Protocol of the Session on April 26, 2007

(Abg. K n ä p p e r [CDU]: Sie müssten einmal meine letzte Rede hören! – Abg. Frau B e r k [SPD]: Nun regen Sie sich einmal da hinten nicht so auf!)

Das tun Sie zwar bereits in Ihrem Wahlprogramm in Bremen, aber das wirkt nur wie Schall und Rauch, wenn Sie Ihren Worten nicht auch Taten folgen lassen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich bin daher schon einmal sehr gespannt auf Ihre Argumentation zu diesem Thema und diesem Antrag.

Wir müssen jetzt also eine Bundesratsinitiative starten. Warum soll nicht auch einmal von unserem kleinen Bundesland Bremen eine entsprechende Gesetzesinitiative ausgehen? Die Freie Hansestadt Bremen genießt auch noch immer den Ruf, in ihren Ansichten und entsprechend in der Politik liberal und welt

offen zu sein. Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist jedenfalls keine Konkurrenz zur Ehe, so viel sei festgestellt, liebe CDU. Warum also noch zögern? Ich hoffe auf die Zustimmung zu unserem Antrag. – Besten Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Wiedemeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich begrüße es außerordentlich, dass es uns noch gelingt, dieses Thema in der letzten Sitzung dieser Legislaturperiode zu behandeln, obwohl ich mir durchaus gewünscht hätte, dass wir zu diesem Tagesordnungspunkt eine andere Überschrift hätten, aber dazu komme ich gleich.

Die SPD setzt sich für rechtliche Gleichstellung und gesellschaftliche Akzeptanz von gleichgeschlechtlich lebenden Personen ein. Durch die Weiterentwicklung des Lebenspartnerschaftsgesetzes des Bundes, durch das Gleichbehandlungsgesetz und die erforderlichen Anpassungen des Landesrechts hat es in den letzten Jahren erhebliche Verbesserungen bei der Gleichstellung von gleichgeschlechtlich lebenden Menschen gegeben. Die gesetzgeberischen Möglichkeiten sind jedoch noch nicht ausgeschöpft, um eine selbstbestimmte Lebensgestaltung zu garantieren. Wir sehen Handlungsbedarf bei der Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes, zum Beispiel im Beamtenrecht sowie im Hinterbliebenen- und Steuerrecht.

Es gibt das Lebenspartnerschaftsgesetz seit 2001. Es sind verschiedene Rechte und vor allen Dingen Pflichten darin formuliert worden. Folgende Rechte und Pflichten gibt es zurzeit: Wunsch gemeinsamer Familienname, Verpflichtung gemeinsame Lebensführung, Verpflichtung gegenseitiger Unterhalt, kleines Sorgerecht, Erbrecht bezogen auf das Pflichtteil, allerdings nicht bei der Erbschaftssteuer, Verwandtschaftsverhältnis zu anderen Familienmitgliedern, Witwenrente, Gleichstellung von Lebenspartnern zu Ehepartnern im Sozialrecht, Arbeitslosengeld, Elterngeld, Unterhaltsvorschuss und Sozialversicherung.

Es hat im Bundestag eine Diskussion gegeben, es hat den Wunsch noch der rot-grünen Koalition gegeben, Änderungen herbeizuführen, allerdings ist die Legislaturperiode vorzeitig beendet worden, und es hat dann noch einmal eine Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes gegeben, die 2005 in Kraft getreten ist. Hier allerdings nur jene Änderungen, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedurften!

Die Diskussion auch im Bundestag entzweit sich vor allem an der Frage der Adoption, aber auch an der Frage der Gleichstellung im Beamtenrecht. Hier geht es teilweise auch durch die verschiedenen Frak

tionen. Es gab zum Beispiel im Bundestag durchaus zustimmende Signale einer Rednerin der CDU, das wurde allerdings dann wieder eingeholt, weil die CSU das ganz anders gesehen hat.

Es haben sich mittlerweile zumindest alle in ihrem Wahlprogramm doch deutlich bewegt. Wir haben, bevor der Antrag von den Grünen hier im Parlament eingegangen ist, unserem Koalitionspartner einen Antrag vorgelegt. Wir haben nämlich gesagt, das Land Bremen hat bereits mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz vom Juni 2006 die Gleichstellung festgestellt, allerdings ist sie bei der Beihilfe und im Beamtengesetz nicht erfolgt, weil das noch in der Kompetenz des Bundes lag. Die Gleichstellung ist übrigens auch nach unserer Auffassung nach der Bremer Verfassung geboten, demnach darf hier keiner wegen seiner sexuellen Identität benachteiligt oder bevorzugt werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Gleichstellung ließe sich am einfachsten erreichen, wenn wir das Beamtengesetz ändern würden. Wir haben uns erlaubt, so einen schlichten Antrag unserem Koalitionspartner mit auf den Weg zu geben. Wir hätten es eigentlich gut gefunden, wenn es gelungen wäre, diese Lücke, die es in der Gleichstellung gibt, noch in dieser Legislaturperiode zu schließen. Warum soll das nicht auch im Beamtenrecht gelten, was für Angestellte gilt, was in der Sozialversicherung gilt und so weiter?

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ganz zuversichtlich bin ich dann gewesen, als die CDU ihren Entwurf des Regierungsprogramms herausgebracht hat. Dann hieß es, die machen das nicht mit, dann habe ich geschaut, was in der Endfassung steht, und ich zitiere: „CDU-Wahlprogramm“, irgendwo unter dem Buchstaben c, weil christlich verpflichtet: „Im Übrigen akzeptieren wir die Lebensqualitäten und stehen zu dem seit Januar 2005 geltenden Lebenspartnerschaftsrecht, das Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung gleiche Chancen bietet. In Übereinstimmung mit der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion stehen wir für weitere Schritte zur rechtlichen Stärkung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften.“

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das finde ich absolut unterstützenswert.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Gut gebrüllt, jetzt handeln!)

Die Chance, diese weiteren Schritte zu unternehmen, haben Sie heute. Sie hätten sie gehabt, um konkret das Beamtenbesoldungsgesetz zu ändern, es ist nun nicht passiert. Sie haben aber noch die Möglichkeit – wir hatten eben ein bisschen Irritationen in der Abstimmung –, sich noch einmal in den nächsten Minuten zu überlegen, wie wir mit dem Antrag der Grünen umgehen.

Der Antrag der Grünen, der uns hier vorliegt, beschreibt nichts anderes, als dass er sagt, das ist der Sachstand, und es gibt einen Regelungsbedarf. Er ist ziemlich vorsichtig formuliert in den Anforderungen, die da an den Senat gehen. Er lautet lediglich: Der Senat wird aufgefordert, sich im Bundesrat dafür einzusetzen. Das heißt nicht, dieses Gesetz verpflichtet heute den Senat, eine eigene Initiative zu ergreifen oder sonst irgendetwas, sondern es heißt „sich einzusetzen“. Das, finde ich, steht doch eigentlich dann, wie Sie so schön geschrieben haben, in Übereinstimmung mit weiteren Schritten zur rechtlichen Stärkung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es fällt uns schwer, den Antrag der Grünen hier abzulehnen. Ich sage aber deutlich, dass ich nicht heute am letzten Tag und im letzten Vorhaben, das ich hier diskutiere, mich aus der Koalition verabschieden werde und da brüchig werde. Ich bitte allerdings, überlegen Sie Ihr Abstimmungsverhalten, ein paar Minuten haben Sie noch Zeit!

Die CDU hat im Gegenzug, weil sie dann vielleicht doch gemerkt hat, dass das Thema wichtig sein könnte oder ist, uns ihrerseits einen Antrag vorgelegt. Bei diesem Antrag allerdings, muss ich sagen, stand es für uns außerhalb jeder Diskussion, dem zuzustimmen. Dieser Antrag hatte in der Begründung erst einmal keine Formulierung, in der es heißt, dass weitere Schritte erforderlich sind, sondern stellte nur fest, es gäbe da eine Diskussion. Darüber kann man noch streiten, hätte man vielleicht ja ändern können, aber das, was wir beschließen sollten, war schlichtweg unmöglich. Erstens sollten wir beschließen, der Senat möge uns doch einmal auflisten, was eigentlich jetzt in der Autonomie des Landes oder des Bundes steht. Ich glaube, das sollten wir als Gesetzgeber selbst wissen, und was die landesrechtlichen Möglichkeiten angeht, sind wir soeben schon darauf eingegangen, das ist nämlich genau dieses Beamtenbesoldungsgesetz.

Dann gab es einen weiteren Punkt, der mich tüchtig geärgert hat, nämlich die Verknüpfung dann in dieser Frage zur Situation Bremens als Haushaltnotlageland. Es könnten weitere Kosten entstehen und so weiter, und man möge doch erst einmal diese Kosten ermitteln! Ich glaube, die Frage von Gleichstellung und Antidiskriminierung und die Umsetzung von

verfassungsrechtlicher Gleichstellung kann keine Frage des Haushalts sein!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es gibt Überlegungen im Bund, weil ja auch das Bundesbeamtengesetz geändert werden müsste. Da wird von Fachleuten festgestellt, dass die Kosten der Gleichstellung so gering sind, dass sie für den Haushalt überhaupt nicht ins Gewicht fallen dürften. Es gibt nur sehr wenige Paare, die eine Lebenspartnerschaft gegründet haben, von diesen wiederum sind nur sehr wenige Beamte. Diese Beamten haben für ihre Partner keinen Beihilfeanspruch, wenn ihre Partner nach beamtenrechtlichen oder anderen beamtenrechtlichen Vorschriften selbst beihilfeberechtigt sind, oder, und das ist das Spannende, wenn deren Einkünfte im Vorkalenderjahr, vor der Stellung des Beihilfeantrags, über 18 000 Euro gelegen haben. 18 000 Euro sind irgendwie ein ziemlich geringer Betrag.

Ich gehe davon aus, dass unser Koalitionspartner sehr gern die Wirtschaftsfachzeitschriften liest, und es gab in der letzten oder in der vorletzten „Wirtschaftswoche“ einen wunderbaren Artikel über die Dynamik von sogenannten „Pink Cities“, über die Innovationskraft, auch über die Wirtschaftskraft, die dahintersteht, und es war darin auch viel beschrieben, wie gerade in bestimmten Kreisen auch Einkommen sich gestalten. Die Befürchtung, dass es da ganz viele geben könnte, die hier nun wirklich unsere Sanierungsbemühungen im Lande Bremen über den Haufen werfen könnten, ist absolut unberechtigt, und übrigens verbietet es sich in dieser Frage!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Der dritte Aspekt ist der, es hätte schlichtweg überhaupt keine Relevanz gehabt, was wir mit diesem Antrag beschließen. Dem Senat in dieser Legislaturperiode ein paar Stunden vor Ablauf einen Berichtsauftrag zu geben, das ist nichts, das ist ein Schauspiel, um der Öffentlichkeit zu zeigen, das Thema ist uns wichtig, und wir haben darüber geredet! Jeder kann hier seine Meinung sagen, das können wir jetzt auch, weil es auch von den Grünen auf der Tagesordnung steht, aber das als Antrag, das wäre Veräppelung, mir fällt jetzt nichts anderes Parlamentarisches dazu ein.

(Heiterkeit)

Aber das wäre der Sache auch nicht gerecht gewesen, das geht nicht.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind der festen Überzeugung, dass hier notwendigerweise – –.

(Abg. P e r s c h a u [CDU]: Das ist ein Um- gang, wie wir das noch nie hatten, was Sie hier abziehen!)

Wir sind der Meinung, dass dringend Änderungen erforderlich sind. Ich glaube, dass wir das auch in anstehenden Koalitionsverhandlungen zum Ausdruck bringen werden und dann eben die notwendigen landesrechtlichen Änderungen in der nächsten Legislaturperiode hier vornehmen werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächste erhält das Wort die Abgeordnete Frau Speckert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit dem 1. August 2001 sind gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften in Deutschland rechtlich anerkannt. Mit dieser Anerkennung wurden die jahrzehntelange Diskriminierung homosexueller Menschen beendet und gleichzeitig die Weichen für eine rechtliche Chancengleichheit gleichgeschlechtlicher Paare gestellt. Dies wird von der CDU in Bremen und im Bund unterstützt, und, um einen geflügelten Ausspruch zu benutzen, das ist auch gut so, auch wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den Grünen, hier einen anderen Eindruck erwecken wollen.

(Zurufe von der SPD: Was?)

Auf Bundesebene und in vielen Ländern wurden in den vergangenen Jahren die gesetzlichen Regelungen entsprechend angepasst. Auch in Bremen erfolgt durch das Gesetz zur Anpassung des Landesrechts an das Lebenspartnerschaftsgesetz bereits in vielen Bereichen eine rechtliche Stärkung eingetragener Lebenspartnerschaften, insbesondere im Familien- und Beamtenrecht.

Wir akzeptieren die Lebensrealität und respektieren die Entscheidung von Menschen, die sich in anderen Formen der Lebenspartnerschaft verwirklichen wollen. Dies gilt für nichteheliche Partnerschaften zwischen Männern und Frauen, und dies gilt auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Ich sage aber in aller Deutlichkeit, die Institution der Ehe genießt einen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz, den es auch in der Zukunft zu wahren gilt!

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau W i e - d e m e y e r [SPD]: Was hat das mit der Ehe zu tun?)

Die Grenzen der rechtlichen Stärkung eingetragener Lebenspartnerschaften betreffen eine schwierige verfassungsrechtliche Materie. Dies zeigt sich zum Beispiel darin, dass bereits 2005 ein Normenkontrollverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zur Verfassungsmäßigkeit des zweiten Lebenspartnerschaftsgesetzes anhängig ist. Es ist immer noch nicht zu einem Abschluss gekommen. Das Verfahren bezieht sich insbesondere auf familienrechtliche Anpassungen, die der Bund im Jahr 2004 vorgenommen hat.

Das erste Lebenspartnerschaftsgesetz wurde vom Bundesverfassungsgericht für verfassungskonform erklärt. Das Votum der Verfassungsrichter war damals fünf zu drei. Auch dieser Umstand verdeutlicht eindrücklich die schwierige und umstrittene verfassungsrechtliche Lage. Das Urteil des Verfassungsgerichts ist noch aus einem anderen Grund interessant. In der Urteilsbegründung wird explizit nicht gesagt, dass die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft mit der Ehe gleichzusetzen ist. Es heißt vielmehr, dass die Möglichkeit dazu besteht. Daraus ergibt sich keine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Gleichstellung. Zweitens ist damit meines Erachtens ein Antrag zur sorgfältigen Prüfung und Abwägung weiterer Schritte der rechtlichen Stärkung verbunden. Nach wie vor gibt es einen erheblichen verfassungsrechtlichen Klärungsbedarf, was die rechtliche Stärkung von eingetragenen Lebenspartnerschaften betrifft. Die Wichtigkeit des Themas verlangt, dass wir uns dieser Prüfung nicht entziehen und voreilige Schritte unternehmen.

Zu Ihrem Antrag möchte ich Folgendes sagen: Sie erwecken darin den Eindruck, als befänden wir uns in einem Wettbewerb in Sachen Liberalität mit anderen Ländern nach dem Motto: Wer hat als Erster die gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften bessergestellt als die Ehe? Es geht doch bei diesem schwierigen Thema darum, eine in Deutschland verfassungsrechtlich komplexe Situation aufzulösen und zulässige weitere Schritte zu unternehmen, die sachlich und gesellschaftlich gleichberechtigt sind. Es ist nicht akzeptabel, dass an jeder Stelle, an der die Ehe erwähnt ist, die eingetragene Lebenspartnerschaft ohne Weiteres gleichgestellt werden soll.

(Beifall bei der CDU)