Die Bundesstatistik weist für dieses Jahr eine Beteiligung von 14,5 Prozent der Mädchen aus, und die ergänzenden Untersuchungen des Landesinstituts für Schulpraxis sprechen sogar davon, dass im Jahr 2004 über 40 Prozent aller Schülerinnen der Klassen fünf bis zwölf beteiligt waren und über 1000 Betriebe mitgemacht haben. Das, finde ich, ist großartig, und ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal bei allen Beteiligten dafür bedanken.
Besonders erfreulich ist aber natürlich, dass die Zahl der Mädchen, die sich um Praktikums- und Ausbildungsplätze in nicht besonders weiblichen oder frauentypischen Berufen bewerben, auch in den letzten Jahren stark angestiegen ist, so dass wir von einem Zusammenhang mit dem Girls’ Day ausgehen können.
Seit Einführung des Girls’ Day 2002 beschäftigt uns aber auch die Frage: Was machen wir eigentlich an diesem Tag, und auch grundsätzlich in der Berufsorientierung, mit den Jungen? Eine kritische Reflexion des Geschlechteraspektes als Bestandteil der Lebens- und Berufsorientierung ist natürlich auch für die Jungen notwendig. Hier haben wir einen großen Aufholbedarf. Obwohl die Konzeption des Girls’ Days vorsieht, geschlechtergerechte ergänzende Unterrichtsangebote für die verbliebenen Jungen, aber auch Mädchen vorzuhalten, zeigt die Praxis, dass das längst noch nicht selbstverständlich ist, sondern eher dem Zufall überlassen bleibt. Was hier fehlt, ist ein Konzept, das sich mit den besonderen Voraussetzungen und Belangen der Jungen auseinandersetzt, um es auch ihnen zu ermöglichen, geschlechterspezifische Rollenmuster zu reflektieren, um dann gegebenenfalls in der eigenen Lebens- und Berufsplanung auch davon abzuweichen.
Nicht akzeptabel wäre für uns als SPD-Fraktion, aus dem Girls’ Day jetzt einfach einen Girls’ und Boys’ Day zu machen. Damit würde nämlich erstens das Besondere dieses Tages wegfallen, und zweitens wissen wir gar nicht, ob der Girls’ Day überhaupt eine Plattform ist, auf der sich das Jungenthema abbildet. Das muss überhaupt erst einmal untersucht werden.
Stattdessen schließe ich mich meiner Vorrednerin an und mache noch einmal deutlich, dass wir einfordern, die bereits vorhandenen Bausteine, einige sind genannt worden, ich gehe noch einmal auf den Haushaltspass oder auch das Babysitterdiplom ein, zu einem Konzept zusammenzuführen, so dass sichergestellt ist, dass sowohl für Mädchen als auch für Jungen die unterschiedlichen Voraussetzungen für eine geschlechterbezogene Berufsorientierung berücksichtigt werden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es muss eine Trendwende in der Berufsorientierung für Mädchen und Jungen geben. Es ist in der heutigen Zeit nicht mehr vertretbar, das alte Klischee der Frauenberufe und Männerberufe beizubehalten. Deshalb ist vor sechs Jahren der Girls’ Day eingeführt worden, das Land Bremen beteiligt sich seit 2002. An jedem vierten Donnerstag im April ist Girls’ Day oder auch der Mädchenzukunftstag.
In ganz Deutschland laden Betriebe und Unternehmen Schülerinnen der Klasse fünf ein, derzeit noch frauenuntypische Berufe zu entdecken. In den letzten Jahren haben Unternehmen mit mehr als 17 000 Veranstaltungen über 385 000 Mädchen erreicht. Mit ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
ihrer Beteiligung am Aktionstag begeistern Betriebe, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und andere Institutionen weiblichen Nachwuchs für die Zukunftsberufe in den Bereichen Technik, Handwerk, Ingenieur- und Naturwissenschaften. Das sind alles Berufe, die nicht unbedingt mädchentypisch sind.
Aus den Erfahrungen der letzten Jahre mit dem Girls’ Day und zur weiteren Vernetzung der Aktivitäten wurden ab November 2004 Regionalkonferenzen initiiert. Den Beginn der Konferenzreihe bildete die Regionalkonferenz Nord, die am 8. November 2004 in der Agentur für Arbeit in Hamburg stattfand. Die erste bundesweite Fachtagung fand in Berlin statt unter dem Titel „Girls’ Day – Erfahrungen und Perspektiven“.
Perspektiven sollen aber auch die Jungen haben, Erfahrungen nicht nur in männertypischen Berufen. Warum soll ein Mann nicht auch ein guter Kindergärtner oder ein guter Hutmacher sein? In der Gastronomie hat er uns schon den Kochlöffel aus der Hand genommen. Es gibt hervorragende Köche, so wie es auch hervorragende Lkw-Fahrerinnen gibt. Wir müssen endlich von diesem Klischeedenken wegkommen. Die Zeit des ersten Berufswunsches der Jungen als Lokomotivführer muss vorbei sein.
Deshalb müssen auch die Jungen diesen Aktionstag nutzen. Sie können sich am Girls’ Day intensiv mit persönlichen Berufs- und Lebenszielen auseinandersetzen. Das bundesweite Projekt „Neue Wege für Jungs“ bietet Jungen der Klassen fünf bis zehn die Chance, sich mit persönlichen Lebenszielen und Berufswünschen auseinanderzusetzen. Das Projekt „Neue Wege für Jungs“ startete vor einem Jahr. Einzelne Initiativen organisieren am Girls’ Day Aktionen für Jungen. Angesprochen werden Schulen und Verbände, Jugendeinrichtungen, Arbeitsagenturen und andere Akteure. Die Jungen sollen vermehrt Einblicke in Sozial-, Pflege- und Erziehungsberufe haben. Frauentypische Arbeitsfelder wie Verwaltung, Handel und Gesundheit sollen für die Jungen aufgeschlossen sein. Vielleicht gelingt es auch, Kontakte zu Männern zu knüpfen, die aus ihren Erfahrungen erzählen können, die schon in diesen männeruntypischen Berufen arbeiten.
Ich finde, es ist an der Zeit, dass ein Umdenken stattfindet. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass Männer, die einen Staubsauger, ein Bügeleisen benutzen oder auch einmal bei ihren Kindern Windeln wechseln, eine höhere soziale Kompetenz haben. Diese Männer sind nicht nur teamfähiger, sondern auch bei Konflikten eher bereit einzulenken. Soziale Kompetenzen zu haben kann im Leben nur hilfreich sein.
Meine Damen und Herren, für Jungen, die soziale Berufsfelder kennenlernen wollen, ist es unbedingt notwendig, sie zu unterstützen und zu ermutigen, diesen Schritt auch zu wagen. Was bei den Mädchen
hervorragend funktioniert, sollte uns auch bei den Jungen gelingen. Damit es aber gelingt, sollte es eine angemessene Vor- und Nachbereitung des Girls’ Days oder auch des Jungentages in der Schule geben. Schön wäre es, wenn in der Schule die einseitigen Rollenzuweisungen von Frauen und Männern beleuchtet und diskutiert würden. Nur so können wir Gender Mainstreaming auch den Jugendlichen beibringen.
Gleichberechtigung bei den Jungen, nicht nur Schlosserinnen, auch Altenpfleger brauchen wir! Deshalb fordern wir den Senat auf, bis Ende 2006 für das Land Bremen ein Konzept zur Verstetigung des Girls’ Days zu erarbeiten. Außerdem soll durch das Bildungsressort ein Konzept erstellt werden, das den besonderen Belangen der Jungen gerecht wird. Sie sehen also, meine Damen und Herren, frauenpolitische Sprecherinnen und Frauenpolitikerinnen können nicht nur für Mädchen und Frauen sprechen, sondern sie sprechen im Namen der Gleichberechtigung auch für die Männer und Jungen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Mädchenzukunftstag ist seit mehreren Jahren in Bremen zu einer richtigen Institution geworden. Ich denke, in erster Linie ist das der Gleichstellungsstelle zu danken, die das seit Beginn mit großem Enthusiasmus, großem Engagement hinbekommen hat, dass wir bundesweit, was die Beteiligung angeht, ganz an vorderster Stelle stehen. Aber, das ist in diesem Antrag und auch durch die Redebeiträge sehr schön deutlich geworden, wir können das Konzept noch verbessern, indem wir besser vor- und nachbereiten. Dies darf nicht nur ein Tag, ein Besuch sein.
An der Stelle ist es natürlich auch ausdrücklich zu loben, dass die Betriebe das so unglaublich gut mitmachen, denn wir haben nie Schwierigkeiten gehabt in den letzten Jahren, die entsprechenden Plätze in den Unternehmen zu bekommen. Aber die Vor- und Nachbereitung können wir verbessern, denn ich würde es unglaublich gern verstetigen, dass die Mädchen in den Bereichen besser vorbereitet werden, die zu Hause mit den Freunden oder in den Medien ganz anders dargestellt werden.
Wir dürfen uns bitte nicht einbilden, dass Schule maßgeblich prägt, sondern die maßgebliche Prägung, das ist wie in der Erziehung ganz allgemein übrigens, die Erziehung fängt ja nicht erst in der Schule an, sondern in erster Linie zu Hause, in der Familie. Da bekommen ganz viele Kinder, junge Mädchen, aber genauso die Jungen, natürlich mit: Damit spielt man nicht, das macht man nicht, das brauchst du nicht. Diese Erziehungsmuster in den Familien sind ganz
Nicht, dass wir glauben, dass das allein eine Sache der Schule sei! Darauf müssen wir ganz besonders auch achten, dass wir die Eltern mit ins Boot nehmen, um ihren Blick dafür zu schärfen, dass die Berufswünsche doch differenzierter betrachtet werden müssen.
Seit Dienstbeginn predige ich, wir brauchen mehr Grundschullehrer. Wir haben dort eine Relation von 20 zu eins, auf 20 Grundschullehrerinnen kommt ein Grundschullehrer. Was für ein Wahnsinn angesichts auch der Zusammensetzung der Familien heute! Wir brauchen dringend mehr Lehrer an den Grundschulen. Aber was tun wir eigentlich, um das zu unterstützen? An dieser Stelle sei das auch betont. Deshalb finde ich diesen Antrag so erfrischend, weil er eben nicht nur sagt, wir müssen den Mädchentag weiter unterstützen, sondern er sagt, es gibt genauso die Notwendigkeit, dass wir den Familien, den Schulen, den Jungen und Mädchen eben verdeutlichen, dass es andere Berufe gibt als die Berufe, die von den Medien so sehr in den Vordergrund gerückt werden.
Natürlich darf ich jetzt auch nicht den Umgang der Schülerinnen und Schüler vergessen, im Neudeutschen sagt man dazu die „Peers“, also diejenigen, mit denen die Jugendlichen stärker zusammen sind als mit den Eltern. Auch das ist ein ganz wesentlicher Bereich. Die werden ganz stark geprägt, und wehe, da sagt ein Mädchen dann, sie will Naturwissenschaftlerin werden, wenn doch der Trend ganz anders ist und wenn es ganz uncool ist, die Naturwissenschaften als Leistungskurs anzuwählen, obwohl die Noten alle bestens sind. Sie kennen den Bruch nach der zehnten Klasse, die Mädchen sind alle generell in den naturwissenschaftlichen Fächern immer ganz spitzenmäßig, aber dann, wenn es an die Leistungskurse in Mathematik und in den Naturwissenschaften geht, stellen wir mit einem Mal fest, das dreht sich schon da, schon in der gymnasialen Oberstufe dreht sich das. Da müssen wir deutlich besser sein.
In dem Zusammenhang darf ich auch noch einmal eben ganz kurz nach Bremerhaven schauen. Da haben wir das AWI-Projekt, und gehen Sie in das AWIProjekt hinein, dann sehen Sie, dass ganz viele junge Frauen, das sind ja schon junge Frauen in der gymnasialen Oberstufe, sich daran beteiligen, es durch solche konkreten Projekte vorzuleben. Innerhalb der Schule ist es den jungen Frauen zu ermöglichen, an diese Berufe herangeführt zu werden. Das ist die Diskussion, die wir in der Debatte um die Karrieren von Frauen auch an den Hochschulen, an den wissenschaftlichen Einrichtungen, geführt haben. Das ist genau Hand in Hand übergreifend, das sind dann die Übergänge, die wir deutlich in unserem Land verbessern müssen.
Deshalb finde ich auch diesen Antrag sehr zielführend, wenn wir durch gezielte Maßnahmen erreichen würden, es hinzubekommen, dass die Mädchen wie auch die Jungen sich doch anders orientieren, als es innerhalb der Familie, des Freundeskreises oder auch der Schulen vorgegeben wird. Dann würden wir einen Schritt vorankommen. – Schönen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und der CDU mit der DrucksachenNummer 16/1080, Neufassung der Drucksache 16/ 1053, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Koalitionsvertrag hat sich die große Koalition darauf verständigt, das Bafög in der jetzigen Form zur Finanzierung des Lebensunterhaltes beizubehalten. Ziel ist es, eine Chancengleichheit herzustellen. Wir haben vielfach auch im Haushalt aufgeführt bekommen, dass im Laufe der Jahre, und zwar ist das auch deutlich aus der Antwort des Senats zu sehen, Veränderun––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.