Protocol of the Session on April 25, 2007

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Zurufe von der CDU)

Ich habe jetzt vermutlich nicht mehr so viel Zeit. Einen Aspekt würde ich gern noch erwähnen, den fand ich am interessantesten an der Antwort des Senats, nämlich dass inzwischen sehr viele Untersuchungen über den demografischen Wandel gelaufen sind, dass der Senat feststellt, Wanderungsgewinne, Stabilität im Bevölkerungswachstum gibt es nur, wenn man Leute von außen für die Städte dazugewinnt.

(Abg. F o c k e [CDU]: Ja, super!)

Ein interessanter Gedanke! Dann muss man sich allerdings auch fragen, wie man das hinbekommt und wer diese Gruppen überhaupt sind, die zu uns kommen können, denn wir leben hier ja nicht allein auf einer Insel. Wir sind im Standortkonkurrenzwettbewerb mit anderen Städten und Regionen.

Es ist sehr interessant, dass hier das erste Mal auftaucht, welche anderen Faktoren auch eine Rolle spielen, nämlich wie sind die soziale Infrastruktur, das Wohnungsangebot, das kulturelle Angebot und das Nahverkehrsangebot. Das sind alles die Zukunftsfaktoren, die man immer schnell so als weiche Faktoren abtut. Sie sind überhaupt noch nicht erforscht, und da, meine liebe Große Koalition, haben Sie in den vergangenen Jahren Ihre Hausaufgaben überhaupt nicht gemacht. Da hätten Sie alle Zeit der Welt gehabt, hier einmal nachzuforschen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dann wären Sie nämlich auch zu dem Ergebnis gekommen, dass Bildung die zentrale Voraussetzung ist, um hier junge Menschen herzubekommen, zu

halten und für Arbeitsplätze zu sorgen, und dann kann man nicht anfangen, bei den Hochschulen zu sparen, denn die Studentinnen und Studenten sind diejenigen, die im Augenblick dazu beitragen, dass unsere Bevölkerung in Bremen nicht schrumpft, sondern sogar anwächst.

Also, unter dem Strich gesagt: Sie sind hier vom demografischen Wandel her noch in den Anfangsschuhen, im Pantöffelchen, aber Lösungsvorschläge haben Sie noch lange nicht gemacht. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Haben Sie wieder al- les hineingepackt in die Rede!)

Das Wort hat Frau Staatsrätin Kramer.

Frau Präsidentin, meine Herren und Damen Abgeordneten! So schlecht kann die Politik des Senats ja nicht gewesen sein, wenn wir gegen den weitverbreiteten Trend in den letzten Jahren Einwohnergewinne in der Stadt Bremen – und in den letzten Monaten zeichnet sich das auch für Bremerhaven ab – verzeichnen konnten; dies alles, obwohl wir insgesamt in einem Prozess des demografischen Wandels sind, der mit den Worten weniger, älter, bunter beschrieben wird! Zumindest weniger gilt jedenfalls für Bremen, und hoffentlich verstetigt auch für Bremerhaven, im Moment jedoch noch nicht. Aber das Thema demografischer Wandel, das ja letzten Endes auch die Debatte um Krippenplätze für die bis zu dreijährigen Kinder betrifft, ist doch ein Ausfluss des allgemeinen Bewusstseins für den demografischen Wandel und wird uns natürlich auch erreichen.

Sie haben recht, Frau Krusche, wenn Sie sagen, wenn eine Bevölkerung insgesamt weniger wird und wir weiter Gewinner sein wollen, wir können uns nicht von dem allgemeinen demografischen Trend abkoppeln, wir können nur Wanderungsgewinne generieren. Dazu ist es erforderlich, dass eine Stadt attraktiv ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke, wir haben alle gemeinsam sehr viel dafür getan, dass die beiden Städte Bremen und Bremerhaven in diesem Land in den letzten Jahren an Attraktivität gewonnen haben. Ich selbst verfolge diesen Prozess erst seit 3 Jahren. Aber was allein in diesen 3 Jahren passiert ist, das haben diejenigen, die mir eine längere bremische Geschichte voraus haben, vielleicht nicht mehr so sensibel wahrnehmen können wie jemand, der von außen hereinkommt, neugierig und unwissend durch die beiden Städte läuft und dann umso mehr mitbekommt, wie viel sich in einer kurzen Zeit, in nur 3 Jahren, getan hat. Ich den

ke, das ist eine Erfolgsbilanz, auch eine Erfolgsbilanz der Großen Koalition, die man sich dort nicht kaputtmachen lassen sollte,

(Beifall bei der CDU)

eine Erfolgsbilanz des Senats, und ganz nebenbei glaube ich auch sagen zu dürfen, eine Erfolgsbilanz des Hauses, für das ich hier stehe. Insofern bedanke ich mich bei Frau Kummer für die etwas eingeschränkte, aber doch positive Aussage.

Last, but not least lassen Sie mich noch ankündigen, dass es zu den von Frau Krusche angemahnten Feinbetrachtungen stadtteil- und quartierbezogen unter der Federführung meines Hauses das Stadtmonitoring gibt, und wir werden – leider haben wir es nicht mehr bis zu dieser Debatte geschafft – in wenigen Wochen dazu einen Bericht vorlegen, der die demografische Entwicklung der Bremer Ortsteile darstellt – insofern wäre auch die Stadtbürgerschaft betroffen – und zwischen 1984 und 2004 zeigt. Ich glaube, dass wir daraus dann gemeinsame Erkenntnisse für die Handlungsbedarfe der Zukunft gewinnen können.

Ich freue mich darauf, an diesem Thema auch mit Ihnen, Frau Krusche, in Zukunft weiter arbeiten zu können, bei aller Unterschiedlichkeit der Standpunkte, die wir dabei haben und die auch in dieser Debatte deutlich geworden sind.

(Beifall bei der CDU und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 16/1329, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.

Ich unterbreche die Landtagssitzung bis 14.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 12.55 Uhr)

Vizepräsident Ravens eröffnet die Sitzung wieder um 14.31 Uhr.

Meine Damen und Herren! Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Land- tag) ist wieder eröffnet.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich ganz herzlich eine Besuchergruppe der CDU-Fraktion und den

Deutsch-Amerikanischen Frauenclub aus Bremerhaven. Herzlich willkommen in unserem Hause!

(Beifall)

Generalplan Küstenschutz 2007

Mitteilung des Senats vom 24. April 2007 (Drucksache 16/1384)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Neumeyer.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Garling.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Weltklima verändert sich, der Meeresspiegel steigt, vielleicht nur 20, 30 Zentimeter, vielleicht aber auch 60 Zentimeter in den nächsten 100 Jahren. Die Temperaturen steigen, und Meere erwärmen sich, das Wasser dehnt sich aus, der Meeresspiegel steigt.

Dabei leben die Menschen in der norddeutschen Tiefebene ohnehin schon in einer Badewanne. Weite Flächen nicht nur an der Küste, sondern bis tief in das Land hinein, sind nur dank ihrer Deiche zu besiedeln. 85 Prozent der Stadtfläche Bremens sind unterhalb des mittleren Tidehochwasserstandes gelegen. Bremen stände ohne Deiche schon heute zweimal am Tag unter Wasser und wäre als Siedlungsgebiet nicht mehr nutzbar.

De nich will dieken, de mutt wieken, also: Wer nicht deichen will, der muss weichen. Das älteste Deichrecht war das sogenannte Spatenrecht. Konnte ein Bauer zwar den Hof bewirtschaften, aber den Deich nicht mehr pflegen, so steckte er den Spaten in den Deich. Wer diesen Spaten herauszog, dem gehörte der Hof, und er musste den Deich pflegen.

Gott sei Dank ist am Montag noch die Entscheidung zum Start für den Generalplan Küstenschutz gefallen. Die Entwicklung dieses Generalplans ist gemeinsam mit Niedersachsen vollzogen worden. Der niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz wurde beauftragt, ein einheitliches Vorgehen zu entwickeln. Das Ergebnis ist kein Grund zum Jubeln, sondern aus Sicht der SPDFraktion lediglich als Startschuss zu betrachten. Bremen hinkt hinterher, Niedersachsen baut schon kräftig.

Berücksichtigt wurden zwei Vorgaben. Das ist zum einen der säkulare Meeresspiegelanstieg, das ist praktisch der Anstieg, den es in den letzten 100 Jahren ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

gegeben hat. Dabei ist man auf einen Anstieg von 25 Zentimeter gekommen. Dann muss man natürlich auch den Anstieg durch den Klimawandel berücksichtigen. Es ist jetzt praktisch als Ergebnis herausgekommen, dass man sich darauf verständigt hat, dass die ganzen technischen Bauwerke gleich mit einem Klimaschutzaufschlag berechnet und einen Meter höher gebaut werden. Die Gründeiche allerdings sollen nur 25 Zentimeter höher gebaut werden.

Dazu, muss man sagen, gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist, dass die Entscheidung im Senat gefallen ist, die schlechte Nachricht ist allerdings, dass man sich bei den Gründeichen nicht dazu durchringen konnte, hier gleich zu den 25 Zentimetern, die von vielen Wissenschaftlern auf der Grundlage des IPCC-Gutachtens empfohlen werden, noch einmal 25 Zentimeter oben darauf zu nehmen und dabei dann insgesamt auf 50 Zentimeter zu kommen.

Ich weiß, dass unser Senator das insgesamt besser gefunden hätte, ich weiß auch, dass es immer noch Verhandlungen gibt darüber, wie sich das weiter entwickeln wird, aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist das so entschieden worden. Ich vermute einmal, dass Umweltminister Sander aus Niedersachsen dafür hauptverantwortlich ist, weil er behauptet, es gäbe noch keine wissenschaftlichen Ergebnisse aufgrund des Klimawandels, und er ist der Auffassung, man könne das ja in den nächsten Jahren beobachten, und dann könne man sich ja immer noch irgendwie anders entscheiden und die Deiche dann entsprechend höher bauen.

Wenn es nur darum ginge, den Meeresspiegelanstieg zu beobachten, dann mag dieses Vorgehen in Ordnung sein! Sturmfluten kann man aber nicht beobachten, sondern die kommen einfach. Man muss sich einfach einmal klarmachen, dass es in Bremen 570 000 Menschen gibt, die diese Deichsicherheit brauchen. Hochwasserschutz ist für diese Stadt existenziell.

(Beifall bei der SPD)

Diesen Menschen ist es egal, ob Bremen oder Bremerhaven, ob da nun Niedersachsen irgendwie eine Entscheidung trifft oder ob es die SPD ist, die CDU oder die Grünen sind, sondern sie erwarten zu Recht von uns, dass wir den Schutz gewährleisten für die Menschen.

(Beifall bei der SPD)

Flutwellen kennen keine Grenzen, und wir wünschen uns, dass die weitere Zusammenarbeit mit den Niedersachsen konstruktiv, zielführend und vor allem selbstbewusst ist. Ich habe aus dem Ressort häufiger einmal gehört, dass die Niedersachsen doch wesentlich längere Deichlinien haben und dass wir als Bremer an der Stelle vielleicht ein bisschen kleiner

sind und etwas leiser sein müssen. Ich finde, mit 570 000 Menschen, die es zu schützen gilt, braucht man sich nicht leise zu verhalten, da kann man richtig selbstbewusst auftreten, und das erwarten wir auch.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)