Protocol of the Session on March 17, 2005

Übrigens, ein Thema der Verhandlungen sind auch mögliche Öffnungsklauseln für Länder in Haushaltsnotlage. Deshalb lehne ich es ab, das Ziel eines Solidarpaktes zum jetzigen Zeitpunkt für völlig unrealistisch zu erklären.

Ich möchte auch etwas zur Kindertagesbetreuung sagen. Die in den letzten Tagen und Wochen geführte Diskussion hat viele Eltern und Beteiligte zu Recht verunsichert, aber ich sage auch: Aus meiner Sicht werden hier zum Teil völlig aus der Luft gegriffene Zahlen in die Diskussion gebracht. Deswegen freue ich mich richtig darüber, dass wir zusammen mit dem Sozialressort jetzt dabei sind aufzuschlüsseln, wie die Verabredung des Koalitionsausschusses, die Standards zu erhalten und gleichzeitig an einer allgemeinen PEPQuote festzuhalten, im Einzelnen in der Praxis umzusetzen ist.

Wir werden eine demographische Entwicklung haben, die zu abnehmenden Kinderzahlen in bestimmten Altersgruppen führen wird. Das müssen wir berücksichtigen. Wir müssen auch meines Erachtens zu einem optimierten Standortkonzept kommen, und dabei geht es nicht nur um eine Optimierung der Auslastung der einzelnen Einrichtungen, sondern es geht auch um eine gerechtere Verteilung der Kapazitäten zwischen den Stadtteilen, gerade auch in der Orientierung an sozialen Indikatoren.

Ich sage an dieser Stelle: Sollten die PEP-Maßnahmen nicht durch Optimierungen ausgeglichen werden können, werden wir weitere Mittel für den Bereich der Kindertagesbetreuung ausgeben. Das ist, so meine ich, in der großen Koalition unstrittig.

(Beifall bei der SPD)

Die politische Herausforderung in dieser mit dem Wegfall der Zahlungen aus dem Kanzlerbrief eingeleiteten dritten Sanierungsphase besteht letztlich darin, das Niveau öffentlicher Leistungen so hoch wie erforderlich zu halten und die Lasten der notwendigen Konsolidierung so gerecht wie möglich zu ver

teilen. Über eines müssen wir uns dabei aber immer im Klaren sein: Wir haben keinen finanzpolitischen Spielraum mehr, um heutige Probleme zu Lasten zukünftiger Generationen zu lösen. Im Ringen um die richtigen Wege zur Bewältigung dieser Herausforderung gibt es natürlich unterschiedliche Auffassungen, auch zwischen Rechnungshof und Senat. Ich würde dem Rechnungshof als eigenständigem, demokratisch legitimierten Organ allerdings nicht gerecht werden, wenn ich an dieser Stelle eine knappe Kurzkommentierung zum Jahresbericht 2005 abgeben würde.

Eines möchte ich aber an dieser Stelle schon sagen: Die Sanierungsstrategie der letzten zehn Jahre war nicht falsch. Das bestätigen auch die Zahlen des Rechnungshofs. Wir sind aber eindeutig noch nicht am Ziel angekommen, und deshalb müssen wir den für alle Beteiligten, also für Politik, Verwaltung, aber vor allen Dingen für die Betroffenen, schweren Weg fortsetzen und glaubwürdig vermitteln. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Senator Dr. Nußbaum hat hier den Nachtragshaushalt für das Jahr 2005 vorgestellt und einen Ausblick gegeben darüber, wie es finanzpolitisch weitergehen soll. Auf den zweiten Teil seiner Rede will ich zuerst eingehen und vielleicht noch einmal ein paar andere Akzente setzen, als es gestern in der Aktuellen Stunde geschehen ist oder möglich war.

Ich glaube, dass Bremen in den nächsten Jahren eine Balance machen muss dazwischen, der Bevölkerung die ungeschminkte Wahrheit über die reale Finanzlage Bremens zu sagen und gleichzeitig realistischen Mut und Optimismus darüber zu verbreiten, was wir aus eigener Kraft hier in unseren beiden Städten schaffen und auf der Basis realistischer Einschätzungen weiterentwickeln können. Für das Sagen einer finanzpolitischen Wahrheit haben Sie, Herr Senator Dr. Nußbaum, eine gute Grundlage gelegt. Sie haben hier das erste Mal, meiner Meinung nach, für den Senat ganz klar und deutlich gesagt, dass es keine guten und keine schlechten Schulden gibt, dass dieses ewige Auseinanderdividieren und Gegeneinanderausspielen von konsumtiven und investiven Ausgaben endlich aufhört und dass es in den nächsten Jahren in Bremen nicht mehr möglich sein wird, alles, was investiv ist, für gut und alles, was konsumtiv ist, für schlecht zu halten, und dafür will ich mich bei Ihnen ausdrücklich bedanken.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Eine ganzheitliche Betrachtung der gesamten Haushaltslage Bremens und der gesamten Kreditaufnahme sowie die Möglichkeit, die aus den Schulden resultierenden Zinsen stärker in den Fokus der Überlegungen der politischen Arbeit zu rücken, ist aus grüner Sicht der einzige, aber nicht zu unterschätzende Vorteil Ihres Ziels, einen ausgeglichenen Primärhaushalt vorzulegen. Endlich hört es auf, dass man für bestimmte Dinge fröhlich Kredite aufnehmen darf und dann auch noch erzählen kann, dass man damit gute Taten vollbringt. Das ist der Vorteil der Primärhaushaltsbetrachtung. In meiner weiteren Rede werde ich noch sagen, wo ich eher die negativen Teile sehe.

Die Balance in Bremen besteht darin, die Wahrheit zu sagen, und zwar endlich die ungeschminkte Wahrheit. Dazu gehört auch, die gesamten Zukunftsbelastungen, die in den vielen Gesellschaften angerichtet wurden, hier wieder hervorzuzerren und deutlich zu besprechen, der Bevölkerung zu sagen, was wir noch machen und schaffen können, und ihr aber auch gleichzeitig zu sagen, was wir nicht schaffen können, wo wir, und das ist der allergrößte Teil der Bremer Politik, auf Hilfe von außen angewiesen sind. Wir müssen ihr sagen, mit welcher Strategie wir mit den anderen Bundesländern und mit der Bundesregierung verhandeln, und, dabei bleibe ich auch, trotz aller Risiken, die man dabei eingeht, müssen wir hier von Bremen aus eine weitere Klage vor dem Bundesverfassungsgericht vorbereiten, um eben von dort aus möglicherweise Unterstützung oder vielleicht auch weniger schöne Dinge zu hören, die uns dann in den weiteren Verhandlungen helfen können. Wir müssen auch darauf achten, dass wir Bremen nicht kaputtsparen. Das wird hier in den nächsten Jahren die zentrale Auseinandersetzung sein: An welchen Punkten kann man es der Bevölkerung gegenüber verantworten, und an welchen Punkten kann man das eigentlich nicht?

Zur Frage der Wahrhaftigkeit in der Finanzpolitik, die hier jetzt hoffentlich endlich einkehrt, gehört auch, dass man sich Prügel für den unabhängigen Rechnungshof verkneift. Es gehört auch dazu, dass man nicht ständig wieder neu den Haushaltsausschuss oder die Medien oder sonst wen in der Öffentlichkeit mit im Sanierungszeitraum willkürlich gegriffenen Zeiträumen nervt, wo dann, wenn man bestimmte Jahrestranchen so oder anders legt, man eben doch irgendwelche Erfolge des Sanierungskurses konstruieren kann. Das ist jedenfalls nicht hilfreich. Wenn Sie sich jetzt endlich darauf geeinigt haben, die Wahrheit zu sagen, nämlich dass der Sanierungskurs nicht die Erfolge gebracht hat, die wir uns gewünscht haben, und die Finanzlage so dramatisch wie noch nie ist, dann können Sie das auch einfach lassen, ständig mit irgendwelchen geschönten und zum Teil auch gefälschten Daten die Öffentlichkeit in die Irre zu führen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der ausgeglichene Primärhaushalt ist aus grüner Sicht ein unrealistisches Ziel. Das, was da konsumtiv eingespart werden soll, also weit über 100 Millionen Euro trotz steigender Bedarfe, wird man aus unserer Sicht nicht schaffen, aber Sie können ja den Beweis antreten, indem Sie die Verabredung im Koalitionsausschuss einmal rechnen und dem Haus vorlegen, welche verabredeten Sparmaßnahmen auch welche Entlastungseffekte bringen, und dann werden wir ja sehen, wer Recht behalten hat. Ich habe die Koalition aber so verstanden, dass sie keine weiteren quotalen Kürzungen vornehmen will, also nicht immer weiter jedes Jahr irgendwo eine Schraube betätigt, wie Sie das beim PEP ja weiterhin tun, ohne sich darum zu kümmern, mit welchen inhaltlichen Maßnahmen und Sparanstrengungen eigentlich Ihre Finanzpolitik ausgefüllt ist. Da werden wir Sie beim Wort nehmen. Aus unserer Sicht haben Sie an dem Punkt Recht, so geht es nicht weiter!

Also: Der Versuch, konkrete inhaltliche Sparvorschläge zu machen, ist richtig, aber das, was bisher vorliegt, wird den ausgeglichenen Primärhaushalt nicht bringen, und die Grünen sind auch der Auffassung, dass man es mit diesen Instrumenten so gar nicht schaffen kann, und ich würde auch noch weitergehen, dass man es gar nicht so machen sollte.

Wenn man sich anschaut, warum Bremen eine besondere Finanzausstattung von den anderen Bundesländern erhält, nämlich 135 Prozent im Finanzausgleich, und man sich anschaut, warum wir das erhalten, dann ist das so, weil anerkannt wird, dass wir als Stadtstaat in einer ganzen Reihe von Bereichen einen höheren Finanzbedarf haben. Wenn wir jetzt anfangen, unsere Leistung für die Bürgerinnen und Bürger unter diese 135 Prozent zu sparen, kann ich Ihnen sagen, was dann passieren wird, dann werden die südlichen Bundesländer, die sowieso Stadtstaaten für ein Unikum halten, da herangehen und fragen: Wozu braucht ihr denn die 135 Prozent? Ihr beweist uns doch gerade, dass es auch deutlich darunter geht. Damit werden wir unsere Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Großstädten verlieren, und ich glaube nicht, dass man das so machen sollte.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Primärhaushalt als sinnvolle Betrachtungsweise für die Wirkung von Verschuldung und die Entwicklung der Zinsen, die weiter explodieren werden in den nächsten Jahren, das werden wir Ihnen nicht vorwerfen, denn jetzt ist es so, dass es gar nicht mehr anders geht, aber kein Instrument, um weitere potemkinsche Dörfer in der Finanzpolitik aufzubauen!

Dass Sie die Sache mit der Gewoba angesprochen haben, das freut mich. Da haben Sie aus grüner Sicht mit der einen Sache Recht und mit der anderen nicht. Es gehört zu einem der größten finanzpolitischen Sündenfälle der großen Koalition, dass man

Gewoba-Anteile an die BIG gibt, sich das Geld in den Haushalt stopft, das fröhlich für irgendwelche Sachen ausgibt, in Investitionen, in Gewerbeflächen, die übrigens dann zum Teil noch nicht einmal in den Investitionslisten auftauchen oder in der Investitionsquote berechnet werden, und sich dann nicht darum schert, wann das denn irgendwann abbezahlt werden soll. Die Gewoba-Sache und die Sache mit der Gewerbefläche Arberger und Mahndorfer Marsch, das Finanzproblem ist ja auch nicht gelöst, das sind die dicksten Brocken. Aber Sie werden bei Ihren Recherchen in den Gesellschaften noch eine Reihe anderer solcher Klamotten finden, wo genau das getan worden ist, was Sie hier gesagt haben, was man nicht machen darf, einfach Politik zu Lasten zukünftiger Generationen.

Mit dieser Einschätzung, die Sie hier so eingeräumt haben, darüber bin ich froh, haben Sie völlig Recht, das war ein großer Sündenfall, das hätte man niemals machen dürfen, das ist verantwortungslos. Sie haben auch Recht damit, dass man es nicht weiter so lassen kann. Es haben sich jetzt 140 Millionen Euro angesammelt, und irgendwie schreit es nach einer Lösung, denn das Geld wird jedes Jahr mehr.

Ich bin nicht der Auffassung, dass ein Teilverkauf der Gewoba oder ein weiterer Verkauf eine gute Lösung ist. Finanzpolitisch korrekt würde man es lösen, indem man sich die Investitionsplanung ansieht, auf weitere Projekte verzichtet und das Geld nimmt, um es zurückzukaufen. Die Sache hat auch einen Reiz, es wäre das finanzpolitisch Richtige, und wir könnten einen öffentlichen Diskurs darüber führen, ob uns diese Gewoba-Anteile die Erschließungsstraße in das Gewerbegebiet wert sind oder, sagen wir einmal, den Kunsthallenanbau. Darüber will ich reden. Ich will reden, wie man die Sachen gegeneinander bewertet, um endlich aus dieser Zahlenhuberei herauszukommen und eine inhaltliche Bewertung von Sparund Finanzpolitik mit den Bremerinnen und Bremern gemeinsam zu machen, denn an dem Punkt kann ich mit der Bevölkerung diskutieren: Was von diesen Dingen ist euch wichtiger, und was wollt ihr nicht? Darauf bin ich ziemlich gespannt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich selbst bin der Auffassung, dass man um die Gewoba kämpfen sollte, weil wir sie als Instrument noch brauchen und weil die Erfahrungen mit der Bremischen, starker Partner wurde da auch gesucht, einfach verheerend und abschreckend sind.

Zum Solidarpakt! Ja, Sie sind in Tarifverhandlungen, und es gehört sich nicht, Sie mit großem Getöse dabei zu stören. Die Grünen bleiben bei ihrer Auffassung, dass Bremen bei den Verhandlungen dort so verhandeln sollte, dass wir darauf hinweisen, dass gerade die besondere Situation als Stadtstaat es nicht besonders sinnvoll erscheinen lässt, tarifpolitische Flickenteppiche zu schaffen. Wir haben uns im Haus

haltsausschuss Vorlagen angesehen, welche Mitarbeiter dann dem einen oder dem anderen Tarifrecht unterliegen würden. Es gibt einfach sehr viele gute Gründe, warum Bremen das übernehmen sollte. So weit darf man gehen hier als Parlament, Sie zu bitten, in den Verhandlungen diese Aspekte zu berücksichtigen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Letztes will ich darauf, was Sie über die Kindertagesheime gesagt haben, eingehen. Ich habe es gestern schon einmal versucht. Dass Sie den guten Willen haben, die Standards zu erhalten, das glaube ich jedem hier im Haus. Nur, dass das Geld kostet, das müssen Sie auch einräumen. Wenn man gleichzeitig sagt, wir wollen die Standards und die PEPQuote halten, dann gibt es erst einmal einen Widerspruch.

(Zuruf von Senator D r. N u ß b a u m )

Überversorgung, wollen wir einmal sehen! Wo Kindergärtenplätze über sind, muss man die abbauen. Das ist zum Teil nicht ganz einfach, das sieht man auch bei den Schulen, nämlich bis es so weit ist, dass man eine ganze Gruppe oder eine ganze Klasse schließen kann, das ist irgendwie ein filigraner Akt, das können wir hier nicht im Parlament lösen, sondern das muss die Verwaltung machen, und man muss ihr dabei auch auf die Finger schauen, da liegen wir gar nicht auseinander. Aber dass man jetzt den demographischen Wandel, wie das neudeutsch so schön heißt, in Wirklichkeit geht es darum, dass immer weniger Kinder in Bremen einen Kindergartenplatz brauchen, was ich ziemlich bedauere, dafür verwenden kann, größere weitere Sparmaßnahmen zu machen, das glaube ich nicht, beziehungsweise man muss zur Kenntnis nehmen, dass die zum großen Teil schon verfrühstückt sind, wie das gestern auch in der Bürgerschaft von SPD-Seite gesagt wurde. Mit Zustimmung des Senats hat das Sozialressort ein Programm aufgelegt, wo man Beschäftigungsförderung in den Kindertageseinrichtungen – war politisch stark umstritten – gemacht hat, und da ist der demographische Wandel antizipiert worden. Das Geld ist also weg.

Ich kann Ihnen dazu nur sagen, ich bin froh darüber, dass Sie hier öffentlich gesagt haben, wenn das nicht funktioniert, gibt es Geld nach. Die Grünen werden dem ganz bestimmt zustimmen, denn an dem Punkt darf man diese Sparpolitik so nicht betreiben. Ich bleibe aber, glaube ich, bei dem Rat, wenn man einander ein bisschen mehr vertrauen würde und sich die Zahlen ansehen würde, dann hätte man sich viel Verunsicherung und Getöse auch sparen können. Ich bin dafür, erst zu denken und dann zu kürzen, und im Kindertagesbereich gilt das noch einmal im besonderen Maße.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Jetzt zum vorgelegten Nachtragshaushalt! Einen Nachtragshaushalt vorzulegen ist auch aus grüner Sicht normalerweise kein Makel. Es kommt in den besten Familien vor, insbesondere dann, wenn die Haushalte auf Kante genäht sind und unerwartete Entwicklungen eintreten. In diesem Fall muss ich Ihnen allerdings sagen, es bleibt der Makel doch, es war absehbar, was mit dem Kanzlerbrief werden würde. Das haben wir Ihnen bei der Aufstellung des Haushalts gesagt und schon viele Monate vorher. Nun wissen wir auch, dass das politische Handwerk einer bestimmten Inszenierung bedarf, bis man dann endlich von bezogenen Positionen auch wieder herunterkommt, aber Ihrer Art, Politik zu machen, ist das geschuldet, dass wir uns hier zu einem Nachtragshaushalt, der den Kanzlerbrief ausgleichen soll, treffen müssen.

Die Anforderungen an den Nachtragshaushalt sind dieselben wie an einen normalen Haushalt. Er muss wahr, klar, vollständig sein. Er muss alles, was Sie wissen an Finanzrisiken und -problemen, beinhalten, er muss alles aufnehmen, was Ihnen an Haushaltsproblemen bekannt geworden ist, er muss die Zukunft realistisch antizipieren. Das gilt wie für jeden Haushalt auch für den Nachtragshaushalt. Dann sehen wir uns das doch einmal an, das wenige dünne Papier, das Sie hier vorgelegt haben! Schauen wir uns doch einmal an, ob das diesen Vorgaben und Kriterien eigentlich entspricht!

Es geht los mit den Hartz-Millionen. Nach sieben Versuchen des Haushalts- und Finanzausschusses, eine realistische Rechnung zu bekommen, das ist nicht Ihre Schuld, es gibt viele Akteure, die das nicht gebacken bekommen, hat sich der Senat nun darauf festgelegt, 120 Millionen Euro als Einsparung für das Bundesland Bremen zu rechnen. Ich sage Ihnen, das wird nicht eintreten, und es wäre besser gewesen, damit vorsichtiger umzugehen. Das Ergebnis wird sein, dass es ein Loch in dem Haushalt von Frau Senatorin Röpke gibt, und wie das dann öffentlich bewertet wird und was dann diese Seite des Hauses wieder dazu erzählt, dazu braucht man nicht besonders viel politische Erfahrung, wozu das führt, kann man sich einfach so ausdenken, das halte ich also für unseriös.

Was man überhaupt nicht machen kann, ist, die 60 Millionen Euro Haushaltsprobleme, die wir beim Nachtragshaushalt im Dezember letzten Jahres für den Haushalt 2004 gelöst haben, die zum Teil darin bestanden, dass die Ressorts ihre Minderausgaben nicht auflösen konnten, die darin bestanden haben, dass unrealistische Einnahmen bei der Justiz nicht eingetreten sind, die darin bestanden haben, dass die Polizei höhere Benzinkosten hatte, die darin bestanden haben, dass die Sozialleistungen höher waren als angenommen oder als man glauben wollte und die auch darin bestanden haben, dass der Finanzsenator ordentlich Personalüberhang hatte. Diese 60 Millionen Euro haben Sie einfach schlankweg unter

den Tisch gefegt, und das dürfen Sie nicht! Herr Nußbaum, Sie wissen doch, was eine Bilanzfälschung ist und dass man das nicht darf.

(Unruhe bei der CDU)

Ja, natürlich, für öffentliche Haushalte! Die sind nicht strafbewehrt, was Sie hier machen, sondern nur politisch bewehrt, aber was Sie im Prinzip machen, sind große Geldbeträge, von denen Sie ganz genau wissen, dass die in diesem Jahr haushaltswirksam werden, unter den Tisch zu kehren. Warum machen Sie das? Das ist doch das Schandbare bei dieser ganzen Sache! Sie machen das nicht etwa, weil Sie vielleicht noch Hoffnung haben, dass man es doch noch irgendwie hinbekommen kann, das ist nicht der Grund, sondern der Grund ist, dass man es in der Koalition nicht anders hinbekommt, denn wenn man dem einen Ressort etwas gegeben hätte, dann hätte man das bei dem anderen auch machen müssen. Wenn man den Space-Park ordentlich einstellt, dann fangen wieder die anderen an zu schreien, deshalb machen wir einfach gar nichts. Wir lassen es einfach vor die Wand fahren, der nächste Nachtragshaushalt kommt bestimmt, dazu können wir uns dann wieder treffen und über Finanzpolitik reden, und darauf warten wir jetzt einfach einmal. Das ist einfach nicht seriös. In keiner Firma dürften Sie das.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Also, der Koalitionsproporz diktiert hier die Finanzpolitik. Bei allem guten Willen, jetzt hier andere Zeiten einkehren zu lassen, das ist kritikwürdig, das dürfen Sie nicht. Sie haben den Space-Park nicht eingestellt, das haben die Sozialdemokraten noch als Erfolg gefeiert, das verstehe ich überhaupt nicht. Nur weil das bei der BIG ist, die ist weder Freund noch Feind, sondern die soll Instrument Bremens sein, feiert man es als politischen Erfolg, dass offensichtlich 39 Millionen Euro, die Bremen für den Space-Park zahlen muss, das haben wir unterschrieben, dass die nicht im Nachtragshaushalt auftauchen. Natürlich müssen die darin auftauchen.

Wenn Sie der Auffassung sind, dass bei der BIG Geld übrig ist, woher soll das Parlament das wissen? Der Haushaltsausschuss weiß es auch nicht. Wenn Sie der Auffassung sind, dass bei der BIG Geld übrig ist, dazu ist heute eine gute Gelegenheit, dann nehmen Sie es der BIG weg, wir haben hier Nachtragshaushaltsberatung, packen es in den allgemeinen Haushalt, das sind dann allgemeine Einnahmen, da gehört es hin! Der BIG einfach zu sagen, wisst ihr, ihr habt einen Riesenhaufen Geld, die 39 Millionen Euro, die könnt ihr noch irgendwie hinzwirbeln, so geht das einfach nicht!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Auch wenn es nur Kleinigkeiten sind, ich will sie hier trotzdem erwähnen. Die Flutopferhilfe wurde versprochen, wird eingestellt im Nachtragshaushalt, weiß der Kuckuck, irgendwo. Oder die Bremische Bürgerschaft, Sie haben doch Sparvorschläge gemacht, tapfere Sparvorschläge im Koalitionsausschuss. Die Bremische Bürgerschaft hat weiterhin, Herr Präsident Weber, auch für das Canceln von Vorstandsbeschlüssen bedarf es einer Vorstandsbefassung, aber wie dem auch sei, die Gastronomie in der Bremischen Bürgerschaft wird nun offensichtlich wohl nicht gebaut, 200 000 Euro sind im Haushalt der Bürgerschaft 2005, Nachtragshaushaltsberatung, dann bleiben die eben darin, dann ist das Geld eben trotzdem da. Was machen Sie eigentlich? Das ist einfach haushaltspolitischer Murks! Wir glauben, dass es ein falsches Signal ist, wie Sie mit dem Haushalt hier umgehen. Wir glauben, dass Sie die Sparbeschlüsse überall, wo es geht, hätten einarbeiten müssen. Es ist auch für die Ressorts kein gutes Signal zu sagen, alles soll so weitergehen wie bisher.

Im letzten Teil meiner Rede, ich weiß, ich habe nur noch wenige Minuten, will ich mich gern über die Frage der Verfassungskonformität hier noch verbreiten. In den Haushaltsberatungen für den Haushalt 2005 hat die Frage eine sehr große Rolle gespielt: Ist der Haushalt verfassungskonform oder nicht?. Er war es dann auf dem Papier, weil Sie die Kanzler-Millionen eingestellt haben. Jetzt sagen Sie hier in Ihrer Rede, Herr Senator Nußbaum, in dem den Parlament vorgelegten Schriftstück taucht das überhaupt nicht auf, dass Sie dem Haushaltsausschuss darlegen werden, dass es eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts gibt und dass es deshalb erlaubt ist, einen nicht verfassungskonformen Haushalt vorzulegen. Wenigstens haben Sie es hier erwähnt als Problem, das buche ich jetzt einmal auf Ihr Konto. Ich habe gestern an den Präsidenten Weber einen Brief geschrieben mit der Bitte, dem Haushaltsausschuss doch einmal darzulegen, welche Rechtsfolgen eigentlich daran geknüpft sind und mit welchen Verfahren wir uns eigentlich in Zukunft diesen Haushalten widmen müssen. Wir brauchen als Haushaltsausschuss auch juristische Unterstützung.

Ich bin der Auffassung, dass Sie nicht einfach nur sagen können, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht ist ein bisschen gestört oder vielleicht auch dauerhaft gestört, und es ist irgendwie ganz schlimm, und dann bleibt alles so, wie es ist. Ich bin der Auffassung, dass Sie sich das Berliner Verfassungsgerichtshofurteil ansehen müssen, aus dem ganz klar hervorgeht, dass man unter Zeiten von nicht verfassungskonformen Haushalten sämtliche Ausgabenpositionen Berlins ansehen muss, in diesem Fall Bremens, ob sie geeignet sind, die Zukunftsfähigkeit unseres Gemeinwesens herzustellen. Ich glaube, dass man das in ganz vielen Bereichen nicht fürchten sollte, es macht nur Arbeit, aber es würde den Zusammenhang zwischen Finanz- und Fachpolitik stärken, und wir könnten endlich dazu kommen, einzelne Aufgaben

blöcke auf die Frage anzusehen, wie wichtig sie sind und wofür wir sie für die Zukunft brauchen. Dass die Bereiche Wissenschaftspolitik und Kinder, Schule und Bildung für die Grünen eine zentrale Rolle spielen werden, da können Sie sich sicher sein.