Protocol of the Session on September 11, 2008

Sehr geehrte FDP, Sie haben jetzt ein bisschen gewackelt. Sie haben in Ihrem Antrag „in jeder Deputations- und Ausschussvorlage“ gesagt, und in diesem Sinne nehmen wir Ihren Antrag auch ernst, und nicht nur einmal oder ja oder vielleicht, sondern wir möchten gern den Antrag, so wie Sie ihn niedergeschrieben haben, auch beschließen. Solche Einzelaufführungen von Arbeitsplatzeffekten können natürlich auch zur Folge haben, dass eine Prüfung negativ ausgeht. Frau Ziegert, ich weiß nicht, ob Sie vielleicht davor Angst haben und deswegen diese Einzelfallberichte nicht wollen. Ich finde es richtig, dass wir immer wieder, sozusagen als Prüfstein der Effektivität der Arbeitsmarktpolitik, bei jeder Vorlage auch prüfen, welchen Erfolg sie hat.

Ja, es ist richtig, im vergangenen Jahr ist die Arbeitslosigkeit Gott sei Dank zurückgegangen, darüber freuen wir uns, aber wenn wir uns aktuell die Vorlagen der Wirtschaftsdeputation ansehen, so habe ich da meine Zweifel, ob es weiterhin gut laufen wird. Seit einem Jahr finden wir dort nur Berichte, wir finden keine Vorlagen aus dem Wirtschaftsressort mit neuen Projekten, die Arbeitsplätze schaffen. Die letzten, die wir hatten, waren vor einem Jahr zur Windenergie. Wenn etwas kommt, dann aus dem Wissenschaftsbereich, aber nicht aus der Wirtschaft.

Ich muss noch etwas sagen zum Thema GenderPrüfung! Wir hatten gerade in der letzten Wirtschaftsdeputation die Genderfrage angesichts der Bestellung eines Wirtschaftsprüfers. Da frage ich mich wirklich, ob das eine sinnvolle Prüfung ist. Allerdings fehl

te, das wissen Sie auch, bei der Vorlage des Umweltressorts zur Umweltzone die Prüfung der Auswirkung des Projektes auf den Mittelstand. Sie wurde erst auf Drängen der Abgeordneten durchgeführt. Liebe Kollegen, wir haben uns gesetzlich zu dieser Prüfung verpflichtet, aber bis heute fehlt ein solcher Gliederungspunkt. Ich fordere daher den Senat auf, sich heute bei dieser Debatte zu diesem Gliederungspunkt zu bekennen!

Jetzt muss ich noch etwas zum Antrag der Koalition sagen! Irgendwie geht das auch ein bisschen drunter und drüber. Sie wissen, es gibt einmal im Monat den Arbeitsmarktbericht in der Arbeitsdeputation, es gibt den Beleihungsbericht vierteljährlich, es gibt das Produktgruppencontrolling und es gibt auch zu einzelnen Projekten, siehe Containerterminal 4, eine Gesamtdarstellung. Wir haben also eine Vielzahl von allgemeinen, zusammenfassenden Berichten, die sich natürlich mit den Arbeitsmarkteffekten auseinandersetzen. Deswegen glaube ich nicht, dass wir noch einmal einen jährlichen, weiteren Bericht brauchen. Wenn Sie, sehr geehrte Kollegen der Koalition, nun solch einen Jahresbericht fordern, dann, glaube ich, passiert es nur deshalb, weil Sie politisch nicht in der Lage sind, dem Antrag der FDP zuzustimmen. Ich glaube auch, dass diese Debatte, weg von der Einzelfallbetrachtung und damit weg von der Möglichkeit, auch im Einzelfall zu reagieren, inhaltlich nicht der richtige Weg ist. Aus diesem Grund lehnen wir den Antrag der Koalition ab und stimmen dem Antrag der FDP zu, so wie er niedergeschrieben worden ist. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Ella.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ziegert, die Berichte, die Sie da fordern, gibt es bereits. Ihr Antrag ist also überflüssig, Frau Winther sprach es bereits an. Es gibt monatlich Berichte vom Arbeitsamt und einmal im Jahr die Bilanz von der Arbeitnehmerkammer. Ebenso gibt es Berichte, die in diese Richtung gehen, von der Industrie- und Handelskammer und vom Statistischen Landesamt. Ansonsten sind wir doch einer Meinung, also stimmen Sie unserem Antrag einfach zu!

(Beifall bei der FDP)

Frau Schön, wo waren jetzt in Ihrem Beitrag die Argumente für Ihren Antrag, gegen unseren Antrag? Sie sagten, wir machen das doch alles bereits schon in den Vorlagen, das heißt, Ihr Antrag ist also auch überflüssig aus Ihrer Sicht heraus, aber wo waren in den Vorlagen die Rubriken Arbeitsmarkteffekte, wenn ich an Vorlagen denke wie Umweltzone oder das Nichtraucherschutzgesetz? Stimmen Sie also einfach

unserem Antrag zu! Frau Winther, ein Ella wackelt nicht! Herzlichen Dank, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Ziegert.

Ich habe anscheinend nicht das Talent gehabt, deutlich zu machen, was wir mit unserem Antrag wollen. Wir wollen eine jährliche Debatte hier in der Bürgerschaft haben, wir wollen nicht den Bericht. Natürlich gibt es Berichte. Wir wollen aber genau in dem Sinn – so wie ich Herrn Ella verstanden habe – einer Sensibilisierung dieses Themas und der Unterstreichung der Wichtigkeit dieses Themas eine Gesamtdebatte über die Arbeitsmarktlage und die Veränderung der Arbeitsmarktlage in Bremen haben, auch im Zusammenhang mit der Politik dieser Koalition und des Senats. Dann muss ich noch etwas zu den Einzelvorlagen sagen! Ich glaube, Sie haben das nicht genügend durchdacht. Selbstverständlich ist es so, dass es bei allen Vorlagen der Wirtschaftsförderung und bei vielen anderen auch sehr leicht möglich ist und auch getan wird, die Auswirkung auf die Arbeitsplätze anzugeben, aber bei vielen anderen geht es gar nicht darum, ob die Bilanz positiv oder negativ ist – Frau Winther, wenn Sie gerade einmal zuhören würden! –, sondern es geht darum, dass man sich darum streiten kann, ob es positiv oder negativ ist. Ist es zum Beispiel negativ, wenn durch Arbeitsmarktprogramme mehr Arbeitslose erreicht werden, aber möglicherweise mit weniger Beschäftigten bei den einzelnen Trägern? Ist es positiv oder negativ, wenn wir in Bildung investieren? Ist da der positive oder negative Effekt jetzt nur die Frage, ob mehr Lehrer oder Erzieher eingestellt worden sind? Ich denke, dass es sehr viele Felder der Politik gibt, die langfristig sehr wohl Auswirkungen auf die Arbeitsplätze haben, in denen wir nämlich auch infrastrukturelle Voraussetzungen schaffen – darauf hat ja auch Frau Schön hingewiesen – und die trotzdem in solchen Einzelvorlagen überhaupt nicht erfasst werden. Deswegen habe ich gesagt, dass dieses Beispiel zu einer Banalisierung dieses ganzen Vorhabens führt, weil man sich trefflich darüber streiten kann, ob wir hier die ganzen Straßen in Bremen mit Kopfsteinpflaster versehen sollten, weil das zweifellos arbeitsintensiver ist und mehr Arbeitsplätze schafft als sie zu asphaltieren. Das wäre da wirklich die Banalisierung, oder man streitet sich über den positiven oder negativen Effekt, und deswegen plädiere ich noch einmal sehr energisch und sehr überzeugt für unseren Antrag und bitte um Zustimmung!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Präsident Weber: Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp. Abg. Rupp (DIE LINKE)*): Herr Präsident, verehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Nur kurz! In Bremen beginnen viele Dinge mit Sätzen wie „In Zeiten großer Haushaltsnot“ oder „Angesichts der knappen Kassen“. Meines Erachtens ist es deswegen umso wichtiger, dass man das, was man an Maßnahmen in Angriff nimmt, unter anderem vorher auf die Frage kontrolliert, was das für Arbeitsplatzeffekte hat. Unter anderem kann man sich dann entscheiden, ob man sie macht oder nicht macht, ob die Zahl der Arbeitsplätze ausreichend ist, aber man hat ein ungefähres Kriterium dafür, ob man sozusagen diese Maßnahme will und welche möglichen Folgen sie hat. Das, was dagegen vorgeschlagen wird, einmal im Jahr zu schauen, ob irgendetwas, was wir gemacht haben, etwas gebracht hat, geht sozusagen in die Vergangenheit. Das muss man auch, man muss evaluieren und schauen, aber diese Berichte gibt es.

Ich befürchte die Ablehnung. Die Ablehnung dieses Antrages der FDP ist nichts weiter als fehlender Mut, auch in die Zukunft zu sehen und sich auch in der Zukunft festzulegen, dass das, was man für die Zukunft will, Arbeitsplatzeffekte hat oder eben nicht, und zu diesen politischen Entscheidungen zu stehen, bevor sie wahr werden, damit man hinterher dafür auch kritisiert werden muss. Der fehlende Mut, in die Zukunft zu schauen, ist also das, was die Ablehnung dieses Antrages jetzt sozusagen befördert. Deswegen, finden wir, muss man dem Antrag der FDP zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Dr. Schuster

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass dieses wichtige Thema aufgenommen wurde, weil es aus Sicht des Senates ein erklärtes Ziel ist, zur Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt beizutragen, Arbeitsplätze zu schaffen und damit den Wohlstand in Bremen entsprechend zu steigern. Insofern begrüße ich es in dem Sinne, dass es um die Sensibilisierung für dieses Thema geht.

Die Streitfrage ist im Moment, jährlicher Bericht oder in jeder Vorlage? Aus unserer Sicht ist es nicht sinnvoll, das in jeder Vorlage zu machen, und zwar aus dem schlichten Grund: Wenn man das nicht banalisieren will, muss man konstatieren, dass es häufig sehr schwierige Zusammenhänge sind. Es gibt ganz einfache Zusammenhänge, wo ich das sehr klar – beispielweise bei den Arbeitsplatzeffekten, bei einem erheblichen Teil der Sozialausgaben – sagen kann, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

weil diese zwölf Millionen Euro, beispielsweise im Bereich der Erziehungshilfe, die wir dieses Jahr mehr ausgeben, zu 80 Prozent direkt zu Arbeitsplätzen führen. Aber auch da finde ich: Wenn man dieses Kriterium nur dahin stellt, greift man selbst in dieser Debatte zu kurz.

Mir persönlich wäre es am liebsten, wenn wir da gar nichts ausgeben müssten und kein Problem mit dem Kinderschutz und dem Kindeswohl hätten, das wäre mir viel lieber. Wenn ich das jetzt mit einer arbeitsmarktpolitischen Debatte in dieser Richtung überlagere, weiß ich nicht, ob es eine besonders sinnvolle Sache ist, dies an jeder Einzelvorlage durchzuexerzieren.

(Abg. E l l a [FDP]: Was ist bei Gender anders?)

Genderaspekte sind noch etwas anderes, weil es da um andere Zielsetzungen geht. Da geht es ja darum, dafür zu sensibilisieren, inwieweit dort Geschlechtsaspekte betroffen sind.

(Abg. E l l a [FDP]: Hier geht es um Arbeitsplatzeffekte!)

Die muss ich aber zuordnen können, Herr Ella! Sie machen es etwas schlicht in vielen Bereichen, auch Ihr Beispiel Mindestlohn! Aus Ihrer Sicht, wenn ich Sie jetzt richtig ideologisch einschätze, kommen Sie ganz schnell zu dem Ding, das ist ja eine teurere Arbeit, und dadurch würden die Arbeitsplätze reduziert werden, genauso bei der Umweltzone. Wenn wir mit so kurzen Mitteln herangehen, haben wir wirklich eine Banalisierung des Themas, weil natürlich auch ein Mindestlohn Nachfrageeffekte hat. Jeder, der ökonomisch denkt, weiß, dass gerade in unteren Einkommensgruppen Lohn- oder Geldeinkommen, die da sind, meistens sofort wieder in den Konsum hineingegeben werden und damit Sekundäreffekte haben. Jetzt müsste man, wenn man das wirklich seriös machen will, dieses alles herausrechnen.

Genauso ist es bei Umweltstandards, die gesetzt werden – was die Umweltzone ohne Weiteres ist –, erwiesenermaßen so, dass auch sie erhebliche Arbeitsplatzwirkungen haben, weil natürlich eine technische Nachrüstung über kurz oder lang erforderlich ist. Wenn man das bei jeder Vorlage macht, müsste man sich dann theoretisch noch, wenn man das wirklich ernst meint, für jede Vorlage die Frage stellen: Welche Alternative hätte man denn noch, das Geld, das man hat, sinnvoller einzusetzen?

(Zuruf des Abg. E l l a [FDP])

Vor diesem Hintergrund halte ich es nur für sinnvoll, wenn man eine Gesamtbetrachtung macht, und darauf zielt die Sache, dass man einen jährlichen Bericht macht und sich in der Tat die Frage unter

Arbeitsmarktgesichtspunkten stellt, welche Wirkungen die bremische Politik hatte. Dabei ist abzuwägen: Bin ich in Bezug auf Infrastrukturmaßnahmen, die ja verschiedene Art sein können, von Bildung bis zu Straßen, auf dem richtigen Weg, und welche Effekte habe ich da? Deswegen halte ich es für sinnvoll, dieses Thema entsprechend hochzuheben, allerdings nicht in einem Verfahren, was man nicht seriös bearbeiten kann, sondern in einer Art und Weise, wie es vorgeschlagen ist, nämlich in einem jährlichen Bericht, in dem man die Arbeitsmarktsituation aufführt und auch versucht abzuschätzen, welche Effekte hatte dazu eigentlich die bremische Politik? – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse als Erstes über den Antrag der FDP abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktion der FDP mit der Drucksachen-Nummer 17/454 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU, DIE LINKE, FDP und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD und Bündnis 90/ Die Grünen)

Stimmenthaltungen?

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Nun lasse ich über den Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 17/ 532 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, DIE LINKE, FDP und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Stellungnahme des Senats zum zweiten Jahresbericht des Landesbeauftragten für Informationsfreiheit

Mitteilung des Senats vom 22. Juli 2008 (Drucksache 17/495)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Bürgermeisterin Linnert.