Protocol of the Session on June 5, 2008

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich versuche es auch noch einmal ganz von vorn: Ich habe eigentlich gedacht, dass sich der Senat gestern in der Fragestunde schon ausreichend Mühe gegeben hat zu erklären, dass Sie da wirklich objektiv und auch sonst für den Rest der Welt nachvollziehbar auf dem Holzweg sind.

(Beifall bei der FDP)

Ich versuche es hier aber noch einmal: Das Informationsfreiheitsgesetz, auf das Sie sich hier bei Ihrer Anfrage berufen, ist nicht einschlägig. Es hat mit dem, was Sie sich da wünschen, dass nämlich ein Mitarbeiter der Behörde bei einer Veranstaltung der Fraktion Die Linke einen Vortrag über den Zusammenhang zwischen Armut und Gesundheit halten soll, nichts zu tun. Sie haben das Recht, so jemanden einzuladen, aber ich würde sagen, schauen Sie sich Artikel 79 unserer Landesverfassung an, und dann noch einmal: Mit dem Informationsfreiheitsgesetz hat das nichts zu tun, das Informationsfreiheitsgesetz hat ein anderes Ziel, und das, was Sie gern vom Senat möchten, ist im Informationsfreiheitsgesetz nicht geregelt,

und deshalb kann der Medienausschuss da auch wenig ausrichten.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Jetzt schauen wir uns die Landesverfassung an, da heißt es im Artikel 79: „Der Senat ist verpflichtet, die Bürgerschaft oder die zuständigen Ausschüsse oder Deputationen über die Vorbereitung von Gesetzen sowie bei Grundsatzfragen der Landesplanung, der Standortplanung und der Durchführung von Großvorhaben frühzeitig und vollständig zu unterrichten.“ Dann gibt es dazu entsprechende Kommentierungen. Was einen auch irgendwie ein bisschen anfasst, ist, dass Bremen in den letzten vielen Jahren aus einer guten Tradition heraus diese verfassungsrechtliche Grundlage relativ weit ausgelegt hat, sodass auch zum Beispiel Unterausschüsse oder Veranstaltungen von Fraktionen mit diesen Informationen aus der Verwaltung bedacht werden und dass Behördenmitarbeiter dorthin gehen und informieren. Das ist längst nicht in allen Gebietskörperschaften so. Sich da jetzt vor diesem Hintergrund und dieser Praxis, die in Bremen über viele Jahre zu Recht erkämpft wurde und existiert, hinzustellen und daraus eine Geschichte zu machen, dass hier besonders repressiv gearbeitet wird, das, muss ich Ihnen sagen, fuchst mich auch persönlich richtig.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP)

Sie haben ja dankenswerterweise aus dem Brief, den Die Linke an Herrn Dr. Günther Tempel, Gesundheitsamt Bremen, geschickt hat, zitiert. Ich sage noch einmal, in Ihrem Brief steht: „Sie mit Ihren“, also nicht Senat oder Regierung, „Ideen und Positionen zu gestalten“, und „wenn Sie das Impulsreferat halten würden“. Ich sage es auch noch einmal so wie gestern: Dieses Ansinnen geht weit über das, was bisher hier zu Recht üblich gewesen ist, hinaus; ein Ansinnen, bei dem der Eindruck entsteht, dass es Ihnen nicht darum geht, die offizielle Regierungslinie dargestellt zu bekommen – darauf haben Sie ein Recht –, sondern, dass Sie einen ganz bestimmten Mitarbeiter mit ganz bestimmten Positionen möglicherweise auch benutzen wollen, um diese Veranstaltung so zu gestalten. Das dürfen Sie nicht, und da muss der Senat auch schon aus Fürsorgegründen Nein sagen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP)

Frau Troedel, wenn Sie hier ex cathedra sagen, der Mitarbeiter hat ja schon zugesagt: Merken Sie eigentlich auch dann immer noch nicht, auf welch wirklich dünnem Eis Sie sich mit diesem Vorgehen bewegen? Er darf gar nicht zusagen! Entweder stimmt es, was Sie gesagt haben, oder es stimmt nicht, das kann nie

mand mehr herausfinden. Sie bringen diesen Mann, der verpflichtet ist, nach Recht und Gesetz zu handeln und der auch einer Dienst- und Fachaufsicht unterliegt, in eine ganz dumme Lage, indem Sie das hier so machen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP)

Der Mitarbeiter hat nur dann korrekt gehandelt, wenn er Ihnen gegenüber auf die bestehende Rechtslage hingewiesen hat, und die Rechtslage ist: Ich muss die Behördenspitze um Erlaubnis fragen, ich komme gern, vielleicht gern oder selbstverständlich, aber ich muss auf jeden Fall die Einwilligung von oben bekommen. Der Mitarbeiter kann Ihnen das gar nicht zusagen, und ich finde auch nicht, dass Sie das hier sagen sollten.

Was auch nicht in Ordnung ist, ist, dass Sie hier den Eindruck erwecken, nur Anträge der Linken würden abgelehnt, oder es hätte etwas mit Ihnen zu tun, dass dieser Antrag abgelehnt wird. Es ist in Wirklichkeit so, dass bisher in den 20 Jahren, die ich überblicken kann, niemand auf die Idee gekommen ist, dass das, ich sage einmal, von unserer Rechtsordnung gedeckt ist, was Sie sich da vorgestellt haben. Insofern ärgert einen das natürlich auch, dass aus diesem wirklich irritierenden Mangel an verfassungsrechtlichem, rechtlichem und demokratischem Grundverständnis Sie sich jetzt auch noch in eine Opferrolle manövrieren.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP)

Mitarbeiter müssen, und das sagt unser Demokratieprinzip, sie dürfen das sagen, was sich als schriftlich vom Senat oder indirekt vom Senat genehmigte Position des Staates herausgemendelt hat, das ist die Grundlage des Demokratieprinzips. Alle Handlungen der Verwaltung – und Handlung der Verwaltung ist auch eine Meinungsäußerung – müssen immer auf die vom Parlament Gewählten zurückgeführt werden können. Deshalb geht das nicht, was Sie sich in Ihrem Antrag wünschen, man ruft dort einmal an, und jemand kommt vorbei und erzählt irgendetwas. Das können wir so auf keinen Fall akzeptieren!

Vielleicht kann ich noch einmal sagen, ich habe ja auch gestern versucht, mich mit Herrn Rupp zu einigen, weil ich diese Sache gern aus der Welt haben möchte: Der Senat wird sich das auch nicht bieten lassen, dass Sie mit falschen Informationen in der Welt herumlaufen und in Unkenntnis der Rechtslage unseren wirklich sehr starken Versuchen, das, was Staatshandeln betrifft, transparent zu machen und an die Stadt zu vermitteln, schaden. Das möchten wir nicht gern. Wir haben darauf hingewiesen, dass es eine Möglichkeit gibt – das haben Sie fairerweise in Ihrer Rede auch gesagt –, die Sache zu heilen und

dass jemand zu Ihnen kommt. Das stellen wir auch sicher. Insofern kann man die Sache vielleicht für erledigt erklären, aber vielleicht könnten Sie trotzdem noch einmal in die Verfassung und in das IFG schauen und sich mit den Spielregeln, die irgendwie auch für Sie gelten, auseinandersetzen. Man muss sich einfach auch einmal überlegen – das habe ich gestern auch versucht, Herrn Rupp zu sagen –, wenn man das vielleicht einmal überträgt, was Sie hier wollen, auf das Bundesland Sachsen, dort sitzt die NPD in Fraktionsstärke im Parlament. Da schreibt jemand, ein Mitarbeiter der NPD-Fraktion, an einen Mitarbeiter der Innenbehörde: Wir möchten gern eine Fachtagung machen zum Thema „Ausländerzuzug begrenzen“. Kommen Sie einmal vorbei und halten ein Impulsreferat! Was würden Sie sagen, wenn das genehmigt würde?

(Abg. Frau Tr o e d e l [Die Linke]: Schlech- ter Vergleich!)

Nein, Frau Troedel, das ist genau derselbe Fall! Der Staat muss sich diesen und jenen gegenüber gleich und auf der Basis von gleichen rechtlichen Überlegungen verhalten. Auch da wieder ist die Frage: Was bedeutet das für den Mitarbeiter und die Mitarbeiterin, wenn sich so etwas herausmendelt wie prominente Beziehungen zu Fraktionen? Da kann man aus der Bremer Geschichte auch lernen.

(Lachen bei der CDU)

Na ja, das ist ja auch das Lachen von der richtigen Seite! Es darf nicht angehen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in dem, wie Sie von Behördenhandeln, ich sage einmal, im Rahmen der Unparteilichkeit des Staates leisten, in die Nähe von politischen Parteien und Fraktionen gerückt werden. All das ist Grundlage unseres Staatsaufbaus, und ich bitte Sie, das auch mit ins Kalkül zu ziehen! – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Beratung geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Hier ist die Überweisung zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Informations-, Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten beantragt worden. Wer dieser Überweisung des Antrags der Fraktion Die Linke seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Die Linke)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen und FDP)

Stimmenthaltungen?

Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Ich lasse nun über den Antrag in der Sache abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktion Die Linke mit der Drucksachen-Nummer 17/410 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Die Linke)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen und FDP)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Wir haben noch zehn Minuten. Wenn Sie damit einverstanden sind, rufe ich die Tagesordnungspunkte ohne Debatte auf. Ich sehe Einverständnis, dann werden wir so verfahren.

Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Einrichtung eines gemeinsamen Studienganges für den Amtsanwaltsdienst und die Errichtung eines gemeinsamen Prüfungsamtes für die Abnahme der Amtsanwaltsprüfung

Mitteilung des Senats vom 29. April 2008 (Drucksache 17/369) 1. Lesung

Wir kommen zur ersten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Einrichtung eines gemeinsamen Studienganges für den Amtsanwaltsdienst und die Errichtung eines gemeinsamen Prüfungsamtes für die Abnahme der Amtsanwaltsprüfung in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

(Einstimmig)

Gesetz zur Verhütung von Schäden durch Kampfmittel und zur Aufhebung von Vorschriften des Staatsangehörigkeitsrechts

Mitteilung des Senats vom 29. April 2008 (Drucksache 17/370) 1. Lesung

Wir kommen zur ersten Lesung.