Protocol of the Session on January 24, 2007

In punkto Zusammenarbeit mit anderen Behörden merke ich im Übrigen an, dass in keiner Fachdebatte, die ansonsten im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Terrorismus gehalten wird, die Forderung fehlt, dass Dienste und Polizei national und international eng zusammenarbeiten sollen. Auch die Gesetzgeber des Bundes und der Länder haben Anstrengungen zur Verbesserung der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden unternommen. Aktuelles Beispiel ist die sogenannte Antiterrordatei.

Es ist nicht zu verhehlen, dass die Umstände der Ausreise von Murat Kurnaz zunächst in einem sicherheitsrelevanten Zusammenhang gesehen wurden. Dafür sprachen Zeitpunkt und Reiseziel. Dass dies so war und nicht eine alleinige Eingebung von Behörden im Verantwortungsbereich des Innensenators, wird auch dadurch belegt, dass die Staatsanwaltschaft Bremen ein Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung eröffnete. Die Umstände und Motive seiner Ausreise im Jahr 2001, dem Jahr der Anschläge in New York und Washington, können möglicherweise nur noch im zuständigen Untersuchungsausschuss weiter aufgehellt werden. Weil dies so ist und weil sich Anhaltspunkte für in Deutschland strafbares Verhalten nicht haben erhärten lassen, hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren inzwischen eingestellt.

Erklärend möchte ich anfügen, dass sich Bewertung und Einschätzung der Inhaftierungsumstände von Murat Kurnaz in Guantanamo im Zeitablauf erst entwickelt haben. Einzelheiten über diese Umstände sind erst sukzessive bekannt geworden. Dies hat auch die Maßstäbe beeinflusst, mit denen der Gesamt

zusammenhang bewertet wird. Konkretes Verhalten muss auch vor dem Hintergrund der zeitlichen Kontexte der jeweiligen Kenntnisstände und der Handlungsmöglichkeiten bewertet werden. So legten die Ereignisse vom September 2001 eine erhöhte Sensibilität für Sicherheitsaspekte nach innen und außen nahe und beherrschten die Diskussion.

(Glocke)

Ich würde meinen Gedanken gern zu Ende führen. Übrigens auch die Diskussion um die Novellierung des Ausländerrechts war davon beeinflusst. Also, bitte keine pharisäerhaften Diskussionen, Herr Dr. Güldner!

Meine Damen und Herren, ausländerrechtlich stellt sich die Sache aus unserer Sicht wie folgt dar: Im Mai 2004 wurde, abgestimmt zwischen Bundesinnenministerium und dem Senator für Inneres und Sport, die Feststellung getroffen, dass die Aufenthaltsgenehmigung aufgrund der Ausreise und der nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist erfolgten Einreise gemäß Paragraf 44 Absatz 1 Ausländergesetz erloschen war und für eine Wiedereinreise nach einer Freilassung die Durchführung eines Visumverfahrens für erforderlich gehalten. Das Verwaltungsgericht Bremen hat durch Urteil vom 30.11.2005 entschieden, dass die Aufenthaltserlaubnis von Herrn Kurnaz nicht erloschen ist.

Dagegen wurden, darauf weise ich ausdrücklich hin, keine Rechtsmittel eingelegt, sondern diese Rechtsentscheidung wurde von uns akzeptiert. Es gibt nach unserer Auffassung keine Anhaltspunkte dafür, dass diese rechtliche Beurteilung zum Erlöschen beziehungsweise Fortbestand der Aufenthaltsgenehmigung von Murat Kurnaz die Haftdauer in irgendeiner Weise beeinflusst hätte. Anzufügen wäre, dass die Möglichkeit zur Einreise im Visumverfahren ohnehin dadurch unberührt war. Dies gegebenenfalls zu ermöglichen, wäre auch eine Sache des Auswärtigen Amts gewesen. Die rechtliche Klarstellung durch das Gericht erfolgt im Übrigen weit vor der tatsächlichen Freilassung von Murat Kurnaz.

Möchten Sie jetzt eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Güldner beantworten? – Bitte sehr, Herr Güldner!

Vielen Dank, Herr Staatsrat, das ist nett. Sie sagten gerade, dass die Erkenntnisse über die tatsächlichen Zustände in Guantanamo und dann auch natürlich über die Umstände, in denen Kurnaz dort festgehalten wurde, sich erst nach und nach im Zeitablauf entwickelt hätten, verdichtet hätten, so sagten Sie es gerade. Können Sie hier an dieser Stelle bestätigen, dass dem Senator für Inneres bereits im Oktober 2002 der vollständige Bericht der deutschen Verhörer von BND

und Verfassungsschutz des Murat Kurnaz in Guantanamo vorlag und dass Sie damit Kenntnisse hatten sowohl über die Foltervorwürfe und über die Umstände seiner Inhaftierung als auch darüber, dass diese Berichte zu der Schlussfolgerung kamen, dass sehr wahrscheinlich keinerlei substanzielle Vorwürfe gegen Kurnaz mehr zu erheben sind?

Herr Abgeordneter, die Darstellung über Guantanamo, und das habe ich gesagt, haben sich im Laufe der Jahre verdichtet. Sie haben in Ihren Ausführungen selbst gesagt, dass das ganze Ausmaß dessen, was dort stattgefunden hat, erst nach der Rückkehr durch die Aussagen von Murat Kurnaz bekannt geworden ist. Das ist das, was wir auch wussten.

Bitte, Herr Dr. Güldner!

Können Sie bestätigen, dass dieser Bericht 2002 im Oktober dem Senator für Inneres vorlag mit all den Bewertungen der bundesweiten Nachrichtendienste, die in Guantanamo waren und die mit Kurnaz gesprochen haben? Können Sie das bestätigen?

(Staatsrat D r. v o m B r u c h : Es ha- ben Bedienstete des Bundes mit Murat Kur- naz in 2002 nach meiner Kenntnis – –!)

Können Sie bestätigen, dass im Oktober 2002 der Senator für Inneres Bremen diesen Bericht vorliegen hatte?

Ich kann Ihnen nicht bestätigen, wann dieser Bereicht uns vorgelegen hat. Ich habe auch keine Einschätzung über die Frage, wie dieser Bericht zustandegekommen ist, beziehungsweise ich kann nicht darüber aussagen, weil dieser Bericht auch der Geheimhaltung unterliegt.

Meine Damen und Herren, richtig ist aber natürlich, und das ist auch naheliegend, ja geradezu Verpflichtung, dass in diesem Zusammenhang Konsultationen mit dem Bund durchgeführt wurden. Immer wieder nutzen Sie, Herr Dr. Güldner, die Gelegenheit solcher Debatten, um uns vorzuhalten, wir hätten aktiv werden müssen oder sollen im Sinne von Murat Kurnaz.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Ja, stimmt doch auch!)

Dazu merke ich an, dass Außenpolitik, auch Richtung USA, nicht die Angelegenheit Bremens ist. Sie ist ausschließlich Sache des Bundes. Wir haben in diesem Sinne nicht agiert und durften dies auch nicht. Folgerichtig haben zum Beispiel auch Bedienstete des Bundes, und das habe ich eben gesagt, mit Murat Kurnaz Kontakt gehabt und nicht etwa Bedienstete

des Landes Bremen. Insofern wäre es auch Sache des Bundes gewesen, eventuelle Chancen, sofern sie realistisch tatsächlich bestanden, zu einer früheren Freilassung auszuloten und gegebenenfalls durchzusetzen. Einen direkten Einfluss auf etwaige Verhandlungen oder Gespräche hat das Land Bremen aus den genannten Gründen ausdrücklich nicht genommen.

Meine Damen und Herren, gleichwohl hat sich die Perspektive der Beurteilung des Gesamtzusammenhangs verschoben. Das Gefangenenlager auf Kuba, Guantanamo, ist nach einhelliger Meinung jenseits jeder Rechtsstaatlichkeit. Es ist nicht haltbar, dass Murat Kurnaz nach rechtsstaatlichen Gesichtspunkten einem entsprechenden Verfahren zugeführt wurde. Die Umstände seiner Gefangenhaltung sind völlig inakzeptabel und werden zu Recht scharf kritisiert. Dies hat auch insbesondere Bürgermeister Röwekamp in Interviews und hier vor dem Parlament ausdrücklich betont. Murat Kurnaz Schicksal kann nur tief bedauert werden. Insofern haben wir, so glaube ich, alle die Hoffnung, dass Murat Kurnaz die Folgen dieses Traumas möglichst schnell und vollständig verarbeiten und überwinden möge. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Aktuelle Stunde geschlossen.

Umsetzung des Nichtraucherschutzes für Kinder und Jugendliche

Große Anfrage der Fraktionen der SPD und der CDU vom 14. November 2006 (Drucksache 16/1196)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 9. Januar 2007

(Drucksache 16/1258)

Dazu als Vertreter des Senats Frau Senatorin Rosenkötter.

Meine Damen und Herren, gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Sehr geehrte Frau Senatorin, ich gehe davon aus, dass Sie darauf verzichten wollen, sodass wir gleich in die Aussprache eintreten können.

Meine Damen und Herren, die Aussprache ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Grotheer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben diese Anfrage auf den Weg gebracht, weil uns der Schutz unserer Kinder und Jugendlichen doch sehr am Herzen liegt. Wir glauben, wir hoffen jedenfalls, dass wir uns insoweit einig sind, dass es jedenfalls unter diesem Aspekt des Schutzes von Kindern und Jugendlichen so sein sollte, dass das Rauchen so schwer wie möglich gemacht werden sollte. Wo Zigaretten leicht erreichbar sind, ist auch der Griff danach umso leichter, und leider ist es so, das müssen wir feststellen, dass Deutschland in diesem Zusammenhang eine Vorreiterrolle europaweit hat, aber in negativer Hinsicht!

Deutschland ist ein Paradies für die Zigarettenindustrie. In der EU gibt es über 1 Million Zigarettenautomaten. Davon stehen 820 000 in Deutschland, und es sind im öffentlichen Bereich in der EU etwa 430 000 Zigarettenautomaten aufgestellt, davon wiederum 98 Prozent in Deutschland.

Also, in Deutschland ist der Griff zur Zigarette für alle Altersgruppen, aber eben auch für die Kinder und Jugendlichen, besonders leicht gemacht. Das sind deutliche Zahlen, finden wir, und dies hat, wie wir schon vor einigen Wochen diskutiert haben, eine ganz erhebliche Auswirkung auf die Gesundheit auch der Kinder und der Jugendlichen. Deshalb ist es gut, dass nun zum 1.1.2007 eine Neuregelung in Kraft getreten ist, wonach mithilfe von technischen Vorkehrungen sichergestellt werden soll, dass Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren keine Zigaretten mehr aus Automaten ziehen können.

Ich darf Ihnen vielleicht mit Erlaubnis des Präsidiums kurz vorlesen aus Paragraf 10 des Jugendschutzgesetzes, gerade in Kraft getreten: „Rauchen in der Öffentlichkeit/Tabakwaren“ ist die Überschrift. Absatz 1: „In Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit dürfen Tabakwaren an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren weder abgegeben noch darf ihnen das Rauchen gestattet werden.“ Und: „In der Öffentlichkeit dürfen Tabakwaren nicht in Automaten angeboten werden. Dies gilt nicht, wenn ein Automat erstens an einem Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren unzugänglichen Ort aufgestellt ist oder zweitens durch technische Vorrichtung oder durch ständige Aufsicht sichergestellt ist, dass Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren Tabakwaren nicht entnehmen dürfen.“

(Vizepräsidentin D r. M a t h e s über- nimmt den Vorsitz.)

Das ist sicherlich eine Entwicklung, die zu begrüßen ist. Wir entnehmen auch der Antwort des Senats auf unsere Anfrage, dass der Senat im Grunde genommen ein allgemeines Verbot von Zigarettenautomaten befürwortet, sodass wir, wenn es jemals in Deutschland dazu käme, eine Situation hätten, wie sie eigentlich in allen europäischen Nachbarländern schon gang und gäbe ist. Wir unterstützen dies, wollen

aber auch an dieser Stelle sagen: Es muss sorgfältig geprüft werden, wer eigentlich für eine solche Regelung zuständig wäre, ob die Länder das beschließen können oder ob der Bund das beschließen muss. Da gibt es gelegentlich Fragen, die kompliziert zu beantworten sind.

Wenn wir die Antwort des Senats betrachten unter der Fragestellung, was denn bisher eigentlich Sanktionen gebracht haben, Bußgeldandrohungen oder Strafandrohungen, so haben wir darüber ja an anderer Stelle schon einmal gestritten. Dies bringt offenbar nicht so viel, wie es sich manche erhoffen. Aus der Antwort des Senats entnehmen wir, dass es keine Statistik gibt. Gut, das akzeptieren wir, es muss ja nicht alles immer aufgelistet werden, aber da in den letzten Jahren wohl gar keine Bußgeldverfahren stattgefunden haben wegen eines Verstoßes gegen die geltenden gesetzlichen Regelungen des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit, dann bedeutet das doch, dass diese Regelungen weitestgehend leergelaufen sind, denn es war bisher schon so, dass es einen Bußgeldtatbestand darstellte, wenn Jugendlichen unter 16 Jahren das Rauchen in der Öffentlichkeit ermöglicht wurde.

Es gab also nicht ein einziges Verfahren, das sich mit einem Verstoß beschäftigt hat. Wenn wir uns aber in der Stadt umsehen, sehen wir, zwar nicht überall, aber viele, viele Jugendliche, die bestimmt noch nicht 16 Jahre alt sind und in der Öffentlichkeit rauchen. Da gibt es dann also doch erhebliche Defizite bei der Umsetzung einer solchen Regelung. Umso wichtiger ist es dann, so finden wir, dass man andere Wege beschreitet, um das Ziel zu erreichen, Kinder und Jugendliche vor den Gefahren des Rauchens zu schützen.

Dazu zählt dann auch die Frage, was im Bereich der Bauordnung getan werden kann. Wo gibt es Möglichkeiten, in Bremen das Aufstellen von Automaten, jedenfalls in den Bereichen, in denen sich Kinder und Jugendliche besonders häufig aufhalten, zu verhindern? Wir lesen dort wir in der Antwort des Senats, dass es im Moment gar keine Möglichkeit gibt, sondern dass nach der Landesbauordnung das Aufstellen solcher Automaten frei ist. Ich frage mich auch, wie denn eigentlich die Automaten kontrolliert werden, die sich zum Beispiel in der Nachbarschaft von Schulen befinden, wer kontrolliert, dass diese Automaten tatsächlich den Voraussetzungen entsprechen, die seit dem 1.1.2007 gelten.

(Glocke)

Wir wünschen uns, dass der Senat eine Kontrolle organisiert und uns bei Gelegenheit darüber berichtet.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen teilen wir die Auffassung des Senats, dass Maßnahmen zur Prävention eine ganz außerordent

liche Bedeutung haben, und ich würde mich freuen, heute in der Debatte dazu vielleicht noch den einen oder anderen weiteren Vorschlag zu hören. – Zunächst schönen Dank!

(Beifall bei der SPD)