Protocol of the Session on June 15, 2006

dern. Aber man hat sich immer darum bemüht, zum Beispiel in einem Gleichklang der polizeirechtlichen Instrumente zu sein, und ich schließe überhaupt nicht aus, dass uns das auch hier gelingt. Natürlich kann ich die Skepsis verstehen, aber sie überwiegt bei mir auch in diesem Bereich nicht, sondern ich denke, man kann mit der Skepsis auch umgehen.

(Glocke)

Herr Bürgermeister, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage zu beantworten?

Selbstverständlich!

Bitte, Frau Dr. Mathes!

Herr Bürgermeister, ich würde gern von Ihnen wissen, woher Sie die Sicherheit nehmen, wenn wirklich das mit der Abweichungsgesetzgebung im Umweltbereich realisiert wird, dass dann noch die Möglichkeit besteht, ein konsistentes Umweltgesetzbuch zu verabschieden beziehungsweise auch zu erstellen. Gerade der Sachverständigenrat für Umweltfragen sagte das Gegenteil, dass genau mit diesen Regelungen die Chance für so ein einheitliches Umweltgesetzbuch vertan wird.

Frau Dr. Mathes, ich habe ja gesagt, Ihre Skepsis ist mir nicht fremd. Sicherheit gibt es nicht, generell nicht im Leben, und wenn Politiker am Werk sind, dann wahrscheinlich auch nicht.

(Abg. Frau M ö b i u s [SPD]: Erst recht nicht!)

Aber es ist ja doch nicht der Automatismus, der dazu führt, sondern es ist die Frage, wie wir mit Kompetenzen umgehen. Deswegen lassen Sie uns doch dafür werben und gemeinsam dafür eintreten, dass wir verantwortungsbewusst mit diesen Kompetenzen umgehen!

Ich komme zu dem Bereich Bildungspolitik, Wissenschaftspolitik. Im Bereich der Bildungspolitik hat mich schon irritiert, wie einige so getan haben, als ob durch diese Föderalismusreform erstmalig in Deutschland entschieden wird, dass die Bildungskompetenz eine Kompetenz der Länder ist. Einige haben ja gesagt, das ist irgendwie etwas ganz Neues. Seit 1949, seit es das Grundgesetz gibt, ist die Bildungspolitik die Kernkompetenz der Länder. Ich sage hier auch einmal ganz freimütig, ich kann mir auch nicht gut vorstellen, dass Frau Schavan Dienstvorgesetzte aller Lehrer in Deutschland ist. Nichts gegen Frau Schavan, aber das stelle ich mir als bürokratisch und anstrengend vor, und das, was wir in der Länderkompetenz in der Bildungspolitik haben, ist eine vernünf

tige Teilung der Kompetenzen in Deutschland, und dabei muss es auch bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Eine ganz andere Frage ist das Zusammenwirken von Bund und Ländern, und da teile ich all das, was zur Notwendigkeit gesagt ist. Carsten Sieling hat es ja auf den Punkt gebracht: Angesichts der Herausforderung der Globalisierung, unter Standort-, unter Lebenschancen- und Gleichrangigkeitsgesichtspunkten ist es wichtig, dass wir hier alle Ebenen möglichst im Sinne einer guten Zielerreichung zusammenschließen.

Da ist der Punkt, den wir jetzt als Kooperationsverbot bezeichnen. Im jetzigen Artikel 104 a Absatz 4 des Grundgesetzes steht, dass der Bund Finanzhilfen, Investitionshilfen leisten kann. Das war der Weg, über den zum Beispiel das Ganztagsschulprogramm finanziert worden ist. Wir wissen, das war gut! Wir sagen – gerade aus Bremer Sicht –, das war gut und wichtig, es war eine ganz große Leistung, die wir zu schätzen wissen.

(Beifall bei der SPD)

Im neuen Artikel 104 b Absatz 1 soll es nun heißen, solche Investitionshilfen des Bundes sind dann nicht zulässig, wenn die Gesetzgebungskompetenz für einen Bereich ausschließlich bei den Ländern liegt. Das würde bedeuten, dass im Bereich der Bildungspolitik solche Kooperationen nicht möglich sind, das würde unter anderem bedeuten – Frau Schön hat es angesprochen –, dass im Bereich der Wissenschaftspolitik solche Kooperationen im Bereich der Lehre nicht möglich wären, in der Forschung ja, das hat etwas mit dem neuen Artikel 91 b im Grundgesetz zu tun.

Meine Damen und Herren, da habe ich überhaupt kein Problem, sofort einzustimmen, das ist nach meiner Überzeugung keine vernünftige Regelung.

(Beifall bei der SPD)

Ich will mit den Kräften, die wir aus Bremen dazu mobilisieren können, mithelfen, dass wir noch zu einer Veränderung kommen. Da gibt es ja – wer die Zeitungen der letzten Tage gelesen hat, weiß das – unterschiedliche Vorstellungen. Die einen sagen, wir wollen das Kooperationsverbot im Bereich der Wissenschaft aufgeben. Herr Dr. Zöllner, der Kollege von Willi Lemke aus Rheinland-Pfalz, sagt, wir müssen mit Blick auf die wachsenden Studierendenzahlen doch mindestens dafür sorgen, dass wir dieser Lage entgegentreten können und mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung etwas zeigen können.

Es gibt andere, die sagen, das ist zu wenig im Wissenschaftsbereich, zu denen zähle ich. Ich sage, ich

möchte es auch für den Bildungsbereich aufgehoben sehen. Da gibt es Argumente derjenigen, die sagen, wir wollen das Kooperationsverbot, das lautet, wir wollen nicht den goldenen politischen Zügel des Bundes haben. Man legt uns Geld vor die Tür und sagt, damit ist aber auch eine politische Erwartung verbunden. Dem kann man schnell entgegentreten, darüber wird auch diskutiert.

Es könnte eine Lösung sein, dass man sagt, solche Hilfen sind dann zulässig, wenn sie durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen. Das wäre eine Ergänzung, die man machen könnte. Beim Ganztagsschulprogramm brauchte man das nicht, das war ein Programm der Bundesregierung. Wenn man sagt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Bundesgesetz, dann wäre das durchaus eine Lösung. Ich hoffe, dass sich so etwas durchsetzt. Ich möchte mich jedenfalls dafür einsetzen.

Frau Schön, zu Professor Hoffmann muss ich eine Bemerkung machen! Sie haben ihn missverstanden, völlig missverstanden! Ich hoffe nicht, dass das absichtlich war, ich unterstelle Ihnen das einfach einmal nicht.

(Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich habe nur zitiert!)

Professor Hoffmann ist bei der Anhörung Sachverständiger gewesen, im Übrigen zwar von Bayern vorgeschlagen, aber das ehrt doch durchaus den bremischen Staatsrat, dass er bei der Sachverständigenanhörung im Bundestag und Bundesrat dabei war. Ich finde, das ist eine Auszeichnung, dass die Kompetenz so hoch eingeschätzt wird.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Professor Hoffmann hat gesagt, ja, es war wichtig, und es soll auch in Zukunft möglich sein, dass der Bund in bestimmten Bereichen auch bei Bildung und Wissenschaft helfen kann, aber seine Vorstellung ist es, dass das nicht über Artikel 104 b geht, sondern er sagt, man muss konsequent sein, und wenn die Länder Kompetenzen haben, gibt es Aufgaben, die wir aus gesamtstaatlicher Sicht für notwendig und für erfüllbar halten, und dann müssen die Länder die entsprechenden Steuermittel bekommen, um diese Aufgaben wahrzunehmen. Deswegen hat er vorgeschlagen, dass durch eine Neuregelung der Umsatzsteuerverteilung die Länder die Finanzmittel bekommen, die sie brauchen, um zum Beispiel das Ganztagsschulprogramm zu erfüllen. Es geht also um ein anderes Instrument, aber nicht um eine Ablehnung dieses Ziels. Das möchte ich bitte ganz ausdrücklich zur Ehrenrettung von Reinhard Hoffmann sagen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss das wiederholen, was ich am 7. März im Bundesrat gesagt habe! Ich habe dort gesagt: Nach der Reform ist vor der Reform. Damit habe ich ausge

drückt, dass wir die Stufe eins brauchen, um zur Stufe zwei zu kommen, übrigens etwas, was die Sachverständigen bei der Anhörung vom Bundestag und Bundesrat auch gesagt haben. Es hat eine ganze Reihe von ausdrücklichen Erklärungen von Sachverständigen gegeben, die gesagt haben, die aktuelle Föderalismusreform bleibt ohne Wirkung, wenn sie nicht durch eine Reform der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern ergänzt wird.

Wir haben im Februar noch sehr allgemein über die Stufe zwei gesprochen, kommt sie, kommt sie nicht, ist sie nur eine Ankündigung im Koalitionsvertrag der schwarzroten Bundesregierung, oder ist sie mehr. Ich sage Ihnen aus dem, was ich in vielen Besprechungen und Gesprächen der Ministerpräsidenten im Februar, im März, im April erlebt habe, es hat nicht nur die Mehrheit, sondern mindestens eine Zweidrittelmehrheit der Ministerpräsidenten gesagt, wir wollen keine zweite Stufe der Föderalismusreform – das waren CDU- und das waren SPD-Ministerpräsidenten –, wir wollen sie nicht! Und sie kommt doch, und sie kommt!

Die Ministerpräsidenten werden sich am 22. Juni im Bundesrat auf einen ersten Fahrplan verständigen. Das, was wir gewollt haben, was ich hier auch als bremische Position am 22. Februar erklärt habe, nämlich dass unsere Verbindung von erster und zweiter Stufe so deutlich sein muss, dass wir sagen können, wenn wir Ende Juni, Anfang Juli im Bundesrat, im Bundestag die Hand dafür heben müssen, dass jedenfalls die Konturen einer zweiten Stufe deutlich werden, das ist so, das wird so sein! Das ist ein großer Fortschritt! Nun bedeutet Fortschritt in diesem Punkt noch nicht Garantie, sondern das wird ein höchst komplexer, ein höchst konfliktträchtiger Weg.

Sie haben möglicherweise im „Spiegel“ oder in anderen Publikationen gelesen, dass es schon Länder gibt, fünf Länder, Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Hamburg, die haben sich am schönen Tegernsee getroffen und haben darüber nachgedacht, wie sich die Geberländer – ich übersetze das einmal mit meinen Worten – aus der Solidarität der Länder verabschieden können und sagen, wir wollen gern als Geberländer unter uns bleiben, und die anderen sollen sehen, wo sie bleiben.

Meine Damen und Herren, das zeigt uns, wie anstrengend der Weg noch ist. Setzen wir uns gemeinsam unter dem Gesichtspunkt von Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, das ist der maßgebliche politische Ansatz in Deutschland, dafür ein, um das auf den Punkt zu bringen, dass jemand, der in Ostfriesland, in Bremen, im Allgäu, in Schleswig-Holstein oder irgendwo anders geboren wurde, die gleichen Chancen, Lebenschancen, Bildungschancen, Ausbildungschancen hat wie überall anders in Deutschland. Das ist der Kernpunkt der These von der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, und die muss übersetzt werden mit einer Solidarität unter den deutschen Ländern. Dafür wollen wir in der zweiten Stufe der

Föderalismusreform streiten, und deswegen ist Bremen bei der ersten Stufe konstruktiv dabei.

An Bremen wird die Föderalismusreform der ersten Stufe nicht scheitern, im Gegenteil, wir werden unseren konstruktiven Beitrag leisten, so dass wir Ende Juni, Ende Juli von einem Erfolg sprechen können. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Frau Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Grünen bleiben bei ihrer Auffassung, dass der Kompromiss, wie er da jetzt in Rede steht, nicht im Interesse Bremens ist. Das haben wir bei der Debatte im Februar hier, glaube ich, ziemlich deutlich gemacht. Dann hatten wir uns vorgenommen, das aufzugreifen, was in der Öffentlichkeit und in der Fachöffentlichkeit eine große Rolle spielt, und eine fachliche Debatte über das, was in den einzelnen Politikbereichen, im Umweltbereich, im Bildungs- und Wissenschaftsbereich und im Sozialbereich passiert, hier anzuzetteln, damit hinterher niemand sagen kann, wir haben das gar nicht gewusst, das ist ja schlimm, es ist wieder keiner gewesen, und wir können heute nicht das ignorieren, was fachlich in den nächsten Jahren passieren wird, wenn man sich so einigt. Das wollten wir mit dieser Debatte verhindern, es ist vielleicht nur teilweise gelungen.

Herr Focke, ich weiß auch nicht, was man mit Ihrem Redebeitrag anfangen soll.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie haben im Grunde genommen für die CDU die Reklamemeldungen über das, was die Föderalismusreform zum Ziel hat, wiederholt. Aber Wunschzettel vorlesen, das ist die eine Sache, sich aber damit auseinander zu setzen, ob das, was da an Instrumenten vorgeschlagen wird, überhaupt tauglich ist, das Ziel zu erreichen, das man sich gemeinsam gesteckt hat, das ist die andere Sache, und das leisten Sie einfach nicht. Das ist so, als ob wir beide uns verabreden würden, zusammen Spaghetti zu kochen, und Sie wollen unbedingt Kartoffeln kaufen, und ich sage, dass es aber unter diesen Bedingungen nichts mit den Spaghetti wird, und daraufhin erzählen Sie mir, wie lecker Spaghetti schmecken.

(Abg. F o c k e [CDU]: Kartoffeln!)

Kartoffeln! Nein, Sie erzählen mir, wie lecker Spaghetti sind! Spaghetti waren das Ziel, aber das Kartoffeln––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

kaufen dient nicht dem Ziel, Spaghetti kochen zu können.

(Abg. B ö d e k e r [CDU]: War das eine Einladung?)

Zur Not auch das! Können Sie Spaghetti kochen? Jedenfalls ändert das nichts! So kann man auch gnadenlos aneinander vorbeireden.

Wir wollten Sie dazu zwingen, sich mit dem auseinander zu setzen, was letztendlich an politischen Folgen hier in unserem Bundesland ankommt. Das haben Sie hier eigentlich nicht geleistet.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Am meisten habe ich mich gewundert, Herr Focke, über Ihren Beitrag über die Abweichungen, die im Zusammenhang mit den Beamten jetzt in Bremen kommen sollen. Ich möchte Ihnen gern etwas aus einem bemerkenswerten, an viele Menschen verbreiteten offenen Brief von Staatsrat Hoffmann vom März dieses Jahres an mich vorlesen. Er hat sich ordentlich über das geärgert, was wir hier als Grüne zur Föderalismusreform erzählt haben. Er geht in dem Brief darauf ein, was jetzt eigentlich mit dem Beamtenrecht passieren soll. Ich lese Ihnen jetzt aus dem Brief vor, damit Sie wissen, Herr Focke, mit welchem Ziel Bremen dort auf Bundesebene agiert hat. Da heißt das Zitat auf Seite fünf, der Brief ist lang:

„Auch für den bremischen öffentlichen Dienst eröffnet die Neuverteilung der Zuständigkeiten zugunsten des Landesbereichs die erforderlichen Handlungsmöglichkeiten, die gerade in der extremen Haushaltsnotlage eingesetzt werden müssen, übrigens im Gleichklang mit den gegenwärtigen Bemühungen um Öffnung des Flächentarifvertrags, für regional notwendige Anpassung. Nur mit einer möglichst konkreten Berücksichtigung der jeweiligen spezifischen Bedarfe der einzelnen bremischen Aufgabenfelder des öffentliches Dienstes kann es gelingen, die gerade auch langfristig unvermeidbar notwendigen Reduzierungen der Personalkosten sachangemessen durchzuführen im Interesse der öffentlichen Aufgaben sowie der Bediensteten.“

Es war also das bremische Verhandlungsziel, dafür zu sorgen, dass Öffnungsklauseln kommen, damit man hier bremische Beamte besonders schlechter stellen kann als woanders. Das muss man sich jetzt einmal auf der Zunge zergehen lassen und mit dem vergleichen, was Sie hier als CDU-Fraktion im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen angestellt haben. Da kann ich nur sagen: Klarer Kurs!