Protocol of the Session on April 25, 2007

Auf der Grundlage des Untersuchungsauftrags verständigte sich der Ausschuss über insgesamt acht Beweiskomplexe. Es wurden untersucht das Einstellungsverfahren Wolfgang Tissen und Andreas Lindner, frühere Verbindungen und Geschäfte zwischen Wolfgang Tissen und Andreas Lindner bezüglich Klinik in Brandis in Sachsen und Wittgensteiner Kliniken AG, das Führungsverhalten und die innere Organisation in der Gesundheit Nord gGmbH und der Klinikum Bremen-Ost gGmbH unter den Geschäftsführern Wolfgang Tissen und Andreas Lindner, Beraterverträge/Lieferverträge/Werbeverträge mit fraglicher Leistung und/oder Gegenleistung, Kooperations- und Übernahmeabsichten sowie -verträge in Bezug auf die Kliniken Maternus, Siekertal und Rastede, Aufsicht und Kontrolle der Geschäftsführertätigkeit, Wirtschaftlichkeitsberechnung und -prognosen und Konsequenzen für Verbesserungen.

Zu den Beweiskomplexen fasste der Ausschuss zwölf Beweisbeschlüsse, zu denen insgesamt 103 Zeugen – davon etliche mehrfach – in öffentlichen Sitzungen zur Beweisaufnahme angehört wurden. Darunter befand sich der von der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales beauftragte Sonderermittler Professor Ziemann, dem wir viel gute Vorarbeit zu verdanken haben. Ferner hörte der Ausschuss vier Gutachter an, nämlich Professor Dr. Dian Schefold, Dr. Rainer Klemmt-Nissen von der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg, ErnstOtto Kock von der Vivantes Netzwerk Gesundheit aus Berlin sowie Bernd Hoffmann von der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Köln.

In der Zeit vom 19. Dezember 2006 bis zum 17. März 2007 führte der Ausschuss insgesamt 22 öffentliche – in der Regel ganztägige – Sitzungen durch. Im gesamten Zeitraum vom 13. Oktober 2006 bis zur Beschlussfassung über den Bericht am 11. April 2007 fanden darüber hinaus 24 interne Ausschusssitzungen statt. In seiner 25. Sitzung am 20. April 2007 hat sich der Ausschuss zum Abschluss seiner Arbeit noch mit den sich widersprechenden Zeugenaussagen und den sich daraus möglicherweise ergebenden strafbaren Handlungen befasst. Er wird der Staatsanwaltschaft eine Reihe widersprüchlicher Aussagen zur

Prüfung zuleiten. Alles in allem ein beachtliches Pensum!

Der Ausschuss hat umfassend zu den Einstellungsverfahren der Herren Tissen und Lindner Beweis erhoben und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass beide Bewerbungsverfahren erhebliche Mängel aufweisen.

Zur Einstellung Tissen: Im Frühsommer 2003 wurde ein professioneller Personalberater, die Firma Kappes und Partner, mit der Suche nach einem Vorsitzenden der Geschäftsführung der Gesundheit Nord beauftragt. Gesucht wurde eine zielstrebige, sehr kommunikative Persönlichkeit, die neben Verbunderfahrungen ein gutes Gespür für Situationen sowie für das kommunale Umfeld in Bremen mitbringen sollte. Vom Typ her war kein „biederer, braver Verwaltungsdirektor“, sondern eine privatwirtschaftlich geprägte Persönlichkeit gefragt.

Das zunächst ordnungsgemäß begonnene Verfahren führte zu 27 Bewerbungen, unter denen sich auch der Verwaltungsdirektor des ZKH Links der Weser, Dr. Stremmel, befand, der seine Bewerbung später zurückzog. Über den Umstand der Rücknahme dieser Bewerbung liegen sich widersprechende Zeugenaussagen von Herrn Dr. Stremmel und dem ehemaligen Staatsrat Dr. Knigge vor, die der Ausschuss auf ihren Wahrheitsgehalt nicht abschließend klären konnte, obwohl er die Zeugen mehrfach dazu vernommen hat.

In diesem Zusammenhang mag eine Vereinbarung der Verwaltungsdirektoren, wonach sich keiner von ihnen auf die Position des Vorsitzenden der Geschäftsführung der Gesundheit Nord bewerben werde, um dem Anschein einer Begünstigung eines einzelnen Krankenhauses durch den neuen geschäftsführenden Führungsvorsitzenden der Holding zu begegnen und um deren künftige Kompetenzen unabhängig von etwaigen Einzelinteressen festlegen zu können, eine maßgebliche Rolle gespielt haben.

In diesem Zusammenhang wurde dem Ausschuss das Schreiben des Personalratsvorsitzenden des ZKH St.-Jürgen-Straße an Frau Senatorin Röpke vom 30. September 2003 vorgelegt, mit dem die Einhaltung der zwischen den Verwaltungsdirektoren getroffenen Absprachen unabhängig von der Qualifikation und Eignung eingefordert wurde. Angesichts der zwischen den Kliniken bestehenden Konkurrenzsituation wurde eine unparteiische, am Wohle aller Häuser gleichermaßen orientierte Amtsausübung reklamiert. Nach Auffassung des Personalratsvorsitzenden würde dieser ein interner Bewerber nicht gerecht werden.

Ein bemerkenswerter Vorgang! Woher wusste der Personalratsvorsitzende des ZKH St.-Jürgen-Straße, dass mit dem Verwaltungsdirektor des ZKH Links der Weser eine interne Bewerbung vorlag? Warum kann ein am Verfahren unbeteiligter Dritter auf diese Weise Einfluss nehmen?

Während der laufenden Vorstellungsgespräche zwischen dem ersten Gespräch mit zunächst acht Bewerbern Anfang Oktober 2003 und dem zweiten Gespräch mit dann nur noch drei Bewerbern, das Ende Oktober 2003 stattfand, kam plötzlich Wolfgang Tissen ins Spiel. Der Ausschuss hat nicht klären können, warum Herr Tissen, der in der rund 10 000 Namen umfassenden Datei des Personalberaters Kappes seit Längerem enthalten war, von diesem nicht zuvor für die Funktion des Vorsitzenden der Geschäftsführung der Gesundheit Nord vorgeschlagen worden war. Herr Kappes selbst verdeutlichte in seiner Aussage vor dem Ausschuss, dass er Herrn Tissen für diese Funktion als nicht ausreichend kommunikativ und als mit zu wenig Kommunalerfahrung bewertete. Zusammengefasst: Er hielt ihn für die Position des Vorsitzenden der Geschäftsführung der GeNo für nicht geeignet.

Herr Tissen wurde durch einen Vertreter der Firma VAMED, Herrn Müller-Sönnewald, bei Herrn Dr. Gruhl, Abteilungsleiter in der Gesundheitsbehörde und mit dem Auswahlverfahren befasst, ins Gespräch gebracht. Herr Dr. Gruhl kannte Herrn Tissen bereits aus beruflichen Zusammenhängen. Er informierte die Spitze des Gesundheitsressorts über Herrn Tissens Interesse, woraufhin dieser in das laufende Bewerbungsverfahren kurz vor Abschluss aufgenommen wurde.

Am 30. Oktober 2003 – im Anschluss an die zweite Vorstellungsrunde der aus der ersten Runde hervorgegangenen drei Bewerber des engeren Bewerberkreises – stellte sich Herr Tissen vor. Inwieweit dem Auswahlgremium ein vom 19. März 2003 stammender Bewerberbericht über Herrn Tissen, der Herrn Dr. Gruhl vom Personalberater zuvor per E-Mail zugeleitet worden war, zur Kenntnis gegeben wurde oder vorgelegen hat, konnte der Ausschuss nicht klären. Mit diesem Bewerberbericht war Herr Tissen von Herrn Kappes für die vakante Position des Sprechers der Geschäftsführung der Diakonie in Südwestfalen empfohlen worden. Erkennbar war aus diesem Bewerberbericht, dass Herr Tissen als Vorstand der Wittgensteiner Kliniken AG aufgrund von Umstrukturierungen in seinem Aufgabenfeld beschnitten werden sollte.

Nach der Vorstellung von Herrn Tissen votierten die Mitglieder der Auswahlkommission einstimmig für seine Einstellung. Dies ist umso erstaunlicher, als alle anderen Bewerber eine ordnungsgemäße Bewerbung abgegeben hatten, aber für Herrn Tissen noch nicht einmal ein Lebenslauf und Zeugnisse vorgelegt wurden. Auch Herr Kappes, der Herrn Tissen ursprünglich nicht favorisiert hatte und gar nicht erst in den Kreis der Bewerber aufgenommen hatte, sprach sich nunmehr für Herrn Tissen aus. Das Ressort erhielt in der Folge einen aktualisierten Bewerberbericht zur Person Tissen, der unter anderem hinsichtlich der Beschreibung der Persönlichkeit erheblich positiv von der ersten Fassung vom März 2003 abwich.

Als nach Vertragsabschluss die zuständige Personalabteilung im Klinikum Bremen-Mitte von Herrn Tissen Lebenslauf und Zeugnisse für die Personalakte anforderte, erfolgte keine Reaktion: Die Personalakte von Herrn Tissen blieb leer.

Herr Tissen trat sein Amt am 1. Februar 2004 an. In der Folge wurden diverse Vereinbarungen über Tantiemeregelungen getroffen, im Rahmen derer rund 135 000 Euro in den Jahren 2004 und 2005 fließen sollten. So wurde zum Beispiel eine Tantiemeregelung in Höhe von 30 000 Euro auch bei einer Reduzierung der in den Wirtschaftsplänen ausgewiesenen Defizite der Kliniken zugesagt. Die Tantieme war also nicht für die Erzielung des Gewinns, sondern lediglich für die Reduzierung eines erwarteten Verlustes gedacht.

Weitere Einzelheiten zur Auswahl des Vorsitzenden der Geschäftsführung der GeNo können Sie dem Bericht entnehmen. Ich habe mich hier nur auf die wesentlichen Punkte beschränkt.

Die Hintergründe für die Beendigung des Anstellungsverhältnisses mit Herrn Tissen konnte der Untersuchungsausschuss anhand der sich widersprechenden Zeugenaussagen ebenfalls nicht abschließend aufklären. Frau Senatorin Röpke hat dem Untersuchungsausschuss deutlich gemacht, dass zwischen ihr und Herrn Tissen erhebliche Meinungsverschiedenheiten – so bezüglich der Einhaltung von Vergaberichtlinien zur Umsetzung des Masterplans für das Klinikum Mitte – bestanden haben. Herr Tissen wollte eine Umsetzung ohne Ausschreibung durchsetzen, während Frau Senatorin Röpke und auch Herr Bremermann an einem ordnungsgemäßen Verfahren unter strikter Einhaltung vergaberechtlicher Vorschriften festhielten. Diese Aussage wurde von mehreren Zeugen bestätigt.

Zu Beginn des Jahres 2006 stand im Gesundheitsressort die Frage einer etwaigen Verlängerung des am 31. Dezember 2006 auslaufenden Geschäftsführervertrages mit Herrn Tissen an, sodass die Ressortspitze Einschätzungen über die von Herrn Tissen geleistete Arbeit einholte. Das Ergebnis: Herr Tissen arbeite nicht stringent an der Umsetzung der Ziele für den Klinikverbund, sei nicht ausreichend kommunikativ und werde aus den Kliniken nicht mehr uneingeschränkt unterstützt.

Die von Frau Senatorin Röpke geforderte Erstellung eines Konzeptes für die weitere Tätigkeit der Holding koppelte Herr Tissen an eine Zusage zur Vertragsverlängerung. Senatorin Röpke und Staatsrat Dr. Knigge entschieden gemeinsam nach den übereinstimmenden Aussagen vor dem Ausschuss, das Vertragsverhältnis mit Herrn Tissen zu beenden.

Dieser Darstellung widersprach Herr Tissen: Er habe aufgrund seiner eigenen Entscheidung für eine Weiterbeschäftigung nicht mehr zur Verfügung stehen wollen. Seine Vorstellungen seien von Frau Senatorin Röpke als vor der Wahl politisch nicht durch

setzbar bezeichnet worden, was aus seiner Sicht zu einem nicht vertretbaren Stillstand geführt hätte.

Der Geschäftsführungsvertrag mit Herrn Tissen wurde mit Ablauf des 31. März 2006 beendet. Er beinhaltete einen Verzicht auf etwaige Tantiemerückzahlungsansprüche sowie eine Abfindungszahlung in Höhe von 130 000 Euro auf der Grundlage der nach dem Anstellungsvertrag geltenden Freistellungsregelung.

Jetzt komme ich zur Einstellung von Herrn Lindner: Die Besetzung der Stelle des kaufmännischen Geschäftsführers im Klinikum Bremen-Ost wurde maßgeblich von Herrn Tissen beeinflusst. Sein Ziel: Er wollte einen Mann seines Vertrauens als Geschäftsführer des Krankenhaus Bremen-Ost und damit auch in der Geschäftsführung der GeNo etablieren, um auf diese Weise Mehrheitsbeschlüsse in der Geschäftsführerrunde der GeNo zu gewährleisten.

Herr Tissen und Herr Lindner kannten sich aus ihrer Tätigkeit bei den Wittgensteiner Kliniken. So trafen sie sich im Vorfeld des Bewerbungsverfahrens für die Stelle des kaufmännischen Geschäftsführers im Krankenhaus Bremen-Ost am 12. Mai 2004 in Bremen. Der Ausschuss ist der festen Überzeugung, dass bei diesem Treffen die Modalitäten der Bewerbung Linders vorab geklärt wurden. Mit Scheiben vom 22. Mai 2004 – gerichtet an Herrn Tissen – bewarb sich Herr Lindner auf die Geschäftsführerposition im Krankenhaus Bremen-Ost.

Vor der Vorauswahl eines engeren Bewerberkreises fand ein weiteres Treffen der Herren Tissen und Lindner am 14. und 15. Juni 2004 in der Siekertal-Klinik in Bad Oeynhausen statt. Ich will bereits hier darauf aufmerksam machen, dass der Ausschuss nicht nachvollziehen kann, dass Herr Tissen nach Besichtigung der Klinikräume und einem Zusammentreffen mit Herrn Ennenbach, Verwaltungsdirektor der Siekertal-Klinik Betriebs-GmbH in Oeynhausen, keine Kenntnis über die wirtschaftliche Verflechtung Herrn Lindners mit der Siekertal-Klinik gehabt haben will.

Herrn Lindners Bewerbung war gelinde gesagt lückenhaft. Er legte über seine einschlägigen beruflichen Tätigkeiten im Krankenhausbereich lediglich Zwischenzeugnisse vor. So belegte er seine Beschäftigung bei den Memory-Kliniken in Brandis, wo er zuletzt in der Funktion des Geschäftsführers tätig war, mit zwei Zwischenzeugnissen aus den Jahren 1996 und 2000, obgleich nach Aussage der früheren Gesellschafterin der Memory-Kliniken der Geschäftsführervertrag mit Herrn Lindner bereits am 6. Mai 1997 durch den Konkursverwalter mit sofortiger Wirkung gekündigt wurde. Die frühere Gesellschafterin sagte vor dem Ausschuss weiter aus, dass die von Herrn Lindner vorgelegten Zwischenzeugnisse von ihr nicht unterzeichnet worden seien. Die Staatsanwaltschaft ermittelt diesbezüglich gegen Herrn Lindner auch wegen des Verdachts der Urkundenfälschung.

Auch über die Beschäftigung als operativer Geschäftsführer der Maternus-Klinik für Rehabilitation in Bad Oeynhausen von 2000 bis 2003 legte Herr Lindner nur ein Zwischenzeugnis vor. Der Ausschuss hat in seiner Beweisaufnahme erfahren, dass dort im Jahr 2003 Unregelmäßigkeiten aufgetreten waren. Ab April 2003 erfolgten Bar-Entnahmen durch Andreas Lindner ohne Verwendungszweck und -nachweis in einer Gesamtgrößenordnung von etwa 50 000 bis 100 000 Euro. Der damalige Vorstandsvorsitzende, Herr Wolfgang Stindl, sagte dem Ausschuss, als er von Herrn Lindner Belege verlangt habe, legte dieser hauptsächlich Rechnungen der Siekertal-Klinik Bad Oeynhausen über verschiedene Dienstleistungen – zum Beispiel Personalgestellung – vor.

Das Objekt Siekertal-Klinik gehört der Marseille Klinik Gruppe, die dort zu dem damaligen Zeitpunkt ein Schulungszentrum betrieb. Herr Lindner hatte das Objekt im Jahre 2003 von der Marseille-Gruppe gepachtet, um einen Klinikbetrieb auf eigene Rechnung aufzubauen. Im Weiteren leisteten Beschäftigte der Maternus-Klinik in der Siekertal-Klinik diverse Arbeiten. Der von Herrn Stindl geforderten Vorlage für Belege für die angeblichen Dienstleistungen der Siekertal-Klinik kam Herr Lindner nicht nach. Stattdessen kündigte dieser im Juni 2003 das mit der Maternus-Klinik bestehende Arbeitsverhältnis. Ein Zeugnis nach Beendigung der Tätigkeit wurde wiederum nicht vorgelegt.

Herrn Lindners Aktivitäten bei Maternus weisen deutliche Parallelen zu den späteren im Krankenhaus Bremen-Ost auf. Die Maternus-Klinik hat die Vorfälle um Herrn Lindner nicht weiter verfolgt und von der Erstattung einer Strafanzeige auf anwaltliches Anraten abgesehen, leider!

Während der Beschäftigungszeit bei der MaternusKlinik wurde Herr Lindner im Jahre 2002 rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Diese Verurteilung hat er weder seinem damaligen Arbeitgeber noch seinen späteren Arbeitgebern – den Wittgensteiner Kliniken und dem Klinikum Bremen-Ost – angezeigt.

Auch das Beschäftigungsverhältnis bei den Wittgensteiner Kliniken in den Jahren 2003 und 2004 verlief nicht problemlos. Herrn Lindners Leistungen wurden dort recht unterschiedlich beurteilt: Während das Vorstandsmitglied Dr. Brase als direkter Vorgesetzter von Herrn Lindner die Arbeit negativ bewertete, wurde diese vom Vorstandsvorsitzenden, Herrn Kupczik, als problemlos bezeichnet. Herr Lindner selbst sorgte in einer im Oktober 2004 geschlossenen Nebenabrede zu seinem Arbeitsvertrag dafür, dass er künftig nicht mehr an Herrn Dr. Brase, sondern direkt an den Vorstandsvorsitzenden Kupczik berichten kann. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits den Anstellungsvertrag mit dem Krankenhaus Bremen-Ost mit Wirkung zum 1. März 2005 geschlossen.

Während seiner Tätigkeit bei den Wittgensteiner Kliniken beauftragte Herr Lindner die Firma S und P Reha Consult. Nach Beurteilung des vom Ausschuss gehörten Zeugen Herrn Hallenberger traten dort Unregelmäßigkeiten auf. Die von der Firma S und P gelieferten Ergebnisse waren zumindest zum Teil nicht werthaltig. Auch in diesem Zusammenhang hat Herr Lindner versucht, über die Firma S und P gleichzeitig anderweitig Akquise zu betreiben, um so persönliche Vorteile zu erzielen. Der Ausschuss geht davon aus, dass Herr Dr. Brase Herrn Lindner nahegelegt haben könnte, sich anderweitig zu bewerben. Herr Lindner kündigte sein Anstellungsverhältnis bei den Wittgensteiner Kliniken zeitlich deutlich nach dem im August 2004 erfolgten Vertragsabschluss mit dem Krankenhaus Bremen-Ost mit dem Hinweis, er werde nun nach Bremen gehen.

Der Ausschuss ist im Rahmen seiner Untersuchungen und aufgrund der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auf weitere geschäftliche Aktivitäten von Herrn Lindner gestoßen, die dieser in seinem Lebenslauf unterschlagen hat. Herr Lindner war in den Jahren 1997 bis 1999 als geschäftsführender Gesellschafter zweier von ihm gegründeter Unternehmen in Leipzig tätig. In beiden Fällen wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Leipzig die Eröffnung von Insolvenzverfahren mangels Masse abgelehnt. Die Gesellschaften wurden aufgelöst. Aus diesen Insolvenzen hat Herr Lindner mit Sicherheit noch Verbindlichkeiten.

Herrn Lindner war nach den Anstellungsverträgen mit dem Klinikum Bremen-Ost und auch später mit der Gesundheit Nord untersagt, Beteiligungen an Unternehmen zu halten und eigene wirtschaftliche Tätigkeiten zu entwickeln. Herr Lindner hat nicht offenbart, dass er durch den Treuhandvertrag mit Rechtsanwalt Brand vom 2. April 2004 mit der Siekertal-Klinik Betriebs-GmbH deren wirtschaftlicher Eigentümer war. Auch die wirtschaftlichen Verflechtungen zu der am 23. März 2005 von Herrn Dr. HansLeo Schumacher gegründeten S und P medconsult GmbH, für die zeitgleich zwischen Herrn Lindner und Herrn Schumacher ebenfalls ein Treuhandvertrag geschlossen wurde, wonach Herr Dr. Schumacher 76 Prozent der Stammeinlagen treuhänderisch für Herrn Lindner hielt, verschwieg dieser.

Fazit: Herr Lindner hat bereits im Einstellungsverfahren systematisch getäuscht. Dies setzte er während seiner Tätigkeit im Krankenhaus Bremen-Ost nahezu ungehindert fort.

Nach Bekanntwerden der im Januar 2006 zwischen dem Klinikum Bremen-Ost und der Siekertal-Klinik Betriebs-GmbH geschlossenen Geschäftsbesorgungsvereinbarung versuchte Herr Lindner wiederum, nach dem bewährten Muster zu täuschen. Nach anfänglichem Leugnen räumte Herr Lindner am 26. Mai 2006 gegenüber Staatsrat Dr. Knigge ein, einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen zu haben, und teilte am 8. Juni 2006 wahrheitswidrig mit, die Geschäftsbesorgungsvereinbarung mit der Siekertal-Klinik sei

ohne finanzielle Folgen für das Klinikum Bremen-Ost aufgehoben worden.

In Wahrheit hatte Herr Lindner am 6. Juni 2006 eine Vereinbarung zwischen dem Krankenhaus BremenOst und der Siekertal-Klinik Betriebs-GmbH geschlossen, nach der der Geschäftsbesorgungsvertrag vom 15. Januar 2006 zwar aufgehoben, aber im Weiteren eine das Krankenhaus Bremen-Ost belastende Verpflichtung eingegangen wurde, wonach der Betrieb der Klinik Rastede zum 1. Oktober 2006 durch das Krankenhaus Bremen-Ost eigenverantwortlich zu übernehmen und die anteiligen Konzeptkosten der Siekertal-Klinik zu erstatten waren, sofern sich bis September 2006 keine weitere Zusammenarbeit ergeben sollte. Dies führte dazu, dass Herr Lindner am 30. Juni 2006 von seinen Geschäftsführer-Aufgaben im Krankenhaus Bremen-Ost und der Gesundheit Nord entbunden und ihm in der Folge die fristlose Kündigung ausgesprochen wurde.

Im Rahmen der weiteren Aufklärung zeigte sich, dass Herr Lindner im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit zulasten des Krankenhauses Bremen-Ost zahlreiche Verträge mit erheblichen Zahlungsverpflichtungen und mit unzureichenden oder gar ohne Leistungen geschlossen hatte. Hinsichtlich dieser Vertragsabschlüsse ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Herrn Lindner wegen Untreue.

Exemplarisch will ich hier kurz einige Beraterverträge vorstellen. Die S und P medconsult GmbH: Herr Lindner schloss im April 2005 vier Beraterverträge mit der Firma S und P medconsult GmbH ab, für die das Krankenhaus Bremen-Ost insgesamt 876 544 Euro nach Prüfung und Abzeichnung durch Herrn Lindner leistete. Die Zahlung erfolgte durch die Übergabe von Schecks und durch Überweisung auf das Geschäftskonto der S und P medconsult, für das die Ehefrau von Herrn Lindner eine Vollmacht besaß. Von diesem Konto wurden 163 000 Euro auf das Konto der Lindner Management GmbH weitergeleitet, deren geschäftsführende Gesellschafterin ebenfalls Frau Lindner ist.

Zur Qualität der von S und P erbrachten Leistungen darf ich auf die Ausführungen im Bericht verweisen. Ich will hier aber verdeutlichen, dass die Beauftragung dieser Beratung zweifelsfrei gegen EU-Vergaberecht verstoßen hat. Die Aufteilung in mehrere Einzelverträge diente eindeutig der Umgehung.

Bedenklich ist, dass gegen die der 3-köpfigen Geschäftsführung des Krankenhauses Bremen-Ost insgesamt teilweise bekannten Maßnahmen kein Widerspruch erhoben wurde. Frau Hilmer als pflegerische Geschäftsführerin des Krankenhauses BremenOst bat lediglich aufgrund der unter Qualitäts- und Arbeitsgesichtspunkten unbrauchbaren Beratungsergebnisse die Hochschule Bremen um Begutachtung und informierte die pflegerischen Geschäftsführer der anderen Kliniken. Eine Information der Aufsichtsbehörde unterblieb.

Der Ausschuss ist davon überzeugt, dass es sich bei den mit S und P geschlossenen Verträgen um Scheinverträge handelte, da von der Firma S und P keine den Honoraren entsprechenden Leistungen erbracht wurden. Die Zahlungen dienten offensichtlich der persönlichen Bereicherung von Herrn Lindner, der Inhaber und faktischer Geschäftsführer der S und P war.

Herr Lindner war auch an der Firma ReHaPromed mit einer Stammeinlage in Höhe von 9000 Euro beteiligt, die nachweislich auf das Privatkonto des geschäftsführenden Gesellschafters dieser Firma geflossen ist. Auch hier findet sich wieder die Treuhandkonstruktion: Herrn Lindners Geschäftsanteil hielt Herr Hahn aufgrund eines Treuhandvertrages vom 25. November 2005 als Treuhänder.

Zur Überzeugung des Ausschusses steht fest: Der zwischen dem Krankenhaus Bremen-Ost und der ReHaPromed geschlossene Honorarvertrag beruht auf der engen Verbindung zwischen dem Geschäftsführer dieser Gesellschaft und Herrn Lindner. Der Wert der von dieser Firma erbrachten Leistung ist ebenfalls zweifelhaft. Herrn Lindners Absicht bestand wiederum einzig und allein darin, über diesen Vertrag eine weitere Möglichkeit zur Erstellung von Scheinrechnungen und Weiterleitung von Zahlungen zur persönlichen Bereicherung zu eröffnen.

Der Vertrag mit K und H Consult GmbH und Verbindung zu den Marseille-Kliniken: Der Ausschuss konnte nicht abschließend feststellen, ob und welche Verbindungen zwischen Herrn Lindners Tätigkeit beim Krankenhaus Bremen-Ost und den Marseille-Kliniken bestanden. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang aber der mit der Firma K und H Consult GmbH, Hamburg, geschlossene Vertrag zur Beratung in konzeptionellen und vertrieblichen Fragen zur Versorgung der Patienten und der Mitarbeiter und Gebäudereinigung. Fest steht, dass der geschäftsführende Gesellschafter Wilhelm Kistner gleichzeitig Geschäftsführer der Pro F und B, Food und Beverage, war, einer Tochtergesellschaft der Marseille Kliniken AG. Diese Gesellschaft liefert das Essen für alle Kliniken der Marseille-Gruppe. Pro F und B lieferte auch das Klinikessen für die Siekertal-Klinik Betriebs-GmbH. Ferner gehört Herr Kistner dem Aufsichtsrat der Karlsruher Sanatoriums AG, einer weiteren Tochter der Marseille-Kliniken, an. Aus unserer Sicht sind die Verbindungen eindeutig.

Die K und H Consult bezog vom Krankenhaus Bremen-Ost ein Honorar über insgesamt 266 614 Euro. Auch diese Rechnungen wurden ausschließlich von Herrn Lindner geprüft und zur Zahlung angewiesen. Der Umfang der erbrachten Leistung steht in keinem Verhältnis zum Honorar. Gegen die Geschäftsführer der K und H, Kistner und Hawranek, ermittelt die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit den Vorfällen im Krankenhaus Bremen-Ost.

Unserem Bericht können Sie noch eine Reihe weiterer Verträge vergleichbaren Charakters entnehmen.

Eingehen möchte ich noch kurz auf die Sache mit den Nachttischen, weil sie auch in der Öffentlichkeit großes Aufsehen erregt hat. Für den im Mai 2006 abgeschlossenen Kaufvertrag mit der Firma Quadroplan GmbH über die Lieferung von 1000 Multimediageräten zu einem Gesamtkaufpreis von 5,684 Millionen Euro verlangte Lindner eine Provision in Höhe von 232 000 Euro für den Abschluss des Vertrages und darüber hinaus in Höhe von 2 Prozent der gesamten Kaufsumme, mithin 113 680 Euro von der mit der Finanzierung der Geräte beauftragten akf Leasing GmbH und Co. KG.

Abgesehen von der Menge waren die bestellten Geräte für den Einsatz im Krankenhaus Bremen-Ost völlig ungeeignet. An der Anbahnung des Geschäfts war ein in der Justizvollzugsanstalt Remscheid sitzender Freigänger beteiligt, der seit den aufgenommenen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bremen zwischenzeitlich wieder im geschlossenen Vollzug sitzt. Dieser Vorgang ist für das Krankenhaus BremenOst noch gut ausgegangen, da die Quadroplan GmbH die erhobene Leistungsklage zurückgenommen hat.