Protocol of the Session on April 10, 2008

(Beifall bei der FDP)

Es ist und bleibt unsozial, ungerecht und nicht nachhaltig, den nachfolgenden Generationen Schuldenberge zu hinterlassen. Niemand würde so mit seiner Familie vorgehen.

(Beifall bei der FDP)

Es gehört zur Verantwortung, ein bestelltes Feld zu hinterlassen und kein Schlachtfeld. Mit dem vorgelegten Haushaltsentwurf werden Sie dieser Verantwortung nicht im Mindesten gerecht.

(Beifall bei der FDP)

Doch nun ein Wort zu den über 40 Änderungsanträgen der Linken: Auch wenn Sie sich sicher einige Arbeit mit der Formulierung haushalterischer Anträge gemacht haben, es ist schlechterdings unmöglich, ein so komplexes Gebilde wie den Haushalt mit seinen 1000 Haushaltsstellen durch rund 40 Anträge verbessern zu wollen. Das wäre so, liebe Kolleginnen und Kollegen, als würden Sie einen Sack Sand in die Sahara schütten.

(Beifall bei der FDP – Zurufe)

Zur Gegenfinanzierung aus Ihren Anträgen, liebe Fraktion der Linken, ist hier schon viel Richtiges gesagt worden. Kurzum: Geld ausgeben, das man nicht hat, das nennt man Sozialismus.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Frau T r o e d e l [Die Linke])

Deshalb werde ich auf die meisten Anträge der Linken nicht weiter eingehen. Ich habe lediglich eine Anmerkung zu der von der Linken beantragten Stellenkürzung beim Verfassungsschutz.

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Schon wieder Karneval!)

Haben Sie vielleicht ein schlechtes Gewissen, dass etwas bei Ihnen herauskommt? Wie dem auch sei, es sieht mir ein wenig so aus, als wollten die Hasen die Füchse abschaffen. Ein durchsichtiges Manöver, das vor dem Hintergrund der aktuellen Bedrohungslage auch noch völlig unverantwortlich ist!

(Beifall bei der FDP – Zuruf)

Abschließend möchte ich für die FDP-Fraktion anmerken, dass Koalition und Senat an ihrem eigenen Anspruch gescheitert sind. Ihre Sparvorschläge sind alles, nur keine Sparanstrengungen, denn eines ist sicher: Unsere Menschen in Bremen und Bremerhaven sind bereit, gute Arbeit zu leisten. Sie sind in der Pflicht, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Arbeitsplätze hier im Land entstehen und nicht anderswo! Diesem Anspruch werden Sie mit dem Haushaltsentwurf wieder nicht gerecht. Die FDP-Fraktion wird dem Haushalt nicht zustimmen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dieser bewegenden Rede der FDP eben frage ich mich, wozu die FDP überhaupt bereit ist, wozu sie überhaupt fähig ist!

Meine Damen und Herren, bei meiner sehr begrenzten Redezeit kann ich mich leider nur auf die Generaldebatte beschränken. Seit genau neun Jahren habe ich nun das schrecklich nette Vergnügen, hier mit Ihnen über den Haushalt beraten und abstimmen zu dürfen, und genau seit neun Jahren höre ich von Ihnen immer und immer wieder die gleichen beschönigenden inhaltlich leeren Sonntagsreden.

Seit genau neun Jahren höre ich immer solche Sprüche, zum Beispiel wie schön und zukunftsorientiert doch der Bremer Haushalt ist, wie seriös und wie solide doch der zu beschließende Doppelhaushalt ist und so weiter und so fort. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Sie reden nur, dieses Jahr ist es Rot-Grün, in der Vergangenheit war es Rot-Schwarz, die sich gegenseitig mit tränenden Augen beweihräucherten und sich selbstherrlich Mut zugesprochen haben, um uns den schönen Haushalt schönzureden!

Dabei haben Sie in einer Art politischer Märchenstunde immer deutlich erwähnt: Wir haben zwar kein Geld, wir sind in einem Haushaltsnotlageland, aber irgendwie, irgendwann wird alles wieder gut, denn der Zug nimmt ja schon deutlich Fahrt auf, wir sind auf dem richtigen Weg. Ich aber sage Ihnen: Nichts ist gut, nichts wird gut! Wenn ein Zug deutlich Fahrt aufnimmt, dann bedeutet es meistens, dass es rasant und steil bergab geht und Ihr politischer Zug unweigerlich in den Abgrund rast.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Was reden Sie da eigentlich?)

Meine Damen und Herren, seit neun Jahren höre ich immer die gleichen Sprüche und die leeren Versprechungen, aber seit genau neun Jahren hat sich Ihr Haushalt konstant verschlimmbessert. Jahr für Jahr erhöht sich unkontrollierbar der Schuldenstand, Ihr Schuldenstand, der beiden Städte Bremen und Bremerhaven! Das kleine Bundesland hat sage und schreibe 15 Milliarden Euro Schulden, bald werden es 16 Milliarden Euro Schulden sein. Das sind 32 Milliarden Deutsche Mark.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Und in Lire? – Vizepräsidentin D r. M a t h e s übernimmt den Vorsitz)

Ein Ende Ihrer unsäglichen Verschuldung ist noch lange nicht in Sicht, ganz im Gegenteil, allein die Zinsen für Ihre Schulden sind kaum mehr finanzierbar, Tendenz natürlich steigend. Im Bereich der inneren Sicherheit haben Sie auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger total versagt. Unterbezahlte, demotivierte und schlecht ausgerüstete Polizeibeamte bei ansteigenden brutalen Gewalttaten, sogar gegen Polizeibeamtinnen und -beamte, das sind die erschreckenden Folgen Ihrer gescheiterten Politik der inneren Sicherheit. Unsere Bürgerinnen und Bürger

trauen sich nicht einmal mehr tagsüber ohne Angst vor brutalen Überfällen auf die Straße.

Darüber hinaus erinnere ich Sie nur einmal noch an die skandalöse Debatte über die schon längst überfällige Beamtenbesoldung. Damals haben Sie lapidar gesagt: Wir haben kein Geld! Nun wollen Sie urplötzlich sogar das Gehalt von sehr gut verdienenden Senatoren gleich um 300 Euro monatlich mit erhöhen, unter dem Strich würde dann ein Senator oder eine Senatorin 10 550 Euro monatlich erhalten. Das ist schamlos, das ist unverschämt und ungerecht! Hier sage ich klar und deutlich: Die ohnehin schon sehr gut verdienenden Senatoren müssen von dieser Gehaltserhöhung ausgenommen werden, diese circa 25 000 Euro von zusätzlich eingesparten Senatorengehältern sollten Sie lieber den niedrigen Lohngruppen zugute kommen lassen, die es wirklich dringend gebrauchen können. Untere Besoldungsgruppen, wie zum Beispiel Krankenschwestern, Polizeibeamtinnen und -beamte, Feuerwehrleute und so weiter leisten nämlich unter Lebensgefahr täglich weitaus mehr als einige jetzt schon überbezahlte Senatoren.

Ich habe mich nachweislich schon immer konsequent für eine sofortige zweiprozentige Besoldungserhöhung eingesetzt, aber für diejenigen, die darauf angewiesen sind, die unteren Lohngruppen, nicht aber für gut verdienende Senatorinnen und Senatoren, die nicht darauf angewiesen sind! Ein solches Ansinnen von Rot-Grün lehne ich selbstverständlich vehement ab. Das ist unsozial, das ist ungerecht. Auf der einen Seite wollen Sie auch die Senatorengehälter gleich mit erhöhen, und auf der anderen Seite streichen Sie unverantwortlich in dem sehr wichtigen Sozialbereich bei kleinen sozialen und kulturellen Einrichtungen und so weiter. Im Sportbereich fehlen Ihnen meines Wissens circa 800 000 Euro in den geplanten Eckwerten. Damit treiben Sie unweigerlich einige Sportvereine in Bremen und Bremerhaven in den Ruin.

(Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist Schwachsinn!)

Fazit: Bei der inneren Sicherheit versagt! Im Bereich Sport, Bildung, Schule, Kultur: unverantwortliche und unsoziale Kürzungen vorgenommen, total versagt! Ihre Sozialausgaben steigen ins Unermessliche, erbärmlich versagt! Finanzpolitik: Ihr Schuldenberg ist ein Fiasko sondergleichen, gescheitert! Ihre Wirtschafts- und Investitionspolitik: ein völliges Desaster!

Meine Damen und Herren, obwohl die Jahre 2008/ 2009 sehr große Einschnitte für die Zukunft des Landes Bremen bringen, haben Sie Millionen und Abermillionen durch Fehlkalkulation und andere Verschwendungen sinnlos verpulvert. Sie könnten allein 13 Millionen Euro jährlich durch die wenig effektiven Maßnahmen in den Berufschulen einsparen und dabei noch sogar die Qualität steigern. Bei mehreren Bau

projekten wurde unnötig Geld verschwendet. Das Gästehaus der Bremer Landesvertretung in Berlin ist meines Wissens kaum ausgelastet. Klinikverbund Gesundheit Nord hat meines Wissens sogar eben einmal sage und schreibe 137 000 Euro für sinnlose Imagekampagnen herausgeschmissen und so weiter und so fort, ich könnte bis morgen früh noch hier diese verfehlte Finanzpolitik aufzählen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber ohne uns! Aber ohne uns!)

Das kommt noch hinzu, Bremerhaven wollen Sie mit einer finanzpolitischen Zahlentrickserei so eben einmal um 13 Millionen Euro bringen und so weiter. Sagen Sie bloß nicht, ich hätte hier keine Einsparungsmöglichkeiten genannt! Meine Damen und Herren, die Schulden wachsen Ihnen ungebremst über den Kopf.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie wissen doch gar nicht, was das ist!)

Bei den Schulden haben Sie nicht einmal ansatzweise einen Spielraum für weitere wichtige Investitionen für Wirtschaftsförderung und so weiter. Sie werden die ansteigenden Zinslasten nie, aber auch nie in den Griff bekommen. Allein um die jährlichen Zinsen von circa 800 Millionen Euro bezahlen zu können, müssen weitere Kredite aufgenommen werden. Dabei erhöht sich natürlich unweigerlich die jährliche Zinslast.

Frau Senatorin Linnert, Sie schwimmen nicht im Geld, sondern in Schulden, Ihnen steht das Wasser bis zum Hals! Ausbaden müssen das selbstverständlich unsere Bürgerinnen und Bürger. Sie kürzen im Sozialbereich, Kinder-, Jugend- und Familienerholung sollen meines Wissens nicht mehr finanziert werden. Zuschüsse für die freien Träger in der Jugendarbeit sollen sinken, Einrichtungen müssen schließen, Angebote werden reduziert, Personal abgebaut, bei anderen wichtigen Beratungsstellen wird finanziell gekürzt, oder es werden Mittel sogar ganz eingestellt. Meine Damen und Herren, so sieht rot-grüne Sozialpolitik aus. Die Reichen werden immer reicher, und die Armen werden immer ärmer!

Sie betreiben eine unsoziale, ungerechte Rotstiftpolitik auf dem Rücken von Familien und Kindern, und dabei, nur einmal zu Ihrer Erinnerung, haben Sie doch versprochen, SPD, Rot-Grün, wir wollen mehr für die Armen tun. Klasse! Lüge! Nichts ist passiert, ganz im Gegenteil, die Zahl der Hartz-IV-Empfänger, Sozialhilfeempfänger hat im Land Bremen den Höchststand erreicht. Sie haben immer weniger Einnahmen, aber mehr Ausgaben, Sie müssen die Steuereinnahmen dringend erhöhen, aber durch Ihre geplante wirtschaftsfeindliche Umweltzone sorgen Sie auch noch dafür, dass die letzten alten traditionsrei

chen Bremer Wirtschaftsunternehmen ins Umland abwandern wollen oder sogar müssen.

Durch Ein-Euro-Jobs und andere Billiglohnarbeiter werden schon seit Jahren die wirklichen Arbeitslosenzahlen gefälscht und verfälscht. Sie liegen bei den Sozialausgaben mit 580 Millionen Euro mit circa 80 Millionen Euro über Ihrem ersten Planungsstand. Sie kürzen im wichtigen Sozialbereich, gerechte Sozialpolitik findet praktisch überhaupt nicht mehr statt. Sie verspielen wichtige Arbeitsplätze und hoffen nun auf einen Rettungsring aus Karlsruhe, der Sie auch nicht mehr retten kann. Die Ausgaben für anfallende Kosten liegen meines Wissens sogar über Ihren Planungen. Kurzum: Sie sind restlos pleite, Sie sind gescheitert!

Nach Ihren Reden geht es Ihnen ja noch besonders gut. Ich aber sage Ihnen: Wie kann es Ihnen gut gehen, wenn es unzähligen Menschen in Bremerhaven und Bremen so schlecht geht,

(Zuruf des Abg. F e c k e r [Bündnis 90/ Die Grünen])

wenn unzählige Menschen wegen Ihrer Politik zwangsweise und unweigerlich in großer Armut leben müssen? Und es werden täglich immer mehr Menschen! Sie betreiben schon seit Jahren eine grausame Politik nach dem Motto: Wenn du Geld brauchst, gehe zu den Armen, die haben zwar nicht viel, aber es gibt viele von ihnen, und sie geben dir auch noch meistens gern etwas ab. Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, meine Damen und Herren, dass der SPDChef Beck in Bremerhaven vor der Wahl sehr medienwirksam natürlich genüsslich einen Matjes verspeist hat.

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Rollmops! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Beides He- ring!)

Matjes oder Rollmops, ist egal. Herr Günthner, ich aber sage Ihnen, der SPD-Chef oder andere verantwortliche Politiker sollten uns Bremerhavener nicht den letzten Rollmops oder Matjes wegbeißen und wegessen, sie sollten lieber dafür sorgen, dass diejenigen, die die Matjes oder Rollmöpse herstellen und verarbeiten, ihre Arbeitsplätze auch in Bremerhaven behalten. Das wäre sinnvoller und zweckmäßiger, als uns die letzten Rollmöpse wegzubeißen.

Meine Damen und Herren, Frau Linnert, Ihr Haushalt trieft vor Irrungen und Wirrungen, sozialer Kälte und Ungerechtigkeit.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie haben doch gar nicht hinein- gesehen!)

Das hat mit Wahrheit, mit Klarheit und Transparenz und sozialer Gerechtigkeit nicht einmal ansatz

weise etwas zu tun. Dieser Haushalt ist eine Katastrophe und eine große Gefahr für die Zukunft unseres Bundeslandes. Ich lehne den Haushalt aus meiner politischen Verantwortung und großer Sorge gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürger in Bremen und Bremerhaven selbstverständlich ab.

Nach den vollmundig gehaltenen Reden könne man direkt meinen, Die Linke würde hier eine sozial gerechte Politik für sozial schwache Menschen betreiben und vertreten, machen sie aber nicht, ganz im Gegenteil. Überall, wo Die Linke oder Rot – blutrot – verantwortlich mitregiert, wird eine widersprüchliche, eine gegensätzliche, unsoziale Politik auf Kosten sozial schwacher Menschen betrieben, weil Die Linke meines Erachtens bundesweit mit DKP-, KPD- und SED-Mitgliedern mehr Leute in verantwortlichen Reihen hat, als Ihr hier Möchtegern-Marx Haare auf dem Kopf hat. Ihre Finanzierungsvorschläge und -anträge erinnern mich an die schrecklichen, schlimmen Folgen wirtschaftlichen, finanziellen Untergangs und den Ruin.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Brechen Sie doch einfach die Rede ab! Sie sind doch gar nicht in der Lage, hier in dem Haus würdevoll zu reden! Hören Sie doch einfach auf! – Beifall)

Sie waren ja nicht einmal in der Lage, hier eine finanzpolitische Rede halten zu können. Das musste Herr Dr. Kuhn machen, Sie nicht!