Die Zinsausgaben haben sich zwar etwas nach unten bewegt, das liegt aber einzig an dem niedrigen Zinsniveau der letzten Jahre, nicht am gesunkenen Schuldenstand. Die Zinsen steigen derzeit wieder, was zur Folge hat, dass die Zinsausgaben im Haushalt wieder ansteigen werden. Wie zu Beginn des Sanierungszeitraums erdrücken dann diese Ausgaben jeglichen politischen Gestaltungsspielraum. Wenn man dann noch den Blick auf die Schattenhaushalte wirft, wird es einem noch grauslicher zumute.
Als letzter Punkt noch: Ein verfassungskonformer Haushalt ist nicht in Sicht, das hat Herr Dannemann gerade erst, wenn ich das Interview richtig verstanden habe, festgestellt. Wir werden also um den Kanzlerbrief, der meiner Meinung nach eine Luftblase ist, wohl kämpfen müssen, aber es wird dabei nichts herauskommen, und dann kommt das böse Erwachen für uns alle.
Wenn man sich dieses Ergebnis der bremischen Sanierungsbemühungen ansieht und bewertet, muss man leider feststellen, dass zwischen den tatsächlichen wirtschaftlichen und finanzpolitischen Daten des Landes Bremen und den ständigen optimistischen Verlautbarungen des Senats ein krasser Widerspruch besteht. Die tatsächliche Lage des Landes widerspricht der Mär von der ach so erfolgreichen Sanierungspolitik des Landes. Wir haben das im Wahlkampf Schönrederei oder Schönfärberei genannt, Frau Linnert hat diese Vokabel eben wiederholt, das ist genau so.
Wenn man sich die innerbremischen Erfolge der Sanierung ansieht, so muss man als Bremerhavener feststellen, dass die Sanierungsbemühungen des Landes sich hauptsächlich in Bremen und nicht in Bremerhaven abspielten. Zwar sind zugegeben auch Mittel nach Bremerhaven geflossen, sie sind aber nennenswert niedriger als die Mittel, die nach Bremen gegangen sind. Ob sich das durch die noch ausstehenden Projekte im Alten und Neuen Hafen und im Bereich der Innenstadt ändern wird, das steht dahin. Insofern kann ich Professor Hickel, der dies öffentlich erklärt hat, in seiner Meinung bezüglich der Bremenlastigkeit der bisherigen Sanierungsbemühungen des Senats, nur beipflichten.
Die große Koalition hat bei ihrer Sanierungsstrategie des Sparens und Investierens ganz offensichtlich nur den Gedanken des Geldausgebens gehabt und ist entsprechend vorgegangen. Sparen heißt doch eigentlich, dass Geld nicht ausgegeben, sondern zurückgelegt wird, im Sanierungsland Bremen also zur Schuldentilgung verwendet wird. Das hätte von Anfang an bedeutet, die konsumtiven Ausgaben im Griff zu halten und eher zu drücken, um auf diese Weise das konsumtive Finanzierungsdefizit abzubauen. Doch dazu fehlte der großen Koalition die Kraft.
Beim Investieren hätte man sehr viel sorgfältiger und zurückhaltender vorgehen müssen. Nur in dem Rahmen, wie tatsächlich Zinsersparnisse, und das war damals der Ursprungsgedanke in der Ampelkoalition, als Folge der Schulden eingetreten wären, hätte man höchstens investieren dürfen. Aber auch da hätte man möglicherweise, wie das in dem Papier von Herrn Dannemann oder von Frau Dr. Färber gesagt wird, auch noch darüber hinaus tilgen können.
Genau dieser Ansatz war noch ganz zu Beginn der Sanierung von der Ampelkoalition verfolgt worden. Damals war allerdings die FDP noch dabei und konnte auf finanzpolitische Vernunft drängen.
Seit die große Koalition jedoch am Werke ist, seit 1995, hat sich die finanzpolitische Vernunft ganz offensichtlich verflüchtigt. Wenn ich das richtig weiß, hat das Saarland, das zweite Sanierungsland neben Bremen, genau diese vorsichtige und zurückhaltende Sanierungsstrategie verfolgt und damit bessere Ergebnisse als Bremen erzielt. Das muss doch eigentlich zu denken geben.
Ob die Strategie des Senats richtig ist, das Bundesland Berlin bei der Klage in Karlsruhe faktisch zu unterstützen, wie ich das der Senatsvorlage beziehungsweise der Presseerklärung dazu entnommen habe, um im Gefolge von Berlin dann für Bremen weitere Sanierungsmilliarden zu erstreiten, das wage ich zu bezweifeln. Die Haushaltsnöte sind bundesweit groß, und kein Land, erst recht nicht die neuen Bundesländer, und auch nicht der Bund haben Geld übrig, um weitere Hilfen nach Bremen zu leiten. Bremen hat immerhin schon zwei Sanierungen hinter sich, warum sollten die anderen weiter zahlen zugunsten eines dort, das hört man auch immer wieder, womöglich als überflüssig angesehenen kleinen Bundeslandes?
Nun wird von Seiten Bremens immer wieder darauf hingewiesen, dass die Steuerreform und die schlechte Konjunktur die weiter bestehende Haushaltsnotlage des Landes verursachen. Dazu ist zu sagen, alle übrigen Länder und auch der Bund haben mit diesem Problem zu kämpfen und müssen damit fertig werden. Gerade ein stadtstaatliches Land wie Bremen, das zudem noch massive Sanierungsunterstützung erhalten hat, muss doch mit Steuerausfällen aufgrund von Konjunktur und von Steuerreformen besser fertig werden als ländlich strukturierte Gebiete und ländlich strukturierte Bundesländer.
Ein Blick nach Hamburg zeigt den gravierenden Unterschied. Wenn stets darauf hingewiesen wird, Bremen habe sich doch immer unterhalb der vom Finanzplanungsrat festgelegten Rahmendaten gehalten, und dann noch fiktive Berechnungen über das erfolgreiche Sparen angestellt werden, dann ist
dagegen zu sagen, dass gerade ein Haushaltsnotlageland sich nicht am Durchschnitt der übrigen Gebietskörperschaften orientieren darf, es muss mit seinem Ausgabegebaren insgesamt erheblich unterhalb der empfohlenen Werte bleiben. Dies gebietet die in umgekehrter Weise eingeforderte Solidarität der Gemeinschaft. Ich meine, und dies zum Abschluss, dass die von der großen Koalition in Bremen betriebene Sanierungsstrategie gescheitert ist, weil sie nicht die Ergebnisse gebracht hat, die man sich von ihr erhofft hatte. Ich kann nur dazu auffordern, die berechtigte Kritik an dieser Sanierungsstrategie aufzunehmen und das eigene politische Handeln entsprechend anzupassen. Ein schlichtes Weiter so, wie das hier in der Überschrift zu dieser Aktuellen Stunde zum Ausdruck kommt und wie das die große Koalition hier auch vereinbart hat, ist nach meiner Auffassung falsch. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt hier nicht mehr im Detail auf die Sanierungsstrategie eingehen, die Argumente sind ausgetauscht. In der Tat haben wir uns in der Senatsvorlage im Wesentlichen mit der Klage Berlins befasst, und ich denke, davor brauchen wir keine Angst zu haben. So, wie die Berliner das formuliert haben, ist das Konzept aus meiner Sicht nicht tragbar. Wenn man nur auf die Sparkomponente abstellt und denkt, man kann sich über die reine Entschuldung nach vorn bringen und so seine Wirtschaftskraft und sein Steueraufkommen stärken und Arbeitsplätze schaffen, ist das zu wenig. Das heißt, das Berliner Modell basiert ausschließlich auf unserem finanzstaatlichen Gefüge, nämlich dass wir einen Finanzausgleich haben und dass Berlin letztlich damit rechnet, von anderen Bundesländern alimentiert zu werden. Man kann es deswegen auch als Rentnermodell bezeichnen, ich jedenfalls habe vor der Argumentation von Frau Färber keine Angst. Ich glaube, dass die Sanierungsstrategie, so wie wir sie angelegt haben, richtig ist, weil sie darauf abzielt, die Eigenständigkeit Bremens zu erhalten. Eigenständig können Sie nur bleiben, wenn Sie es langfristig darauf anlegen, Ihre eigene Wirtschaftskraft, die eigene Steuerkraft, Ihre eigenen Arbeitsplätze zu stabilisieren und deswegen in Zukunft nicht mehr von anderen so abhängig sind. Frau Linnert, ich glaube, das ist auch der Unterschied im Ansatz. Man kann die Solidarität und die Bündnisse, die Sie ja auch eingefordert haben, von anderen nur dann einfordern und eingehen, wenn man zunächst selbst alles getan hat, so dass man diesen Solidaritätsanspruch auch umsetzen kann. Ich kann von anderen nicht etwas verlangen, was ich vorher nicht umgesetzt habe, und deshalb ist es, glaube ich, wichtig, dass wir auf diesem Weg fortgehen.
Richtigerweise gibt es ja letztlich keine konsequente Alternative. Wir haben hier in Bremen einen Wachstumsrückstand und haben uns erst zu 84 Prozent an die Wachstumsentwicklung im westdeutschen Bundesdurchschnitt angenähert. Wenn wir uns einmal mit den Großstädten mit über 500 000 Einwohnern vergleichen, was realistischerweise eigentlich getan werden muss, dann sind wir irgendwo bei 70 Prozent. Lassen Sie mich selbst einräumen, dass die Zahlen nicht hundertprozentig sind, mit Statistiken kann man ja so oder so umgehen, aber es zeigt, dass der Abstand zu den übrigen einfach noch da ist und dass wir nach wie vor nur noch einen gewissen Aufholbedarf haben.
Ich räume gern ein, dass bei den Investitionen, wenn man sich die Vergangenheit anschaut, der eine oder andere Fehler passiert sein kann oder passiert ist, das muss man selbstkritisch sagen. Aber ich glaube auch, wenn man die Summe der Investitionen sieht und das Investitionsvolumen, was insgesamt in den letzten Jahren bewegt worden ist, wenn man sich das noch einmal vor Augen führt, dann stellt man fest, dass es einfach schlichtweg einem Unternehmer nicht anders gegangen wäre, sie können mit ihren Investitionen nicht immer treffen.
Aber ich glaube, wir haben daraus die Konsequenzen gezogen und sagen, jetzt muss die regionalwirtschaftliche Bewertung von Investitionen noch konzentrierter und noch schärfer gefasst werden. Das ist auch notwendig, denn eines ist klar: Aufgrund des von Ihnen zu Recht angesprochenen beschränkten Volumens, das in Zukunft noch zur Verfügung steht, werden wir zumindest in absehbarer Zeit nicht mehr alle Projekte, die wir uns alle vorstellen, so in der Form durchführen können.
Im Übrigen glaube ich, dass es heute eigentlich noch zu früh ist, um eine abschließende Bewertung zu machen, ob der Sanierungskurs erfolgreich ist. Ich erinnere einmal an das Prognos-Gutachten, das im Grunde ja auch klar ausgeführt hat, dass das ISP mit seinen Arbeitsplatzeffekten, seiner Strukturveränderung und seiner Wirtschaftskraft frühestens 2016 seine volle Wirkung zeigen kann. Deswegen ist es heute meines Erachtens, ohne mich jetzt hier drücken zu wollen, noch zu früh, um eine abschließende Bewertung zu machen, ob dieser Kurs erfolgreich ist.
Eines muss uns allen auch klar sein, ein isolierter Sanierungskurs wird nie zum Erfolg führen, wenn dieser Sanierungskurs nicht in eine gesamtwirtschaftliche Erholung eingebettet ist. Wir können Bremen nicht gegen den Bundestrend oder den europäischen Trend sanieren, wir brauchen schon eine gesamtwirtschaftliche Entwicklung, die unsere Sanierungsbemühungen stützt. Zusammenfassend meine ich, wir sind auf dem richtigen Weg, und wir müssen ihn sorgfältig fortsetzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Erstens, Frau Kollegin Wiedemeyer, Ihr Fraktionsvorsitzender hat diese Aktuelle Stunde mit unterschrieben, jeder kann das in diesem Umdruck nachvollziehen, deswegen habe ich Ihre Eingangsbemerkung nicht verstanden. Nur aus formalen Gründen hat er die Unterschrift zurückgezogen, nicht aus inhaltlichen Gründen. Das ist doch richtig, Herr Böhrnsen?
Punkt zwei, Frau Linnert, Ihre Kritik an so genannten Fehlentscheidungen! Es ist richtig, wir haben eine Menge in dieser großen Koalition entschieden, und wer entscheidet, macht auch einmal Fehler. Das ist der Unterschied zur Ampelkoalition, damals wurde nur über die Stadt am Fluss geredet, es gab viele schöne Broschüren, viele Ankündigungen, nur vollzogen wurde nichts. Das ist der Unterschied zur großen Koalition, wo auch etwas umgesetzt worden ist.
Nächste Bemerkung, Herr Wedler, Sanierungsstrategie in die Hose gegangen! Irgendwie muss bei Ihnen etwas in die Hose gegangen sein!
Wenn Sie diesen Bericht richtig gelesen haben, dann haben Sie zum Beispiel festgestellt, dass wir kein Ausgabenproblem haben, sondern ein Einnahmeproblem. Die so genannte Ampel, die Sie ja so gerühmt haben, Sie sind fast der Einzige, der die hier noch rühmt im Bundesland Bremen, diese so genannte Ampel hat uns für das Jahr 2002 Einnahmen von fünf Milliarden pro Jahr prognostiziert. Wie hoch sind die Einnahmen? Sie liegen bei drei Milliarden, ein Defizit von zwei Milliarden, und das ist unser Problem. Bei den Ausgaben ist es so, dass wir 600 Millionen Euro weniger pro Jahr ausgeben, als uns der Finanzplanungsrat zugestanden hat. An diesen beiden Zahlen können Sie erkennen, wo das Problem liegt. Deswegen kann ich nur wiederholen: Bei Ihnen ist etwas in die Hose gegangen, Sie haben die Vorlage irgendwie nicht ganz verstanden!
Ich möchte eine abschließende Bemerkung machen! Herr Dr. Nußbaum, niemand wollte hier eine abschließende Wertung, wie Sie das eben formuliert haben, vollziehen. Wir haben von Herrn Dannemann eine Zwischenbilanz der Sanierungspolitik bekom
men, ich habe das angesprochen, keine abschließende Wertung. Es ist völlig richtig, dass die Sanierung, wie Prognos das prognostiziert hat, ihre volle Wirkung erst im Jahre 2016 erreichen wird, nicht wie Frau Linnert in der September-Sitzung sagte, erst 2021. Klar ist, wir sind noch nicht am Ende unseres Sanierungspfades, wir dürfen diesen Sanierungspfad auch nicht verlassen, wir müssen ihn konsequent fortsetzen, damit wir das, was wir an Wirkung erzielen wollen, auch erzielen werden. – Vielen Dank!
Meine Damen und Herren, mit diesem letzten Redebeitrag ist auch das zweite Thema der Aktuellen Stunde abgeschlossen.
Für die Fragestunde der Bürgerschaft (Landtag) liegen 14 frist- und formgerecht eingebrachte Anfragen vor.
Die erste Anfrage trägt die Überschrift „Unterweser als FFH-Gebiet“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Liess, Manfred Oppermann, Böhrnsen und Fraktion der SPD.
Erstens: Welche Erkenntnisse hat der Senat hinsichtlich der Absicht der niedersächsischen Landesregierung, die gesamte Unterweser einschließlich Fahrrinne als FFH-Gebiet an die EU zu melden?
Zweitens: Welche Auswirkungen ergeben sich nach Einschätzung des Senats aus der geplanten Anmeldung für die Weser als Schifffahrtsweg und für die bremischen Häfen?
Drittens: Welche Schritte hat der Senat unternommen beziehungsweise beabsichtigt er zu unternehmen, um eine Beeinträchtigung der bremischen Häfen durch eine eventuelle Ausweisung der gesamten Unterweser als FFH-Gebiet auszuschließen?
Zu Frage eins: Das Umweltministerium Niedersachsens hat der EU-Kommission eine kleinmaßstäbige Übersichtskarte ohne topographische Kartengrundlage gesandt, in der die Kernflächen weiterer FFH-Gebietsvorschläge dargestellt sind, ohne dass diese konkret abgegrenzt wären. Eine abschließen
In der Karte ist die Weser in ihrer gesamten Breite von der Landesgrenze Bremerhaven bis zur Ochtummündung als Kernfläche des Gebietsvorschlags Nummer 482 dargestellt, der bezüglich Finte, Flussneunauge, Teichfledermaus, Meerneunauge und Ästuarien ausgewählt wurde.
Zu Frage zwei: Keine! Die Weser als Bundeswasserstraße und auch die bremischen Häfen genießen in dieser Eigenschaft Bestandsschutz. Für zukünftige bauliche Maßnahmen, die über Unterhaltungsmaßnahmen hinausgehen und möglicherweise die Schutzgüter von gemeldeten FFH-Gebieten erheblich beeinträchtigen könnten, sind gemäß Paragraph 34 Bundesnaturschutzgesetz eine Verträglichkeitsprüfung und gegebenenfalls Ausnahmeverfahren durchzuführen.
Zu Frage drei: Aus der Antwort zu Frage zwei folgt, dass sich durch einen FFH-Gebietsvorschlag bezüglich der Unterweser keine Beeinträchtigungen der bremischen Häfen ergeben, so dass gegenwärtig weitere Schritte nicht erforderlich sind.