(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. R o h m e y e r [CDU]: Was ist denn das für eine Argumentation?)
Da dieser Bezug zur Wirtschaftlichkeit ausschließlich bei den Förderzentren auftaucht, lieber Kollege, ist das als Diskriminierung zu werten, und ich warte auf die Eltern, die dagegen klagen.
Die Schulleitungen im Bereich der Förderzentren werden durch das Gesetz geschwächt und nicht gestärkt –
ich komme zum Schluss, Herr Präsident –, dies macht der Paragraph 35 Absatz 4 mit seiner Aussage deutlich, die Entscheidung über den Förderort trifft der Senator für Bildung. Eine Entscheidung über den Förderort muss immer prozesshaft und dialogisch gestaltet werden im Sinne einer Suche nach einer integrationsorientierten Lösung, nicht statisch als reines Verwaltungshandeln, das dann von den Schulleitungen vollzogen werden muss.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Schulgesetz erfüllt aus Sicht von Bündnis 90/Die Grünen nicht die gesteckten Ziele. Es schwächt die Schulleitungen und entmündigt die Kollegien. Daraus wird kein Qualitätsschub für die Schulen erwachsen. Schule muss sich verändern, aber, wie ich versucht habe zu beschreiben, eben nicht von oben, Herr Senator, sondern sie muss von unten aus den Schulen wachsen, und dabei müssen Sie die Schulen unterstützen! – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in den letzten Jahren gemeinsam in verschiedenen Bereichen die Schulpolitik dieses Landes in eine andere Richtung gebracht, die erstens dafür gesorgt hat – ich spreche nicht von der Zukunft –, bereits in der Vergangenheit zu ersten ganz konkreten Erfolgen zu kommen. Das ist Ihnen, liebe Frau Stahmann, sicherlich auch nicht entgangen, dass wir im Bereich der Grundschulen durch zusätzliche Stunden, durch zusätzliches Personal, durch zusätzliche Fördermaßnahmen erreicht haben, dass die Leistungen unserer Grundschüler bereits in den letzten Jahren so deutlich besser geworden sind, dass wir es bemessen können, so wie in VERA im letzten Herbst nachgewiesen.
Auf diesem Weg, der längst überfällig war, sind übrigens alle auf dieser Regierungsbank mit mir einer Meinung, und ich bin sicher, dass ich die übergroße Mehrheit auch in diesem Haus in dieser Frage hinter mir habe, diese Reform im Schulbereich war dringend und längst überfällig. Jetzt argumentiere ich nicht wie Sie, liebe Frau Stahmann, sondern ich argumentiere aus Sicht der Kinder: Wie kann es angehen, dass Bremer und Bremerhavener Kinder im Vergleich zu Kindern aus anderen Großstädten – ich argumentiere nicht mit Flächenstaaten, sondern mit Großstädten – deutlich geringere Bildungs- und Ausbildungschancen haben als die Kinder in anderen Bereichen?
Das ist doch ein Unding. Da zu sagen, weiter so wie bisher, und es muss von unten kommen, ist – Entschuldigung bitte – der völlig falsche Weg. Wir gehen einen anderen Weg. Wir setzen die Ziele. Wir haben dabei Visionen, aber wir arbeiten sie konsequent ab.
Liebe Frau Stahmann, was hat es hier für einen Ärger um die Einführung der verlässlichen Grundschule gegeben! Das hat die große Koalition – ich darf sagen, vielleicht auch mit nur ein bisschen mehr Druck von der SPD-Seite, ich will es aber nicht schmälern – gegen den erbitterten Widerstand der Grünen gemeinsam vorangetrieben. Man war dagegen, man hat gesagt, es sei kein Erfolgsmodell, wenn wir Mütter in die Schulen hinein geben, wenn wir die verlässliche Grundschule auf dem von uns vorgeschlagenen, realisierbaren Weg einführen. Was ist das Ergebnis, liebe Frau Stahmann? Das Ergebnis ist, dass mittlerweile 90 Prozent der Eltern in diesem Land hinter der verlässlichen Grundschule stehen und dies eine familienpolitische Maßnahme ist, die von den Müttern, von den Vätern, von den Familien total akzeptiert worden ist, obwohl Sie, und das können Sie in den Protokollen nachlesen, damals erbittert dagegen gestritten haben.
Das Zweite, liebe Frau Stahmann: Wir haben gemeinsam mit der großen Koalition die strukturellen Veränderungen durchgeführt, gegen Ihre Argumentation, gegen Ihre Debattenlagen hier im Haus, aber auch draußen. Was ist das Ergebnis gewesen? Die Stärkung der Gesamtschulen, auch die Stärkung eines Teils der Gymnasien! Nicht etwa die Parteiprogramme entscheiden, wo sie ihre Kinder hingeben können, sondern die Eltern werden gestärkt. Auch in diesem Gesetz, meine Damen und Herren, darüber sind wir uns völlig klar, werden die Rechte der Eltern gestärkt. Ich finde es richtig, dass wir die Rechte der Eltern stärken. Das ist ein Ansatz dieses Gesetzes.
Die strukturellen Veränderungen haben übrigens dazu geführt, dass ein Prozent der Eltern nicht zufrieden war mit der Anwahl, so wie sie durchgeführt worden ist. Wir haben aber auch bei diesem einen Prozent nachjustiert und haben mittlerweile in den Bereichen, die wir uns sehr, sehr genau anschauen, Erfolge zu vermelden.
Jetzt kommen wir zu einem dritten Schritt, einer dritten Phase. Das ist von Frau Hövelmann und von Herrn Rohmeyer eigentlich schon ausführlich dargestellt worden. Ich will ihn nur noch einmal in Ihr Bewusstsein zurückrufen. Wir haben einen runden Tisch eingerichtet. Dieser runde Tisch hat gesagt, überall da, wo Schulen stark sind, wo sie starke Führungen haben, sind sie in einem guten Zustand. Der Unterricht wird überprüft, die Lehrer sind in einer guten Kommunikation, Präsenzzeiten sind eine Selbstverständlichkeit, Fortbildungen sind eine Selbstverständlichkeit. Das alles macht für unsere Kinder eine gute Schule aus.
Das ist leider, und das wissen Sie so gut wie ich, nicht an allen Schulen der Fall. Wir, und dafür trage ich die politische Verantwortung, wollen aber, dass die Kinder an allen Schulen die Chancen haben, die sie in anderen Bundesländern haben. Deshalb glaube ich, dass es völlig richtig ist, dass wir uns an diesem Vorschlag des runden Tisches orientieren. Übrigens vom Jahre 2002, weil ich irgendwo einmal gelesen habe, der Senator macht einen Schnellschuss! Da habe ich heftig gelacht, wenn wir 2002 die Ergebnisse des runden Tisches vorliegen haben, sie in 2003 diskutieren, in 2004 umsetzen und heute, nach einer unglaublich langen Diskussionsphase – –.
Es ging übrigens damit los, liebe Frau Stahmann, dass ich als Allererstes den Referentenentwurf mit der Vorsitzenden des ZEB diskutiert habe, um zu sehen, ob ich hier eine Akzeptanz bei den Eltern finde. Danach habe ich mich mit Schulleitern aus Bremen und Bremerhaven in Verbindung gesetzt, um sie zu befragen: Wie steht ihr dazu, ist es der richtige Weg, werden wir dadurch besser, werden wir dadurch stärker?
Die Zielsetzung – das ist vielleicht die einzige Brücke, die ich wieder zu Ihnen schlagen kann – ist die Eigenständigkeit von Schulen, aber auch die Vorgabe von Standards. Wir müssen die Ziele für unsere Schulen setzen. Wir müssen sagen, was nach Klasse vier, sechs, acht und zehn und demnächst zwölf, heute noch 13, zu erreichen ist. Wir dürfen nicht zufrieden sein und sagen, die Standards in anderen Bundesländern interessieren uns nicht. Es interessieren mich die anderen Standards in den anderen Bundesländern. Das haben wir aber lange vernachlässigt, liebe Frau Stahmann. Wir haben gar nicht geschaut, wie sie in anderen Ländern ihre Abiturleistungen gemacht haben. Auch, glaube ich, in der Verantwortung, als die Grünen hier mit im Senat dabei waren, ist es leider vernachlässigt worden. Wir schauen darauf, und wir wollen nicht schlechter sein in den Leistungen, und
Der andere Aspekt, dass wir den nicht vergessen: Die soziale Koppelung, unter der wir alle besonders leiden, ist, dass Kinder aus bildungsfernen Familien soviel weniger Chancen haben als Kinder aus bildungsnahen Familien, müssen wir auch stärker anpacken, als es vorher, in früheren Jahren geleistet worden ist. Sie wissen es, Frau Stahmann, dass viele Programme laufen: Sommercamps, Ostercamps, Leseintensivkurse und viele, viele andere Fördermaßnahmen, dass diese Kinder keine Klasse wiederholen, sondern wir wollen es durchaus weiter offensiv angehen.
Morgen, Frau Stahmann, das soll mein letzter Satz sein, kommt Bundesministerin Bulmahn nach Bremen. Das ist kein Zufall.
Jetzt will ich Ihnen einmal sagen, weshalb ich morgen sehr gern zum Flughafen fahre, weil durch das Engagement von Frau Bulmahn und durch die Initiative der Bundesregierung wir in die Lage versetzt worden sind, hier im Land Bremen für 28 Millionen Euro in Ganztagsschulen zu investieren. Dafür bin ich der Bundesregierung dankbar, und deshalb empfange ich sie morgen auch am Flughafen.
Herr Rohmeyer, Sie wissen doch, ein Spiel wird nach 90 Minuten abgepfiffen, und ich würde noch nicht frohlocken. Möglicherweise bestraft der Wähler es, wenn man vor Ablauf der 90 Minuten so frohlockt, wie Sie es eben getan haben.
Ein letztes Wort, meine Damen und Herren! Frau Stahmann hat hier eben gesagt, die Behörde sei ja viel zu groß. Ich weiß nicht, ob Sie es so auch einmal in der Personalversammlung den Behördenmitarbeitern sagen würden. Vielleicht ist es Ihnen nicht bekannt, aber eigentlich sollte es Ihnen bekannt sein, Frau Stahmann: Wir haben seit 1995 28 Prozent der Bediensteten in der Behörde abgebaut, und wir haben im Koalitionsausschuss beschlossen, weitere 15 Prozent aus der Behörde abzubauen. Wenn Sie mir irgendwo eine Behörde in Bremen nennen, die in diesem Umfang abgebaut hat und noch weiter bereit ist abzubauen, dann bin ich sehr interessiert. Ich würde mich dann freuen und gebe dann auch einen aus, wenn Sie eine entsprechende Behörde finden würden. Ich glaube, Sie finden sie nicht.
Sie haben eben vorgeworfen, dass wir ehrlich, aufrichtig und glaubwürdig sagen, wir können nicht in dem Maße weiter Integrations- und Kooperationsprozesse ohne jede Rücksicht auf die vorhandenen Mittel weiter voranziehen, und haben gleichzeitig den gymnasialen Segmenten vorgeworfen, dass darauf überhaupt nicht geachtet wird. Frau Stahmann, wenn Sie es ernsthaft behaupten, dann haben Sie keine Ahnung, was in unseren Schulen los ist. Entschuldigung bitte!
Wir haben an den Gymnasien im Augenblick in den fünften Jahrgängen 33 Schüler. Es waren noch niemals so viele wie heute. Ich habe deswegen keine Beschwerden bekommen, sondern die Eltern, die Lehrer akzeptieren es zähneknirschend, weil wir das Geld nicht dafür haben, mehr Lehrerstunden in diese Schulen hineinzustecken.
Bitte behaupten Sie hier nicht vor dem Parlament, dass wir nur auf die Kooperationsklassen schauen und andere Bereiche außer Acht lassen! Wenn wir genügend Geld hätten, hätte ich überhaupt keine Probleme zu sagen, nein, es ist gar keine Frage, es wird weiter kräftig ausgebaut. Wir machen auch keine Frequenzen in den Gymnasien über 27 oder 29. Das ist dann schon etwas fragwürdig.
Selbstverständlich würde ich auch den Schulleitern mehr Entlastungsstunden geben. Entlastungsstunden hatten wir übrigens in Bremen früher zuhauf. Wir hatten, als ich anfing, 350 Lehrerinnen und Lehrer, die nicht in den Schulen gearbeitet haben. Dies haben wir Gott sei Dank abgearbeitet und sie zum Teil in die Schule zurückgeführt oder als Sparquote mit eingebracht. Stellen Sie es sich doch bitte einmal vor: 350 Lehrerinnen und Lehrer, A 12, A 13 und höher, die nicht im Unterricht gearbeitet haben! Eigentlich unvorstellbar, aber bitte, Frau Stahmann, sagen Sie nicht hier im Haus, dass wir da noch reichlich Masse hätten!
Ich glaube, dass das Schulgesetz und das Schulverwaltungsgesetz ein weiterer richtiger Schritt sind. Ich bin den Abgeordneten aus den Fraktionen – auch, wenn Sie so wollen, Ihnen, liebe Frau Stahmann – dankbar, dass das so ausführlich und breit in unserer Gesellschaft diskutiert worden ist, dass wir ganz viele Punkte mit aufgenommen haben. Das hat uns der Personalrat gerade noch in der letzten, vorletzten Woche ausdrücklich bestätigt, und ich glaube, dass es ähnlich wie bei der verlässlichen Grundschule, ähnlich wie bei der Schulstruktur dazu führen wird, dass die Leistungen unserer Schülerinnen und Schüler im Lande Bremen besser werden, und darauf kommt es an!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte vor kurzem Rainer Domisch hier zu Gast. Er arbeitet im finnischen Zentralamt für Unterrichtswesen. Herr Domisch hat mich gebeten, zu Herrn Lemke zu sagen: Immer an Finnland denken! Ich habe mit Herrn Domisch ganz tüchtig über das Thema „Elternrechte stärken“ diskutiert. Ich finde, er hat etwas sehr Kluges gesagt, was ich Ihnen auch einmal deutlich machen möchte.
Herr Domisch hat gesagt, die Elternrechte zu stärken ist sicherlich nichts Falsches, aber man muss sich bewusst machen, dass die Interessen der Eltern höchst subjektiv sind. Sie beziehen sich nämlich auf ihr eigenes Kind, das am besten den besten Bildungsweg durchlaufen soll. Das soll man sich bewusst machen, das muss man an dieser Stelle auch wissen: Die Finnen geben den Eltern beispielsweise kaum Mitspracherechte im Schulsystem, haben aber trotzdem ein Schulsystem, das ja bekanntlich gute Ergebnisse erreicht hat, zwei Mal bei Pisa auf dem vorderen Platz war.
Auch das Thema kollegiale Schulleitung, darauf sind Sie leider nicht eingegangen, wird immer ein bisschen als Widerspruch aufgebaut, dass man sagt, kollegiale Schulleitung verträgt sich nicht mit einer starken Schulleitung. In Schweden habe ich gesehen, es gibt auch eine kollegiale Schulleitung. Ein Schulleiter, und das meine ich, Herr Senator, der vom Unterricht freigestellt ist, der dieses Amt des Schulleiters personell und inhaltlich auch ausfüllen kann, der eine exzellente Ausbildung hat, der aus- und fortgebildet ist, der junge Kolleginnen und Kollegen anleiten kann und der der Schule auch ein pädagogisches Profil vorgeben kann, wird dann von zwei Kollegen als Team in der Schulleitung unterstützt, eine Person verantwortlich für den Bereich der wirtschaftlichen Führung der Schule, eine Kollegin oder ein Kollege zuständig für die Personalentwicklung.
Ich finde, das ist ein höchst modernes System, von dem wir uns auch noch einiges abgucken könnten und von dem wir in Bremen auch Ansätze haben, die wir nicht aufgeben müssen, sondern die wir eigentlich ausbauen sollten. Wir sollten die Leute ermuntern zu diesen Führungsrollen, und es sind ja Schulleiterinnen und Schulleiter da, die auch diese Führungsrolle an der Schule wahrnehmen. Dazu sollten wir sie auch ermuntern.
Jetzt haben Sie gesagt, ich solle einmal auf der Personalversammlung sagen, ich als Grüne verlange, dass hier die Hälfte in die Wüste oder in die Schule geschickt wird. Ich versuchte deutlich zu machen, dass eine Behördengröße auch etwas damit zu tun hat, was die Politik und was der Bildungssenator eigentlich alles an Daten erhoben haben will, und was soll hier eigentlich alles an Statistiken mit auf den Tisch gelegt werden. Da muss ich mich auch selbst an die Nase ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
fassen, klar, danach fragen die Grünen auch und fragen, wie viel Geld wurde da ausgegeben oder wie viele Kinder sind hier nicht versetzt worden. Es geht aber doch grundsätzlich darum, dass wir hinschauen, wo die Länder sind, die es besonders gut machen. Ich sage, Schweden hat eine Schulbehörde, die hat so viele Mitarbeiter wie die Bremer Bildungsbehörde, und das für ein ganzes Land! Das habe ich versucht deutlich zu machen, Herr Senator, das ist doch die Richtung, in die wir gehen müssen, zu einem schlanken Überbau und zu starken Schulen.
Eigentlich habe ich mich wegen der verlässlichen Grundschule gemeldet. Das machen Sie ja bei jeder Debatte ganz gern, wenn man auf den Grünen ein bisschen herumtrommeln muss, dass man sagt, die Grünen waren gegen die verlässliche Grundschule.
Liebe Kollegin Hövelmann, da müssten Sie eigentlich sofort sagen, Frau Stahmann ja nicht, sie unterstützt die Koalition in dieser Frage, und wir haben hier auch in diesem Haus in dieser Legislaturperiode und auch schon mein Kollege Mützelburg die Beschlüsse mitgetragen und sind auch der Auffassung, dass die verlässliche Grundschule in Bremen der Standard sein sollte.