Erstens: Wie hat sich die Zahl der Verfahrenseingänge beim Arbeitsgericht Bremen vor dem Hintergrund der Konjunkturkrise entwickelt, und mit welcher Entwicklung rechnet der Senat für die kommenden Monate?
Zweitens: Mit welchen Auswirkungen auf die durchschnittliche Verfahrensdauer bis zu einer Kammerentscheidung in erster Instanz ist zu rechnen?
Zu Frage 1: Die Zahl der neu eingereichten Klagen beim Arbeitsgericht Bremen/Bremerhaven betrug im Jahre 2008 4391. Die Eingänge sind damit gegenüber dem Vorjahr, also 2007, um 60 Verfahren angestiegen. Das bedeutet einen Zuwachs in Höhe von 1,4 Prozent.
Bezogen auf die Monate September bis Dezember 2008 betrug der Anstieg der Eingänge allerdings gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum rund 20 Prozent, und im Januar 2009 rund 16 Prozent.
Ob sich diese Entwicklung in den nächsten Monaten fortsetzt, wird entscheidend von der weiteren gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt abhängen. Mit einem kurzfristigen Rückgang der Eingangszahlen beim Arbeitsgericht kann danach eher nicht gerechnet werden.
Bis zum 31. Dezember 2008 sind die Bestände des Arbeitsgerichts gegenüber dem 31. Dezember 2007 bisher lediglich von 1331 auf 1352, also um 21 Verfahren, das sind 1,6 Prozent, angestiegen.
Zu Frage 2: Das Arbeitsgericht Bremen/Bremerhaven hat im Jahre 2008 – bezogen auf alle Erledigungsarten – 65 Prozent der Klagverfahren innerhalb von drei Monaten und insgesamt 88 Prozent innerhalb von sechs Monaten erledigt. Es ist damit zu rechnen, dass diese im bundesweiten Vergleich außerordentlich positiven Werte angesichts des aktuellen Verfahrensanstieges nicht vollständig zu halten sein werden.
Zu Frage 3: Die personelle Ausstattung der Arbeitsgerichtsbarkeit ist unter Zugrundelegung der bisher eingegangenen Verfahren gegenwärtig angemessen. Zu berücksichtigen ist insbesondere, dass der Geschäftsanfall bis zum vergangenen Jahr mittelfristig deutlich rückläufig war. Der Senat wird die weitere Entwicklung der Eingangszahlen bei der Arbeitsgerichtsbarkeit in den nächsten Monaten aber aufmerksam beobachten. – Soweit die Antwort des Senats!
Zunächst möchte ich Sie fragen: Wie lange dauern die Verfahren bis zum Gütetermin? Haben Sie dazu Erkenntnisse?
Dazu habe ich keine Erkenntnisse, will aber darauf hinweisen, dass wir, was die Arbeitsbelastung der Richter angeht, im bundesweiten Vergleich noch Luft haben, also einen gewissen Anstieg der Verfahren noch verkraften können. Allerdings wissen wir nicht, ob das zur Jahresmitte noch gilt, und wir sind vorbereitet, wenn die Zahl der Verfahren steigt, dass wir dann, aber eben erst dann, reagieren können.
Sie haben ja selbst dargestellt, dass von September bis Dezember die Verfahrenseingänge um 20 Prozent zugenommen haben, sicherlich mit einem Schwerpunkt im Dezember und auch im Januar. Es ist also absehbar, dass aufgrund der Konjunkturkrise die Eingänge im zweistelligen Bereich zunehmen werden. Daher meine Frage: Wie kurzfristig können Sie reagieren, wenn Sie sehen, dass dieser Anstieg so nicht mehr zu bewältigen ist?
Zunächst, Frau Winther, eine Prognose, ob sich diese Zuwachsraten im Dezember und Januar jetzt monatlich fortsetzen, kann im Moment
nicht gegeben werden. Wir hatten gestern auf Einladung des Bürgermeisters die Runde mit Kammern, Gewerkschaften, um genau diese Frage zu besprechen. Einhellige Aussage war, dass zwar die Kündigungsberatung bei der Arbeitnehmerkammer stärker nachgefragt wird, dass das Thema Kündigungsberatung auf der Arbeitgeberseite aber gegenwärtig nicht sonderlich signifikant nach oben gegangen ist und insgesamt das Bestreben der Unternehmen dahin geht, das Personal zu halten und über Abbau von Überstunden und anderen Arbeitszeitkonten und das Nutzen von Kurzarbeit Entlassungen, heißt also Kündigungen, zu vermeiden. Insofern kann man im Moment nicht einfach die Entwicklung von Januar und Dezember fortschreiben.
Ich will darauf hinweisen, dass wir im Jahr 2003, was die Zahl der Verfahren angeht, einen Höchststand im Land Bremen hatten. Da waren es 6184 Verfahren im Jahr 2003. Wir hatten dann im Jahr 2007 4331 und im Jahr 2008 4391. Wir sind vom Höchststand der Verfahren vor dem Arbeitsgericht, wie er im Jahr 2003 war, noch ein Stück entfernt, und ich wünsche mir, dass wir dort auch nicht hinkommen. Wir werden im Übrigen, was das Personal angeht, sicherstellen, dass wir die gegenwärtig 8,25 Richterinnen- und Richterstellen – Sie wissen, da sind auch Teilzeitstellen dabei –, sofern welche frei werden, sofort wiederbesetzen. Wie ich schon ausführte, werden wir die Entwicklung monatlich beobachten und können dann auch kurzfristig reagieren, um das mögliche weitere Ansteigen im zweistelligen Bereich auch aufzufangen. Wir haben uns vorgenommen, dass wir die Dauer der arbeitsrechtlichen Verfahren nicht signifikant steigen lassen wollen, denn gerade in einer Krisenzeit ist es wichtig, dieses auch für den Frieden wichtige Instrument Arbeitsgerichtsentscheidungen zu sichern.
Dann habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie kurzfristig mit personeller Verstärkung auf mögliche Zuwächse an Eingängen reagieren werden und nicht die Verfahren, die an anderer Stelle – Gerichte, Staatsanwaltschaft und so weiter –, was die Besetzung von Stellen angeht, ausgeglichen werden, sondern dass es eine umgehende Besetzung angemessen am Anfall der Arbeit geben wird?
Frau Winther, wir werden das, was wir immer tun, von unserer Seite tun, um schnell wiederbesetzen zu können. Sie wissen aber auch, da Sie die Praxis bei Gerichten und Staatsanwaltschaft kennen, dass es häufig Situationen gibt, die wir gar nicht prognostizieren können, die im Übrigen auch mit dem Arbeitsanfall nichts zu tun haben, sondern es gibt da
auch erfreuliche Ereignisse, es gibt eben auch krankheitsbedingte Ausfälle. Wir werden von unserer Seite das Notwendige tun. Sofern wir an ein Limit kommen, dass die Gefahr evident ist, dass sich die Verfahren zu lange hinziehen und die Arbeitslast zu sehr steigt, werden wir dann kurzfristig reagieren. Aber ich weise noch einmal darauf hin: Wir haben im Moment, was die Belastung Verfahren pro Richterin und Richter angeht, noch keinen akuten Handlungsbedarf, aber – wenn ich das in der Marinesprache sagen darf – wir plotten das monatlich mit.
Die achte Anfrage trägt die Überschrift „Genderpolitik im Licht des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Arnold-Cramer, Dr. Sieling und Fraktion der SPD.
Erstens: Welche Bedeutung misst der Senat dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz, AGG, im Rahmen seiner Frauen- und Genderpolitik bei?
Zweitens: Welche konkreten Maßnahmen ergreift der Senat für eine effektive Umsetzung des AGG hinsichtlich des Merkmals Geschlecht?
Drittens: Gibt es in Verwaltungen und öffentlichen Gesellschaften im Land Bremen außer der Landesgleichstellungsbeauftragten und den Gleichstellungsbeauftragten der Ressorts beziehungsweise der Gesellschaften Anlaufstellen für Personen, die geschlechtsbedingt diskriminiert werden?
Zu Frage 1: Der Senat misst dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz, AGG, große Bedeutung bei. In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, dass Bremen zu den ersten Bundesländern überhaupt gehört hat, die Frauenpolitik institutionalisiert haben. Mit dem AGG wurde bundesgesetzlich erstmalig bei der Definition der sexuellen Belästigung auf das subjektive Empfinden der Betroffenen abgestellt. Diese Definition gilt in der bremischen Richtlinie zum Verbot der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz bereits seit 1984. Das AGG stellt einen großen Fortschritt in dem Bemühen dar, das allgemeine Bewusstsein für die Inakzeptanz von Diskriminierung zu schärfen.
Bei jeder obersten Dienstbehörde wurde eine Ansprechpartnerin oder ein Ansprechpartner ernannt, an die oder den sich Bedienstete in Fällen von Diskriminierung wegen des Geschlechts, aber auch bei Diskriminierung wegen der Zugehörigkeit zu einer Ethnie, des Alters, der sexuellen Orientierung oder Behinderung wenden können.
Sie haben des Weiteren auch die Möglichkeit, sich an die örtlichen Personalräte beziehungsweise Betriebsräte zu wenden, denen es obliegt, sich um die Einhaltung von Gesetzen zugunsten der Beschäftigten zu kümmern. Schließlich besteht für Betroffene die Möglichkeit, sich an die Beauftragten für Bürgerinnen und Bürger zu wenden oder den Petitionsausschuss anzurufen. Dieses Spektrum an Unterstützungsmöglichkeiten gilt auch für die Mehrheits- und Eigengesellschaften des Landes und der Stadt. Der Senat hält die Anzahl der möglichen Anlaufstellen für Menschen, die wegen ihres Geschlechts diskriminiert werden, für ausreichend. – Soweit die Antwort des Senats!
Frau Senatorin, in welcher Form sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gesellschaften und der Verwaltung darüber informiert worden, dass es ein AGG gibt und wer die Ansprechpartnerinnen oder -partner sind?
Zunächst einmal ist das in den einzelnen Ressorts, wie mir berichtet wurde, ressortintern bekannt gemacht geworden. Das AGG selbst verfügt über einen Internetauftritt auf der Bundesseite, und soweit mir bekannt ist, gibt es auch auf unseren Seiten einige Links und Hinweise zum AGG.
Frau Senatorin, in vielen anderen Städten gibt es einen Beratungsführer gegen Diskriminierung. Hält der Senat die Auflage eines Beratungsführers für Bremen auch für notwendig?
Wir haben das bisher nicht erörtert. Ich will das gern prüfen, ob solch ein Handbuch oder solch ein Führer hier auch sinnvoll ist.