mitgliedern des Staatsgerichtshofs und Vereidigung der Mitglieder des Staatsgerichtshofs, des Tagesordnungspunktes 17, Neubildung des Landesjugendhilfeausschusses, und

der miteinander verbundenen Tagesordnungspunkte 24 und 26, hier geht es um die Berichterstattung zum Bremischen Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen und den Bericht über die Tätigkeit des Landesbehindertenbeauftragten, des Weiteren zur Verbindung der Punkte außerhalb der Tagesordnung „Einsetzung eines Parlamentsausschusses für Kinder und Jugend und Wahl der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Ausschusses für Kinder und Jugend“ sowie „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Deputationen“, Drucksache 17/22.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt außerhalb der Tagesordnung:

Regierungserklärung des Senats

Mitteilung des Senats vom 10. Juli 2007 (Drucksache 17/23)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Bürgermeister Böhrnsen und Frau Bürgermeisterin Linnert.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort Herr Bürgermeister Böhrnsen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem 13. Mai 2007 sind die Weichen in Bremen neu gestellt worden. Die Sozialdemokratische Partei und Bündnis 90/Die Grünen haben in den Koalitionsverhandlungen einen Vertrag erarbeitet, der eine hervorragende Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit bildet. Das gilt für den Vertrag, aber insbesondere auch für die Art und Weise, wie er erarbeitet wurde. Nicht Ressortdenken und Fingerhakeln um einzelne Themen bestimmen die zukünftige Arbeit, sondern das Selbstverständnis einer gemeinsamen Verantwortung für alle Politikbereiche. Rot-Grün steht für eine geschlossene Mannschaftsleistung. Gemeinsam tragen wir eine neue Schwerpunktsetzung in der Politik, nämlich für den sozialen Zusammenhalt in unseren Städten.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Meine Damen und Herren, Bremen und Bremerhaven stehen vor großen Herausforderungen. Die Arbeitslosigkeit in unserem Land ist nach wie vor unerträglich hoch. Die Haushaltsnotlage verengt unsere finanziellen Handlungsmöglichkeiten immer stärker. In den kommenden vier Jahren steht die soziale Frage im Mittelpunkt, das drohende Auseinanderdriften unserer Gesellschaft wollen wir stoppen, die Kopplung von Bildungschancen und sozialer Herkunft müssen wir überwinden. Den Herausforderungen des Klimawandels stellt sich die neue Landesregierung. Wir wollen die ethische Dimension des ökonomischen

und politischen Handelns stärken, damit die Würde des Menschen immer gewahrt wird.

Die Koalition wird sich allen Anforderungen stellen, um Bremen und Bremerhaven zukunftsfest und lebenswert für alle Bürgerinnen und Bürger zu machen.

Wir werden die bremische Wirtschaftskraft stärken und uns mit allen Mitteln für Arbeitsplätze einsetzen. Dazu gehört auch die notwendige Verknüpfung von Ökologie und Ökonomie als Voraussetzung für den zu leistenden ökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft. Wir werden den sozialen Zusammenhalt und die Chancengleichheit in unseren Städten und Quartieren stärken. Wir werden die Selbstständigkeit und die finanziellen Lebensgrundlagen Bremens sichern.

Wir werden uns vor dem Hintergrund der knappen Ressourcen bei unseren Maßnahmen auf die Stadtteile konzentrieren, in denen ein besonderer sozialer Handlungsbedarf besteht, in denen Armut mehr ist als ein Randphänomen.

Meine Damen und Herren, Bremen und Bremerhaven sind wirtschaftlich starke Standorte. Unsere Häfen sind ein mächtiger Wachstumsfaktor. Die maritime Wirtschaft und Logistik, aber auch Automobilindustrie, Luft- und Raumfahrt oder die Stahlindustrie bilden den Kern unserer starken Wirtschaft, von der übrigens nicht nur das Land Bremen, sondern auch die Region und die gesamte Republik erheblich profitieren.

Besondere Zukunftschancen sehen wir im Bereich der Umweltwirtschaft. Schon heute arbeiten im Land Bremen 9000 Menschen in dieser Zukunftsbranche und erwirtschaften insbesondere in mittleren und kleinen Unternehmen einen Umsatz von 2 Milliarden Euro. Hier liegt ein Potenzial für enormen technologischen Fortschritt, für wirtschaftliches Wachstum und für neue Arbeitsplätze. Erneuerbare Energie und effiziente Energietechnik sichern und schaffen Arbeitsplätze. Durch den Ausbau zum führenden Standort für Offshore-Windenergie in Deutschland erhält gerade Bremerhaven zusätzliche Impulse zur Bewältigung des Strukturwandels.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Gleichzeitig wird dadurch ein Beitrag zur Erreichung nationaler Klimaschutzziele geleistet.

Durch die Investitionen der Vergangenheit haben wir die Voraussetzungen für wirtschaftliches Wachstum geschaffen. Wir wollen das Erreichte sichern, aber nach Auslaufen der Sanierungszahlungen muss die öffentliche Investitionstätigkeit den veränderten Umständen angepasst werden. Eine Neuorientierung der bremischen Wirtschaftspolitik ist erforderlich. Durch konsequente Prioritätensetzung werden auch bei geringerem Mitteleinsatz Bremen und Bremerhaven im

nationalen und internationalen Standortwettbewerb weiter gestärkt. Absolute Priorität hat für uns dabei, dass sich die wirtschaftspolitischen Erfolge stärker auf dem Arbeitsmarkt niederschlagen.

Elemente dieser Neuordnung werden sein: Konzentration auf die Stärken bremischer Kernkompetenzen, Erhöhung der Effizienz und Transparenz der Wirtschaftsförderung, Verkopplung und gezielte Nutzung europäischer und nationaler Programme, Verzahnung von Innovations-, Wissenschafts-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, konsequente Nutzung der sich aus den ökologischen Herausforderungen ergebenden wirtschaftlichen Chancen.

Die in der Wirtschaftsförderung tätigen bremischen Gesellschaften müssen ihr Profil schärfen. Sie müssen sich als Dienstleister für Unternehmen begreifen, die diese Funktion allein im Auftrag des Senats wahrnehmen. Hierfür werden wir die Aufgaben, Strukturen und Arbeitsweisen der Gesellschaften sorgfältig überprüfen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir wollen den hier ansässigen Unternehmen bessere Entwicklungsperspektiven zum Beispiel durch eine Beratung aus einer Hand geben. Bei der Wirtschaftsförderung soll Frauen sowie Migrantinnen und Migranten ein stärkerer Zugang zu den Programmen eröffnet werden. Die finanzielle Förderung von Unternehmen wird zukünftig grundsätzlich in Form von rückzahlbaren Darlehen beziehungsweise Zuschüssen gewährt, das spart Kosten. Wir wollen Ergebnisse und keine Mitnahmeeffekte, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Wir werden in einem ressortübergreifenden strukturpolitischen Konzept unsere Leitlinien für die künftige bremische Investitionspolitik darlegen. Die Koalition wird definieren, in welchen Bereichen wir auch bei veränderten Rahmenbedingungen und deutlich reduzierten Mitteln Schwerpunkte setzen und ein herausragendes Entwicklungspotenzial sehen, um möglichst hohe Effekte für die Wirtschaftskraft und vor allem für neue Arbeitsplätze zu erzielen.

Dabei sind Wissenschaft, Forschung und neue Technologien gerade durch ihre Verbindung mit der Wirtschaft Schlüsselfaktoren für die Zukunft des Landes Bremen. Hier entstehen neue Ideen, neue Projekte, hochwertige Arbeitsplätze, hier erhalten junge Menschen eine exzellente Ausbildung. Bremen und Bremerhaven haben als erste im Jahr 2005 den Titel „Stadt der Wissenschaft“ gewonnen. Die Universität spielt im Exzellenzwettbewerb eine herausragende Rolle.

Auch bei knappen finanziellen Ressourcen werden wir den Hochschulen die Möglichkeit eröffnen, ihr

hohes Niveau in der Forschung zu halten und gute, moderne und vielfältige Studienangebote zu gewährleisten. Die zusätzlichen Mittel für die nächsten Jahre sind ein deutliches Bekenntnis zu den Hochschulen. Wir knüpfen diese Mittel an die konkrete Bedingung, dass damit eine Verbesserung der Lehre erzielt wird. Wir wollen nicht nur exzellent in der Forschung sein, sondern wir wollen auch exzellent in der Lehre sein. Da ist noch etwas zu leisten. Das sind wir den Studentinnen und Studenten schuldig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

In der Gewerbeflächenpolitik nehmen wir eine Neubestimmung des Integrierten Flächenprogramms vor, um die planerische Grundlage für eine prosperierende und zugleich flächensparende Gewerbeflächen- und Siedlungspolitik zu legen. Bremen und Bremerhaven besitzen ein hervorragendes Angebot an Gewerbeflächen. Dies werden wir nachfrage- und bedarfsbezogen weiterentwickeln, dabei räumen wir der Binnenentwicklung aus ökologischen wie aus ökonomischen und stadtentwicklungspolitischen Gründen den Vorrang ein.

Die Wirtschaft braucht eine gute Infrastruktur. Dies gilt gleichermaßen für Straße, für Schiene und für Wasserwege. Deswegen werden wir uns beim Bund weiterhin mit Nachdruck dafür einsetzen, dass die Bremen und Bremerhaven berührenden Vorhaben des Bundesverkehrswegeplans vorrangig verfolgt und zum Abschluss gebracht werden. Ich darf an dieser Stelle einfügen, dies ist gerade am letzten Freitag in einem Gespräch der norddeutschen Ministerpräsidenten mit dem Bundesverkehrsminister in Berlin geschehen.

In den vergangenen Jahren wurde umfangreich in das innerstädtische Verkehrsnetz und in die Anbindungen zum überregionalen Verkehrsnetz investiert. Diese Investitionen sind weitgehend abgeschlossen oder befinden sich im Abschluss. Zukünftig wird unser Hauptaugenmerk auf der Sicherung und Pflege des Bestandes, sowie auf dem Ausbau des ÖPNV liegen. Investitionen in den ÖPNV steigern die Attraktivität des Wohn- und Wirtschaftsraumes Bremen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)