Protocol of the Session on September 10, 2003

Bedenken Sie bitte, viele blinde Menschen, die zum Beispiel vor kurzem noch sehen konnten, haben vielleicht so wie Sie finanzielle Vorsorge für einen geruhsamen Lebensabend getroffen, haben sich also mühsam ein bisschen Geld zusammengespart! Dieses mühsam ersparte Geld müssen sie nun aufgrund ihrer schweren Behinderung für die eben von mir genannten Mehrkosten ausgeben. Viele blinde Menschen werden dadurch zum Sozialfall. Das ist eine belegbare Tatsache, die nicht einmal Sie verschweigen und widerlegen können.

Tatsache ist aber auch, dass das Landespflegegeld wirklich bei den betroffenen Menschen ankommt. Es ist eine wirklich effektive und unverzichtbare Hilfe für die betroffenen Menschen. Meine Damen und Herren, Blindengeld ist kein Luxus, es ist auch kein Almosen Ihrerseits, und hier sage ich im Namen der Deutschen Volksunion, blinde Menschen würden liebend gern auf das bisschen verzichten, wenn sie dafür wieder sehen könnten. Das können Sie mir getrost glauben. Dieses Geld steht unseren blinden Menschen ohne Abstriche einfach zu, weil es ihnen hilft, die Schwierigkeiten des täglichen Lebens besser bewältigen zu können.

Wir haben 2003 das europäische Jahr für Menschen mit Behinderungen, und da schämen Sie sich nicht und erdreisten sich, auch noch gerade in diesem Jahr das Landespflegegeld streichen zu wollen! Nebenbei gesagt, die Abschaffung des Landespflegegeldes wäre in jedem Jahr eine Unverschämtheit sondergleichen.

Meine Damen und Herren, bei dieser Gelegenheit möchte ich Herrn Dr. Scherf an seine eigene Aussage erinnern, Herr Präsident, ich darf zitieren: „Ich rede oft lieber mit Menschen in den Werkstätten für behinderte Menschen als mit Leuten im Bereich der Politik.“ So, Herr Scherf, nun gehen Sie einmal schön in die Werkstätten für behinderte Menschen, gehen Sie einmal in den Verein für blinde Menschen und erklären diesen behinderten Menschen, dass gerade Ihre sozialdemokratische Partei – das „sozial“ sollten Sie lieber einmal schnellstens aus Ihrem Parteinamen streichen – ihnen das Landespflegegeld schamlos und skrupellos streichen will!

Ich sage hier in aller Deutlichkeit: Sie wollen den blinden Menschen auch noch das bisschen ihnen

zustehende Landespflegegeld wegnehmen. Damit nehmen Sie diesen Menschen auch noch einen großen Teil ihrer Menschenwürde, ihrer Selbstachtung. Das haben diese Menschen wahrlich nicht verdient. Blinde und behinderte Menschen haben Achtung, Respekt und Wertschätzung verdient. Dafür kämpft die Deutsche Volksunion.

Darum stimmen Sie diesem Antrag „Erhalt des Landespflegegeldes“ unbedingt einstimmig zu! Bedenken Sie bitte bei Ihrer Abstimmung, jeder von Ihnen könnte durch einen schrecklichen Umstand selbst einmal blind werden! Die DVU kämpft jedenfalls uneingeschränkt und ohne Abstriche Seite an Seite mit den blinden und behinderten Menschen für den unverzichtbaren Erhalt des Landespflegegeldes.

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Karl Uwe Oppermann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich bin eigentlich verwundert, dass bei diesem Redebeitrag der Saal so voll geblieben ist.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Wir sind ja höflich!)

Meine Damen und Herren, wir haben eben ein Paradebeispiel für Populismus gehört.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Populismus bedeutet nach Meyers Lexikon, sich beim Volk bekannt und beliebt zu machen, Beifall finden zu wollen. Nichts anderes war diese Rede. Ich würde sogar sagen, sie war opportunistisch, nämlich das Verhalten, das sich, um Kritik, Schwierigkeiten, Nachteilen, Repressalien oder Ähnlichem aus dem Weg zu gehen, den jeweils gegebenen Mehrheitshierarchien oder Machtverhältnissen anpasst; Gewissenlosigkeit. Man kann auch sagen, allen nach dem Mund reden, das ist einfacher gesagt.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Möglicherweise ist der Beitrag nur mit der Wahl in Bremerhaven zu erklären, aber ich meine, auch dafür war der Saal eigentlich zu voll. Deshalb sollten wir den Antrag schnell vergessen und ihn ablehnen, unparlamentarisch würde ich sagen, Schwamm darüber, aber das darf man nicht sagen. Die Koalition wird diesen Antrag auf jeden Fall ablehnen.

Herr Tittmann, mit der DVU und mit Ihnen setzen wir, die Sozialdeputierten der Koalition und ich, uns nicht über das Blindengeld auseinander, das uns sehr ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

viele schlaflose Nächte und mich persönlich sehr viel Herzblut gekostet hat! – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Also, Herr Oppermann, irgendwie glaube ich, nach Ihrer Rede und bei einem solch wichtigen Thema hier im falschen Film zu sein. Entweder haben Sie mir eben nicht richtig zugehört, oder Sie wollen mir nicht richtig zuhören, oder aber, was noch viel schlimmer wäre, Ihnen ist das schreckliche Leid vieler blinder Menschen völlig, aber auch völlig egal. Das wäre wirklich schlimm und niederträchtig!

(Zurufe von der SPD und von der CDU)

Die Deutsche Volksunion sieht es nicht ein und wird es niemals hinnehmen, dass sich blinde Menschen aufgrund ihrer schrecklichen Behinderung künftig in die Schlange der Sozialhilfebezieher einreihen sollen. Das ist für die Deutsche Volksunion unerträglich.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Ist das parlamentarisch, was Sie da machen?)

Wenn Sie die Wahrheit nicht ertragen, dann müssen Sie hinausgehen und nicht hier herumpalavern! Das ist für die DVU unerträglich.

Das sage ich im Namen der Deutschen Volksunion in aller Deutlichkeit: Bremen darf nicht das erste Bundesland sein, das blinde Menschen und Schwerstbehinderte nicht ausreichend und besser schützt! Ich weiß gar nicht, was es bei diesem wichtigen und richtigen Thema und diesem DVU-Antrag so viel zu diskutieren gibt. Ich habe Ihnen doch ohne Wenn und Aber eben sehr deutlich gemacht, dass blinde Menschen dringend auf dieses Landespflegegeld angewiesen sind, weil sie eben bedingt durch ihre schwere Behinderung sehr viel mehr Geld für den Lebensunterhalt aufwenden müssen, dass sie für Gebrauchsartikel wie zum Beispiel für Bücher, Schreibmaschine, Waschmaschine und so weiter zehn Mal mehr bezahlen müssen als Menschen, die nicht eine solch schlimme Behinderung haben. Meine Damen und Herren, allein das ist doch schon ein Grund, diesen DVU-Antrag einstimmig anzunehmen.

Der andere wichtige Grund ist natürlich ein moralischer sowie Ihre sozialpolitische Verantwortung und Verpflichtung gegenüber behinderten und blinden Menschen. Ich werde Sie doch nicht erst daran erinnern müssen. Hier ist die Christliche Union, Herr Oppermann, besonders gefordert, und wenn Sie das Christliche, also das C, nicht nur pro forma oder sozusagen pseudopolitisch in Ihrem Parteinamen füh

ren, dann muss die CDU sogar dem DVU-Antrag zustimmen.

Stimmen Sie also hier und heute zum Wohl und im Interesse von behinderten und blinden Menschen diesem DVU-Antrag einstimmig zu! Unsere blinden Menschen haben ein uneingeschränktes Recht auf Achtung und Menschenwürde. Die Deutsche Volksunion lässt diese Achtung gegenüber den Blinden nicht von Ihnen durch den Schmutz ziehen, denn unsere blinden Menschen haben ein uneingeschränktes Recht auch auf dieses Landespflegegeld. Sie haben es nicht verdient, dass sie für Ihre verfehlte und gescheiterte verschwenderische Politik auch noch unsozial bestraft und gedemütigt werden. Das haben diese Menschen nicht verdient. Dafür kämpft die Deutsche Volksunion, dass das nicht passiert! – Ich bedanke mich!

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag des Abgeordneten Tittmann, DVU, mit der Drucksachen-Nummer 16/13 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Abg. T i t t m a n n [DVU])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und Abg. Wedler [FDP])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Gesetz zur Änderung des Bremischen Besoldungsgesetzes

Mitteilung des Senats vom 8. Juli 2003 (Drucksache 16/15) 1. Lesung

Wir kommen zur ersten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zur Änderung des Bremischen Besoldungsgesetzes, Drucksache 16/15, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

(Einstimmig)

Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze

Mitteilung des Senats vom 8. Juli 2003 (Drucksache 16/16) 1. Lesung

Wir kommen zur ersten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.