Protocol of the Session on November 9, 2005

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte auch nach dem Verlauf der Debatte noch einmal an dieser Stelle eindeutig klarstellen, wir wollen als SPD-Fraktion definitiv und verbindlich den Ausstieg ansteuern.

(Beifall bei der SPD)

Diese heutige Debatte muss, und ich denke, war auch mit den unterschiedlichen Ausführungen und auch mit den Instrumenten, die hier angesprochen worden sind, so etwas wie der Einstieg in den Ausstieg – –. Darum geht es uns politisch heute, den Einstieg in

den Ausstieg zu nehmen und anzustreben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Ich will gern sagen, dass wir in unserer Fraktion viele Diskussionen hatten, gerade auch am Montag dieser Woche, auch noch am Dienstag, sehr ausführlich diskutiert haben, übrigens gemeinsam mit Herrn Lemke als unserem Wissenschaftssenator und Frau Röpke, die nun als Gesundheitssenatorin die schwierige Aufgabe hat, sich mit diesem Genehmigungsverfahren auseinander zu setzen. Nicht nur nach der Diskussion über die Abwägung zwischen den wissenschaftspolitischen Zielen und den Tierschutzzielen, sondern auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass angesichts des laufenden Forschungsverfahrens, der Einrichtungen, die dort stattfinden, eine schlichte Ablehnung nach allen juristischen Einschätzungen, die es gibt, nicht haltbar gewesen wäre und es uns von daher nicht weiterhilft, wenn wir den Antrag der Grünen hier heute beschließen. Das würde nicht zum Ziel führen. Darum schlagen wir einen anderen Weg vor.

(Beifall bei der SPD)

Dieser andere Weg ist es dann, den wir auch in den letzten Tagen intensiv diskutiert haben, weil er kompliziert ist, das war auch 1997 klar, wenn wir alle die Debatten nachlesen, soweit wir sie nicht noch sehr genau im Ohr haben. Ich habe den Eindruck, alle Kolleginnen und Kollegen hier im Haus haben diese Diskussionen noch sehr genau im Ohr, weil es da um viele Dinge geht, die uns sehr nahe kommen und auch von hoher Bedeutung für die Entscheidung sind, auch für eine moralische Entscheidung und nicht nur für wissenschaftspolitische Fragen.

Wenn man sich das vor Augen führt, dann kommt es für uns darauf an – und das ist der Kern der Angelegenheit –, dass wir, wenn wir diesen verbindlichen Weg in den Ausstieg nehmen, auch verbindlich sagen müssen, wann es passiert, und daran will ich keinen Zweifel lassen. 2010 muss endgültig Schluss sein mit dieser Art von Forschung. Eine Verlängerung wird es nicht geben. Eine Verlängerung darf es auch nicht geben.

(Beifall bei der SPD)

Der Weg, auf den wir uns gerade auch mit Senator Lemke als Wissenschaftssenator verständigt haben, ist genau der, den er hier angesprochen hat, nämlich jetzt eine Evaluation einzusetzen. Ich sage Ihnen, wir wären gern mit der CDU-Fraktion weitergekommen. Frau Tuczek hat dies ja angesprochen, und Frau Schön hat es auch aufgenommen, die CDUFraktion wollte leider eine Evaluation, indem man sozusagen ein Gutachten macht und evaluiert, aber

kein Ziel vorgibt. Ich finde, Gutachten haben wir in diesem Land genug. Wir brauchen ein klares Ziel dieser Evaluation, und das heißt Ausstieg,

(Beifall bei der SPD)

die Wege zum Ausstieg zu finden. Dies haben wir in der Fraktion gemeinsam nach Diskussionen mit unseren Senatsmitgliedern auch beschlossen. Von daher ist das auch eine Grundlage für alle die Schritte, die jetzt anzugehen sind. Dies ist die Grundlage.

Wir waren der Auffassung, ich halte dies auch für richtig, ich habe meiner Fraktion – auch in enger Absprache mit Frau Busch und Frau Emigholz als zuständigen Sprecherinnen – gestern Abend empfohlen, dass wir lieber keinen gemeinsamen Antrag stellen, so schön das Papier auch beschrieben war, wenn es denn so ist, dass dieser Antrag nicht präzise genug ist. Wir haben hier keine Notwendigkeit, allgemeine Aussagen zu beschließen, sondern wir wollen die Schritte gehen, die wir erreicht haben, die Verständigung, die wir erreicht haben. Darum ist es besser, hier keinen Antrag zu stellen. Wir müssen aber leider diesen Antrag der Grünen trotzdem ablehnen, weil – und ich finde, da hat Senator Lemke doch die richtigen Schritte genannt und die richtige Richtung angegeben – diese Kommission, die er einrichten will, auch dann am Ende des Tages arbeiten muss. Ergebnisoffene Gutachten, das will ich noch einmal sagen, liegen massenhaft vor, kosten viel Geld und führen am Ende zu nichts, wenn der politische Wille offen bleibt an dieser Stelle.

(Zuruf des Abg. B ö d e k e r [CDU])

Natürlich, das sage ich einmal an dieser Stelle, ist das eine wissenschaftspolitische Frage, die weiter zu diskutieren sein wird. Hier gibt es auch wissenschaftspolitisch die klare Haltung, dass wir weg wollen von Tierversuchen und diesen Weg einschlagen. Dann hätten wir vielleicht das machen können, was wir vorgeschlagen haben.

Lassen Sie mich zuletzt noch einmal sagen, ich finde es wissenschaftspolitisch richtig und erstrebenswert, wenn wir versuchen, alle Möglichkeiten zu schaffen, damit hier an der Bremer Uni exzellent geforscht wird und auch Auszeichnungen und Nobelpreise erreicht werden. Meine Damen und Herren, aber Auszeichnungen und Nobelpreise stehen nicht über dem Tierschutz, von daher ist das ins richtige Verhältnis zu bringen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich danke für die Aufmerksamkeit und bitte, den Antrag abzulehnen!

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Tuczek.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bedanke mich noch einmal, Herr Senator Lemke, für Ihre Bereitschaft, diese Expertenkommission einzusetzen, das finde ich gut, das finde ich richtig.

Auch noch einmal zu Herrn Sieling! Herr Sieling, wenn wir jetzt schon wissen, was wir wollen, dann brauchen wir diese Expertenkommission nicht, dann brauchen wir diese Tierversuche nicht evaluieren zu lassen. Wir sind ja davon ausgegangen, dass bei diesen Versuchen, bei dieser Grundlagenforschung Ergebnisse herauskommen, die dazu beitragen können, dass man angewandte Forschung machen kann, dass man Maßnahmen erarbeiten kann für Therapien, für Medikamente, um gerade diese Gehirnkrankheiten zu heilen.

(Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das ist doch Grundlagenforschung!)

Frau Schön, ich kann das verstehen, und die Grünen haben ja von Anfang an gesagt, wir wollen diese Tierversuche nicht, das ist eine Haltung, die man haben kann, das ist völlig in Ordnung. Frau Emigholz hat diese Tierversuche auch von Anfang an immer sehr kritisch gesehen und sich auch immer dazu geäußert, das kann man verstehen. Ich habe auch meine Probleme damit, aber ich sehe das eben anders, ich wäge schon ab, was passiert mit den Menschen. Wir nehmen Forschungsergebnisse von Jahrzehnten in Kauf bei unseren Operationen, bei der Medikamentenentwicklung, bei Therapien, und der Senator hat ja auch gesagt, wenn wir das nicht machen, erwarten wir, dass es woanders gemacht wird. Das kann doch keine Lösung sein. Ich will nicht dieses SanktFlorians-Prinzip. Das kann es nicht sein!

Ich finde, es ist richtig, dass wir auch Forschung gerade auch in dem Bereich machen, wo Leute krank sind, damit wir diese Krankheiten heilen können. Wenn Sie in Ihrem persönlichem Umfeld einmal sehen würden, wie jemand seine Identität verliert, dann, denke ich, würden Sie auch anders darüber denken.

Ich habe ein paar Probleme damit, dass man jetzt politisch vorgeben will, wie eine Verwaltung entscheiden soll. Herr Sieling hat das auch gesagt, wenn noch einmal ein neuer Antrag kommt, dann gibt er vor, dass es nicht mehr sein kann. Das können wir doch überhaupt nicht. Die Verwaltung wird sicher diese Diskussion in ihre Abwägungen mit aufnehmen müssen, weil wir natürlich auch eine Meinung äußern. Wir sind hier das Parlament, aber dass wir nun Vorgaben machen können, wie ein Verwaltungsakt auszusehen hat, da sträubt sich in mir alles, das kann man doch nicht machen! Wir können doch politisch diese Vorgaben ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

nicht machen. Ich hätte von Ihnen überhaupt nie erwartet, dass Sie so weit gehen und sagen, ich will das nicht, also haben die anderen das auch nicht zu wollen, und ob das Gesetz ist oder nicht Gesetz ist, das interessiert mich alles nicht, wir machen das so, wie ich das will.

Sie haben in der letzten Woche in der Wissenschaftsdeputation noch einmal darauf hingewiesen, dass Politiker sich an Gesetze halten müssen. Ich habe das aufgeschrieben. Hier in diesem Fall gilt das dann nicht? Das kann es doch nicht sein! Dagegen wehre ich mich schon sehr.

Nun zur Verbandsklage! Wir haben hier gesagt, wir haben das überwiesen an den Rechtsausschuss, an die Wissenschaftsdeputation, an die Baudeputation und an die Gesundheitsdeputation. Wir werden erst einmal abwarten, was dabei herauskommt, was die Prüfung ergibt, und dann werden wir weitersehen. Dass Sie aber jetzt schon von vornherein alles vorwegnehmen und mich in eine Ecke stellen, als ob ich oder als ob die CDU sich massiv dafür einsetzt – –. Wir setzen uns dafür ein, dass Gesetze eingehalten werden, um das einmal ganz klar zu sagen!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Perschau.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin eben gerade unten gewesen, weil wir dort eine große Besuchergruppe betreuen, und das ist ärgerlich. Ich habe nur gehört, dass Herr Sieling sich gemeldet hat. Ich möchte in aller Freundschaft und in aller Sachlichkeit auf einen Sachverhalt hinweisen: Wir haben gestern in gemeinsamen Arbeitsgruppen lange hin und her beraten. Dann gab es am Ende noch zwei kleine, eher redaktionelle Punkte, die haben Herr Sieling und ich gemeinsam abgestimmt, und ich habe noch einen Teil seiner Argumente aufgenommen, und wir haben uns darauf geeinigt.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Danach ha- ben wir die politische Bewertung vorgenom- men!)

Ich komme darauf! Nachdem wir beide uns geeinigt haben, hat die SPD-Fraktion getagt und hat etwas anderes beschlossen. Das ist ja auch zulässig. Was ich nur nicht möchte, Herr Sieling, ist, dass wir uns gegenseitig in die Pfanne hauen für eine Geschichte, die wir gemeinsam abgestimmt und beschlossen haben. Das geht nicht!

(Beifall bei der CDU)

Ich habe großes Verständnis dafür, es geht mir mitunter auch so, dass, nachdem man etwas abge

stimmt hat, man in die Fraktion geht und sich das Ergebnis ändert. Das kann passieren. Was aber nicht geht, ist, dass Sie so tun, als hätten wir etwas völlig Abwegiges gemacht.

(Abg. Frau M ö b i u s [SPD]: Hat doch gar keiner gesagt!)

Letzter Satz zu dem Thema! Der Punkt, bei dem wir auch vom Ansatz her gestritten haben, ist ein ganz schlichter, und zwar, dass ich der Meinung bin, und das ist auch die Meinung unserer Fraktion, dass man nicht ein teures und wichtiges Evaluationsverfahren auf den Weg bringen kann, wenn man vorher bereits entschieden hat, wann Schluss ist. Dann brauche ich kein Evaluationsverfahren, dann sage ich einfach, 2010 ist Schluss. Deshalb waren wir der Meinung, wenn wir ein Verfahren machen, das wir für richtig halten, dann muss es so lange ergebnisoffen bleiben, bis das Ergebnis auf dem Tisch liegt, so dass ich anhand des Ergebnisses beurteilen kann, wollen wir es weitermachen, oder wollen wir es nicht weitermachen.

Das war im Grunde genommen ein sicher grundsätzlicher Streitpunkt, den wir haben und zu dem ich auch stehe. Ich möchte aber zumindest hier sehr deutlich machen, dass die Dissensquote sich ganz ungewöhnlich in Grenzen gehalten hat. Die war so in Grenzen, dass wir eben gemeinsam gesagt haben, okay, das ist es jetzt. Dann haben wir unseren Leuten den Entwurf verteilt, und ich nehme an, Sie haben dasselbe gemacht. Ich möchte nur nicht, dass wir jetzt Dissense organisieren, die nicht wirklich stattgefunden haben. – Das war es!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Sieling.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Perschau, zunächst möchte ich sagen, ich empfehle uns jedenfalls nicht meinen Stil, wenn ich empfehle, dass wir Diskussionen, die wir haben, unter uns diskutieren und nicht immer auf dem öffentlichen Marktplatz austragen. Das wäre klüger für die politische Arbeit.

(Zurufe von der CDU – Abg. P f l u g r a d t [CDU]: Das gilt immer für die anderen, nur nicht für dich, Carsten!)

Jetzt kann das Protokoll Ruhe in der CDU-Fraktion feststellen, und ich kann weiterreden!

Es ist doch so, ich habe mich hier zu den inhaltlichen Punkten geäußert. Es ist so, dass wir in der Tat gestern den ganzen Nachmittag eine ganze Reihe beredet haben, und wir sind am Ende an einem Punkt

gewesen, wo mir und uns allen klar war, nur so viel geht mit der CDU. Leider geht nur so viel mit der CDU. Dann, meine Damen und Herren, habe ich den ganz normalen politischen Vorgang gemacht, und wir haben das bewertet. Ich bin in meine Fraktion gegangen und habe ihr gesagt, es reicht nicht. Es ist so weit entfernt von dem, was wir als SPD vertreten, dass es nicht geht.

Ich will diesen Kernpunkt noch einmal nennen. Wir sagen, wir wollen den Weg gehen, dass der Ausstieg im Jahr 2010 realisiert wird.

(Beifall bei der SPD)