Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Güldner, Sie haben eine fast staatsmännische Rede gehalten und haben Ernsthaftigkeit im Umgang mit den Themen angemahnt. Ich glaube, dass niemand ein Problem hat, dieser Forderung zu folgen. Ich wünsche mir vielleicht, dass Sie es selbst auch durchstehen, in dem gesamten Prozess diese Ernsthaftigkeit und diesen staatsmännischen Ansatz weiter zu befolgen, wenn es dann in die konkrete Arbeit in den Ausschüssen geht.
Die CDU unterstützt ganz eindeutig den Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Überprüfung aller Sachverhalte, die mit dem Tod des kleinen Kevin zusammenhängen. Ich sage auch, dass wir dies ohne Wenn und Aber tun. Ich sage es auch, dass wir es gemeinsam mit unserem Koalitionspartner und auch mit den Grünen tun wollen. Es ist ja auch durch den Rücktritt von Frau Senatorin Röpke ein Teil der politischen Verantwortung sozusagen in eine Reaktion gebracht worden, so dass in der Tat eine Chance besteht, mit einer gemeinsamen Sachlichkeit in diesem Untersuchungsausschuss den Versuch zu machen, die Fehlerquellen sauber aufzuspüren. Es nützt uns ja alle Rabulistik nichts, wir müssen genau ermitteln, woran es gelegen hat, dass so etwas geschehen konnte.
Es ist sicherlich ein kompliziertes Verfahren, und es bedarf intensiver Klärung der einzelnen Instanzenwege. Ich rate uns gut, dies in großer Sachlichkeit zu tun, denn wir werden alle gemeinsam an dem Ergebnis dieser Untersuchung gemessen werden und an den Maßnahmen, die wir ergreifen, um für die Zukunft zu verhindern, dass so etwas in Bremen jemals wieder geschieht.
chungsausschuss mit dem Untersuchungsauftrag sehr engagiert und sehr aktiv beteiligen. Ich glaube, dass wir gemeinsam, ich gehe davon aus, dasselbe Ziel haben und dass wir dieses Ziel in der kurzen Zeit eben auch nur dann werden erreichen können, wenn wir konzentriert und sachorientiert in dem Ausschuss arbeiten. Das würde ich mir sehr wünschen. Der Sachverhalt lädt nicht zum politischen Gebrauch oder Missbrauch ein, sondern er lädt zu großer Ernsthaftigkeit, zu sehr viel Akribie und zu sehr viel gezielter politischer gemeinsamer Arbeit ein. Ich glaube, es steht uns allen außerordentlich gut zu Gesicht, wenn wir gerade in diesem Untersuchungsausschuss Gemeinsamkeit beweisen
und wenn wir in diesem Untersuchungsausschuss auch zeigen, was das Parlament in seiner Gesamtheit leisten kann.
Ich glaube, dass es auch sehr schwer ist, wir fordern dies ja in Kürze und so schnell wie möglich auch von unserem sozialdemokratischen Partner, die Nachfolge von Frau Röpke zügig zu besetzen. Wer immer es wird, er oder sie springt in kaltes Wasser. Das wird uns natürlich auch eine Zeit lang begleiten, dass die Führungssituation noch nicht hundertprozentig abgesichert ist. Gerade deshalb ist es auch so, dass es wenig Sinn macht, diese Situation zu missbrauchen, sondern man muss sie verstehen, man muss sie akzeptieren, und man muss daraus die richtigen Schlüsse und Konsequenzen ziehen.
Deshalb liegt mir daran, und darauf werden wir auch peinlich genau achten, dass wir bei dieser ganzen Arbeit, die wir hier zu leisten haben, das Ziel möglichst nicht aus den Augen verlieren, dass wir sozusagen Seitenflüge ein bisschen beschränken müssen, weil sie dazu führen könnten, dass die Aufklärung nicht zeitgerecht erreicht wird und dass die Umsetzung dieser Aufklärung dann möglicherweise der Diskontinuität anheim fällt. Das macht keinen Sinn. Ich rate uns gut, alle Konsequenzen, die zu treffen sind, in dieser Legislaturperiode in diesem Parlament zu beschließen, weil alles andere relativ wenig Sinn macht.
Ich glaube auch nicht, dass das irgendjemand außerhalb dieses Hauses begreifen könnte, wenn wir es nicht täten.
Meine Damen und Herren, wir haben einen Untersuchungsausschuss dazubekommen, und wenn ich die Debatte von heute sehe, einen Antrag weniger, nämlich den Misstrauensantrag, den die Grünen zurückgezogen haben. Ich will, liebe Frau Linnert, nur der Ehrlichkeit halber dazu auch eine Anmerkung machen, damit unsere Position dazu auch klar wird. Misstrauensvoten und -anträge, die die Opposition
stellt, sind ihr gutes Recht, wie es ihr Recht ist, Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Das Problem hierbei ist nur, dass eine Rücktrittsforderung an einen Senator eigentlich im Regelfall nach der Untersuchung gestellt wird und nicht vor der Untersuchung.
(Beifall bei der CDU und bei der SPD – Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ziemann-Bericht!)
Deshalb muss ich an meine Mahnung zur Gemeinsamkeit auch hier noch eine Mahnung anschließen, nämlich die, mit diesen ganzen Fragen nicht zu offensichtlich wahlkampforientiert umzugehen.
Nein, Frau Linnert, ich würde sagen, mit dem Glashaus der Scheinheiligkeit seien Sie bitte ganz vorsichtig!
Ich denke, dass wir hier Klarheit haben müssen. Ich kann heute die Frage nicht beantworten, ob am Ende des Untersuchungsausschusses eine andere Beantwortung, als wir sie jetzt gegeben haben, erforderlich wäre. Ich vermute nein. In jedem Fall ist aber eines klar, dass, wenn ich einen Untersuchungsausschuss einsetze, der Misstrauensantrag erst am Ende des Untersuchungsausschusses, wenn das Ergebnis so sein sollte, auch tatsächlich gestellt werden kann. Gut, das wollte ich nur losgeworden sein, Frau Linnert, ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übermäßig übel, aber man kann es einfach nicht so im Raum stehen lassen, als sei es etwas ganz Normales. Was die Grünen da gemacht haben, das war schon, wenn ich es einmal so sagen darf, ziemlich schräge.
(Beifall bei der CDU und bei der SPD – Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Bei einer solch schrägen Regierung!)
Lassen Sie mich jetzt zu den Themen kommen, über die wir eigentlich in dieser Debatte reden wollen! Meine Damen und Herren, es ist in dem Bericht von Herrn Professor Ziemann sehr vieles und sehr viel Sauberes herausgearbeitet worden zu den Verfehlungen einzelner Geschäftsführer und zu den Verfahren, die im Einzelnen eingeleitet worden sind. Es ist in dem Bericht für meinen Geschmack ein Tick zu wenig über die politische Verantwortung gesprochen worden. Ich
Das, was damals aber bei der Einstellung von Herrn Lindner geschehen ist, das ist schon ein kleines Stück aus dem Tollhaus. Man hat, wenn man den Bericht liest, den Eindruck, es sei damals darum gegangen, mit Herrn Lindner Herrn Tissen einen eigenen Geschäftsführer zu gönnen. So steht es, glaube ich, wörtlich darin. Ich meine, die Frage ist ja: Was versteht man unter gönnen, und wie ist das Verfahren eigentlich gewesen, einen solchen Geschäftsführer für eine so wichtige Position einzustellen? Wir haben es alles erlebt und alles gehört, und die Medien haben es ausführlich beschrieben. Ich will es nicht wiederholen, weil wir es auch im Untersuchungsausschuss sicherlich noch intensivst aufarbeiten werden.
Natürlich ist es aber so, dass sich die Frage stellt: Wie war es denn überhaupt möglich, dass solche Verfahren in dieser Form abgelaufen sind? Ich glaube, Herr Ziemann sagt an dieser Stelle sehr viel Konkretes. Er verweist auf das Alleinentscheidungsrecht des kaufmännischen Geschäftsführers und nachgeordnete Entscheidungskompetenzen bei den Geschäftsführern, die für die Pflege und für die ärztliche Fürsorge zuständig sind.
Wenn man sich das nebeneinander ansieht, dann macht natürlich auch ein Dreierkollegium von drei Geschäftsführern in einem Klinikum doch nur Sinn, wenn die drei sozusagen auf engste Zusammenarbeit angewiesen sind und wenn sie möglichst die Entscheidungen auch gemeinsam zu treffen haben, denn sonst brauche ich doch keine drei Geschäftsführer, dann reichen mir doch auch zwei Prokuristen und ein Geschäftsführer.
Meine Damen und Herren, das, was wir hierbei erleben und Herr Ziemann ganz präzise ausführt, ist, welche Aufgabenstruktur die Aufsichtsräte und die Geschäftsführer hatten. Wenn einer der Gründe für viele Fehlverhaltensweisen von Herrn Lindner darin lag, dass er ein Alleinentscheidungsrecht hatte, sind wir uns, glaube ich, alle darüber im Klaren, dass das weg muss, und es ist inzwischen weg, es gibt das Vieraugenprinzip. Von mir aus kann es auch ein Sechsaugenprinzip sein. Ich glaube, dass das sehr wichtig ist und dass niemand zweckmäßigerweise ein Alleinentscheidungsrecht haben sollte.
Die Aufsichtsräte, sagt Herr Ziemann, hätten natürlich insbesondere die Aufgabe zu kontrollieren, ob
denn das, was die Geschäftsführer tun und was in der Klinik gemacht wird, der Klinik insgesamt in besonderer Weise nützt. Weil sie diesen Nutzen der eigenen Gesellschaft, der eigenen GmbH im Zentrum ihrer Überlegungen haben, haben Aufsichtsräte dieser Art im Regelfalle nicht die Gesamtlage im Auge, sondern sie haben den Eigennutz der eigenen GmbH im Auge. Das ist auch nahe liegend.
Da wir aber, und da habe ich eine etwas andere Auffassung als Herr Dr. Sieling, natürlich Eigentümer aller vier Kliniken sind und auch die Holding sozusagen von uns gehalten wird, stellt sich doch die Frage: Wenn ich eine große Klinikreform mache und erreichen will, dass die Wirtschaftlichkeit aller Häuser erreicht und ein Konzept entwickelt wird, in dem bei Einführung der Fallpauschalen oder spätestens ein, zwei Jahre später alle Kliniken in voller Funktionsfähigkeit, in voller Wirtschaftlichkeit da stehen, wenn ich sage, wir wollen Kompetenzzentren schaffen, dann bedeutet das, dass ich zwischen den Kliniken natürlich auch umstrukturieren können muss.
Wenn Sie sich das heute in der Lage ansehen, dann kann man unschwer feststellen, dass die Klinik, die es am schwersten hat, das Klinikum Mitte ist und dass dort, weil es die größte Klinik war und ist, natürlich auch die größten Probleme auftauchen und sie auch in der nächsten Zeit gelöst werden müssen. Meine große Sorge ist: Wenn unsere Aufsichtsräte und Geschäftsführungen der anderen drei Kliniken sich nur fröhlich mit sich selbst beschäftigen dürfen, dann stellt sich für mich die Frage: Wer setzt am Ende die Interessen des alleinigen Gesellschafters Freie Hansestadt Bremen durch? Herr Ziemann weist auch darauf hin, dass das der Holding nicht gelungen ist,
weil auch die Holding sozusagen der Holding verpflichtet ist, aber nur dann einen Durchgriff auf die Kliniken hat, wenn die Klinik selbst das Gefühl hat, dass Entscheidungen gegen ihre Interessenlage getroffen werden. Wenn sie gegen ihre Interessenlagen getroffen werden, muss die Klinik nicht mitmachen. Damit ist die Holding ein ziemlich zahnloses Instrument. Ich sage das so ausführlich, weil Herr Professor Ziemann diese ganzen Betrachtungen an das Ende seines Berichts gestellt hat, wenn man so will als ein strukturpolitisches Fazit seiner Gesamtuntersuchung. Ich warne uns ein bisschen davor zu glauben, dass wir uns an diesen Entscheidungen oder Analysen einfach vorbeimogeln wollen. Es geht nicht darum, wie Frau Linnert das einmal so in ihrer freundlichen, pla
(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Doch! Genau das wollen Sie! Frei von jeder Parteipolitik!)
Nein, das war ziemlicher Unsinn, das wissen Sie ja selbst auch! Sie verstehen ja durchaus etwas von den Dingen und haben so eine Verbalakrobatik eigentlich gar nicht nötig.
Wir müssen doch dafür Sorge tragen, dass über die Holding, wenn wir eine haben, die Interessen des Hauptgesellschafters auch gegenüber den vier einzelnen Kliniken durchgesetzt werden können. Das haben wir zurzeit nicht. Wir müssen natürlich auch darauf achten, auf das Gemeinsame, nämlich die Zusammenarbeit der Kliniken, den Austausch von Kompetenzen und die Zusammenarbeit in der Organisation von neuen Strukturen, damit alle Kliniken auch mittel- und langfristig lebensfähig bleiben, damit wir die Arbeitsplätze erhalten können, damit wir alle vier Klinikstandorte erhalten! Ich warne davor, diesen Sachverhalt heute einfach beiseite zu schieben, denn es könnte am Ende dazu führen, dass ein Klinikum auf der Strecke bleibt. Wenn eines auf der Strecke bleibt, dann ist das größte Risiko beim Klinikum Mitte.
Ich möchte dies nur in aller Klarheit und Eindeutigkeit gesagt haben. Wir haben eine große Verantwortung, nicht nur den drei anderen Kliniken gegenüber, sondern insbesondere bei der Situation des Klinikums Mitte, weil es eine Schlüsselfunktion für den Umbau und die Reform unserer Krankenhäuser hat. Ich hoffe, dass wir dies im Untersuchungsausschuss herausarbeiten.
Ich rate allen, die letzten fünf Seiten des Berichtes von Professor Ziemann nachzulesen und sie nicht auszusortieren, denn dort steht auf den letzten fünf Seiten sehr präzise, was eigentlich geschehen muss. Ich rate uns dazu, uns nicht sozusagen das ideologische Wämschen anzuziehen, sondern alles mit kühlem Kopf und sachgerecht zu prüfen und dann auch zu einer Entscheidung zu kommen, die uns in die Lage versetzt, alle Kliniken in einer vernünftigen Struktur durch eine sehr schwierige Umbauzeit zu bringen.