Protocol of the Session on June 5, 2008

Ja, bitte!

Bitte, Herr Abgeordneter!

Herr Senator, habe ich Sie richtig verstanden, dass die Abschaffung dieser Regelung jetzt im Polizeigesetz aus Ihrer Sicht nicht bedeutet, dass damit eine automatische Kennzeichenerfassung, nach den Regeln, die das Bundesverfassungsgericht aufgestellt hat, in Zukunft für Bremen überhaupt nicht infrage kommt, sondern dass Sie jetzt in die weitere Prüfung mit anderen Bundesländern einsteigen, um dann der Bürgerschaft einen erneuten Vorschlag zu machen?

Sie haben das präzise beschrieben, so ist die Lage! Ich glaube, das war es! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer das Gesetz zur Änderung des Bremischen Polizeigesetzes mit der Drucksachen- Nummer 17/358 in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und FDP)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU)

Stimmenthaltungen?

(Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

Arbeitnehmerfreiheitsgesetz – Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Arbeitnehmerkammer im Lande Bremen Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft

Antrag der Fraktionen der FDP und der CDU vom 6. Mai 2008 (Drucksache 17/390) 1. Lesung

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Nagel. Wir kommen zur ersten Lesung. Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, ich erlaube mir, noch eine Sekunde zu warten, bis eine Kollegin unseren Saal verlassen hat! Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jeder im Land Bremen beschäftigte Arbeitnehmer und Auszubildende ist Mitglied der Arbeitnehmerkammer, ob er es nun will oder nicht, und jedes Mitglied wird gezwungen, monatlich seinen Beitrag an die Arbeitnehmerkammer zu zahlen, ob es das nun will oder nicht.

(Beifall bei der SPD)

Aus Sicht der FDP spricht nichts dagegen, aber vieles dafür, die Mitgliedschaft in der Arbeitnehmerkammer zukünftig freiwillig zu gestalten. Mit der Initiative für ein Arbeitnehmerfreiheitsgesetz hat die FDP ihre Vorstellungen im Hinblick auf eine freiwillige Mitgliedschaft in der Arbeitnehmerkammer präzisiert.

Meine Damen und Herren, die FDP ist die Anwältin für die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land.

(Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Im Mittelpunkt liberaler Politik für Arbeitnehmer steht das Bild des mündigen Arbeitnehmers, der selbst entscheidet, mit wem er sich zur Wahrnehmung seiner Interessen zusammenschließt und von wem er sich in steuerlichen oder rechtlichen Fragestellungen beraten oder unterstützen lassen möchte.

(Glocke)

Herr Dr. Möllenstädt, entschuldigen Sie, dass ich Ihre Rede unterbreche, aber ich möchte den Abgeordneten Jägers bitten, die Pressebühne zu verlassen! – Herr Dr. Möllenstädt, bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! Wahr ist, Bremen ist neben dem Saarland das einzige Bundesland, in dem für alle Arbeitnehmer eine Zwangsmitgliedschaft qua Gesetz besteht. Wahr ist außerdem, die Mehrzahl der Arbeitnehmer im Land Bremen beteiligt sich nicht an den Aktivitäten der Arbeitnehmerkammer und nimmt deren Angebote in keiner Weise in Anspruch. Dass Angebot und Nachfrage offensichtlich auseinanderfallen, ist nun auch wirklich kein Wunder, schließlich entzieht sich die Tätigkeit der Arbeitnehmerkammer in der Praxis weitgehend der Kontrolle und der Rechtfertigung vor ihren Mitgliedern.

(Beifall bei der FDP)

Die Arbeitnehmerkammer knöpft den Arbeitnehmern in jedem Jahr Beiträge in Höhe von circa 13 Millionen Euro ab, egal, ob das Angebot an Dienstleistungen und der Service den Erwartungen und Anfor

derungen der Mitglieder wirklich entspricht oder nicht. Die Einführung der Mitgliedschaft in der Arbeitnehmerkammer auf freiwilliger Basis ist auch deshalb dringend geboten, weil sich die Arbeit der Arbeitnehmerkammer dann wesentlich enger an den Interessen der Arbeitnehmer und der Auszubildenden im Lande Bremen orientieren würde.

(Beifall bei der FDP)

Eines will ich auch sagen: Diejenigen, die an der jetzigen Form der Mitgliedschaft in der Arbeitnehmerkammer festhalten wollen, müssen sich fragen lassen, ob sie denn auch der Meinung sind, dass die Arbeitnehmer in den übrigen Bundesländern so unvertretbar viel schlechter dastehen, weil es in diesen Ländern eben keine Arbeitnehmerkammer mit Zwangsmitgliedschaft gibt. Ich kann Ihnen sagen, auch aus eigener Erfahrung, für die tägliche Realität der allermeisten Arbeitnehmer ist die Arbeitnehmerkammer völlig irrelevant.

(Beifall bei der FDP)

Auch muss die Frage erlaubt sein: Wem nützt dieses Konstrukt, wenn es offenbar nicht den Arbeitnehmern nützt? Das liegt aus unserer Sicht auf der Hand. Die Zwangsmitgliedschaft in der Arbeitnehmerkammer dient dazu, Strukturen und Aufgaben zu finanzieren, die vorzuhalten unserer Meinung nach Aufgabe von Gewerkschaften und ihren Bildungswerken wäre, die diese Aufgaben in fast allen anderen Bundesländern auch wahrnehmen. Die dreiste Selbstbedienung der Gewerkschaften aus den Portemonnaies der Arbeitnehmer in Bremen und Bremerhaven muss endlich aufhören!

(Beifall bei der FDP)

Die FDP in diesem Haus ist angetreten, um den Menschen wieder etwas von diesem Land zurückzugeben. Wir treten ein gegen die Bevormundung von Arbeitnehmern. Es sind die Arbeitnehmer in unserem Land, die am besten wissen, welche Institutionen sie gut vertreten und beraten, und nicht die Politik!

(Beifall bei der FDP – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Deswegen wählen sie auch alle FDP!)

Die Gestaltung der Mitgliedschaft in der Arbeitnehmerkammer als Zwangsmitgliedschaft für alle Arbeitnehmer und Auszubildenden entbehrt jeder vernünftigen Begründung. Sie ist völlig überholt und unzeitgemäß und gehört daher abgeschafft.

(Beifall bei der FDP)

Dass dieses politische Vorhaben von den Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion mitgetragen

wird, ist aus unserer Sicht ein positives Signal, auch im Sinne einer gemeinsamen Rolle in der Opposition. Wir finden es sehr gut, dass Sie sich unserem Antrag angeschlossen haben,

(Beifall bei der FDP)

und ich rufe in diesem Sinne auch die übrigen Fraktionen im Hause auf, unserem Antrag zuzustimmen! – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kau.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin auch Zwangsmitglied in der Arbeitnehmerkammer und habe sogar eine Arbeitnehmercard. Ich weiß nicht, ob Sie die alle kennen. Als ich 2001 aus dem Rheinland nach Bremen kam, fand ich auf meiner Gehaltsabrechnung ein Begrüßungsgeld, nur dieses Begrüßungsgeld wurde nicht mir gezahlt, sondern ich durfte es zahlen. Es war auch nicht einmalig, sondern es wird jeden Monat einbehalten, nur, in meinem gesamten beruflichen Umfeld konnte mir keiner erklären, welche Vorteile mir aus diesem Beitrag erwachsen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: In Ihrem Fall dürfte das nicht so wehtun!)

Wenn man über das Thema Zwangsmitgliedschaft spricht – ich habe die Diskussion eben schon draußen mit Herrn Dr. Kuhn begonnen, Herr Dr. Güldner –, kommt man immer automatisch zu dem meines Erachtens hinkenden Vergleich der beiden Kammersysteme, also dem der Industrie- und Handelskammer auf der einen Seite und dem der speziellen Arbeitnehmerkammer auf der anderen Seite. Es sind zwar beides Körperschaften des öffentlichen Rechts, und sie haben auch eine gesetzliche Grundlage, aber das ist auch schon die Gemeinsamkeit, und damit ist sie auch schon aufgebraucht.

Die klaren und eindeutigen Unterschiede ergeben sich vor allem aus der Zahl der Kammern und durch die rechtliche Grundlage. Während die insgesamt 80 IHKs in Deutschland auf Bundesrecht beruhen, fußen die beiden Kammern in Bremen und im Saarland auf Landesrecht. Daraus folgen verschiedene Unterschiede:

Die IHKs sind mit einem bundesweiten Verbund flächendeckend aktiv. Sie vertreten damit alle Gewerbetreibenden, gleichberechtigt in ganz Deutschland, und den Arbeitnehmerkammern ist eine solche Gesamtvertretung, schon durch die geringe Anzahl von zwei Kammern im Bundesgebiet, nicht möglich. Bestrebungen, solche Kammern in anderen Bundes

ländern Deutschlands einzuführen, sind Gott sei Dank bisher gescheitert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Bundesgesetzgeber nutzt das flächendeckende IHK-System rege, indem er eine Vielzahl von hoheitlichen Aufgaben gesetzlich an die Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft übertragen hat. Damit ersetzt das Leistungsangebot der Handelskammern vielfach staatliche Verwaltung, zum Beispiel 600 000 Prüfungen pro Jahr in der beruflichen Weiterbildung, neutrale Ausstellung von Ursprungszeugnissen und die Überprüfung und Einhaltung vieler Gesetzesvorgaben. Ferner sind die IHKs ein anerkanntes und gut funktionierendes Bindeglied zwischen Politik und Wirtschaft. Ich finde, die Kammer in Bremen ist ein ganz leuchtendes Beispiel dafür. So sind in Deutschland über 200 000 Unternehmer und Unternehmensvertreter, ehrenamtlich und demokratisch gewählt – und darauf liegt hier die Betonung –,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)