Ich finde, dass wir eine Verpflichtung gegenüber der Bevölkerung haben, unsere Arbeit gut zu machen, und das, was wir an Geld bekommen, muss transparent, überschaubar und klar sein. Ich habe aber den Eindruck, dass Sie sich an dem netten Wettstreit, wer überkugelt die anderen noch mit irgendwelchen Dumpingvorschlägen, beteiligen, und ich sage Ihnen, das wird Ihnen nur sehr kurzfristig nützen. Der Politik insgesamt schadet es, weil es besser wäre, dass wir gemeinsam die Dinge verändern würden, die verändert werden müssen, und das gemeinsam vertreten und rechtfertigen, was sinnvoll und angemessen ist.
1995 hat es die Neuregelung gegeben, die ab dann gegolten hat. Die Kolleginnen und Kollegen, die jetzt
in der Presse erwähnt werden, profitieren davon, dass sie davor schon Abgeordnete gewesen sind und als Altfälle für sie noch andere Regelungen gelten. Ich finde, das ist ein Punkt, über den man reden muss, ob das eigentlich sinnvoll ist.
Die jetzige Regelung ist so, dass Einkünfte aus öffentlichen Kassen nach drei Monaten angerechnet werden. Übergangsgeld wird also automatisch nur drei Monate gezahlt, und danach wird geprüft, aus welchen Kassen jemand wie viel verdient. Das ist, wie Herr Pflugradt schon gesagt hat, ein damals erzielter Kompromiss. Was ich nicht überzeugend finde, Herr Pflugradt, ist Ihre Argumentation, es habe damals ein Gesamtpaket gegeben, und daran dürfe man nichts mehr ändern.
Natürlich müssen wir uns mit dem, was sich zeitlich verändert, auch selbst bewegen. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass das in der Bevölkerung auf Unmut stößt. Ich finde, dass die in Rede stehenden Fälle auch wirklich ein Problem sind. Ein Verweis auf ein Gesamtpaket ist nicht in Ordnung, wenn man einzelne Regelungen neu, zeitgemäß anpassen muss. In anderen Bundesländern hat es auch Entwicklungen gegeben, und dann muss man auch den Mut haben, es sind ja seit 1995 auch ein paar Jahre vergangen, auch zu sagen, es gibt einzelne Bestimmungen aus diesem damals ausgehandelten Paket, das natürlich auf allen Seiten auch nur Kompromisscharakter hatte, die man sich heute noch einmal vorknöpft.
Was ich auch nicht richtig finde, Herr Pflugradt, das deckt sich ganz ausdrücklich nicht mit der Position der Diätenkommission, das ist die Argumentation, unsere Diäten seien so niedrig – auf die Erhöhung wollte das Haus ja verzichten, darüber reden wir gleich –, und deshalb darf man an anderen Bestandteilen von Abgeordneteneinkommen im weitesten Sinne nichts verändern. Da hat die Diätenkommission 1995 ganz klar gesagt, ich zitiere das hier noch einmal: „Das Übergangsgeld hat hingegen nicht die Aufgabe, etwaige Nachteile, die durch die Parlamentstätigkeit entstehen, oder eine möglicherweise unzureichende Entschädigung auszugleichen.“ Das ist auch die grüne Auffassung, ganz klar. Wir müssen transparent sagen, was wir verdienen, wir müssen die ganzen Nebentatbestände möglichst gering halten, damit die Bevölkerung einschätzen kann, was wir verdienen und ob wir das zu Recht bekommen.
Das Übergangsgeld hat nicht den Sinn, irgendetwas anderes auszugleichen, sondern es soll die berufliche Wiedereingliederung ermöglichen und die Abwicklung des Mandates. Diesen Sinn verliert das Übergangsgeld, wenn das Mandat nicht abgewickelt werden muss oder wenn jemand nahtlos wie eben bei einigen Fällen, die jetzt in der Zeitung standen, eine Beschäftigung im Magistrat oder im öffentlichen Dienst antritt. Da kann ich es nachvollziehen, dass in der Öffentlichkeit Kritik herrscht und
dass die Leute sagen, so ist das nicht in Ordnung, das wollen wir nicht. Deshalb hat die grüne Bürgerschaftsfraktion am 15. September beschlossen, mit SPD und CDU über eine Novelle zu verhandeln. Ich hoffe auch immer noch, dass man da zu einem Konsens kommen kann. Nach Ihrem Redebeitrag, Herr Pflugradt, habe ich daran Zweifel.
Aber ich möchte es noch einmal sagen, was aus unserer Sicht verändert werden soll. Es soll grundsätzlich Einkommen aus selbständiger und unselbständiger Arbeit oder aus Mandaten angerechnet werden. Es soll kein Übergangsgeld nach Erreichung der Pensions- oder Rentengrenze bezahlt werden, weil damit dann der Sinn, dass in die berufliche Tätigkeit eingegliedert werden muss, nicht mehr greift. Danach findet ja keine berufliche Tätigkeit mehr statt. Wir sind auch nicht der Meinung, dass es in diesem Bereich sinnvoll ist, mit Vertrauensschutz zu argumentieren. Das kann man bei Einkommen machen, hier nicht, das heißt, wir wären eher dafür, dass es keine Altfallregelung gibt. Aus unserer Sicht verletzt das keine Verfassungsgrundsätze, und das könnte für die notwendige Klarheit und Transparenz sorgen.
Worüber man ein wenig länger reden muss, ist die Drei-Monats-Regelung. Da fällt es mir sehr schwer zu sagen, dass man die generell abschaffen sollte. Sicherlich leuchtet es in der Öffentlichkeit nicht ein, wenn jemand nahtlos in eine andere Beschäftigung tritt, aber wir wissen auch von vielen Kollegen, dass es sehr lange dauert, bis dort übergangsweise Geld geflossen ist. Ich möchte es nicht, dass Menschen, die aus dem Parlament ausscheiden, obwohl sie zwar beschäftigt sind, aber der Geldfluss, aus welchen Gründen auch immer, nicht gesichert ist, dann auf das Sozialamt angewiesen sind. Deshalb gibt es auch gute Gründe für die Drei-Monats-Regelung.
Ob es uns gelingen kann, dort eine Regelung zu finden, die anders ist als die heutige und genauer schaut, in welchen Fällen die Drei-Monats-Regelung angemessen ist oder nicht, das, finde ich, müssen wir uns noch einmal vornehmen, das ausprobieren, ob das geht. Ansonsten kann man auch sagen, man behält es bei, weil es dafür gute Gründe gibt. Da haben wir Diskussionsbedarf. Die anderen Regelungen, die die Grünen vorschlagen, habe ich genannt, und ich hoffe sehr, dass es möglichst weitgehend zu einer Einigung im Sinne der grünen Vorstellungen über das Übergangsgeld kommt.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Für einen Parlamentsneuling ist es nun ein bisschen ironisch, in seiner Jungfernrede hier zu stehen und sich mit dem Ausscheiden aus dem Parlament zu beschäftigen. Trotzdem werde
ich in der gebührenden Kürze und hoffentlich auch mit der erforderlichen Klarheit die SPD-Position zum Antrag des Abgeordneten Wedler zusammenfassen.
Nachdem alle drei Vorredner sich schon auf die Kommission bezogen haben und diese teilweise zitiert haben, schenke ich mir in Anbetracht der Zeit diesen Teil meines Redekonzepts.
Ich frage mich allerdings, Herr Wedler, wenn Sie den Bericht der Kommission gelesen haben, worin dann die Begründung für Ihren Antrag liegt. Wenn Sie den Bericht gelesen und verstanden haben, dann kann man eigentlich nicht fordern, dass der Paragraph 11 ersatzlos gestrichen wird. Fordern kann man, wenn es Ihnen um eine sachbezogene Lösung geht, dass unterschiedliche Anrechnungsmethoden im Rahmen des Paragraphen 23 Absatz 3 oder des Paragraphen 11 Absatz 3 Abgeordnetengesetz zur Anwendung kommen. Das aber fordern Sie nicht, sondern Sie beantragen die ersatzlose Streichung. Da wundert man sich zunächst, stellt aber fest, das macht für Sie eigentlich auch gar keinen Unterschied, wenn man in die Begründung des Antrags schaut. Als Begründung führen Sie eben nicht an, dass das Antragsziel die Behebung eines Missstandes sei, sondern Sie führen aus, dass das Übergangsgeld der Öffentlichkeit nicht vermittelbar sei.
Ihnen geht es augenscheinlich nicht um Inhalte, sondern um Stimmungen. Gegen solche Stimmungen helfen aber Fakten. Für jedes Jahr der Parlamentszugehörigkeit wird ein Monat Übergangsgeld in Höhe der jeweils aktuellen Abgeordnetenentschädigung gezahlt, nach einer Wahlperiode also für vier Monate, insgesamt längstens für ein Jahr. Hierauf finden nach Maßgabe des geltenden Paragraphen 23 Abgeordnetengesetz vor allem Bezüge aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen Anrechnung.
Diese Regelung ist überprüfungswert. Die Kollegin Linnert hat darauf schon hingewiesen, dass man sich verschiedene andere Modelle vorstellen kann. Diese Modelle müssen wir noch einmal gesondert diskutieren. Der ersatzlose Wegfall von Übergangsgeld kann nicht Position von überzeugten Parlamentariern sein, weil es in der Tat dann dazu käme, wie Sie angedeutet haben, im Rahmen von Paragraph 21 staatliche Nothilfemaßnahmen für ausscheidende Abgeordnete gewähren zu müssen.
Trotzdem hat es ja seinen Grund, dass Sie diesen Antrag eingebracht haben. Der aktuell öffentlich diskutierte Fall von möglicher Inanspruchnahme von Übergangsgeld trotz Wechsel in eine gut dotierte Verwaltungsstelle hat seine Wurzel in dem vor neun Jahren geltenden, allerdings inzwischen längst geänderten Recht, nicht jedoch in der heutigen Gesetzeslage.
Mich wundert es schon, dass Ihnen als Vertreter einer selbstapostolierten Rechtsstaatspartei die Grundsätze des Vertrauenstatbestands und des Rückwirkungsgebots augenscheinlich bei der Formulierung
Ihres Antrags nicht bekannt gewesen sind. Ob der ehemalige Abgeordnete, um den es hier augenscheinlich geht, die ihm rechtlich zustehenden Gelder in Anspruch nimmt, ist eine Frage seines eigenen Politikverständnisses. Einer Kommentierung hierzu enthalte ich mich.
Die SPD-Fraktion lehnt den Stimmungsantrag des Abgeordneten Wedler als nicht sachgemäß ab, wird aber demnächst in der Arbeitsgruppe mit allen Fraktionen eigene Vorschläge machen, um im Rahmen des Paragraphen 23 Abgeordnetengesetz gegebenenfalls nötige Anpassungen vorzunehmen. Für unsere Fraktion gilt: Ohne Übergangsphase kann es auch kein Übergangsgeld geben. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will es kurz machen, möchte aber doch noch zu einigen Debattenbeiträgen hier etwas sagen.
Herr Pflugradt, Sie haben Axel Adamietz zitiert, der 1993 oder 1994 hier im Parlament war und an dem Gesetzespaket damals mitgestrickt hat. Ich habe diesen Antrag natürlich auch mit Axel Adamietz besprochen, und Sie können davon ausgehen, dass er dieses Anliegen sehr wohl teilt. Insofern können Sie da jetzt keinen Dissens zwischen Axel Adamietz und meiner Person schaffen. Er steht voll dahinter, weil er nämlich genau auch diesen Missstand sieht, den wir hier offensichtlich haben und der auch von einigen hier schon eingeräumt worden ist.
Zu der anderen Kritik, dass es sich um einen populistischen oder nicht seriösen Antrag handelt: Ich habe versucht, das durch meinen Redebeitrag herunterzuziehen und diesen Populismus, den Sie mir da unterstellen, wegzunehmen. Es ist in dem Sinne mit Sicherheit kein Populismus.
Gerade weil ich neuer Abgeordneter bin, denke ich, kann ich und darf ich hier solche Anträge stellen. Sie können davon ausgehen, dass ich in dieser Richtung sicherlich nicht mehr arbeiten werde. Es wird andere Anträge von mir geben. Vielleicht machen Sie mir dann den gleichen Vorwurf, dass es wieder Populismus ist. Ich kann den Spieß im Übrigen umdrehen, auch vieles von dem, was Sie machen, ist in dem Sinne Stimmungsmache, Populismus, wenn Sie so wollen. Insofern, denke ich, soll––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
(Abg. Karl Uwe O p p e r m a n n [CDU]: Ruht Ihr Beamtenverhältnis, oder sind Sie schon pensioniert?)
Ich bin im endgültigen beruflichen Ruhestand, nicht im vorläufigen Ruhestand. Das steht im Handbuch. Das habe ich zumindest dem Präsidenten gegenüber erklärt.
Zu dem anderen, was hier eben gesagt wurde, Bereitschaft zur sachlich-konstruktiven Mitarbeit: Ich habe versucht, durch meine Rede einen Beitrag zu leisten, indem ich auf die Schwächen hingewiesen habe, die hier auch schon angesprochen wurden. Ich hatte zum Schluss meinen Wunsch artikuliert, dass ich bei der Arbeit, die jetzt initiiert werden soll, gern dabei sein möchte, weil mich das Thema tatsächlich interessiert. Ich denke, dass ich dazu auch einen Beitrag leisten kann. Deswegen, meine Bereitschaft zu einer gemeinsamen sachbezogenen konstruktiven Arbeit können Sie hier mitnehmen.
Stimmungsmache und was den richtigen Anknüpfungspunkt einer eventuellen Änderung betrifft, darüber kann man natürlich streiten. Das habe ich auch in meinem Redebeitrag deutlich gemacht, dass man natürlich überlegen kann, die Anrechnungsvorschrift des Paragraphen 11 Absatz 3 der Regelung zum Übergangsgeld zu verschärfen.
Nein, es gibt keine dritte Variante, sondern beschließen Sie den Antrag, dann geht das nahtlos in eine Beratung über, und damit kann man dann über solche Punkte diskutieren!
Im kommunalen Bereich würde so etwas gehen, aber ich weiß jetzt nicht, ich denke, dass zwischen der ersten und der zweiten Lesung, heute haben wir es ja mit der ersten Lesung zu tun, Beratungsmöglichkeiten bestehen und dass man dann aus einem solchen Antrag einen ordentlichen Gesetzesantrag machen kann.
Ich habe nicht den Apparat zur Verfügung, dass ich hier jetzt einen Gesetzesantrag formulieren kann, der alle Varianten ausdifferenziert, die denkbar wären. Das kann ein einzelner Abgeordneter nicht leisten. Das können vielleicht Fraktionen leisten, die den Apparat haben. Deswegen, denke ich, kann man nur mit einem solchen Antrag, der dann den Anstoß zu einer Diskussion gibt, vorgehen.
Ich glaube, abschließend sagen zu können, dass der Diskussionsbedarf hier jetzt anerkannt worden ist. Ich freue mich, dass jetzt in der Sache weiter diskutiert werden soll, damit wir am Ende dann vielleicht zu einer etwas restriktiveren Regelung des Paragraphen 11 kommen. – Vielen Dank!
Wer das Gesetz zur Änderung des Bremischen Abgeordnetengesetzes, Drucksache 16/42, zur Beratung und Berichterstattung an den Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!