Protocol of the Session on March 17, 2005

(Glocke)

Richtig ist, wenn man die Jahre 1999 bis 2004 nimmt, dass wir auf Platz vier liegen, nach Bayern, Hamburg und Baden-Württemberg. Frau Kollegin, Sie können sich gleich wieder melden. Ich habe hier noch eine Menge liegen, ich will das doch auch ansprechen!

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich frage ja nur!)

Sie gestatten also keine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Linnert?

Nein, im Moment nicht! Ich werde aber gern, wenn Frau Linnert das hier vorn gesagt hat, mich noch einmal melden und darauf eingehen.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich wollte Sie nur fragen, wie Sie sich gleich zu dem Antrag von Herrn Wed- ler verhalten, weil Sie jetzt zehn Minuten zum Rechnungshof reden! Da wäre es schon fairer, wenn Herr Spielhoff hier reden dürfte!)

Dazu hat Frau Wiedemeyer alles gesagt. Ich glaube, das brauche ich nicht weiter auszuführen, ich spare mir die Zeit.

Ich will bei der Frage der Erwerbstätigen und der Einwohnerzahl ebenfalls darauf hinweisen, dass wir uns in Bremen positiv vom Einwohnertrend abgekoppelt haben. Es ist doch unbestritten, dass wir seit fünf

Jahren einen erheblichen Einwohnerzuwachs in Bremen haben. Wer das negiert und beiseite schiebt, erweckt doch einen falschen Eindruck.

Wir haben in Bremerhaven – Frau Wiedemeyer hat darauf hingewiesen – ein besonderes Problem, dass die Wirkungen noch nicht so eingetreten sind, wie wir uns das gewünscht haben. Deswegen haben wir beim AIP auch gesagt, 25 Prozent der Investitionen sollen nach Bremerhaven. Das Stichwort Kaiserschleuse ist erwähnt worden. Bremerhaven ist uns wichtig, deswegen tun wir auch etwas dafür und müssen auch weiter etwas tun, damit sich auch die Erfolge in Bremerhaven zeigen, denn wenn wir Arbeitsplätze in Bremerhaven schaffen, wirkt sich das natürlich auch bei der Einwohnerzahl aus, genauso wie sich das in Bremen ausgewirkt hat.

In dem Zusammenhang, Frau Linnert, will ich auch Sie ansprechen. Sie kritisieren uns immer wieder wegen der Investitionen.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/ Die Grünen]: Wegen einiger!)

Wegen einiger Investitionen! Eine erhebliche Investition, die Sie immer wieder kritisiert haben, war CT IV. Erst kritisieren Sie uns wegen der hohen Investitionsrate, aber auch wegen der Maßnahme an sich, dann sind Sie plötzlich dafür, und trotzdem bleibt Ihre Kritik an den Investitionen. Ich halte das für widersprüchlich!

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das haben Sie nicht richtig verstanden, Herr Pflugradt! Ich erkläre es Ihnen gleich noch einmal!)

Zum Schluss eine Anmerkung, da will ich wieder mit der Genehmigung des Präsidenten aus dem Rechnungshofbericht zitieren: „Darauf fußend können verschiedene Handlungsmöglichkeiten gründlich untersucht werden, um sodann zu entscheiden, wie weitere Schritte aussehen könnten, um die Finanzlage Bremens zu verbessern. Dazu gehört beispielsweise auch zu prüfen, wieweit angesichts der beiden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts das Gericht die Stadtstaatenbesonderheiten im Finanzausgleichssystem als verfassungswidrig ansehen könnte.“

Meine Damen und Herren, die Sanierungsstrategie der großen Koalition wird insgesamt kritisiert. Dann ist die einzige Handlungsalternative, die der Rechnungshof aufzeigt, genau das, was der Koalitionsausschuss beschlossen hat, worüber sich die Koalitionsfraktionen einig sind, erneut zu klagen. Das ist die einzige Alternative, die Sie aufzeigen, nichts anderes!

Im Übrigen will ich auch zur Kritik der Grünen am Nachtragshaushalt insgesamt und zur Politik und zu

den Ergebnissen des Koalitionsausschusses anmerken: Es ist Aufgabe der Opposition, den Finger in die Wunde zu legen und zu kritisieren, aber es ist auch genauso Aufgabe, Alternativen, mindestens in groben Zügen, aufzuzeigen. Ich habe kein einziges Wort von Ihnen zu Letzterem gehört.

(Zuruf der Abg. Frau L i n n e r t [Bünd- nis 90/Die Grünen])

Ich finde, dass das mit zu einer Debatte gehören sollte, wenn Sie hier schon zu den Beschlüssen des Koalitionsausschusses Stellung nehmen, die alle Bereiche betreffen. Ich habe zu keinem einzigen Bereich von Ihnen gehört, dass Sie sagen, wo es eine Alternative von Ihnen gibt. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Nachtragshaushalt beweist eindeutig schwarz auf weiß: Sie sind keine Koalition der Zukunft, sondern Sie sind eine Koalition des Chaos und der Skandale! Sie sind eine Koalition der Schande für das Bundesland Bremen! Durch Ihre verfehlte Politik werden die Gesamtausgaben um weitere Millionen und Abermillionen Euro steigen. Was haben Sie unseren Bürgern vor der Wahl nicht alles versprochen! Sie würden die laufenden Ausgaben um zirka 2,3 Prozent senken. Außer durch leere Worte, leere Worthülsen und leere Versprechungen sind Sie durch diesen Nachtragshaushalt für noch mehr Schulden des Bundeslandes Bremen politisch verantwortlich, und das selbstverständlich auf Kosten und zu Lasten der hart arbeitenden Steuerzahler.

Sie sagen großspurig, wir hätten ja ein paar Millionen an Zinsen eingespart, verschweigen dabei aber ganz die Gesamtsumme. Das kleine Bundesland Bremen zahlt jährlich nur für Zinsen sage und schreibe eine Milliarde DM. Das haben Sie vergessen zu erwähnen. Ja, das hört sich besser an, das kann man besser nachvollziehen!

Meine Damen und Herren, das ist Ihr finanzpolitisches Desaster! Mit Ihrem ach so großartigen Sanierungskonzept sind Sie natürlich auch erbärmlich gescheitert. Sie müssen ein Haushaltsdefizit von weit mehr als 500 Millionen Euro in den Griff bekommen, das bekommen Sie aber nie! Die Arbeitslosenzahlen sind im Land Bremen, aber ganz besonders in Bremerhaven, ins Unermessliche gestiegen, sozialdemokratische Politik! Die Belastungen durch Zinszahlungen für Ihre Kredite sind so hoch wie noch nie. Durch das gebrochene Wort Ihres SPD-Kanzlers Schröder fehlen noch einmal eben so 500 Millionen Euro jährlich. Das haben Sie nachweislich deutlich vergessen

zu erwähnen, und das habe ich Ihnen aber auch schon vorhergesagt.

Herr Senator, Ihnen und dem gesamten Senat steht das Wasser bis zum Hals! Nun wollen Sie mit drastischen und unsozialen Sparmaßnahmen in allen Bereichen mit dem so genannten Gießkannenprinzip zirka 260 Millionen Euro einsparen. Auch das schaffen Sie nicht! Die Lernmittelfreiheit soll oder sollte aufgehoben werden, Polizei und Lehrer, darüber haben wir gestern schon debattiert, sollen ohne Lohnausgleich noch mehr arbeiten, im Unterricht und anderen Bereichen sollen Ein-Euro-Kräfte beschäftigt werden, Eltern sollen als Betreuungskräfte mitarbeiten, aber gleichzeitig werden selbstverständlich die Gebühren erhöht.

Im Sozialressort sollen einmal eben so sage und schreibe 25 Millionen Euro eingespart werden. Bei der Polizei sollen auf Kosten der inneren Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger unverantwortliche, nicht mehr hinnehmbare Kürzungen vorgenommen werden. 20 Prozent der Stellen im Bauressort sollen meines Wissens abgebaut werden, die Programme der Volkshochschule sollen deutlich reduziert werden und so weiter. Ich muss mit der Aufzählung jetzt leider Schluss machen, ansonsten würden wir morgen früh noch hier sitzen.

Herr Senator Dr. Nußbaum, Ihre unendliche Giftliste beweist klar und deutlich: Das Bundesland Bremen ist bankrott, Bremen ist pleite, Bremen ist ruiniert. Sie und der gesamte Bremer Senat sind wirtschaftlich und finanziell völlig, aber auch völlig am Ende. Bevor Frau Linnert gleich nach vorn kommt und wieder einmal wider besseren Wissens behauptet, ich hätte hier keine Sparvorschläge gemacht, so rate ich Ihnen und all den anderen dringend: Lesen Sie die Protokolle der Haushaltsberatungen und andere Protokolle! Da können Sie nachweislich schwarz auf weiß nachlesen, dass ich namens der Deutschen Volksunion schon vor Jahren vor Fehlinvestitionen wie zum Beispiel Space-Park, Ocean-Park und anderen Großraumprojekten auch anhand von DVUAnträgen, die Sie alle einheitlich zum Schaden Bremens abgelehnt haben, deutlich gewarnt habe. Ich habe Sie vor dem Musical-Desaster gewarnt, ich habe die Leerstände der Gewerbegebiete deutlich angeprangert, ich habe die Mittelstandsförderung angeführt und ausgeführt, und ich habe Sie vor weiteren irrsinnigen und sinnlosen Großraumprojekten in Bremerhaven und Bremen gewarnt.

Das alles waren gute Vorschläge und Anträge mit großen Einsparmöglichkeiten für das Land Bremen und die Stadt Bremerhaven, nur, Sie haben aus parteipolitischem Kalkül und Ideologie heraus alle Vorschläge und Anträge der Deutschen Volksunion scheinheilig abgelehnt. Das aber, meine Damen und Herren, ist ganz allein Ihr Problem. Also, kommen Sie mir jetzt ja nicht mit dem Vorwurf, ich hätte hier keine Vorschläge oder Anträge eingebracht! Das wäre eine Lüge! Ebenso habe ich Sie schon vor Jahren

gewarnt und auch vorausgesagt, dass dieser SPDKanzler, der meines Wissens noch nie sein Wort gehalten hat, sein Wort in Bezug auf den großartigen Kanzlerbrief auch nicht einlösen wird. Das können Sie nachlesen.

Meine Damen und Herren, Sie machen mit Scheinfirmen Schulden, die in keiner Bilanz auftauchen. Bremen hat im Jahr 2004 offiziell, offiziell wohlgemerkt, zirka elf Milliarden Euro, das sind 22 Milliarden D-Mark, Schulden. Korrekt gerechnet haben wir aber schon 14 Milliarden Euro Schulden. Wir zahlen, ich habe es erwähnt, zirka eine Milliarde D-Mark nur für die Zinsen. Sie müssen sogar Kredite für die Zinszahlungen aufnehmen. Das ist für die Deutsche Volksunion unerträglich. Mit Scheinfirmen fälschen Sie die Zahlen, der Haushalt wird damit manipuliert, frisiert und schöner geredet, als er in Wirklichkeit ist. Das konnten Sie auch in der hiesigen Presse nachlesen.

Meine Damen und Herren, Tatsache ist doch, dass in der Amtszeit von Herrn Dr. Scherf über 90 landeseigene Gesellschaften und Eigenbetriebe meines Erachtens zur Schuldenaufnahme sozusagen missbraucht worden sind, Schulden, die nicht im Haushalt auftauchen, für die Bremen aber aufkommen muss, denn die meisten Gesellschaften haben ja, wie Sie wissen, keine eigenen Einnahmen. Nebenbei dienen diese Gesellschaften, von denen jede mindestens einen Geschäftsführer mit Dienstwagen und überdurchschnittlicher Bezahlung hat, als beliebte Versorgungsposten für abgehalfterte und gescheiterte etablierte Politiker. Beispiele hierfür gibt es leider genügend. Ich weiß, es gibt ganz wenige Ausnahmen.

Einen verfassungskonformen Haushalt bekommen Sie mit Ihrer Politik natürlich auch nicht hin, werden Sie auch niemals hinbekommen. Meine Damen und Herren, der Bürgerschaft einen solchen Nachtragshaushalt vorzulegen ist allein schon eine Frechheit sondergleichen und an Schamlosigkeit und Dreistigkeit wirklich nicht mehr zu überbieten.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich sage Ihnen im Namen der Deutschen Volksunion!)

Beruhigen Sie sich! Wenn Sie sich aufregen, weiß ich immer, dass ich Recht habe!

Die nackten Zahlen belegen schonungslos und eindeutig: Sie sind eine große Koalition der Unfähigkeit, des Versagens, des Verschleierns, des Grauens und des Schreckens. Eine Landesregierung, die es wagt, dem Parlament einen solch unseriösen und skandalösen Nachtragshaushalt vorzulegen, sollte sich in Grund und Boden schämen. Sie sollten insgesamt sofort zurücktreten! In der Privatwirtschaft hätten Sie nämlich schon längst Insolvenz anmelden müssen. Meine Damen und Herren, diese große Koalition ist unfähig, die Zukunft unseres Bundeslandes zu ge

stalten. Ich lehne diesen unseriösen Nachtragshaushalt ab.

Herr Bürgermeister Dr. Scherf, ich habe bei der Rede von Herrn Wedler ironischen Beifall geklatscht, weil er das Ende seiner nichtssagenden Rede angekündigt hat. Das wissen Sie auch ganz genau, also nur einmal zur Richtigstellung. Unterlassen Sie zukünftig bitte solche Psychospielchen und falschen Unterstellungen! – Ich danke Ihnen!

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich auf der Besuchertribüne recht herzlich eine Gruppe eines Bildungsurlaubs zum Thema „Das politische Leben in Bremen“.

(Heiterkeit)

Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich erteile dem Abgeordneten Wedler das Wort. Bitte, Herr Kollege Wedler!

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man kann sich diejenigen, die einem Beifall oder nicht Beifall zollen, nicht aussuchen. Ich habe das gestern auch gar nicht wahrgenommen, dass mir da irgendjemand am Schluss meines Redebeitrags Beifall gezollt hat.

Ich beschäftige mich jetzt mit der Tagesordnung, und wir haben ja heute den Nachtragshaushalt 2005 und meinen Dringlichkeitsantrag zu debattieren und nicht eine Generaldebatte über den Erfolg oder Misserfolg der Sanierung oder eine kritische Auseinandersetzung mit dem neuesten Bericht des Rechnungshofs. Ich finde, Herr Pflugradt, wenn Sie, statt mit wenigen Anmerkungen nur zum Nachtragshaushalt sich einzulassen, sich im überwiegenden Teil kritisch mit dem neuesten Rechnungshofbericht und mit den so genannten Erfolgen der bremischen Sanierung auseinander setzen, dann hat das eine Ungleichgewichtigkeit, und dann hat das auch nichts mit der eigentlichen Thematik heute zu tun. Das ist im Grunde genommen völlig an der Sache und vor allem am Thema vorbei.

Frau Wiedemeyer, in Ihrem Redebeitrag ist ja auch Kritik am Rechnungshofspräsidenten

(Abg. Frau W i e d e m e y e r [SPD]: Nein, an dem Präsidenten doch nicht!)

oder am neuesten Bericht des Rechnungshofs geübt worden. Auch das finde ich nicht ganz fair, denn wenn Sie ankündigen, dass Sie meinen Antrag ablehnen, den Rechnungshofpräsidenten hier zu einer bestimmten Thematik, die auch ständig Gegenstand seiner Berichterstattung ist, zu Wort kommen zu lassen, finde

ich das äußerst unfair, ihn dann zu kritisieren und in die Bredouille zu bringen, wenn er sich hier nicht öffentlich wehren kann. Das finde ich vom Stil und auch vom Verfahren her äußerst merkwürdig.

(Abg. Frau W i e d e m e y e r [SPD]: Dann lesen Sie doch Ihren eigenen Antrag, Herr Wedler! Ich glaube, Sie haben nicht begrif- fen, was Sie selbst beantragt haben!)