Die dritte Feststellung: Was ist in Rheinland-Pfalz eigentlich geschehen? In Rheinland-Pfalz ist nichts anderes geschehen, als dass das Gericht zwei Grundrechte miteinander abgewogen hat, nämlich auf der einen Seite das Grundrecht der Berufsfreiheit und des Eigentumsrechts und auf der anderen Seite das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit. Aufgrund einer pragmatischen Güterabwägung ist das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, dass, wenn es das Inkrafttreten der Regelung zu den Einraumkneipen nicht bis zur endgütigen Urteilsfindung aussetzt, hier bereits möglicherweise ein Faktum eingetreten ist, das anschließend nicht mehr wieder gut gemacht werden kann. Das war die nüchterne Abwägung in Rheinland-Pfalz.
Ich komme gleich darauf! Das rheinland-pfälzische Gericht hat festgestellt, ich zitiere aus der Presseerklärung: „Der Verfassungsgerichtshof weist in seinem Beschluss ausdrücklich darauf hin, dass mit der Entscheidung über die Anträge auf Erlass einer einst
weiligen Anordnung keine Aussage über die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerden verbunden ist.“
Vierte Feststellung: Welche Schlüsse sind aus dem Urteil des rheinland-pfälzischen Gerichtes zu ziehen? Erstens: Die rheinland-pfälzische Regierung hat daraus nicht den Schluss gezogen, dass das Gesetz zu ändern ist, sondern wartet die endgültige Rechtsprechung ab und entscheidet dann, was zu tun ist. Zweitens: Alle anderen Bundesländer – und ich habe überall, bei jeder einzelnen Landesregierung abfragen lassen –, einschließlich sämtlicher CDU-regierten Länder, sind zu dem Ergebnis gekommen, dass aus dem rheinland-pfälzischen Gerichtsurteil keine Konsequenzen im Hinblick auf die geltenden Inhalte der Gesetze zu ziehen sind.
Wenn also in irgendeiner Art und Weise eine grundsätzliche Kritik an dem hier mehrheitlich vorgeschlagenen Verfahren tatsächlich berechtigt sein sollte, dann würde diese Kritik mit gleicher Schlagkraft auch gegen die Regierungen der CDU-regierten Länder gelten.
Meine Damen und Herren, es ist ein völlig normales Verfahren, dass ein Gesetz, nachdem es in Kraft getreten ist, von den Betroffenen beklagt wird. Es ist auch ein völlig normales Verfahren, dass es eine juristische Überprüfung gibt. Und es ist ein völlig normales Verfahren, dass anschließend der Gesetzgeber mögliche oder notwendige Konsequenzen aus Gerichtsurteilen zu ziehen hat. In welche Richtung diese gehen, hängt von der Urteilsfindung der Gerichte ab. Es ist deshalb völlig begründet und völlig normal, dass wir alle abwarten, wie das endgültige Urteil in Rheinland-Pfalz aussieht und wie andere Gerichte, die sich mit dieser Frage ebenfalls zu befassen haben, entscheiden werden.
Eine abschließende Bemerkung sei mir an dieser Stelle noch erlaubt! Der Gesetzgeber wird nur dann den notwendigen Respekt in der Bevölkerung bekommen, wenn die Bevölkerung davon ausgehen darf, dass der Gesetzgeber solide gehandelt hat, wenn er Gesetze verabschiedet hat, bei aller streitigen Diskussion im Vorfeld. Aber Mehrheiten, auch gegen star
ke Minderheiten, sind demokratisch legitime Entscheidungen und können in ihrer Legitimität zumindest nicht bezweifelt werden.
Was ein Bürger in diesem Lande mit Sicherheit überhaupt nicht verstehen kann, ist eine Politik des „rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“. Was Sie fordern, ist genau eine solche Politik. Diese trägt nicht dazu bei, dass sich Respekt vor Gesetzen entwickelt, sondern sie fördert Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Gesetzgebungsprozesses. Deshalb bin ich dringend der Meinung, dass es eine Änderung des Nichtraucherschutzgesetzes zu diesem Punkt nicht geben darf, und ich bin auch der Meinung, dass es überhaupt keine Gründe dafür gibt, es zu diesem Zeitpunkt zu tun. – Danke schön!
Wer das Gesetz zur Änderung des Bremischen Nichtraucherschutzgesetzes, Drucksache 17/243, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, Abg. M ü l l e r [Die Linke], und Abg. T i t t m a n n [parteilos])
Wer dem Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 17/245 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Dazu als Vertreterin des Senats Frau Bürgermeisterin Linnert, ihr beigeordnet Staatsrat Lühr und Staatsrat Mützelburg.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Können Sie sich vorstellen, die Geldbeträge von sämtlichen Daueraufträgen und Einzugsermächtigungen, die von Ihrem Konto jeden Monat abgebucht werden, einzeln bei den Adressaten der Zahlungen einzuzahlen? Können Sie sich vorstellen, einmal im Monat einen Vormittag damit zu verbringen, einen Scheck von Ihrem Sozialleistungsträger in Empfang zu nehmen, ihn dann einzulösen bei der nächstgelegenen Bank und das Geld für Vermieter, Stromlieferant und an die Entsorgungsbetriebe – da natürlich vierteljährlich für die Müllabfuhr, und monatlich für das Telefonunternehmen eine Rechnungstellung – bei verschiedenen Banken einzuzahlen?
Wenn Sie diese Zahlungen über eine andere Bank abwickeln wollen, zahlen Sie zudem hohe Gebühren. Wenn Sie die ganzen Banken aufsuchen wollen, brauchen Sie zumindest für diese Aufgaben ein Straßenbahnticket. Das alles sind zusätzliche Kosten, die Sie nicht aufbringen müssen, wenn Sie ein Girokonto mit Daueraufträgen und Einzugsermächtigungen haben, das Sie bei einigen Banken einschließlich der Scheckkarte und der Kreditkarte kostenlos erhalten.
Was soll jemand machen, wenn der Zahlungsempfänger sein Konto zum Beispiel bei einer Direktbank oder bei einer auswärtigen Sparkasse unterhält, die keine Filiale in Bremen hat? In dieser Lage sind bundesweit circa 500 000 Personen. In Bremen sollen es circa 5000 Personen sein, denen man mit ein wenig
Entgegenkommen der Banken helfen könnte. Schon Karl Marx hat darauf hingewiesen, dass Geld das Schmiermittel für alle ökonomischen Transaktionen ist.
Der Bargeldverkehr ist inzwischen weitgehend durch bargeldlose Zahlungen abgelöst worden, denn seine Äußerungen datieren circa 150 Jahre und noch etwas mehr zurück.
Nicht nur in den USA, sondern mittlerweile auch bei uns können Sie ohne Kreditkarte kein Hotelzimmer bekommen, kein Auto mieten und mitunter auch nicht einmal in einem Supermarkt einkaufen. Kein Girokonto zu haben heißt, weitgehend vom normalen Leben ausgeschlossen zu sein. Welcher Vermieter verlangt nicht, dass die Miete per Dauerauftrag pünktlich überwiesen wird? Welcher Arbeitgeber ist bereit, das Gehalt oder den Arbeitslohn direkt bar oder per Scheck auszuzahlen? Ohne Girokonto ist es nahezu unmöglich, eine Wohnung anzumieten oder eine Arbeit aufzunehmen. Kein Girokonto zu haben, ist nicht nur Ausschluss vom üblichen Geldverkehr, es ist auch Ausschluss von Arbeits- und Wohnmöglichkeiten.
Die Empfehlung des Zentralen Kreditausschusses der Spitzenverbände der Bankwirtschaft an die Kreditinstitute, ein Girokonto auf Guthabenbasis für jedermann einzurichten, wird praktisch nicht umgesetzt. Wenn Einträge bei der Schufa vorhanden sind und Pfändungen vorliegen, lehnen die meisten Banken die Einrichtung eines Guthabenkontos für diese Menschen ab. Wie das Oberlandesgericht in Bremen entschieden hat, ist zum Beispiel die Sparkasse Bremen nicht verpflichtet, ein solches Guthabenkonto ohne Überziehungsmöglichkeiten bereitzustellen. Es handelt sich also um eine reine Empfehlung ohne bindenden Charakter. Daher muss der Gesetzgeber handeln. Es kann nicht hingenommen werden, dass die Banken mit der Verweigerung eines solchen Kontos Menschen weitgehend vom allgemeinen Leben ausschließen.
Wie in Kanada, Belgien und Frankreich müssen die Banken verpflichtet werden, ein solches Konto bereitzustellen. Auch dürfen die Gebühren dafür nicht von denen für andere Konten abweichen. Für Bremen können wir uns nur bemühen, auf freiwilliger Basis zu erreichen, dass Kreditinstitute dies umsetzen, also ein solches Guthabenkonto für die Nutzerinnen und Nutzer einzurichten. Eine derartige Initiative ist schon wiederholt versucht worden. Letztlich haben die Banken, aus Angst davor, dass sich dieser Personenkreis bei ihnen konzentrieren könnte, weil sich nicht alle Banken beteiligt haben, eine solche freiwillige Lösung abgelehnt.