Protocol of the Session on April 20, 2005

(Abg. T i t t m a n n [DVU]: Da gebe ich Ihnen Recht!)

Wenn man als Bremerhavener so argumentiert, muss man übrigens vollkommen durchgeknallt sein, Herr Tittmann.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es gibt kaum eine Stadt in Deutschland, die so von der Europäischen Union profitiert wie Bremerhaven, und wir hier kämpfen alle dafür, dass es so bleibt, und werden uns von solchen Leuten wie Ihnen daran nicht hindern lassen. Wir kämpfen um Bremerhaven!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen – Zuruf des Abg. T i t t m a n n [DVU])

Die Rede von Herrn Tittmann war ausländerfeindlich, und zwar hat er signalisiert, dass die Asylpolitik Kosten verursacht, die dazu führen, dass für die ältere Generation nicht mehr genug Geld vorhanden ist. Das ist eine ausländerfeindliche Position. Ich stehe zu dem, was die Bundesrepublik für die Asylpolitik tut, denn es steht in der historischen Verantwortung genau Ihrer Vorgänger, was diese angerichtet haben, was diese für Fluchtbewegungen in Europa und weltweit erzeugt haben. Deswegen steht im Grundgesetz, dass in Deutschland das politische Asyl eine hohe Priorität hat.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Menschen, die ein bisschen Sachkenntnis haben und sich einmal ansehen, wie die Zahlen der Flüchtlinge sich in Europa entwickelt haben, stellen übrigens fest, dass die Zahlen hier deutlich heruntergegangen sind. Sie bauen hier also einen Problemdruck auf, den es in Wirklichkeit nicht mehr gibt.

(Abg. T i t t m a n n [DVU]: Fischer!)

Auf ein Detail möchte ich auch noch einmal eingehen, Herr Tittmann hat hier deutlich gesagt, dass es kein qualifiziertes oder nicht ausreichend qualifiziertes Personal gebe. Eigentlich ist die Klarstellung von Herrn Oppermann gerade schon gekommen. Es gibt eine massive politische Ambition und deutliches Engagement, um mehr qualifiziertes Personal herzustellen. Die Antwort des Senats macht deutlich, dass die Situation sich zunehmend entspannt, gerade weil wir mehr geschafft haben an dieser Stelle. Insofern bin ich der Überzeugung, dass wir auf dem richtigen Weg sind an dieser Stelle, und Sie haben überhaupt nichts Konkretes, Produktives beigetragen zu dieser Debatte.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Oppermann, ich möchte kurz noch auf Sie eingehen. Das Bielefelder Modell! Natürlich ist das Bielefelder Modell, genau wie es sonst im richtigen Leben auch immer so ist, nicht die eine Lösung, die das ganze Problem löst. Nein, es ist eine kleine pfiffige Idee. Die Überlegungen gibt es an anderen Standorten, übrigens auch in Bremen, schon, aber das ist eine kleine Idee, die die ganze Problematik, mit der wir im Bereich der Altenpflege zu tun haben, einmal von einer anderen Seite sieht, und deswegen erwähne ich dieses eine spannende Modell einfach nur.

(Abg. Karl Uwe O p p e r m a n n [CDU]: Aber da sind wir doch gar nicht auseinander!)

Das Spannende ist, dass andere Akteure auch die Verantwortung übernehmen und eben nicht einfach nur gesagt wird, das müssen Frau Röpke und die Sozialverwaltung organisieren. Nein, die Wohnungsbaugesellschaften in Bielefeld sagen, klar, wir haben eine veränderte demographische Entwicklung, da müssen wir auch heran. Diese Akteure wollen wir mit diesem Modell, mit anderen Modellen gewinnen, und wir hoffen, dass sie uns dabei helfen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Senatorin Röpke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben zurzeit rund 19 000 pflege

bedürftige Menschen im Lande Bremen, und davon sind rund 71 Prozent ambulant in ihrer Wohnung versorgt und rund 29 Prozent stationär betreut. Dieses Verhältnis von ambulant zu stationär, das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen, ist im Bundesvergleich ausgesprochen günstig. Wir stehen also, was die Priorität von ambulanter Betreuung betrifft, sehr gut da. Erreichen konnten wir dies dadurch, dass wir den entsprechenden Ausbau der Tages- und Kurzzeitpflege deutlich mehr nach vorn gebracht haben im Vergleich zur stationären Pflege, und das auch wiederum im Vergleich zu anderen Bundesländern.

Die Tages- und Kurzzeitpflege, das ist hier auch schon gesagt worden, ist deutlich besser geeignet als die sofortige Betreuung in der vollstationären Pflege, deutlich besser geeignet deswegen, weil sie den Schritt hin zur ambulanten Versorgung als Zwischenschritt vorbereitet. Das ist auch, denke ich, unser gemeinsames Ziel, dass das ambulante Betreuungssystem nach vorn gebracht werden muss, dass wir alle gemeinsam wollen, dass wir die Angehörigen, die Betroffenen in die Lage versetzen, die Betreuung zu Hause stärker in den Vordergrund zu stellen und die vollstationäre Pflege möglichst zu verschieben oder, wenn es gut läuft, sogar zu verhindern.

Allerdings müssen wir auch feststellen, das ist bundesweiter Trend, dass wir von 1999 bis 2003 auch in Bremen einen Anstieg in der vollstationären Pflege um 16 Prozent zu verzeichnen haben. Das heißt, wir müssen diesen Trend ernst nehmen und unsere Anstrengungen verstärken, um das Ziel ambulant vor stationär auch tatsächlich mit Leben zu füllen. Da ist es nicht nur mit einer Förderung der Angebote getan, sondern es kommt durchaus der Beratung der betroffenen Menschen, der Angehörigen, aber auch der Beratung aller, die in diesem System agieren, eine ganz große Bedeutung zu. Daran arbeiten wir zurzeit. Wir wollen die Zusammenarbeit der sozialen Dienste, der Gesundheitsämter und des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen intensivieren.

Herr Schmidtmann, Sie haben völlig Recht mit Ihren Ausführungen zum Entlassungsmanagement in Krankenhäusern, aber Sie haben, wenn ich richtig zugehört habe, den Medizinischen Dienst der Krankenkassen nicht ausreichend bewertet. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen ist es letztlich, der entscheidet, ob und wie jemand, der aus dem Krankenhaus entlassen wird – gerade bei alten Menschen, haben Sie zu Recht gesagt, ist das ein großes Problem –, in welche Betreuungseinrichtungen oder in welche ambulante Versorgung kommt. Wir haben keinen direkten Einfluss darauf. Das ist unser Problem. Deswegen legen wir so großen Wert darauf, dass wir auch die Sensibilität des MDK an dieser Stelle erhöhen, und deswegen legen wir auch großen Wert auf eine Zusammenarbeit.

Parallel zu diesen Aktivitäten sind wir in Gesprächen mit Tagespflegeeinrichtungen, um das Ange

bot zu stärken und auch da eine Intensivierung der Kommunikation herzustellen. Wir wollen im nächsten Monat ein entsprechendes Gespräch mit den Kurzzeitpflegeeinrichtungen führen, um noch gemeinsam zu überlegen, wie man dieses Angebot stärker nach vorn bringen kann, damit es besser und effektiver genutzt wird.

Kurz gesagt: Ambulant vor stationär ist die Leitlinie unserer Altenhilfe, jetzt und auch in Zukunft, und mit Blick auf die demographische Entwicklung ist dies sicherlich noch von größerer Bedeutung. Das, und das sage ich hier ausdrücklich, ist nicht der Haushaltsnotlage geschuldet, sondern das ist auch inhaltlich gut zu begründen. Das haben meine Vorredner schon ausführlich getan, deswegen kann ich mich an der Stelle kurz fassen. Aber es ist so, Herr Oppermann, wir haben hier Gott sei Dank keine Altenghettos, und wir wollen auch keine Altenghettos, sondern unsere Betreuungseinrichtungen sind mitten in den Stadtteilen.

Das finde ich ausgesprochen positiv, und da sehe ich im Übrigen auch die Chance, wenn wir über Ehrenamt und Nachbarschaftshilfe reden, für die Perspektive, da noch etwas Zusätzliches zu entwickeln, auch Nachbarschaften zu aktivieren, auch gerade das Potenzial der künftigen fitten älteren Menschen vielleicht zu nutzen, um gemeinsam in der Nachbarschaft mit denen, die nicht mehr so gut dabei sind, etwas gemeinsam auf den Weg zu bringen. Da gibt es aus meiner Sicht gute Potentiale, aber da stehen wir wie viele andere auch erst am Anfang, und da bin ich auch sehr auf die Debatte gespannt, die wir dann zur Bürgerstadt führen werden.

Im Übrigen, meine Damen und Herren, entspricht die Versorgung im Land Bremen in der vollstationären Pflege dem Angebot vergleichbarer Großstädte, und wenn es uns gelingt, auch in Zukunft den Bereich der ambulanten und teilstationären Pflege weiter zu fördern, glaube ich, sind wir auf einem guten Weg. Allerdings, das muss ich auch noch einmal ausdrücklich sagen, das haben wir zwar in der Antwort des Senats sehr ausführlich dargestellt, aber ich bitte noch einmal, darauf das Augenmerk zu legen, haben wir keine rechtliche Grundlage, um die Angebote verbindlich zu steuern. Wir können die Träger nicht zwingen, zu bauen oder nicht zu bauen oder in der einen oder anderen Form zu bauen. Das ist ein Problem. Wir können sie lediglich beraten, versuchen, sie zu überzeugen und mit perspektivischen Bedarfen zu konfrontieren, aber es entscheiden letztendlich die, die bauen, und darauf haben wir keinen direkten Einfluss. Also haben wir begrenzte Steuerungsmöglichkeiten!

Die Passage mit der perspektivischen Entwicklung, die Sie in der Antwort kritisiert haben, Herr Oppermann, legt genau darauf den Schwerpunkt, dass wir noch stärker herausarbeiten wollen, wo wir tatsächlich Möglichkeiten haben, Einfluss zu nehmen. Ich bitte, diese Passage so zu verstehen.

Wenn ich noch einmal kurz etwas zur Investitionsförderung sagen darf! Das, was gestern vom Senat beschlossen worden ist, ist sehr verkürzt dargestellt, und ich habe in der Senatssitzung sehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir die parlamentarische Beratung brauchen, weil wir das Gesetz ändern müssen. Wir haben schon im letzten Jahr intensivste Diskussionen über den richtigen Weg geführt. Ich werde jetzt von meinem Ressort noch einmal einen Abgleich machen lassen, was andere Länder machen. Wie stellen sie sich auf, was die Förderung betrifft? Wir haben ja hier diese kommunizierenden Röhren. Wenn die Investitionsförderung gekürzt wird, dann wirkt es sich in der Sozialhilfe aus, und das drückt dieser Senatsbeschluss aus. Diese kommunizierenden Röhren werden also dargestellt.

Wir müssen gemeinsam mit den Fraktionen eine Lösung finden, wie wir uns insgesamt in der Förderung in Zukunft aufstellen wollen, aber ich sage an dieser Stelle auch ganz deutlich, und da teile ich das, was alle Rednerinnen und Redner hier gesagt haben: Pflege ist ein Standortfaktor, schafft Arbeitsplätze, und es ist für die Einwohnerwertung relevant, dass hier in Bremen so viele Menschen wie möglich im Alter betreut werden.

(Beifall bei der SPD)

Dann ist der Altenhilfeplan angesprochen worden. Ich habe Herrn Oppermann schon gesagt, dass er kommt.

(Abg. P f l u g r a d t [CDU]: Wann?)

Ich glaube, dass hier alle Fraktionen das Interesse haben, dass wir ihn sorgfältig mit den Wohlfahrtsverbänden abstimmen, so dass davon letztendlich abhängt, ob wir ihn im Juni oder im Juli in der Deputation beraten werden, aber auf jeden Fall noch vor der Sommerpause. Das kann ich Ihnen hier zusagen.

Zur Entbürokratisierung ist ja in der Antwort des Senats Erhebliches ausgeführt worden, insbesondere zu der These, dass in Bayern und Rheinland-Pfalz schon 50 Prozent der Bürokratie eingespart worden sei. Wir haben noch einmal recherchiert, das ist leider nicht der Fall. Da zeigt sich, dass der Prozess der Entbürokratisierung sehr mühsam ist. Wir arbeiten in Bremen daran, das habe ich in der letzten Debatte schon ausgeführt, und das will ich hier nicht noch einmal wiederholen, weil wir alle in die Mittagspause wollen.

(Abg. P f l u g r a d t [CDU]: Frau Linnert noch nicht!)

Frau Linnert noch nicht? Gut!

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Linnert?

Ja, bitte!

Bitte, Frau Linnert!

Frau Senatorin, mich treibt das mit der Investitionsförderung noch einmal um! Ich habe die Senatsbeschlüsse zu den Eckwerten gelesen, und da hat der Senat beschlossen, dass die Investitionsförderung auf fünf Millionen Euro beschränkt werden soll. Ist dieser Beschluss denn mit Ihrer Stimme erfolgt? Warum erzählen Sie hier etwas ganz anderes?

Ich erzähle hier gar nichts anderes! Es gibt einen Prüfauftrag, den wir noch abarbeiten müssen. Er beinhaltet, dass wir die Situation vergleichen, wie andere Länder damit umgehen. Dann werden wir es insgesamt auswerten, und dann müssen und wollen wir natürlich auf die Fraktionen zugehen, denn das Parlament muss das Gesetz ändern, wenn es das dann will.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das wollen wir gar nicht!)

Das weiß ich ja nicht! Das werden wir erst einmal in der Deputation beraten, und dann wird es die parlamentarische Befassung erreichen.

Das habe ich aber auch gestern im Senat so klar dargestellt, dass wir diesen Prozess mit dem Parlament noch zu führen haben. Das habe ich jetzt gerade versucht zu klären, deswegen das Beispiel von den kommunizierenden Röhren. Wenn es zu einer Kürzung bei den Investitionen kommen sollte, brauchen wir mehr in der Sozialhilfe. Das ist jetzt deutlich abgesichert, dass das in die Eckwerte eingestellt ist. Wenn sich das alles wieder umdrehen sollte, wenn das Parlament zu einer anderen Auffassung käme, müssen wir das wieder umschichten. Das ist die Situation!

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Und dem haben Sie im Senat zu- gestimmt?)

Ich habe das so im Senat dargestellt!

Wir werden versuchen, eine Klärung während der Haushaltsberatungen herbeizuführen, um damit dann das Parlament zu begrüßen. So ist die Situation!

Ich gebe zu, es ist etwas kompliziert,

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Nicht zu sehr!)

aber so stellt sich das dar. Wir werden in der Deputation, Frau Linnert, dann zu gegebener Zeit darüber beraten.