Ich kann dieses Nein, was ja eben bei den Haushaltsberatungen vorgetragen worden ist, überhaupt nicht verstehen. Das ist doch eigentlich wie ein Dreisatz. Ich weiß nicht, können Sie keinen Dreisatz anwenden? Ich bin gern bereit, es Ihnen zu erklären! Normalerweise müssten das hier alle beherrschen, es ist ja Bestandteil des Unterrichts in den Schulen und sogar in den Grundschulen. Sollen die Staatsausgaben denn nur durch Lohnsteuer finanziert werden? Will die CDU durch unsere Republik ziehen, um Unternehmen nach Bremen mit dem Hinweis auf den maßvollen Gesetzesvollzug bei den Steuerfestsetzungen zu locken? Ich bezweifle, ob das im Sinne der hanseatisch denkenden und handelnden Unternehmen hier in Bremen ist!
Ich ziehe ein Fazit: Außendienstmitarbeiter und -mitarbeiterinnen kosten Geld, aber sie bringen mehr Geld ein. Untersuchungen von Rechnungshöfen, nicht nach dem verfassungsrechtlichen Gebot, aber über Kosten- und Leistungsrechnungen, belegen, dass auch die Innendienstmitarbeiter und -mitarbeiterinnen mit ihren Tätigkeiten wesentlich mehr Geld einbringen würden, als sie kosten.
In Zeiten knapper Kassen ist die Einnahmeverwaltung des Staates nicht zu schwächen, sondern zu stärken. Darum, meine Damen und Herren, kein Abbau von Personal in den Finanzämtern, sondern angemessener Personaleinsatz nach den Ergebnissen der Personalbedarfsberechnung und unter Berücksichtigung des Quervergleichs mit anderen Bundesländern! – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der SPD-Fraktion „Einnahmesituation Bremens verbessern“ ist, so verstehe ich die Anfrage, an einer Sorge um die Qualität der Einnahmeverwaltung, also auch der Steuerverwaltung ausgerichtet. Es steht dabei weniger im Vordergrund, wie man die Einnahmen durch Steuererhöhungen verbessern kann. Ich erinnere dann auch an die gestrige Sitzung.
Um der Frage der Einnahmeverwaltung jetzt einmal den Blick zuzuwenden, möchte ich eines deutlich sagen: Wenn hier der Eindruck erweckt wird, dass die Finanzverwaltung nicht funktionsfähig ist oder dass die Finanzverwaltung und der Steuervollzug in Bremen als Standortfaktor interpretiert werden, möchte ich das doch mit aller Deutlichkeit zurückweisen. Dies ist nicht der Fall!
nehmend eine zugespitzte Diskussion um die Bundessteuerverwaltung haben, also um die Frage, ob der Bund perspektivisch die Steuerverwaltung einheitlich vornehmen wird oder ob die Steuerverwaltung weiter bei den Ländern bleibt. Wenn man es wie ich und, ich glaube, wir alle hier für einen zentralen Bestandteil des Föderalismus hält, dass der Vollzug, also hier die Steuerverwaltung, bei den Ländern bleibt, dann folgt daraus auch die Konsequenz, dass man als Land die Steuern auch des Bundes, Gemeinschaftssteuern, ordnungsgemäß vollzieht. Ich glaube, das ergibt sich von selbst. Wenn man dieser Überlegung folgt, dann ist auch klar, dass es sich verbietet, daraus eine standortpolitische Frage zu machen, sondern es geht darum, einheitlich und unter den Aspekten der Steuergerechtigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung Steuergesetze zu vollziehen.
Ich stehe hier natürlich in zweierlei Funktion vor ihnen, einerseits als jemand, der zentral dafür verantwortlich ist, dass wir unsere Haushaltsansätze und die Haushalte einhalten, andererseits natürlich auch als jemand, der für seine Verwaltung verantwortlich ist. Im zweiten Sinne freut es mich natürlich, wenn einerseits diskutiert wird, wie wir in personeller Hinsicht die Verwaltung im Finanzressort und in den Finanzämtern verbessern können. Andererseits muss man natürlich auch klar sagen: Auf Basis der bestehenden Personalentwicklungsquoten sind wir ein Überhangressort und haben in der Vergangenheit zu viel Personal aufgebaut. Ob das Personal heute immer in den Bereichen tätig ist, die wir für den Vollzug der Steuerverwaltung haben, also dort, worüber wir heute diskutieren, ist eine andere Frage, aber wir müssen zunächst einmal mit dem Thema umgehen. Deswegen hat das Finanzressort ein Konsolidierungskonzept aufgelegt, um aufzuzeigen, wie wir in den nächsten Jahren mit den Personalüberhängen und unserem Budget klarkommen. Das muss man im Hinterkopf haben.
Gleichwohl räume ich ein, dass wir in bestimmten Bereichen trotz konsequenter Möglichkeiten einer Flexibilisierung des Einsatzes von Mitarbeitern und eines verstärkten EDV-Einsatzes Schwierigkeiten haben, die Standards, die wir heute noch gut halten, auch in Zukunft zu halten, beispielsweise bei der Betriebsprüfung. Deshalb müssen wir uns, und deswegen bin auch dankbar für die Debatte, mit diesem Thema auseinandersetzen.
Ich sage aber auch noch einmal in diesem Zusammenhang: Man kann die Debatte auch nicht abstrakt führen. Was machen wir denn in der Finanzverwaltung? Wir machen den Steuervollzug, wir machen nicht die Steuergesetze! Eines unserer großen Problemfelder ist natürlich die Anfälligkeit des Gesetzgebers, uns immer wieder mit neuen Steuergesetzen zu konfrontieren, die zunehmend komplizierter werden und mit mehr Ausnahmetatbeständen versehen sind und die zunehmend nicht der Einnahmeerzielung dienen oder der Gleichmäßigkeit der Besteue
rung, sondern Elementen von Wirtschaftsförderung oder Wirtschaftspolitik, die zunehmend Elemente von Familienpolitik enthalten. Das heißt, man missbraucht – erlauben Sie mir den Ausdruck missbrauchen! – das Steuerrecht für wirtschafts-, familien- oder sozialpolitische Fragestellungen und bürdet das der Finanzverwaltung im Vollzug auf.
Das ist auch ein Teil unseres Problems in der Finanzverwaltung, dass wir einfach nicht in der Lage sind, mit der Schnelligkeit und den Halbwertszeiten von Steuergesetzen umzugehen, denn je komplexer die Materie ist, desto mehr müssen wir Aufwand betreiben mit Schulungen, dem Anpassen von EDVProgrammen et cetera. Deswegen darf man die Debatte meines Erachtens nicht abstrakt führen, sondern man muss sie in den Kontext der aktuellen Steuergesetzgebung einordnen. Damit sind Sie als Landesparlament letztlich natürlich auch betroffen.
Für mich ist entscheidend, und da komme ich auch zu dem Punkt der Personalbedarfsberechnung, dass man die Steuerverwaltung wie jede andere Verwaltung auch outputorientiert sehen muss. Für mich ist also zunächst nicht die Frage entscheidend, wie viel Personal oder wie viel andere Ressourcen ich habe, sondern was die Leistungsfähigkeit meiner Verwaltung ist. Deswegen ist eine Personalbedarfsberechnung wichtig, und man kann sie als Instrument der Innensteuerung nutzen, aber sie ist nur eingeschränkt aussagefähig, wenn man sie als Aussage über die Leistungsbilanz einer Verwaltung nehmen will.
Das bestätigt auch unsere gute Position im Bundesvergleich, die nach wie vor ordentlich ist, aber, und das ist hier angesprochen worden, da finden Sie meine Zustimmung: Wenn wir perspektivisch in die nächsten Jahre schauen, dann werden wir insbesondere durch Personalabgang in den Betriebsprüfungsstellen Probleme bekommen. Hier kann es in der Tat so sein, dass wir dann riskieren, nicht diese steuerlichen Mehrergebnisse zu haben, die wir bislang in diesem Bereich haben.
Man kann einiges durch Umsteuerung von Bediensteten des gehobenen Dienstes aus dem Innendienst heraus machen, aber das ist nicht allein die Lösung, insbesondere angesichts eines Personalabbaus im Veranlagungsbereich um 20 Prozent in den letzten drei Jahren. Hier müsste eine grundlegende Reorganisation erfolgen. Ich sehe aber nicht, dass wir das mit den jetzigen Ressourcen machen können, und ich sehe es auch nicht vor dem Hintergrund immer neuer Steuergesetzgebungen, dass wir dazu in der Lage sind. Wenn wir die PEP-Quoten ernst nehmen, und das tue ich, dann haben wir zurzeit auch keine Möglichkeit, für die Betriebsprüfung von außen durch Neueinstellungen im gehobenen Dienst etwas zu tun. Damit werden wir, und das muss ich Ihnen deutlich sagen, im Vergleich der alten Bundesländer hinsichtlich der
Personalressourcen abrutschen, voraussichtlich sogar auf den vorletzten Platz. Das zeigt die Dramatik in dem Bereich.
Es ist hier vorhin die Frage der Steuergerechtigkeit von kleineren Unternehmen oder Unternehmen im Verhältnis zu Arbeitnehmern angesprochen worden. Ich kann dazu nur sagen: Wir wissen, und es ist von Frau Linnert hier auch dankenswerterweise angesprochen worden, dass Unternehmen Wert darauf legen, eine ordentliche und gut ausgebildete Betriebsprüfung zu haben. Sie haben ein großes Interesse daran, geprüft zu werden, vor allem ein großes Interesse daran, zeitnah geprüft zu werden. Unabhängig von Verzugszinsen, die auflaufen, haben sie natürlich in dem Zeitraum, in dem sie nicht geprüft sind, eine große Rechtsunsicherheit. Je komplexer die Rechtsmaterie, auch wenn sie von Steuerberatern beraten werden, desto unklarer und weniger richtig ist das Steuerergebnis, das sie deklarieren.
Mittlerweile ist insbesondere das Umsatzsteuerrecht, zum Beispiel für viele Unternehmen im Außenhandel so komplex geworden, dass es schwierig zu überschauen ist. Hier bringt Betriebsprüfung Rechtssicherheit. Manchmal wird ja der Eindruck erweckt, die Unternehmen wehrten eine Betriebsprüfung ab. Ganz im Gegenteil, die meisten sind ordentliche Unternehmen, und sie wollen die Betriebsprüfung zeitnah haben aus den genannten Gründen der Rechtssicherheit und auch, um Verzugszinsen zu vermeiden.
Eines ist auch deutlich: Wir stellen fest, dass Großunternehmen es zunehmend darauf anlegen, Steuern quasi in der Betriebsprüfung zu deklarieren, die ganz einfach darauf spekulieren, dass sie eben Zinsvorteile haben, wenn sie mit den im Grunde abzuführenden Steuern über Jahre hinweg liquiditätsmäßig arbeiten und wirtschaften können. Das ist nicht hinnehmbar! Das ist eine Tendenz, die wir bei international operierenden Konzernen feststellen, das sind also nicht die klassisch-typischen Mittelständler. Das hat sich in den letzten Jahren zunehmend ausgeprägt, davon sind wir in Bremen auch betroffen, weil wir durch einige Verkäufe und Großkonzerne hier auch eine Änderung in der Bilanzierungsstruktur und in der Steuerstruktur haben. Da müssen wir heran. Deshalb ist es natürlich insbesondere problematisch, wenn wir im Rahmen der Großbetriebsprüfungen nicht mehr die Leistungen erbringen können, die wir in der Vergangenheit erbracht haben.
Ich gebe Ihnen auch Recht: Sie können Betriebsprüfer eben nicht von einem Tag auf den anderen herbeizaubern. Die Vorlaufzeiten sind im Schnitt zwischen acht und zehn Jahren, wenn Sie wirklich professionelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich haben wollen. Das heißt, man muss hier vorausschauend aufbauen. Im Markt ist auch nicht zu viel einzukaufen, weil die wirklich herausragenden Leute oft gern von den Unternehmen eingekauft werden. Da muss Bremen meines Erachtens perspek
In den anderen Bereichen, denke ich, können wir durch EDV-Maßnahmen, beispielsweise durch Umstellung auf das EOS-Verfahren, sowie durch eine forcierte, stärkere Zusammenarbeit, insbesondere zwischen den norddeutschen Ländern, die Effektivität der Steuerverwaltung halten, aber auch dem sind Grenzen gesetzt. Wenn wir uns die jetzige Personalentwicklung im Finanzverwaltungsbereich anschauen, dann haben wir eigentlich erst wieder Gestaltungsmöglichkeiten ab 2010/2011. Bis dahin sind uns Abbauraten auferlegt. Hier müsste man noch einmal in eine Diskussion einsteigen, wie man mit dem Thema insbesondere bei der Betriebsprüfung umgeht.
Refinanzierungsmöglichkeiten in meinem Ressort, Frau Ahrens, die Sie angesprochen haben, sehe ich nicht. Wenn wir dort Luft hätten, etwas zu refinanzieren, würden wir das tun. Es müsste präzisiert werden, was Sie damit genau meinen. Wir haben trotzdem in einem gewissen Umfang das getan, was wir tun können. Wir haben 25 Ausbildungsplätze aufgestockt. Das werden wir in den Folgejahren fortführen, und wir werden ab 2007 auch wieder einen Ausbildungslehrgang im mittleren Dienst durchführen. Das sind erste kleinere Gegensteuerungsmaßnahmen, die aber bei dem grundsätzlichen Problem keine Abhilfe schaffen werden.
Frau Linnert, Sie haben das Thema angesprochen, dass Bremen sich durch Initiativen noch stärker im Bundesrat profilieren sollte. Ich habe eine Initiative zur Steuervereinfachung durch die Selbstveranlagung auf den Weg gebracht, allerdings nicht im Bundesrat, sondern zunächst einmal in Vorabstimmung bei den Finanzministerkollegen und beim Bundesfinanzministerium. Das ist ein Verfahren, das in den USA und den Niederlanden mit großem Erfolg praktiziert wird, nämlich dass sich der Steuerbürger zunächst selbst veranlagt und wir dann in der Finanzverwaltung quasi mit einem Kontrollverfahren sicherstellen, dass es nicht zu Schummeleien kommt. Allerdings sind dabei auch die Strafen für die, die sich falsch selbst erklären, enorm hoch, und auch die Steuerberater werden mit einbezogen, das heißt also, wenn ein Steuerberater für einen Steuerpflichtigen eine Erklärung abgibt, steht er wie ein Architekt im Baubereich quasi mit in der Haftung. Das funktioniert in anderen Ländern deutlich. Die USA und die Niederlande kommen im Verhältnis zu uns mit einem Minimum an Steuerverwaltung aus.
Das ist nicht auf Wohlwollen gestoßen, weil das natürlich eine Umstellung insgesamt, auch in der Kultur, in der Mentalität einer Steuerverwaltung bedeuten würde, die sich vor einigen Jahren noch viel stärker als obrigkeitsausgerichtete Verwaltung verstanden hat als jetzt zunehmend, was wir im Ressort versuchen, als eine kundenserviceorientierte Verwaltung.
Sie haben die Ziele angesprochen. All das sind Zeichen, dass wir versuchen, eine Umsteuerung zu erreichen. Ich bin froh, dass die Mitarbeiter das sehr gut annehmen und aufgreifen und dass wir da sehr motiviert sind. Deswegen würde uns zum Beispiel ein solches Verfahren der Selbstveranlagung im großen Umfang Entlastungen bringen. Ich sage Ihnen eines voraus: Selbst wenn das Parlament mir eines Tages mehr Stellen bewilligen sollte, bin ich sicher, dass das gleiche Parlament auf übergeordneter Ebene mir so viele neue Steuergesetze ins Haus schicken wird, dass ich auch mit dieser Personalaufstockung nicht klarkommen würde. Wir müssen zu Veränderungen in den Strukturen kommen. Wir müssen auch zu einer gewissen Vereinfachung, gerade im Veranlagungsbereich, kommen, und dann können Sie den Begriff Steuergerechtigkeit meines Erachtens richtig ernst nehmen. – In dem Sinne vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte uns die Mittagspause nicht lange verweigern, aber doch noch auf einen Punkt eingehen: Frau Schwarz hat vorhin angesprochen, dass ein Antrag eingereicht worden wäre. Wir hatten uns innerhalb der großen Koalition darauf geeinigt, dass die Änderungsanträge zum Haushalt von der SPD-Fraktion gestellt werden. Der CDUBürgerschaftsfraktion liegt ein schriftlicher Antrag von Frau Wiedemeyer bezogen auf diese zehn Betriebsprüfer, von denen Sie gesprochen haben, nicht vor. Insofern gehe ich davon aus, dass dieser Antrag das Stadium der Träume nicht überschritten hat. Folglich konnten wir uns natürlich dazu auch nicht positionieren.
(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Immer nur heiße Luft bei der gro- ßen Koalition!)
Frau Stahmann, ich weiß, dass Sie das immer gern so sehen, aber ich glaube, hinter der heißen Luft ist eine ganze Menge Substanz!
Bezogen auf diesen einen Punkt wollte ich das noch einmal klarstellen. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Einen anderen Punkt möchte ich Herrn Dr. Nußbaum noch mit auf den Weg geben. Wenn man sich das Konsolidierungskonzept anschaut, in den Zahlen, die Sie vorgelegt haben, stellt man fest, dass wir bis zum Jahr 2010 auch mit den angestellten Gegensteuerungsmaßnahmen dennoch ein Problem haben, weil wir uns unterhalb der PersonalbedarfrechnungsZahlen bewegen werden, auch unterhalb der PEPZahlen, und insofern denke ich, dass Sie da sicherlich noch einmal genauer schauen müssen. Wir müssen im weiteren Haushaltsvollzug auch begleiten, inwiefern man dort noch durch zusätzliche Betriebsprüferinnen, Betriebsprüfer und Absolventen, die man sich aus anderen Bundesländern einkauft, weiter nachsteuern kann, denn nach den Zahlen haben Sie da ganz klar noch Möglichkeiten. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats auf die Drucksache 16/1036 auf die Große Anfrage der Fraktion der SPD Kenntnis.