Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksachen-Nummer 17/84, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen, meine sehr geehrten Herren! Zunächst einmal möchte ich mich für die Antwort des Senats auf unsere Anfrage zur Landstromversorgung in den bremischen Häfen bedanken! Allerdings muss man gleich bemerken, dass diese Antwort ausgesprochen dürftig ist für ein außerordentlich wichtiges Thema.
Meine Damen und Herren, die Frage von Landstromversorgung ist ja schon im Grünbuch der europäischen Meerespolitik angesprochen worden. Wir
wissen ja aus leidvoller Erfahrung beim Problem Port Package, welche Probleme aus Europa kommen, wenn wir nicht vorbereitet sind. Deswegen haben wir diese Anfrage gestellt, um das Thema noch einmal zu diskutieren und auch aufzuzeigen, dass wir außerordentlich besorgt sind, dass wir in dem Thema nicht richtig Fuß fassen, und die Antwort, sehr geehrter Herr Senator, insbesondere zu Punkt 1, sagt das ja deutlich aus, da Sie auch schreiben, dass eine Landstromversorgung außerordentlich problematisch ist. Das wissen wir, aber trotzdem müssen wir gemeinschaftlich für Lösungen kämpfen.
Wir haben in Deutschland Hafenstädte, nicht nur Bremerhaven, sondern auch Lübeck mit Travemünde, die große Probleme haben, und dort wird ja schon gehandelt. Ich glaube, wir haben auch gesehen, dass im Grünbuch der Meerespolitik eine Passage steht, die sich mit dem Thema befasst: „Europa muss unbedingt weiter eine führende Rolle bei den weltweiten Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels spielen.“ Ich glaube, das ist ja ein wichtiges Thema, das wir alle bearbeiten müssen. „Es muss weiterhin geeignete Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels erarbeiten, auch für den Sektor Seeverkehr und Energie.“
Der Schifffahrtssektor ist nach wie vor einer der Hauptquellen der Luftverschmutzung. Das muss man einmal so feststellen, und es wird ja auch in Ihrer Antwort deutlich. Das ist ja etwas, was ich auch in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung schon angemerkt habe: Wir haben ja in Bremerhaven nicht die höchste Luftverschmutzung im Bereich der Hauptverkehrsstraßen, sondern im Bereich der Hansastraße. Für jeden, der Bremerhaven nicht kennt: Die Hansastraße ist eine kleine Nebenstraße direkt am AutoTerminal, und dort haben wir des Öfteren – zwar im gesetzlichen Rahmen, aber des Öfteren – Überschreitungen.
Im Grünbuch steht weiter: „Das wichtige Treibhausgas, das von Schiffen abgegeben wird, ist CO2. Im Jahr 2000 beliefen sich die CO2-Emissionen von Schiffen in der EU auf 157 Millionen Tonnen. Das ist mehr als die Emission des Luftverkehrs im EU-Raum. Wir werden neue politische Maßnahmen einleiten. So dürfen Emissionen von Schiffen den Prognosen zufolge bis zum Jahr 2020 nicht höher sein als die von allen Quellen an Land zusammengenommen.“ Wir wissen, dass in der EU daran gearbeitet wird. „Die Emissionen müssen entsprechend der thematischen Strategie zur Luftreinhaltung, die die Kommission vor Kurzem verabschiedet hat, gesenkt werden.“
Das heißt, wir haben einen dringenden Handlungsbedarf, und ich glaube, wir müssen auch hier in die Diskussion mit eingreifen. Ich denke einmal, die EU befasst sich mit dem Problem, wir befassen uns mit dem Problem, und wir haben ja auch in der Vergangenheit schon über dieses Problem diskutiert. Wir haben hier Anträge und Anfragen zum EU-Grünbuch gehabt, und da war natürlich einer der Schwerpunkte
die Frage der Luftverschmutzung. Es gibt einen Bericht von Burkhard Strassmann, Redakteur der „Zeit“, „Dicke Luft im Hafen“. Hier wird eindeutig aufgezeigt, dass wir im Bereich der Häfen aktiv werden müssen, und ich glaube, es muss in diesem Haus erkannt werden, dass wir nicht in ein Hintertreffen kommen.
Ich teile die Auffassung, dass es bei der Hafenabfertigung zu Problemen kommt, wenn nicht alle Liegeplätze voll benutzbar wären. Man muss sich ja vorstellen, dass für die Emissionen im Hafenbereich auch entscheidend ist, wo die Schiffe positioniert werden sollen, und wir wissen, dass wir in Bremerhaven die Auto-Carrier in den Hafen hineinnehmen, deswegen auch die Investitionen im Bereich der Kaiserschleuse, und dass wir die Containerschiffe nach außerhalb legen. Nicht nur die Liegeplätze, sondern auch die Liegezeiten, sind in diesem Bereich dabei außerordentlich wichtig.
Ich glaube, dort müssen wir auch zu Verabredungen und zu Abstimmungen kommen. Die maritime Wirtschaft in Bremen und Bremerhaven ist nun einmal der Wachstumsmotor und für unsere Wirtschaft lebenswichtig. Wir können nicht plötzlich mit EU-Vorschriften, wenn sie dann kommen, so weit in das Hintertreffen kommen, dass die Häfen nicht mehr voll benutzbar sein werden.
Wenn ich mir die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und Grünen ansehe, haben Sie auf Seite 24 sehr viel über Umwelt und Klimaschutz geschrieben, aber Sie erwähnen nicht mit einem Wort das Problem der Seeverkehrswirtschaft, und ich glaube, das ist eines der elementaren Probleme. Auch bei der Beantwortung unserer Anfrage durch den Senat hat man das Gefühl der Vogel-Strauß-Strategie. Wenn Sie sagen, es gibt auch andere Probleme, und es ist schwer lösbar, dann ist das richtig, aber trotzdem müssen wir doch gemeinschaftlich zu Lösungsvorschlägen kommen, damit unsere Häfen weiterhin den wichtigen Wirtschaftswert behalten, den sie im Moment für uns haben.
Natürlich ist Klimaschutz auch eine Frage der Hochseeschifffahrt und wie wir Schiffe insgesamt ausstatten, das ist unbestritten. Aber ich glaube, das sind zwei Problembereiche, die wir beide bearbeiten. Der eine Bereich ist die Landstromversorgung, und der andere ist die Ausstattung von Abgasanlagen und der Schwefelgehalt bei Schiffsdiesel, aber da gibt es ja bis 2010 schon eine EU-weite Verabredung.
Deswegen haben wir als CDU-Fraktion in der Bürgerschaft mit dieser Anfrage Diskussionen über die Umweltverträglichkeit mit der maritimen Wirtschaft in Gang gebracht, und wir wollen sie auch in Gang halten. Unser Ziel ist es, Problembewusstsein zu wecken, unser Ziel ist es, Maßnahmen in enger Abstimmung mit der EU zu initiieren und Problemlösungen auch im Bereich der Landstromversorgung einzufordern, und es ist nicht die Frage der Untätigkeit.
Ganz interessant ist jetzt die Diskussion zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer sich einmal die Mühe macht, sich mit dem Thema ausführlich zu beschäftigen, weiß, dass zum Beispiel beim Bündnis 90/Die Grünen die Bundestagsfraktion eine Vorreiterrolle spielt mit einem ganz wichtigen Antrag, der eingebracht worden ist. Heute Abend, das habe ich zufällig gesehen, hat sie eine Veranstaltung genau zu dem Thema. Das ist genau die richtige Position. Ich glaube, dass das, was vom Senat gekommen ist und wahrscheinlich die SPD-Fraktion dann mittragen wird, nämlich dass es zwar ein Problem ist, aber für uns eigentlich nicht lösbar und dass man das dann einmal gesamt diskutieren muss und wir abwarten müssen, was dabei herauskommt, falsch ist.
Am 15. April 2005 war Herr Bürgermeister Scherf beim EU-Kommissar Dr. Borg. Sie haben das EU-Grünbuch der Meerespolitik diskutiert und unter anderem einheitliche Vorgaben zur Stromversorgung und zur Abfallentsorgung von Schiffen in Häfen. Ich glaube, was Herr Scherf dort diskutiert hat mit Herrn Dr. Borg, war nicht das Falsche, und daher müssen wir dort ansetzen, weil uns sonst die EU-Vorschriften einholen, und das halte ich für ganz gefährlich.
Ich fordere Sie also auf, nicht den Kopf in den Sand zu stecken und das Problem nicht zu sehen, sondern gemeinschaftlich mit uns in einem großen Konsens für den wichtigsten Wirtschaftszweig, den wir haben, auch für die Zukunft Maßnahmen zu ergreifen, die uns wettbewerbsfähig halten! Deswegen verstehe ich die Sorge des Senats natürlich auch, der sagt, wir können nicht eine Vorreiterrolle spielen. Das wollen wir auch gar nicht, aber wir wollen gemeinschaftlich mit allen EU-Anrainerstaaten zusammen Lösungen finden für unseren Anteil am Klimaschutz und unseren Anteil auch an einem besseren Schutz der Bevölkerung in den Hafenstädten. Das halte ich für außerordentlich wichtig, und dabei muss die Wettbewerbsfähigkeit der Bremer und Bremerhavener Häfen gewahrt bleiben. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! 95 Prozent des Welthandels erfolgen inzwischen über die Meere. Unsere Häfen boomen wie noch nie zuvor, und der positive Trend wird – so die Prognosen – auch weiterhin anhalten. Aber auch der Anteil der Seeschifffahrt an unterschiedlichen Emissionen hat sich besonders in Küstenregionen und Hafenstädten ständig erhöht und nimmt im Vergleich zu landbasierten Verkehrsträgern prozentual rasch zu. Zum Vergleich: Emissionen durch Autos haben
Von den Emissionen sind vor allem die Küstenregionen, die Flussreviere und besonders Hafenstädte wie Bremen und Bremerhaven überproportional betroffen. Der Nordwestwind tut hier sein Übriges. In Travemünde, Herr Bödeker sprach das schon an, werden rund 80 bis 85 Prozent der Schwefeldioxidemissionen durch die Seeschifffahrt verursacht. Travemünde hat nun Angst, seinen Heilbadstatus zu verlieren. Auch in Bremen und Bremerhaven sind durch Schiffsemissionen verursachte Anstiege der Spitzenwerte beim Schwefeldioxid zu verzeichnen.
Hauptursache des Problems – und davor können wir die Augen nicht mehr verschließen – ist der Kreuzfahrt-, Fähr- und Containerverkehr. Grundsätzlich sind zwar bezogen auf den Kohlendioxidausstoß Schiffe das umweltfreundlichste Transportmittel und verbrauchen die geringste Menge Kraftstoff pro Container, der kleine Haken dabei sind das bereits erwähnte Schwefeldioxid, Stickoxid und die Rußpartikel. Container- und Kreuzfahrtschiffe sind fahrende Sondermüllverbrennungsanlagen. Sie verbrennen Schweröl, den teerigen, schmutzigen Rest des Rohöls, der nach der Herstellung hochwertigen Treibstoffs für Autos, Flugzeuge und Heizöl übrig bleibt. Dass die Schadstoffe Asthma, Bronchitis, Herzerkrankungen, Krebs und sauren Regen verursachen, sei hier nur am Rande erwähnt. Wir sollten deshalb alle Möglichkeiten, Schiffsemissionen in der Zukunft deutlich zu senken, ernsthaft prüfen.
Doch wo stehen wir im Moment überhaupt? Nach Anlage 6 des MARPOL-Übereinkommens 73/78 der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO gilt für den Schwefelgehalt in Schiffskraftstoffen grundsätzlich ein Grenzwert von maximal 4,5 Prozent, im Schwefelemissionsüberwachungsgebiet Nord- und Ostsee von 1,5 Prozent. Das Problem der Feinstaubund Stickoxidbelastung wird hier nicht weiter thematisiert. Die EU-Richtlinie 2005/33/EG vom Juli 2005 geht weiter. Sie sieht in Artikel 4 b vor, dass mit Wirkung vom 1. Januar 2010 Schiffe an Liegeplätzen in Häfen der Gemeinschaft grundsätzlich keine Schiffskraftstoffe verwenden, deren Schwefelgehalt 0,1 Prozent überschreitet. Einige Politiker stellen sogar, wie ich finde zu Recht, den Gebrauch von Schweröl grundsätzlich infrage.
Die Akteure aus der Wirtschaft denken ebenfalls mit. Man schlägt vor, die Reisegeschwindigkeit zwischen den Kontinenten zu drosseln, um Treibstoff zu sparen und den Druck auf die Mineralölgesellschaften zu erhöhen, die schädlichen Bestandteile im Schweröl zu reduzieren. Die Verwendung von Filtern wird ebenfalls diskutiert, obwohl ich das technisch für etwas problematisch halte. Der Verband Deutscher Reeder begrüßt die Bestrebungen der IMO, die Grenzwerte
Ich möchte Ihnen aber trotzdem einige Zahlen vor Augen halten: Ein großes Containerschiff bläst so viel Feinstaub in die Luft wie 50 000 Pkw, die mit 130 km/h über die Autobahn fahren. Wir reden hier über Grenzwerte für den Schwefelgehalt in Schiffskraftstoffen von 1,5 beziehungsweise 0,1 Prozent. Zum Vergleich: Autos haben schon lange nur maximal 0,005 Prozent Schwefel im Sprit, meistens ist überhaupt kein Schwefel mehr in den Treibstoffen vorhanden. Von Stickoxiden, Schwermetallen und Ruß wollen wir hier gar nicht reden.
In den letzten Monaten ist das Thema Landstromversorgung von Schiffen in Häfen auch vermehrt in die politische Diskussion gelangt. Wir haben auch schon einige Kommentare dazu von Bremer Politikern lesen können. Die Bremer Grünen haben im Ausschuss eine ablehnende Haltung zumindest signalisiert, ganz im Gegensatz zu ihren Kollegen auf Bundesebene, Herr Bödeker sprach das auch schon an, die durchaus konkret über eine Landstromversorgung nachdenken und verbindliche Maßnahmen auf den Weg bringen wollen. Hier täte ein Austausch mit den Bundesgrünen sicherlich gut.
Die Linken äußerten sich in der „Nordsee-Zeitung“, wie mir scheint, ohne jede Fachkompetenz, grundsätzlich gegen ein Nachdenken über eine Landstromversorgung, so etwas würde ja Geld kosten. Noch undurchdachter die Äußerung von Herrn Günthner,
der die Anfrage des Kollegen Bödeker für einen Showantrag und die Luft in unseren Häfen für sauber hält, da ja Grenzwerte eingehalten werden.
Anfang November hat die Aktionskonferenz Nordsee die Ergebnisse aus dem Projekt „Emissionen in bremischen Häfen – Schiffe an die Steckdose?“ vorgestellt. Ziel der Veranstaltung war es, unter Einbeziehung der Akteure aus Wirtschaft, Umwelt, Verwaltung und Politik über die Umsetzungsmöglichkeiten einer landseitigen Stromversorgung zu diskutieren, doch gerade Entscheidungsträger aus Politik und Verwaltung glänzten durch Abwesenheit oder verabschiedeten sich bereits nach der Eröffnungsrede.
Unsere Staatsrätin Dr. Cornelia Ziehm machte deutlich, dass das Thema keine Priorität habe, und verschwand auch bald darauf. Auch der Staatsrat für Wirtschaft und Häfen erklärte, er sehe seitens Bremen eigentlich keinen direkten Handlungsbedarf. Es ist schon erschreckend, wie gering die Bereitschaft ist, sich mit