Wir wissen doch, dass Gewalt zu Hause bei vielen Kindern auch auf der Tagesordnung steht. Das ist eine traurige Tatsache. An Grundschulen gibt es auch Tendenzen, dass es Gewalt gibt, und die Pädagogen dort vor Ort müssen früh genug lernen, damit umzugehen, und es muss auch dieser Gewalt offen entgegengetreten werden. Ich halte es für nicht richtig, dass das kein Thema ist in Kindergärten und Grundschulen.
Wer erfolgreiche Prävention umsetzen will, muss eben auch die Eltern einbeziehen und ihnen Hilfestellung geben. Dafür gibt es in Bremen bereits erfolgreiche Projekte. Der Kinderschutzbund macht ein sehr gutes Projekt mit Erfolg. Er leidet unter chronischer Unterfinanzierung. Er schickt zwei Psychologen in Kindergärten und Schulen, hat eine wahnsinnige Nachfrage nach den Projekten, kann dem gar nicht Herr werden und muss auch dieses Jahr wieder, so habe ich gehört, dem Geld hinterherlaufen.
Von daher erläre ich an dieser Stelle für die Grünen, das ist ein Ansatz, den wir richtig finden. 80 Prozent der Eltern werden erreicht, das ist ein Superwert für ein solches Projekt, es werden Elternabende durchgeführt. Wir unterstützen diesen Ansatz des Kinderschutzbundes politisch und würden uns auch freuen, wenn wir in den Haushaltsberatungen eine Verstetigung dieses Projektes auf den Weg bringen könnten.
Schule kann und soll mit einer verbesserten Lernund Lehrkultur und aktiven Maßnahmen Gewalttendenzen entgegentreten und intervenieren. Gewalt ist eben auch ein Symptom für fehlende soziale Kompetenz, habe ich gesagt, deshalb ist es wichtig, dass gerade auch im Unterricht über Gewalt gesprochen wird. Aber moralischer Druck, der auf die Jugendlichen ausgeübt wird, reicht allein nicht aus.
Das sagen eigentlich auch klipp und klar alle Lehrer, also mit du, du, du und mit Repressionen kommt man auch einfach nicht weiter.
Es gibt zum Beispiel einen sehr positiven Ansatz an der Schule in der Koblenzer Straße. Im neuen Schuljahr werden dort an einer Ganztagsschule im sozialen Brennpunkt Tenever Kurse angeboten, die den Jugendlichen Alternativen zum Waffenbesitz zeigen. Im Selbstverteidigungskurs wird ein Polizist nicht nur Verteidigung lehren, sondern auch Konfliktberatung geben. Außerdem gibt es das Projekt „Cool sein, cool bleiben“. Das ist ein Projekt, das aus der Reihe „Schule gegen Rassismus“ entstanden ist. Dort machen Bremer Kontaktpolizisten Angebote für Lehrerinnen und Lehrer zur Gewaltprävention und Deeskalation von Gewalt. Sie arbeiten mit den Schulen ganz eng zusammen.
Sicher, es gibt keine Patentrezepte für den Umgang mit Gewalt, und wir können sie auch nicht anbieten, aber wir können dabei helfen, dass Handlungskompetenzen erweitert werden und dass Verhaltensalternativen für Jugendliche und auch für Lehrer angeboten werden im Umgang mit Gewalt und Aggression. Auch die Bremer Bürgerstiftung hat sich aufgemacht und arbeitet ganz eng mit den Forschern zusammen. Sie bietet den Schulen, die an dieser Befragung teilgenommen haben, konkrete Beratung und Hilfestellung. Also, es wird nichts übergestülpt, sondern man geht in die Schulen, redet mit vorhandenen Lehrern, mit vorhandenen Schülern und arbeitet konkret an den Problemen, und das finden wir richtig.
Der Forscher Frank Menk, der diese Studie mitveröffentlicht hat, sagt, wer mit einem Messer oder einem Wurfstern in die Schule kommt, hat meistens selbst Angst vor Waffen, er glaubt, sich so schützen zu können. Die Tatsache, dass es jetzt weniger Waffen gibt, könnte deshalb Kinder davon abhalten, sich zu bewaffnen. Es hat ja die Aktion des Innensenators gegeben, dass an Schulen Waffen abgegeben werden können, und es sind über 400 Waffen, von Messern bis zu Schusswaffen, eingesammelt worden. Vorher hatte die Polizei darauf aufmerksam gemacht, dass sich das Waffenrecht geändert hat, dass es nunmehr strafbar ist, mit Waffen in die Schule zu kommen, dass ab einer gewissen Altersgrenze der Waffenbesitz strafbar ist, und die Schüler haben darauf reagiert. Ich finde, das ist eine Sache, über die man diskutieren muss.
In Niedersachsen hat man vorgeschlagen, dass es eine Waffenklappe an der Schule gibt. Von der Babyklappe haben wir hier ja schon häufiger geredet, aber ich finde, man darf sich darüber nicht lustig machen. Es gibt einfach viele Wege, wie Schulen das Thema Gewalt thematisieren können, und dabei sollten wir sie unterstützen.
Auch in Niedersachsen ist das Thema Gewaltbekämpfung auf der Tagesordnung. Per Erlass sollen alle Lehrer verpflichtet werden, Straftaten von Schülern künftig umgehend bei der Polizei anzuzeigen. Darüber haben wir auch ganz kontrovers in unserer Fraktion diskutiert, wie wir das nun finden. Von der Bremer CDU weiß ich, dass sie mit diesem Vorschlag stark sympathisiert. Auf Antrag der Grünen ist in der letzten Legislaturperiode bei dem Thema Schulvermeidung eine engere Kooperation von Schule, Jugendhilfe und Polizei eingerichtet worden. Das finde ich auch richtig. Ob ein Erlass hilft, Gewalt einzudämmen, da bin ich momentan eher skeptisch. Ich meine, feste Ansprechpartner bei der Polizei für die Schulen plus dieser guten und verlässlichen Kooperationsbezüge im Stadtteil sind auf alle Fälle weiter zu stärken.
Insgesamt glaube ich, dass die Schule selbst das Thema angehen muss und nicht, dass mit einem Erlass nun alles besser wird. Ich setze eher auf den Ansatz, dass die Schulen selbst offen mit dem Thema umgehen müssen. Gesetze, Erlasse, Verordnungen hin oder her, Voraussetzung dafür, dass das Thema Gewalt nicht tabuisiert wird, ist ein Konsens zwischen Eltern, Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern, Gewalt an der Schule zu ächten. Das Verschweigen und Wegsehen, um den Ruf der Einrichtung nicht zu schädigen, begünstigt im schlechtesten Fall gewaltsames Verbrechen und Handeln. Stattdessen brauchen Schulen eine Kultur des offenen Umgangs und verbindliche Regelungen, um Orientierung zu geben.
Wir finden es richtig und wichtig, dass die Schulen offen mit dem Thema umgehen und sich nicht einreden, bei ihnen gebe es kein Problem. Deshalb finde ich es so gut, was Sie, Herr Senator, gesagt haben!
Ich komme zum Schluss! Wir finden es sehr positiv, dass die große Koalition unserem Antrag beigetreten ist. Wir haben gefordert, dass alle Maßnahmen, die es in diesem Bereich in Bremen gibt – im Bereich Prävention, Kindergarten, Grundschule, Sek I –, ein großes Bündel, überprüft werden, dass der Senat hier darüber berichtet. Wir haben auch gefordert, dass alle Interventionsmaßnahmen, die es gibt, aufgelistet und auch überprüft werden hinsichtlich ihrer Wirksamkeit. Wir fordern weiterhin auf, dass die Präventionsangebote in Kindergärten und Grundschulen ausgebaut werden und dass Erzieherinnen und Lehrerinnen mehr und bessere Angebote gemacht werden, um mit dem Thema Gewalt in ihrer täglichen Arbeit auch erfolgreich umzugehen. – Danke schön!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir alle haben unsere Vorstellungen von Gewalt und einige von uns sicherlich auch Erfahrungen mit der Gewalt an Schulen. Nicht erst seit Erfurt ist Gewalt ein Thema sowohl in den Schulen, in den Stadtteilen als auch in der Politik. Umso mehr überrascht die Tatsache, dass in der Bundesrepublik erst wenige empirische Untersuchungen dazu existieren. Mit der von Senator Lemke in Auftrag gegebenen Studie über die Gewalt an bremischen Schulen haben wir nun erstmalig eine verallgemeinerungsfähige Grundlage zu den Erkenntnissen über Gewalterfahrungen, der Gewaltbereitschaft und zur Verbreitung extremistischer Einstellungen bei Schülerinnen und Schülern der siebten bis dreizehnten Jahrgänge. Der Fragebogen umfasst drei Varianten: eine für alteingesessene Deutsche, eine für Aussiedlerinnen und schließlich eine Variante für Schülerinnen ausländischer Abstammung. Die Jugendlichen haben sich selbst einer dieser Herkunftsgruppen zugeordnet. Die Untersuchung begann im Schuljahr 2002/ 2003 und umfasste insgesamt 4038 Bögen. Die Befragten waren zu gleichen Teilen männlich und weiblich und kamen aus allen Abteilungen der Sek I und Sek II. Gemessen an ihrem realen Anteil waren die Befragten aus Bremerhaven in dieser Stichprobe überrepräsentiert, weil auch in Bremerhaven die Befragungen an drei sozialstrukturell unterschiedlichen Schulen sowie an einem Schulzentrum der Sek II durchgeführt werden sollten. Im Migrantinnenanteil von 39 Prozent nimmt der Aussiedlerinnenanteil insgesamt 18 Prozent ein. Meine Damen und Herren, so viel zur Grundlage der Studie! Ich komme nun zu den wichtigsten Erkenntnissen der Untersuchung. Wenn es in einer Klasse keine positive Klassengemeinschaft gibt, steigt das Ausmaß an körperlicher Gewalt, und die Hemmschwelle für die Anwendung massiver Gewaltformen sinkt. Anders ausgedrückt: Wer sich in seiner Klasse nicht wohl fühlt, seine Schule nicht schätzt, ist eher gewaltbereit. Es hat mich nicht überrascht, dass die verbale Gewalt – das Beschimpfen, Beleidigen, sich gegenseitig Heruntermachen und Fertigmachen, andere ausgrenzen – stärker ausgeprägt ist als die körperliche Gewalt und dass Schülerinnen der Sek I häufiger gewalttätig sind als Oberstufen- und Berufsschülerinnen und -schüler. Für die SPD-Fraktion ist es erschreckend, dass die soziale Ausgrenzung von Mitschülern und Mitschülerinnen genau so zum Schulalltag gehört wie die sexuelle Anmache.
Bei härteren körperlichen Gewaltformen zeigen sich für die Schülerinnen und Schüler der Sek I Ausprägungen, die den starken Handlungsbedarf beweisen. So sagen zehn Prozent der Befragten, dass er oder sie Mitschülerinnen unter Druck gesetzt oder erpresst hat, jeder zwanzigste hat andere bestohlen oder beraubt, man nennt das auch Abziehen.
1,9 Prozent oder 67 Befragte der Sek I geben an, Mitschüler und Mitschülerinnen mit einer Waffe bedroht oder verletzt zu haben. Insgesamt acht Prozent der Befragten führen in der Schule gelegentlich oder ständig eine Waffe mit sich, wobei der Anteil in der Sek I deutlich höher liegt als in der Sek II. In diesen Zahlen konnte die beträchtliche Anzahl der in die aufgestellten Container entsorgten Waffen noch nicht berücksichtigt werden. Diese Aktion zu Beginn des Schuljahres ist auch ein Schritt dahin, die Gewalt an den Schulen zu verringern.
Körperliche wie verbale Gewalt in der Schule sind Verhaltensweisen, die von einer ganzen Reihe von Faktoren begünstigt werden. Einseitige Erklärungszusammenhänge verbieten sich von daher.
(Abg. T i t t m a n n [DVU]: Sie haben ihre alten Waffen entsorgt! – Abg. Frau S t a h - m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Herr Titt- mann, nun seien Sie einmal leise!)
Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei unmittelbarer körperlicher Auseinandersetzung in der Regel um jugendtypische Phänomene handelt, die etwa ab der zehnten Klasse deutlich an Bedeutung verlieren. Wie ich erwartet habe, sind Jungen häufiger an Schlägereien beteiligt als Mädchen. Allerdings besitzt auch ein Viertel der Mädchen Tätererfahrung in Schlägereien, und bei der Stigmatisierung und Ausgrenzung von Mitschülerinnen und Mitschülern sind Mädchen in der gleichen Weise beteiligt wie Jungen. Wie wir sicher alle erwartet haben, begünstigen autoritäre und besonders gewaltförmige Erziehungsstile der Eltern die Wahrscheinlichkeit, in der Schule gewalttätig zu agieren. Kinder, die geschlagen wurden, schlagen eher zu.
Meine Damen und Herren, die Ergebnisse zeigen deutlich die Verantwortung der Eltern. Diese müssen daher sehr viel stärker als bisher in die Strategien der Schulen zur Gewaltprävention eingebunden werden. Neben den Familien spielen aber auch die Freundeskreise eine große Rolle. Hier erfahren gewalttätige Jugendliche Anerkennung, umgekehrt erwächst aus der Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe ein sozialer Druck zur Beteiligung an Gewalt. Die Öffnung derartiger Cliquen und die Integration dieser Jugendlichen in den schulischen Gewaltdiskurs ist notwendig, damit die Gruppendynamik im Zusammenhang mit der Gewalt aufgebrochen werden kann.
Für die SPD ist klar, dass sich die Gewaltprävention keineswegs auf die Vermittlung von Konfliktmanagement beschränken darf. Es müssen Entfaltungsräume geschaffen werden sowohl für das Ausleben von Aggressionen als auch für die Möglichkeit, mit den unterschiedlichen Talenten Anerkennung zu erwerben, ohne auf Gewalt zurückgreifen zu müssen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf die dritte Sportstunde hinweisen, die Möglichkeiten des Aggressionsabbaus liefert.
Körperliche und verbale Gewalthandlungen in der Schule bestehen aber nicht nur unter Schülerinnen und Schülern, sondern auch zwischen Lehrkräften und Schülerinnen. Ein Drittel der Befragten gibt an, dass sie im vorangegangenen Schuljahr von Lehrkräften mit Worten fertiggemacht wurden. Damit ist die verbale Gewalt durch Lehrkräfte gegen Schüler und Schülerinnen mindestens ebenso verbreitet wie unter diesen Jugendlichen. Ein Teil dieser verbalen Gewalt von Lehrkräften ist sicherlich auch durch die ausgeübte Gewalt der Jugendlichen untereinander motiviert. Andererseits ist aber anzunehmen, dass die verbale Gewalt der Lehrerinnen ein aggressives Klima in der Klasse erzeugt, das sich wiederum in verbaler und körperlicher Gewalt unter den Jugendlichen ausdrückt. Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion unterstützt Senator Lemke nachdrücklich, der das Thema „Gewalt an Schulen“ aus der Tabuzone herausholt und offensiv angeht!
Die Kultur des Wegschauens, von zahlreichen Gewaltopfern beklagt, ist nicht zu akzeptieren. Hier sind wir übrigens alle angesprochen, mit gutem Beispiel voranzugehen! Zivilcourage, Werte und Normen sind wichtige Themen und müssen auch im Unterricht behandelt werden. Schulen brauchen einen abgestimmten, einheitlichen und konsequent einzuhaltenden Reaktionsrahmen bei Gewaltvorkommnissen. Dieser muss allerdings gemeinsam erarbeitet und beschlossen werden, sonst ist er wirkungslos. Die Ergebnisse der uns vorliegenden Studie zur Gewalt an Schulen sind ein Alarmsignal und verweisen auf einen dringenden Handlungsbedarf für die Schaffung einer besseren Lehr- und Lernatmosphäre. Meine Damen und Herren, es gibt aber auch positive Beispiele! Seit drei Jahren gibt es in Bremen und Bremerhaven – in Bremerhaven einmalig in der Bundesrepublik flächendeckend – wissenschaftlich begleitet das Streitschlichtermodell, dessen Zwischenbericht zu der gleichen Erkenntnis kommt wie die vorliegende Untersuchung, dass nämlich das Klima an einer Schule, sprich die Schulkultur dieser
Schule, das Gewaltverhalten maßgeblich beeinflusst. Auch wenn dies auch noch nicht für jeden Standort gilt, ist festzustellen, dass in Bremerhaven das Thema Gewalt angenommen und nicht mehr unter den Teppich gekehrt wird. Des Weiteren hat der Einsatz der Kontaktpolizisten zu einer deutlichen Verbesserung der Zusammenarbeit von Schule und Polizei geführt und damit zu einem prompteren Reagieren auf entsprechende Verhaltensweisen der Jugendlichen. In Bremerhaven gehen darüber hinaus sechs Jugendsachbearbeiterinnen sofort nach Bekanntwerden einer Tat in die entsprechende Täterfamilie und konfrontieren die Beteiligten mit den möglichen Konsequenzen dieses Verhaltens. Ein so genanntes Patensystem sorgt dafür, dass Täterinnen und Täter immer wieder mit derselben Person zu tun haben und damit einer intensiven Kontrolle unterliegen. Nachdem die Jugendkriminalität bisher stetig anstieg, ist nach der Einführung der Jugendsachbearbeiterinnen in Bremerhaven erstmalig ein Rückgang dieser Jugendkriminalität festzustellen. Außerdem sind bereits viele Schulen dabei, so genannte Reaktionskataloge zu entwickeln, die vorgeben, auf welche Verhaltensweisen in welcher Weise reagiert wird.
Diese gemeinsame Verständigung über den Umgang miteinander ist eine der Grundlagen für die Identifikation sowohl der Schülerinnen und Schüler als auch der Eltern und natürlich der Lehrkräfte mit ihrer Schule. Nur in diesem Zusammenwirken lässt sich ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Gewalt, in welcher Form auch immer, nicht geduldet wird. Um hier erfolgreich zu sein, brauchen die Schulen unsere Unterstützung, wie wir sie in unserem Antrag auch beschrieben haben. Darüber hinaus ist aber auch eine Absicherung der personellen Kapazitäten sowohl bei der Polizei als auch in den anderen Institutionen und selbstverständlich in den Schulen notwendig. Die Bereitstellung der Stunden für Streitschlichtung, Sozialtraining und andere Präventionsprogramme ist unabdingbar. – Danke!
Meine Damen und Herren, wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Wir machen um 14.30 Uhr weiter. Ich möchte Sie nur kurz darauf hinweisen, dass wir nun nach interfraktioneller Absprache den Punkt drei zum Europäischen Konvent erst aufrufen, wenn wir diesen Tagesordnungspunkt zehn, Gewalt an Schulen, beendet haben. Die Sitzung ist unterbrochen.
(Unterbrechung der Sitzung 12.58 Uhr) * Vizepräsident Ravens eröffnet die Sitzung wieder um 14.30 Uhr. Vizepräsident Ravens: Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Land- tag) ist wieder eröffnet. Auf dem Besucherrang begrüße ich recht herzlich auf Einladung der CDU-Fraktion eine Gruppe der Silberfüchse St. Godehard. Herzlich willkommen in unserem Haus!
Wir setzen die Aussprache zu Tagesordnungspunkt zehn, Gewalt an Schulen – Prävention und Intervention gezielt verstärken, fort. Das Wort hat der Abgeordnete Rohmeyer.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin mir sicher, die Aufmerksamkeit des Hauses wird auch nach der Mittagspause wieder zu diesem leider ernsten Thema zurückkehren. Wir sind Bündnis 90/Die Grünen auch dankbar, dass die Fraktion diesen Antrag vorgelegt hat, den die große Koalition so mitmacht. Einen Punkt hat Frau Stahmann angesprochen: Wir hätten uns gewünscht, dass die Regelung, die jetzt Niedersachsen in der vorvergangenen Woche per Erlass angekündigt hat – nämlich dass Lehrerinnen und Lehrer verpflichtet werden, Straftaten, die sie beobachten, auch entsprechend über die Schulleitung den entsprechenden Behörden zu melden –, in den Antrag aufgenommen worden wäre. Frau Stahmann, Sie haben gesagt, ob ein Erlass hilft, Gewalt einzudämmen, da bin ich skeptisch. Das, was Niedersachsen vorhat – und ich habe den Erlass hier vor mir liegen –, ist nicht die Debatte, ob jetzt jede Schulhofbalgerei gleich kriminalisiert werden soll, sondern es ist die Debatte, ob wir in Zukunft eine klare Regelung bekommen, ob auch Lehrerinnen und Lehrer einen genau eingegrenzten Katalog von Tatbeständen wie Straftaten gegen das Leben, Raubdelikte, Sexualdelikte, Sachbeschädigung in besonders schweren Fällen, Nötigung, politisch motivierte Straftaten auch entsprechend melden sollen. Wir sind schon der Auffassung, dass das geschehen muss, meine Damen und Herren, weil die Gewalt an Schulen wirklich ein Thema ist, vor dem auch die Lehrer zum Teil ratlos stehen. Wir kommen gleich noch dazu, wie wir Lehrerinnen und Lehrer in dem Bereich fortbilden können, da hatten wir als CDUFraktion im April dieses Jahres auch eine Anfrage an den Senat gestellt. Auch dort sind wir noch nicht mit der Abarbeitung fertig, Herr Senator Lemke. Wir hätten uns gefreut, wenn der niedersächsische Erlass auch hier in Bremen heute hätte einver––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
nehmlich in den Antrag aufgenommen werden können. Frau Kollegin Stahmann, Sie haben gesagt, dass es da bei Ihnen eine ganz große Bandbreite von Positionen in der Diskussion gegeben hat.
(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Aber ist doch schön, dass wir einen gemeinsa- men Antrag haben!)
Wir sind da ein bisschen weiter. Von daher hoffe ich, dass wir am Ende dieser Debatte, wenn wir hier im März den zu erwartenden Bericht vorgelegt bekommen, das dann auch gemeinsam machen können, meine Damen und Herren. Die Bremische Bürgerschaft beschäftigt sich heute auch leider nicht zum ersten Mal mit dem Thema „Gewalt an Schulen“. Bereits in der vergangenen Wahlperiode haben wir am 11. Mai 2000 die Große Anfrage der CDU-Fraktion „Ungestörter Ablauf von Schulunterricht“ debattiert. Dort hat es eine Reihe von Aufforderungen an das Ressort gegeben. Bei einigen Punkten sind wir weitergekommen, andere Punkte sind im Verfahren auch leider – Herr Senator Lemke, Sie wissen, welche ich meine – noch nicht abgearbeitet. Auch hier erwarten wir ganz deutlich nach Vorlage der Gewaltstudie in diesem Sommer, dass dieses Thema jetzt offensiv angegangen wird. Ich möchte mich im Namen der CDU-Fraktion auch ganz herzlich beim Senator für Inneres für die schon genannte Sammelaktion für Waffen bedanken. Dass über 400 verbotene Waffen – davor hat es ja auch eine gewisse Grauzone gegeben – eingesammelt werden konnten, kann nur ein erster Erfolg sein. Wir hoffen, dass diese Aktionen fortgesetzt werden. In Niedersachsen hat es da die Debatte gegeben, eine ständige Waffenklappe einzurichten. Man muss schauen, welche Möglichkeiten man da hat. Da bin ich aber ganz optimistisch, dass die mittlerweile hervorragende Zusammenarbeit zwischen der Polizei, den Kontaktbereichsbeamten und den einzelnen Schulen dort jeweils individuelle Lösungen für die einzelnen Schulstandorte finden wird. Wir haben, meine Damen und Herren, ein Thema, bei dem man auch nicht einfach sagen kann, wir haben jetzt Gewalt, und welche Lösungen gibt es. Wir müssen auch an die Ursachen gehen. Da sind die Elternhäuser genannt worden. Wir freuen uns, dass wir da mittlerweile einvernehmliche Positionen haben.
sigt worden! Herr Senator Lemke, Sie haben genau in der Debatte um die Gewalt an Schulen im Jahr 2000 einmal gesagt, jede Gesellschaft hat die Schülerinnen und Schüler, die sie verdient. Ich setze das jetzt auch einmal in den Zusammenhang mit der von Ihnen angestoßenen Wertedebatte vom Sommer dieses Jahres. Das hat alles miteinander zu tun.
Wir werden das sicherlich auch im nächsten Monat bei der Beantwortung der Großen Anfrage der CDU „Mehr Werte, Disziplin und Ordnung an bremischen Schulen“ debattieren, dass wir natürlich, wenn wir bei den jungen Menschen die Werte vermitteln, auch Respekt vor Sachen vermitteln, nicht nur vor Menschen. Respekt vor Sachen ist auch schon einmal in Deutschland und in Bremen heruntergeredet worden, dass eine Sachbeschädigung doch gar nicht so schlimm ist. Das hat alles miteinander zu tun. Von daher finde ich es gut, dass wir jetzt endlich auch an den Schulen Regelungen und Vereinbarungen hinbekommen können und müssen, damit hier insgesamt ein neues Bewusstsein Einzug hält.