Protocol of the Session on September 11, 2008

Das heißt, Sie haben viel mehr Zeit, die Bildung, die Sie eingefordert haben, auch wirklich zu erwerben, und das ist doch wohl im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Zum anderen – und das, glaube ich, ist hier wohl einer der Knackpunkte, Herr Nestler hat es schon angesprochen: Wo ist eigentlich der Vorschlag der Koalition? Im Koalitionsvertrag wird ja all das, was wir hier diskutiert haben, zu Recht beklagt. Ich weiß nicht, wo die Schwierigkeit darin besteht, uns Ihre Vorstellung, wie wir zu einer Verbesserung kommen sollen, hier auch vielleicht mitzuteilen oder uns daran teilhaben zu lassen. Ich habe heute erstaunlich wenig dazu gehört. Man muss lobenderweise sagen, Frau Schön: Die Grünen haben dazu eine Reihe sehr sinnvoller Vorschläge gemacht, aber man kann dann schon irritiert sein bei Ihrem Redebeitrag. Warum beschließen Sie dann nicht mit uns wenigstens heute die Punkte, die sich mit dem überschneiden, was Sie in der Sommerpause vorgestellt haben?

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Weil Ihr Antrag schlecht ist!)

Das ist zum einen die Öffnung für private Anbieter. Das ist nun ein Punkt, bei dem ich jetzt Ihre Kritik nicht unbedingt so gesehen habe. Ich glaube, das ist etwas, das Sie schon länger fordern, das könnte man doch schon einmal auf den Weg bringen. Gleiches gilt für das eine oder andere mehr. Ich glaube, so ist es nicht ganz glaubwürdig, was die Grünen dort machen. Ich hoffe, dass die Koalition sich jetzt auch endlich auf den Weg macht, sich Gedanken zu machen, wie sie denn zu einer Verbesserung kommen will, nicht nur zu einem Erhalt des Status quo, denn dazu haben Sie heute in der Tat sehr viel gesagt.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie machen sich zu viele Sorgen!)

Natürlich sind wir immer besorgt um die Zukunft dieses Landes und auch um die Zukunft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

(Beifall bei der FDP)

Es ist doch auch nicht redlich, weil man sich selbst nicht traut und selbst noch nicht so weit ist – das ist das Positivste, was ich dem abgewinnen kann –, dann die anderen Vorschläge der anderen Fraktionen hier zu deformieren und dort Dinge hineinzuinterpretieren, die darin nun einmal nicht stehen wie etwa dieser Begriff Kostenfaktor. Ich weiß nicht, woher Sie das

nehmen. Auch in der Stellungnahme des DGB findet sich einiges, was so überhaupt gar nicht in unserem Antrag vorhanden ist.

(Beifall bei der FDP)

Dies ist, glaube ich, nicht der Stil, wie wir miteinander umgehen sollten. Ich glaube im Übrigen auch, dass diese Debatte eigentlich nur dann einen Wert hat, wenn sie nachher wirklich auch einmal zu Konsequenzen führt. Insofern ist auch der Hinweis, dass der frühere Bildungssenator schon viele Dinge, die wir heute hier beantragt haben, inhaltlich teilt und dass Sie diese auch teilen, ja nicht weiter hilfreich. Auch der Hinweis auf andere Bundesländer zeigt uns doch nur, dass wir noch nicht soweit sind wie etwa die Hamburger. Ich glaube, das sollte uns allen einmal ein Ansporn sein,

(Beifall bei der FDP)

gerade jetzt auch kurzfristig diese Änderungen auf den Weg zu bringen, die niemandem schaden, die vielen nützen und die zumindest ein pragmatischer Vorschlag sind, wie wir die hier von allen beklagten Probleme lösen können. Ich wäre dankbar, wenn sich auch die Koalition dort endlich auf den Weg machen würde. Diesen Dialog, der angesprochen worden ist, nehmen wir gern an. Wir haben den Ball erst einmal gespielt, ich freue mich, dass es darauf einen Widerhall gegeben hat, aber auf der anderen Seite sage ich Ihnen auch: Ich glaube, wir spielen viel zu lange an diesem Thema herum ohne dass sich etwas substanziell im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ändert. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Beilken.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das alles war ja sehr interessant. Ich muss schon sagen, da kam einiges, was man so nicht erwartet hat, namentlich von der CDU, dass Sie das nicht verstehen, dass kulturelle Bildung, dass Gesundheitslernen auch entsprechend bekannt gemacht werden müssen, dass es anknüpft an die Alltagserfahrungen. Dann können Sie sicher sein, dass es in der Weiterbildung Konzepte gibt, die jeden Tag und jede Minute Lernen vermitteln. Dass dieses allgemeine Weiterbildung ist, ist wahrscheinlich nur in Sonntagsreden bei Ihnen in Ordnung. Gesundheitsförderung, Erziehungsfragen und so weiter haben natürlich auch etwas mit Bewegung und mit Einübung von Dingen zu tun, die man ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

jahrelang oder ein halbes Leben lang vielleicht nicht gemacht hat und die man seitdem macht.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist das Prinzip von Bildungslernen in dieser Woche, wo es auch ganz gut ist, wenn man eine ganze Woche dafür Zeit hat, das einmal eben nur nebenbei. Die Frage der möglichen Splittungen muss sorgfältig erwogen werden, das brechen wir hier heute Gott sei Dank nicht über das Knie. Wir hören bei der FDP dann zuletzt noch dieses Argument, dass die anderen dann mitarbeiten müssen. Also liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist Ihnen aus der Personalwirtschaft bekannt, man plant

(Zuruf des Abg. D r. M ö l l e n s t ä d t [FDP] – Abg. E l l a [FDP]: Wann haben Sie das letzte Mal in einem Unternehmen ge- arbeitet?)

die Belegschaft so, dass Krankheit, Urlaub und bitte auch ein bis zwei Prozent Bildungsurlaub eingerechnet sind. Das ist eine seriöse Planung. Wenn das Unternehmen das nicht macht und die Arbeitsverdichtung dadurch unseriös wird, dass die Leute sich nicht trauen, krank zu werden, und krank zur Arbeit gehen, und dass sie den Bildungsurlaub nicht wahrnehmen, dann ist das eine schlechte Betriebsführung, und da werden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dabei helfen mit Hilfe der Betriebsräte, die diese Dinge dann auch mit im Auge haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist sehr gut, wenn wir hier als Politik das diskutieren, auch wenn es aus dem Anlass ist, der zurück will, weil wir in der Hinsicht nach vorn gehen müssen, das werden wir auch gemeinsam machen, da bin ich ganz sicher, und zwar nicht überstürzt, dieses Nach-vorne-Gehen habe ich gehört. Ich bin sehr froh, die Kollegin Schön hier nur unterstützen zu können, wenn sie sagt, wir müssen mehr Bildung haben, was in Sonntagsreden gemacht wird, machen wir auch hier in dem Fall konkret in Zukunft, mehr Bildung und nicht weniger Bildung. Wenn die Kollegin Böschen sagt, das es auch selbstbestimmte Bildung heißen muss, dann sage ich gerade mal in Richtung FDP, Sie sind diejenigen, die hier reglementieren wollen, wir sind diejenigen, die hier die Selbstbestimmung hochhalten, die Freiheit des Einzelnen, und nur wenn es der bestimmten Klientel passt, dann sind Sie für die Selbstbestimmung.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir lehnen selbstverständlich, das haben wir schon gesagt, diese Anträge ab, die eine Einschränkung sind, wenn Sie es hier auch versuchen zu beschönigen,

darauf möchte ich nicht eingehen, drei Tage sind drei Tage, und fünf Tage, wie wir es jetzt haben, sind fünf Tage, also wenn das keine Einschränkung ist. Man kann dann den Montag dazu noch einmal wieder auf eigene Kosten, das heißt mit eigenem Urlaub nehmen. Das ist dann Chaos, dazu kürzen Sie auch noch, dass dann nach einem Zweijahreszeitraum der Bildungsurlaub nicht verfällt. Also, das sind alles Rechnungen, die, je genauer man hinschaut, desto falscher werden. Aber auch das muss gesagt werden, das ist eindeutig eine Kürzung. Dazu sollten Sie hier auch stehen.

Wir sehen es allerdings, und die Kollegin Nitz hat es auch schon gesagt, als eine Errungenschaft an, die hier in Bremen und in anderen Bundesländern zum Teil erst viel später zum Durchbruch gekommen ist, die das lebensbegleitende Lernen ernst nimmt für allgemeine, kulturelle und politische Bildung. Allgemeine Weiterbildung, habe ich erklärt, kulturelle Bildung passiert auch, indem man es macht, das heißt aber nicht, dass da nicht gelernt wird. Das ist nicht das Malen als Freizeitbeschäftigung, damit ich gut über die Woche komme und hinterher vielleicht erholt bin. Nein! Es ist ein Lernen, da können Sie sicher sein, und das ist einfach mal hier eine sachliche Feststellung, dass dieses dort stattfindet und dass dieses auch sehr wohl kontrolliert wird. Wenn Sie die Qualität erhöhen wollen, dann seien Sie mit uns für die Erhöhung der Honorare, denn es ist ein Wunder, dass diese hohe Qualität immer noch zu Dumpingpreisen geliefert wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Auf Dauer kann das nur durch eine weitere Bezuschussung auch der Honorare sichergestellt werden, oder, wenn Sie die Qualität noch anheben wollen, auch nur über diesen Weg, das ist Ihnen aus der Privatwirtschaft sehr wohl klar, dass ich auch gut zahlen muss, wenn ich gute Arbeit haben will. Darum kommt man selten herum, nur bei Fällen, wo Idealismus mitgebracht wird, das haben Sie in der Bildung, das haben Sie im Krankenhaus, das haben Sie an der Universität, das haben Sie in der Weiterbildung, und Sie nutzen es aus. Aber das ist keine soziale Politik, sondern eine Politik, die auf Dauer scheitert. Irgendwann untergraben Sie diese Systeme, und irgendwann haben Sie dann Anlass, über diese Systeme schlecht zu reden, die Systeme schlechtzureden, abzuschaffen, zu privatisieren, und dann kommt heraus, dass für 14,50 Euro, wie wir gehört haben, unterrichtet wird, und dann sagen Sie, das ist bessere Qualität, vielen Dank!

(Unruhe bei der CDU – Beifall bei der LINKEN)

Sie haben leider die Zeit verpasst, in der Sie solch einen Antrag hier durchbekommen konnten. Das war

in den Neunzigerjahren, als der Zeitgeist darüber hingeschwappt ist, dass viele gedacht haben, alles Kulturelle, alle Bildung sei Privatsache und am besten, der Staat zieht sich aus möglichst allen Dingen zurück,

(Glocke)

diese Zeit ist Gott sei Dank vorbei, und deswegen ist Ihr Antrag nicht zeitgemäß. – Danke schön!

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Nestler, über Ihren zweiten Beitrag war ich ehrlich gesagt ziemlich konsterniert, welchen eingeengten Begriff von Bildung Sie an dieser Stelle haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich habe aus Ihrem Beitrag entnommen, dass Sie eigentlich nur noch Bildungsurlaub zulassen wollen, wenn es richtig betriebliche Bildung ist und wenn es dem Arbeitgeber irgendwie nützt. Das ist nicht unser Ansatz bei all den Kursen, die Sie aufgeführt haben. Ich finde damit diskreditieren Sie den Bildungsurlaub. Wir gehen da von einem sehr umfassenden Bildungsansatz aus. Vorhin war die Rede von allgemeiner politischer und beruflicher Weiterbildung. Ich bin sehr dafür, dass wir irgendwann diesen europäischen Referenzrahmen auch anlegen, da geht es um muttersprachliche Kompetenz, um Fremdsprachenkompetenz, um kulturelle Kompetenz, um soziale und bürgerschaftliche Kompetenz und immer so weiter. In der EU hat man sehr wohl erkannt, dass Bildung in der Erwachsenenbildung einen sehr, sehr breiten Ansatz hat und nicht nur das ist, was Unternehmen an der Stelle etwas nützt. Das ist mir sehr wichtig, das in diesem Hause auch noch einmal klarzustellen, dass das für die Koalition sehr wichtig ist und so einen breiten Ansatz an der Stelle auch hat.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Gerade in der Schule hat sich doch auch gezeigt, die Kollegin Anja Stahmann wird da nie müde, ich kenne es auch aus dem universitären Bereich, dass es die Studien gibt, die sagen, man lernt mehr Mathematik in der Schule, wenn man nur drei Stunden Mathematik hat und drei Stunden Musik als sechs Stunden Mathematik und keine Musik, weil sich ein––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

fach die Kompetenz einer Persönlichkeit und das Gehirn umfassender ausbildet, um alle Fragen und Anforderungen, die an einen gestellt werden, besser wahrnehmen zu können. Also diskreditieren Sie nicht die Veranstaltungen im Bildungsurlaub, sie werden zugelassen, und wenn das Konzept stimmt, dann werden sie auch zu Recht zugelassen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Nun zu Herrn Dr. Möllenstädt! Sie sagen, Sie reden nicht über Kosten, also da möchte ich jetzt gern mit Genehmigung der Präsidentin aus Ihrem Antrag zitieren, da steht: „Der Anspruch auf entgeltliche Freistellung für Bildungszwecke nach diesem Gesetz umfasst die Hälfte der Dauer der anerkannten Bildungsveranstaltung, höchstens drei Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres. Die Gewähr ist davon abhängig, dass der Arbeitnehmer im gleichen Umfang arbeitsfreie Zeit für Bildungszwecke verwendet.“ Ist denn das nichts anderes als eine Einschränkung, dass er entweder Urlaub oder dass er Überstunden oder was auch immer dafür einsetzt. Sie wollen ihm erst einmal als bezahlte Zeit nur drei Tage zur Verfügung stellen im Jahr und auch nur dann, wenn er im gleichen Maße sich selbst zeitlich, und das heißt auch geldlich, einbringt. Das ist nichts anderes als eine Einschränkung, das will ich an dieser Stelle noch mal sagen. Sie haben gesagt, warum stimmen Sie uns denn nicht zu, wenn Sie eigentlich unserer Meinung sind. Sie haben das offenbar nicht realisiert, dass wir das Gegenteil von dem wollen, was Sie wollen.

(Zuruf des Abg. P e r s c h a u [CDU])

Ihr Antrag wird zu einer Einschränkung des Bildungsurlaubes führen, es werden weniger Menschen am Ende diesen Bildungsurlaub in Anspruch nehmen, als sie das jetzt tun. Wir wollen genau das Gegenteil. Wir sind uns in einer Facette einig, dass wir den Anbieterkreis erhöhen wollen, das ist überhaupt gar keine Frage. Es ist auch keine Frage, dass wir stückeln wollen und dass wir auch zu einem anderen Begriff kommen wollen, aber das Zentrum Ihres Antrages weist in eine völlig falsche bildungspolitische Richtung. Wenn ich das verknüpfe mit dem, was Herr Nestler gesagt hat zur Bildung, ist das wirklich richtig was ganz anderes, als das, was wir hier bildungspolitisch erzielen wollen. Im Übrigen ging die Koalition für viele Debatten in die Stadt hinein, hat viele Veranstaltungen gemacht, sowohl die SPD als auch die Grünen. Die SPD und die Grünen werden das auch in Zukunft weitermachen, mit den Trägern reden. Von Ihrer Seite habe ich noch keine Veranstaltung gesehen, in der Sie irgendwo in die Stadt hinein die Weiterbildungsfrage diskutieren. Also hören Sie hier auf mit Ihrer Polemik! Wir machen uns auf den Weg für mehr Weiterbildung, für mehr Bildungs

urlaub, und nicht das, was Sie hier tun. Das ist ein Schritt zurück und nicht in die Zukunft.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Böschen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich bei Frau Schön bedanken für ihre Ausführungen zur Bildung und zu den Bildungsinhalten. Dem gibt es aus meiner Sicht nichts hinzuzufügen. Ich hoffe, dass dies bei der CDU und FDP auch ein wenig auf Resonanz stößt. Herr Nestler, Sie haben angesprochen die Rolle von Frau Ziegert. Ich weiß nicht, was Sie an dieser Rolle so schwierig finden, die Regeln des Parlaments verbieten ihr, an dieser Debatte teilzunehmen, und dem folgt sie, und das ist ja nun eigentlich selbstverständlich und nicht diskussionswürdig. Dann benutzen Sie den Begriff Lobbyistin der Gewerkschaft, also ich sage einmal, wollen Sie das als Schimpfwort oder als Kompliment benutzen? Wir sind stolz darauf, die Vorsitzende der Gewerkschaft hier unter uns zu haben.

(Beifall bei der SPD)