Protocol of the Session on June 14, 2006

131 a Landesverfassung“ niedergelegt. Schaut man sich dieses Papier näher an, dann stellt man fest, dass es sich wohl nur um eine zusätzliche bürokratische Fleißübung handelt, aber nicht um den ernsthaften Versuch, alle Ausgabepositionen zu hinterfragen und unter Umständen in Frage zu stellen.

Insbesondere bei den investiven Ausgaben, speziell beim AIP, ist das auffällig. Das Begründungspapier zum AIP umfasst nur zwei DIN-A4-Seiten, obwohl es um eine Vielzahl von Projekten und um viele Millionen Euro geht. Bei den Projekten gibt es viele Positionen, die die besonderen Anforderungskriterien gar nicht erfüllen. Schauen Sie sich nur die so genannte Positivliste der Bürgermeister zum AIP-Teil Bremen an! Da gibt es kaum eine Position, die diese Kriterien erfüllt. Zudem handelt es sich in vielen Fällen um konsumtive Ausgaben, die in den ordentlichen Haushalt gehören, aber nicht in eine Liste von Investitionen, die die extreme Haushaltsnotlage Bremens beseitigen helfen sollen.

Es rächt sich jetzt, dass die bremische Politik dem Sparen in der Vergangenheit nicht den Raum gewidmet hat, der angesichts der nicht so rosigen Einnahmeentwicklung angemessen gewesen wäre. Ein Haushalt besteht immer aus zwei Seiten, einer Einnahmeseite und einer Ausgabenseite. Beide Seiten eines Haushalts müssen gesehen werden. Deshalb kann ich der These, die auch heute wieder vorgetragen wurde, dass Bremen nur ein Einnahmeproblem hat und keines im Ausgabenbereich, nicht folgen. Selbst wenn die Aussage richtig sein sollte, dass man alle Sparauflagen der Sanierung erfüllt, ja sogar übererfüllt habe, wenn die ordentlichen Einnahmen fehlen, hätte man trotzdem reagieren müssen.

Ich glaube, dass die große Koalition in Bremen für das Bundesland Bremen kein Segen war, ganz im Gegenteil. Die große Koalition hat nicht nur die bremische Haushaltssanierung versiebt, sie ist auch dafür verantwortlich, dass die Staatlichkeit Bremens, die Selbständigkeit des Bundeslandes Bremen in höchster Gefahr ist. Aus eigener Kraft kann Bremen sich nämlich nicht mehr retten, wie die Haushaltslage ist. Das geht nur noch mit Hilfe des Bundes und der anderen Länder. Die neuerliche Klage Bremens in Karlsruhe und die großen Hoffnungen, die man auf die zweite Stufe der Föderalismusreform legt, sind der beste Beweis hierfür.

Bei der neuerlichen Klage Bremens in Karlsruhe geht es um weitere Sanierungszahlungen an Bremen, die im gültigen Finanzausgleichsgesetz nicht mehr vorgesehen sind. Geklagt wird gegen eine Bestimmung eines Gesetzes, dem man seinerzeit im Bundesrat ohne Vorbehalte zugestimmt hatte und das in seiner jetzigen Fassung bis zum Jahr 2019 gilt. Wie das Bundesverfassungsgericht damit umgehen wird und wie es den bisherigen Sanierungsverlauf in Bremen bewertet, bleibt abzuwarten. Ich bin da jedenfalls nicht optimistisch.

Senat und Koalition wissen, dass die Sanierungszahlungen des Bundes die strukturellen Haushaltsprobleme nicht beseitigen und dass es solche Zahlungen auch nicht als Dauerzustand geben kann. Einen Dauersanierungsfall Bremen wird niemand im Bund und in den Ländern akzeptieren. Das können wir selbst auch nicht wollen. Nur durch überzeugendes und transparentes Verhalten bei unserem eigenen Haushaltsgeschäft und weiteren Sparanstrengungen in allen Bereichen des Haushalts können wir glaubwürdig unsere Wünsche nach weiteren Sanierungszahlungen und Änderungen im bundesstaatlichen Finanzausgleich untermauern. Dieser Doppelhaushalt, den wir heute verabschieden, ist leider kein Beitrag dafür.

Auch die Diskussion zur zweiten Stufe der Föderalismusreform, die eine Reform unserer föderalen Finanzverfassung bringen soll, stimmt mich nicht sehr hoffnungsfroh. Stichworte dieser Diskussion sind zum Beispiel die Idee eines nationalen Entschuldungsfonds, in den die Haushaltsnotlageländer ihre Schulden ganz oder teilweise einbringen, der dann von allen Steuerzahlern im Bundesgebiet oder nur von denjenigen der betroffenen Länder bedient wird. Die andere Idee ist, den so genannten horizontalen Finanzausgleich zwischen den Bundesländern gänzlich abzuschaffen und nur noch den vertikalen Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern bestehen zu lassen. Das alles sind schwierige Themen, und ob sie für Bremen erfolgreich sind, ist sehr die Frage, Themen, die im Bund und in den Ländern übrigens unterschiedlich gesehen werden.

Bei allen Veränderungen im föderalen Finanzausgleichssystem spielen neben politischen insbesondere finanzielle Interessen eine große Rolle und muss bestehendes Recht weitgehend einvernehmlich geändert werden. Das ist schwierig und zudem sehr zeitaufwendig. Wenn dann noch Verbesserungen für Bremen herauskommen sollen, dann braucht es viele Freunde und politische Bundesgenossen. Die sehe ich im Moment nicht.

Wir von der FDP unterstützen selbstverständlich die bremische Klage in Karlsruhe, und wir unterstützen auch die Bemühungen Bremens im Zusammenhang mit der Neugestaltung des föderalen Finanzausgleichs. Wir sagen aber auch, dass man das Scheitern dieser Bemühungen in Erwägung ziehen muss, und dann steht die Eigenstaatlichkeit Bremens zur Disposition, ob wir es wollen oder nicht. Diese Koalition und ihr Senat hätten dies dann vor den bremischen Bürgern und vor der bremischen Geschichte zu vertreten.

Dem Haushalt 2006 und 2007 werde ich natürlich nicht zustimmen, und zu dem Schwerpunkt Bremerhaven werde ich mich nachher noch einmal äußern. – Vielen Dank!

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Köhler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diesem Haushalt kann die Bürgerschaft heute nicht zustimmen. Artikel 102 der Landesverfassung lautet, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Die Bürgerschaft darf keine Ausgabe oder Belastung beschließen, ohne dass ihre Deckung sichergestellt ist.“ Sie können sich hier nicht wie beim Kanzlerbrief mit einer Falschbehauptung retten nach dem Motto, wir hoffen, dass alles gut wird. Hier können Sie die Verantwortung nicht auf andere schieben.

Zwischen diesem Haushalt und dem politischen Willen der Koalition von SPD und CDU klafft eine Lücke von jährlich weit über 25 Millionen Euro. Sie wissen seit gestern, dass die nötigen Gesetze nicht vorliegen, dass die Einigkeit in der Koalition nicht vorhanden ist und dass der Senat in seiner ZehnMinuten-Sitzung gestern nichts beschlossen hat. Dann können Sie heute nicht wider besseres Wissen einen Haushalt beschließen, in dem das Geld eingebucht ist, wo durch Ihre eigene politische Verantwortlichkeit nur ein Loch ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das politische System funktioniert so, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt Entscheidungen getroffen werden müssen und nicht weiter vor sich her geschoben werden können. Nächsten Monat wäre für das Jahr 2006 das letzte Mal die Möglichkeit, das Gesetz zur Beamtenbesoldung im Hauruck-Verfahren durchzuziehen, wenn das der Hoffnungsschimmer für Ihre Einigung ist. Wenn das so ist, dann müssen Sie heute diesen Haushalt aussetzen. Wir können dann die Debatte abbrechen, weil wir nicht wissen, ob ansonsten umfangreiche Änderungen im gesamten Haushaltsplan nötig sind. Es gibt ja nur zwei Alternativen. Entweder ist das Ganze ein rein taktisches Manöver der CDU, um den öffentlichen Dienst und die Gewerkschaften gegen die SPD aufzubringen, und im Juli kommt das Gesetz dann, oder es gibt schlichtweg einen anderen Haushaltsplan. Oder wollen Sie allen Ernstes die Beschlussfassung eines Nachtragshaushalts im Juli vorschlagen? Wollen Sie eine JuniFassung und eine Juli-Fassung des Haushaltsplans nach Karlsruhe schicken? Das kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Übrigens gilt für die Hundesteuer und für die Vergnügungssteuer exakt dasselbe. Sie wollen heute Zusatzausgaben beschließen, die Sie mit einer Steuererhöhung finanzieren wollten, aber auf das Gesetz können Sie sich nicht einigen. Sie sind eine Regierung, die jede Regierungsfähigkeit längst verloren hat.

In einer parlamentarischen Demokratie ist der Haushaltsplan das zentrale Dokument, mit dem die gemein

same Politik in Handlungsermächtigungen für die Verwaltung umgesetzt wird. Wir können feststellen, dass diese Koalition keine gemeinsame Politik mehr macht. Das haben wir gestern bei der Debatte über die Ortsamtsleiterwahlen gesehen. Das ist dann ja wohl auch der Grund dafür, warum Frau Linnert die einzige Fraktionsvorsitzende ist, die heute redet. Von Bürgermeister Böhrnsen, er war heute kurz einmal da, ist kein Ton gekommen, als ob das ein Thema allein für den Finanzsenator wäre. Mit der Ausnahme des Redebeitrags von Frau Kollegin Linnert hat es hier heute keine Generaldebatte über die Leitlinien der Politik gegeben.

(Widerspruch bei der CDU – Abg. F o c k e [CDU]: Haben Sie überhaupt nicht zugehört? – Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Was hat denn Frau Wiedemeyer gemacht?)

Das fällt in diesem Jahr aus, und zwar deshalb, weil es von der großen Koalition keine gemeinsamen Leitlinien und keine gemeinsame Politik mehr gibt.

Herr Kollege Pflugradt, es funktioniert nicht, wenn Sie hier immer wieder Ihre falschen Zahlen vortragen. Ich möchte darauf verweisen, dass sich der Rechnungshof letztes Jahr sehr umfangreich mit den Ergebnissen der Sanierungspolitik in Bremen auseinander gesetzt hat. Da ist doch die wirklich bittere Erkenntnis, dass es eben nicht gelungen ist, bei den Einwohnern die Ziele zu erreichen, die eigentlich sinnvoll gewesen wären, dass es nicht gelungen ist, tatsächlich ein Wirtschaftswachstum zu generieren, das uns an den bundesweiten Trend wieder annähert. Genau das Gegenteil ist der Fall gewesen. Beim Wirtschaftswachstum, das hat der Rechnungshof festgestellt, sind wir weiter von dem abgefallen, was in den anderen Ländern passiert ist.

Die Ressorts nehmen nicht mehr gemeinsam Verantwortung wahr, sondern sie arbeiten gegeneinander. Es ist bitter nötig, den Paragraphen 2 a in die Haushaltsgesetze zu schreiben, und es ist deshalb bitter, weil er etwas vollkommen Selbstverständliches regelt. Die Verwaltung wird verpflichtet sicherzustellen, dass erstens die Kreditermächtigungen von Land und Gemeinden nicht überschritten werden, zweitens die Finanzplanung 2006 und 2007 für Bremen und Bremerhaven eingehalten wird und drittens der Haushaltsausschuss informiert wird, wenn dabei etwas schief geht. Der Finanzsenator muss dann zentral eingreifen.

Das sind doch Selbstverständlichkeiten! Wir gehen davon aus, dass ein beschlossener Haushalt eingehalten werden muss. Eine Finanzplanung ist für alle Gliederungen des Staates verbindlich. Dass Sie dafür ein extra Gesetz, ein Zusatzgesetz, und Ermächtigungen für den Finanzsenator brauchen, das lässt schon tief blicken. Es muss Praxis aller Ressorts und beider Gemeinden sein, diese Ziele zu verfolgen.

Die Ressorts können ihre Verantwortung für das Sparen nicht auf den Finanzsenator abschieben. Wir haben hier gestern gehört, wie der Bausenator mit den so genannten Wettmitteln umgehen will. Er nimmt genauso viel ein wie letztes Jahr, 863 000 Euro, für Projekte, alles Sachen, bei denen sich Leute ehrenamtlich engagieren, wo mit wenig Geld viel passiert, da werden 719 000 Euro in den Haushalt als Ausgabe eingestellt. Tatsächlich haben wir gestern erfahren, dass der Umweltsenator noch nicht einmal 550 000 Euro für Projekte ausgeben will, weil er lieber etwas anderes mit dem Geld machen will. Es ist seine eigene politische Entscheidung, aber den Projekten wird erzählt, dass der Finanzsenator das Geld weggenommen hat. Das ist kein verantwortliches Handeln!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Jetzt fragen Sie sich vielleicht, wie das eigentlich funktioniert. Heute könnte die Koalition einen Haushalt beschließen, in dem 719 000 Euro für diesen politischen Zweck vorgesehen sind, aber der Bausenator sagte gestern schon, dass er einen großen Teil des Geldes für etwas völlig anderes ausgeben will. Darf er das? Das Schlimme ist, ja. Den einzelnen Ressorts sind in den letzten Jahren durch diese Koalition so weite Ermächtigungen übertragen worden, dass im Prinzip zwei der drei dicken Haushaltsbände fast vollständig überflüssig sind. Verbindlich ist im Wesentlichen der Produktgruppenplan. Die Ressorts können innerhalb der so genannten Produktgruppen fast beliebig Geld hin und her verteilen. Ob dabei die politischen Zwecke verfolgt werden, die das Parlament festgelegt hat, oder nicht, das entscheidet der Senator. Das kann nicht richtig sein, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist Ihre verfassungsrechtliche Pflicht, ein konsistentes Sanierungsprogramm vorzulegen, wenn Sie über die eigentliche Grenze hinaus Kredite aufnehmen und das mit einer extremen Haushaltsnotlage rechtfertigen wollen. Ein solches Sanierungsprogramm gibt es nicht. Es gibt noch nicht einmal eine Vorstellung davon, was beispielsweise im Universitätsbereich passieren soll. Es stehen Studiengänge zur Disposition, nicht weil sie schlechte Arbeit gemacht haben oder es eine politische Entscheidung über die Schließung gibt, sondern deshalb, weil sie das Pech haben, dass dort zufällig gerade viele Leute in den Ruhestand gehen und die Stellen neu ausgeschrieben werden müssten, vollkommen ohne Plan.

Es gibt auch keine beschlossene Wirtschaftspolitikkonzeption. Das WAP ist 2004 ausgelaufen. Trotzdem wird da munter Geld ausgegeben. Es wäre notwendig gewesen, alle Ausgaben des Staates auf den Prüfstand zu stellen. Das verlangt die Verfassung, und

das macht auch inhaltlich absolut Sinn. Sie haben das richtig floskelhaft abgehandelt. Es wäre zu jedem einzelnen Zweck vom Senat darzulegen gewesen, dass auf jeden Fall eine Maßnahme ergriffen werden muss und dass es nicht kleiner und nicht billiger geht. Ich möchte nur ein Beispiel zitieren, weil Frau Kollegin Wiedemeyer darum gebeten hatte, was der Senat zur verfassungsrechtlichen Notwendigkeit des Anschlussinvestitionsprogramms sagt. Es sind immerhin 246 Millionen Euro im Jahr 2006 und 243 Millionen Euro im Jahr 2007, dazu zwei Mal 300 Millionen Verpflichtungsermächtigungen.

Zitat: „Die gegenüber ursprünglichen Planungen bereits deutlich reduzierte Höhe dieser vorrangig wachstumsorientierten Investitionen ist angesichts des nach wie vor beträchtlichen Investitionsrückstandes Bremens gegenüber dem übrigen Bundesgebiet vor allem unter längerfristigen Sanierungsaspekten“, und jetzt kommt das zentrale Argument, „absolut notwendig und vertretbar.“ Der Witz ist, dass da zu jedem einzelnen Projekt, sei es nun Marketing oder sei es Concordiatunnel, hätte stehen müssen, ob man das braucht oder nicht, ob das hätte billiger werden können oder nicht und ob man das überhaupt machen muss, ganz abgesehen davon, dass ein Investitionsrückstand, zumindest nach dem Gutachter Seitz, den Bremen beauftragt hatte, überhaupt nicht besteht.

Meine Damen und Herren, es muss Ihnen doch auffallen, dass eine Methode, die zum Einsparen von Geld führen sollte, offenbar überhaupt nicht zu Einsparungen geführt hat. Daran wird doch offensichtlich, dass es den ernsthaften Versuch, dieses Instrument zum Einsparen zu nutzen, vom Senat überhaupt nicht gegeben hat.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es gibt auch keinen Überblick über die gesamte Staatstätigkeit. Dass ganz viele Bereiche in Staatstentakel, in Gesellschaften ausgegliedert sind, das ist hinlänglich bekannt. Warum der Beteiligungsausschuss noch nicht abgeschlossen ist, liegt übrigens daran, dass wir Berichtsbitten an den Senat beschlossen haben, die noch nicht erfüllt sind. Die große Koalition hat ein Wirrwarr an Kreditaufnahmemöglichkeiten, Haushaltsvorbelastungen und Sondervermögen erschaffen. Für welchen politischen Zweck wie viel Geld ausgegeben wird, das steht nicht im Haushalt, das können Sie einzeln aus vielen Haushaltsstellen zusammenpuzzeln.

Dieses Haus und jeder Bürger, jede Bürgerin, die sich dafür interessiert, bräuchte einen Überblick darüber, welcher politische Zweck tatsächlich wie viel abbekommt, was die tatsächlichen Belastungen der Zukunft sind und wo überhaupt Handlungsräume bestehen. Wir brauchen nicht irgendein Finanztableau, sondern eine detaillierte, ressortbezogene, umfassende mittelfristige Finanzplanung, um eine vernünfti

ge Kontrolle über die öffentlichen Finanzen in Bremen zurückzugewinnen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir müssen die Vorverpflichtungen noch viel stärker ins Blickfeld rücken und alle Eingriffsmöglichkeiten herausfinden, sowohl im Investitionsbereich, der ja in den letzten Jahren vollkommen aus dem Ruder gelaufen ist, aber genauso auch bei den laufenden Kosten. Wir brauchen etwas deutlich Besseres als das, was den Ländern durch den Bund gesetzlich vorgeschrieben wird.

Aber die große Koalition hält sich noch nicht einmal an das, was vorgeschrieben ist. Sie wäre dieses Jahr verpflichtet, eine Finanzplanung bis 2010 vorzulegen. Uns liegt aber nur ein Papier bis 2009 vor. Das hat zunächst einmal einen ganz einfachen Grund. Bei dem vom Senat beschlossenen Mittelrahmen für Ihr Anschlussinvestitionsprogramm gibt es einen ganz hässlichen Knick zwischen 2009 und 2010. Da steigt das dann plötzlich von 215 Millionen Euro auf 268 Millionen Euro. Da geraten Sie dann gegenüber dem Bundesverfassungsgericht plötzlich in Darstellungsschwierigkeiten.

Wir wollen nur hoffen, dass kein Richter mitbekommt, dass mit der so genannten Bürgermeistereinigung innerhalb des Finanzrahmens noch einmal 100 Millionen Euro Zusatzausgaben beschlossen worden sind, finanziert durch das Hin- und Herschieben von Ausgaben, so lange, bis es gepasst hat. Während woanders überall Reste einkassiert worden sind, werden im Investitionsbereich Spielräume sofort für neue, zusätzliche Ausgaben genutzt. Sie haben letztlich durch Reste Abfinanzierungen vorgezogen, wogegen nichts zu sagen ist, aber Sie machen das nur deshalb, damit im fraglichen Zeitraum 2006 und 2007 wieder genügend Geld zur Verfügung steht, um noch mehr zu investieren, anstatt früher von den Schulden herunterzukommen. Diese Tilgungen werden dann auch noch als Argument dafür angeführt, wiederum geplante Raten der Jahre 2006 und 2007 für den SpacePark und die Stadthalle weiter in die Zukunft zu verlagern, weil man ja schon so viel getilgt hat.

Es sind Rechentricks, mit denen Sie da arbeiten, und wenn es dieses ganze komplizierte Konstrukt Anschlussinvestitionsprogramm mit Kapitaldienstfinanzierung, Zwischenfinanzierungskontingenten, Barmittelkontingenten und so weiter nicht gäbe, sondern einen richtigen, übersichtlichen, einheitlichen Haushalt, dann hätten Sie die Millionen für den Erhalt Ihrer Koalition nicht zusammenrechnen können. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Senator Dr. Nußbaum, Sie haben jetzt das Wort. Ich bitte, unser Versehen zu

entschuldigen, interfraktionell waren Sie vor dem Kollegen Köhler an der Reihe, aber Sie haben jetzt auch die Möglichkeit, als Senat auf die parlamentarischen Ausführungen des Kollegen Köhler mit einzugehen.

Bitte, Herr Senator!

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist natürlich das Primat der Bürgerschaft, jederzeit die Reihenfolge der Redner abzuändern, aber ich bin froh und dankbar, dass ich jetzt die Position des Senats deutlich machen kann.

Meine Damen und Herren, nach mehr als einem Jahr der Beratungen liegt Ihnen jetzt der Doppelhaushalt 2006/2007 zur zweiten Lesung und zur Beschlussfassung vor. Es ist richtig, der Beratungsprozess war lang, er war schwierig und auch kontrovers. Frau Linnert hat das als Berichterstatterin des Haushalts- und Finanzausschusses das ja sehr sachlich dargestellt. Aber ich bin der festen Auffassung, dass mit dieser Darstellung eben auch deutlich wurde, dass dieser langwierige Beratungsprozess auch durch die Komplexität der Situation und der Umstände entstanden ist. Wir haben jetzt die Situation, wie ich meine, dass wir mit Fug und Recht sagen können, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir haben mit dem Dreiklang aus Eigenanstrengung, Klage vor dem Bundesverfassungsgericht und mit dem Anspruch, mit den Ländern und dem Bund zu verhandeln, den richtigen Weg beschritten.

Bereits mit der Verabschiedung der Haushaltseckwerte haben wir am 19. April 2005 den Grundstein für den ersten Haushalt in der Zeitrechnung nach dem Kanzlerbrief gelegt. Ich möchte das an dieser Stelle noch einmal sagen: Auch das ist ein Teil der Komplexität des Verfahrens. Nachdem deutlich wurde, dass aus diesem Kanzlerbrief keine Zahlungen an den Haushalt kommen werden, die ja dauerhaft eingeplant waren, zuletzt mit 530 Millionen Euro, mussten wir uns sozusagen haushaltspolitisch neu erfinden, neu sortieren und neu auf den Weg bringen. Das haben wir im Senat am 19. April 2005 mit der Verabschiedung der Haushaltseckwerte und am 31. März 2006 mit dem Beschluss über den Finanzrahmen und über die Klageschrift getan. Hier wird noch einmal deutlich, dass beides in einem Zusammenhang steht, zu einem Junktim gehört. Wir können den Finanzrahmen und den Doppelhaushalt nicht von der Klage in Karlsruhe trennen.

Deshalb bin ich auch der Auffassung, Frau Linnert, anders als Sie es meinen, dass wir entsprechend der Vorgaben des Paragraphen 50 Absatz 3 des Haushaltsgrundsätzegesetzes die finanzielle Entwicklung des Zwei-Städte-Staates bis 2009 ordentlich vorgezeichnet haben. Der Finanzrahmen ist der Finanzplan. Der Finanzplan ist kein Haushaltsplan, und er soll eben nicht einen Doppelhaushalt 2008/2009 vorzeichnen, sondern er soll die Richtung aufweisen, in der sich

die Finanzpolitik Bremens in den nächsten Jahren bewegt. Deswegen bin ich der Meinung, dass wir hier verfassungsrechtlich und auch haushaltsrechtlich auf der guten Seite stehen.