Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte auch noch zu diesen erstaunlichen Wendungen der großen Koalition ein paar Sätze sagen.
Lieber Carsten Sieling, ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, mit welchen großspurigen Worten die SPD-Fraktion diese Arberger und Mahn––––––– *) Vom Redner und von der Rednerin nicht überprüft.
dorfer Marsch hier als das großartigste Projekt entlang der Autobahn, Europaallee, verkauft hat, hier sei das Zukunftsprojekt Bremens zu sehen, und ich kann mir eine gewisse Genugtuung nicht verkneifen, dass Sie endlich nach vielen, vielen Jahren sagen, da waren wir wohl doch nicht so ganz richtig! Das finde ich in Ordnung.
Allerdings möchte ich noch einmal daran erinnern, vor einem Jahr haben wir hier den Bürgerantrag diskutiert, in dem alle diese Forderungen standen: kein Ausbau des Büroparks Oberneuland, keine Westerweiterung Technologiepark, kein Ausbau Mahndorfer und Arberger Marsch!
Was haben Sie sich hier alles für Worte abgebrochen, um diesen Bürgerinnern und Bürgern nicht Recht zu geben! Heute kommen Sie hier an und sagen, da haben wir uns geirrt, die Wirtschaft ist nun einmal nicht so, also machen wir jetzt alles das, was die Grünen seit Jahren gefordert haben, was die Bürgerinnen und Bürger gefordert haben.
Meine Güte, ich muss schon sagen, besser spät als nie, das kann man sagen! Aber Ihre Wirtschaftspolitik hier immer als großartig, als erfolgreich zu verkaufen, dann uns heute einen Antrag vorzulegen, der eigentlich ein grüner Antrag hätte sein können,
Sie haben uns immer als Nörgler, als Schlechtmacher des Wirtschaftsstandorts kritisiert, die CDU vorneweg, die SPD hat alles mitgemacht! Sie haben alle diese Beschlüsse mitgemacht!
Wenn ich jetzt noch einmal den Bogen schlage zu dem, was wir gestern in der Aktuellen Stunde diskutiert haben, wofür in dieser Stadt welches Geld ausgegeben wird, wo wir hinterfragen, haben wir eigentlich Geld für die Kultur, können wir uns das leisten, dann möchte ich gern einmal wissen, wie viele Millionen in die Planung der Westerweiterung des Technologieparks, in die Verlagerung des Campingplatzes geflossen sind, wie viel Geld in die Infrastruktur des Büroparks Oberneuland und in die Erschließung der Mahndorfer und Arberger Marsch geflossen ist!
Sie sagen, erst kommt die Arberger und Mahndorfer Marsch, und dann denken wir einmal darüber nach, wie man gemeinsame Gewerbegebiete entwickeln kann.
Sie verschlafen die Zeit! Wir hätten uns vor Jahren schon auf den Weg machen können, hier gemeinsame Strategien im Nordwesten zu entwickeln, und jetzt knicken Sie hier ein. Ich finde es gut, dass Sie das tun, es kommt sehr spät,
aber ich fände es gut, wenn Sie an dieser Stelle auch einmal wenige Worte der Selbstkritik über Ihre größenwahnsinnige Planung der Vergangenheit verlieren würden. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Teile der Diskussion fand ich zunächst einmal gar nicht schlecht, weil in der Sache eine gewisse Übereinstimmung ist, andere Teile aber sehr unbefriedigend, da sie von einem sehr merkwürdigen Verständnis von Wirtschaftspolitik ausgehen.
Herr Möhle, Sie sagen, man solle keine Flächenangebote machen oder seine Wirtschaftspolitik nicht auf Flächenangeboten strukturieren, sondern auf kleine Unternehmen. Diese ganzen Gegensätze sind doch falsch. Die Wirtschaft ist ein Kosmos von Unternehmen, von Menschen. Da sind kleine und große Unternehmen, mittlere, Handwerker, Arbeitnehmer und so weiter. So geht es ja nicht! Wir müssen schon eine Palette haben. Die Politik dieses Senats, die vorherige, so wie ich es verstanden habe, aber auch jetzt, ist eben, dass wir auch auf diese ganze Palette eingehen.
Wir haben – und das ist der Ausgangspunkt – ein ambitioniertes Gewerbeprogramm, das haben wir auch weiterhin, und ein differenziertes Gewerbeprogramm. In diesem Programm haben wir jetzt in der Tat, wenn man alles zählt, sehr viele Gewerbeflächen, die wir in dieser Form nach heutiger Betrachtung nicht brauchen. Das ist Nonvaleur, das ist ja klar. Wie es aber immer so im Leben ist, haben wir die natürlich in den Teilen, die wir auch aus ganz anderen Gesichtspunkten bekommen haben, und nicht in den Teilen, in denen unsere Engpasssituation ist. Wir haben sie im GVZ und im Industriepark und so weiter.
Wir haben nichtsdestotrotz in den Kernbereichen unserer Ansiedlungspolitik, und das auch in der schwachen Zeit, die wir jetzt haben, Erfolge. Es wird noch angesiedelt, es wird nachgefragt, es entstehen Cluster, und es ist nachhaltiges Interesse – ich komme gerade von der CeBIT, am Freitag – an Ansiedlungen im Industriepark.
Übrigens, ein ganz interessanter Punkt, warum manche nicht kommen und zögerten, ist unsere Gewerbesteuer, wie sie wohlgemerkt jetzt ist. – Ein ganz interessanter Punkt! Das aber nur einmal am Rande!
Dies ist an sich eine Erfolgsgeschichte. Wenn hier von den Grünen gesagt wird, es ist aber eine große Genugtuung, dass wir jetzt nicht so viele Gewerbeflächen benötigen, wie jeder gedacht hat, sage ich, nein, für mich ist es überhaupt keine Genugtuung. Es ist schade, dass wir nicht mehr vermarkten können, weil es leider eine gesamtwirtschaftliche Entwicklung gibt, mit der wir uns auseinander setzen müssen.
Frau Krusche, mit Einknicken hat es überhaupt nichts zu tun! Es hat damit zu tun, dass wir uns wie immer im Wirtschaftsleben Realitäten differenziert anpassen müssen. Alles andere geht sowieso daneben! Mit Pauschalen wie Gewerbeflächen gegen Kleinunternehmer kommen wir doch hier nicht weiter.
Ich kann Ihnen hier einmal aufzeigen, was bei den Wirtschaftsförderungsgesellschaften in den Förderprogrammen für kleine Unternehmen passiert ist. 75 Prozent der beschiedenen Förderanträge entfallen auf Kleinunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern. Weitere 19 Prozent entfallen auf Förderbescheide für Firmen mit bis zu 50 Mitarbeitern. Im Bereich der Grundstücksvermarktung überwiegt die Gruppe der kleinen und mittleren Unternehmen. Im Jahre 2004 entfällt ein Anteil von über 29 Prozent auf Kleinst-, also bis fünf, und über 35 Prozent auf die Gruppe der Kleinunternehmen, elf bis 49 Mitarbeiter. 15 Prozent betreffen mittlere Betriebe mit bis zu 249 Mitarbeitern und nur neun Prozent Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. Zwölf Prozent entfallen auf Neugründungen.
Das zeigt ganz eindeutig, dass es hier eine sehr balancierte Struktur ist. Ich habe immer gesagt – und
ich glaube, auch meine Vorgänger, was ich darüber gelesen habe, haben das auch immer gesagt –, die Förderung des Mittelstands, der Kleinunternehmen ist ja unsere Wachstumschance. Wenn Sie sich die Statistiken ansehen, dann erkennen Sie, dass wir im Bereich des Mittelstands – jetzt einmal unter 500 gerechnet – einen Zuwachs von acht Prozent haben. Das ist im Bundesdurchschnitt eine sehr gute Zahl. Leider ist es so, dass wir durch Großunternehmen, und da gibt es eben Sondernummern wie die Produktionszyklen bei Daimler-Chrysler, den größten Teil hiervon wieder verloren haben.
Es liegt bei uns also nicht daran, dass wir die kleinen und mittleren Unternehmen nicht fördern. Es liegt daran, dass wir in Großunternehmen auch sehr stark Zyklen und Sonderentwicklungen ausgesetzt sind. Wir glauben auch nicht, dass von der strategischen Seite die Großunternehmen hier unsere Hoffnung sind. Bei den Großunternehmen, wenn man es sich genau anschaut, können wir froh sein, wenn wir die Beschäftigung in diesem Bereich halten. Es wird großer Anstrengungen bedürfen, das auch hinzubekommen. Es bedarf einer differenzierten Wirtschaftspolitik mit Fördermaßnahmen und auch dem Dialog mit diesen Unternehmen, wo es sehr individuell zugeht, mit Airbus und Beck’s und so weiter. Wir sind sehr dabei.
Ich glaube aber nicht, dass wir das über die Gesamtheit halten. Wir haben eine Chance im AirbusBereich und bei EADS. Ich war gerade gestern da und habe mit denen gesprochen, dass wir da schöne Zuwächse von mehreren hundert Mitarbeitern haben. Auf die Strecke gesehen wird es in der Breite nicht gehen. Daimler-Chrysler wird hier über eine Milliarde Euro in den nächsten Jahren investieren, das haben sie mir gesagt, um die Beschäftigung zu halten. Das setzt auch voraus, dass hier die neue Modellreihe kommt.
So sind die Verhältnisse. Wir sind also realistisch, im Großbereich werden wir halten. Wir müssen die Zuwachsraten, die wir so dringend benötigen, im kleinen, mittleren und auch im Kleinstbereich erreichen. Für den mittleren Bereich, zwischen 250 und 500 Mitarbeitern, ist die Ansiedlung wichtig. Da ist es entscheidend wichtig, dass wir hier in der Arberger Marsch weiterkommen.
Ich glaube, und das liegt auch den Koalitionsbeschlüssen zugrunde, dass wir hier bis 2009 eine ausreichende Erschließung haben und wir aus Budgetgründen nun wirklich das tun, was geplant ist, und nicht noch weiter vorgreifen müssen. Das ist vollkommen richtig, aber die strategische Variante, dass wir die verarbeitende Industrie hier weiterentwickeln müssen, auch über 2009 hinaus, die dürfen wir uns nicht nehmen lassen. Noch einmal: Die Arberger Marsch und die Hansalinie ist der einzige Bereich, den wir haben, der einzige im ganzen Land Bremen, der mittelgroße und größere verarbeitende Industrie aufnehmen kann. Wenn wir davon Abstand nehmen
Da können Sie keine verarbeitende Industrie richtig ansiedeln, schon gar nicht die Industrie, die komplementär zu Daimler-Chrysler ist. Sie sehen es ja an der Nachfrage. Die Nachfrage ist eben sehr stark in diesem Bereich, in dem schon Cluster sind. Wir haben höchstens ein Schwerindustrie-Cluster. Ich gebe auch die Hoffnung im Industrieparkbereich nicht auf, da wir dort durch die Autobahnanbindung jetzt in eine neue Lage kommen. Ich will es also nicht ausschließen. Diese Clusterbildung, die Kompetenzbildung, die ein wesentlicher Teil ist, die haben Sie aber eben hier. Wenn Sie nur dieses Industriepark-Angebot hätten, würden wir unsere Möglichkeiten in der verarbeitenden Industrie nachhaltig einschränken.
Wir haben es auch im Koalitionsausschuss besprochen, es ist ein ganz wichtiger Punkt, für gewerbliche Arbeitnehmer hier Arbeitsplätze zu schaffen, die auch beim Stahlwerk abgebaut worden sind. Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Wir müssen – das ist uns aber auch gelungen – höherwertige Arbeitsplätze in den Gewerbegebieten schaffen, die unsere Schwerpunktgewerbegebiete sind. Frau Winther hat es gesagt, es sind trotz der geringeren Vermarktungsergebnisse Arbeitsplatzeffekte geschaffen worden, die sehr viel höherwertiger waren als die, die ursprünglich geplant waren. Wir haben mit einer geringeren Vermarktung in hohem Maße die Zielwerte erreicht. Diese Politik muss fortgesetzt werden.
Wir haben jetzt, anpassend an die Realität – in der Wirtschaft gibt es für die Realität nie einen Ersatz –, unsere mittelfristigen Planungen zurückgenommen. Grundsätzlich aber werden wir an der Ausbauvariante sowohl an der Hansalinie als auch im Technologiepark strategisch festhalten, da die entscheidenden Entwicklungslinien von Bremen in der Zukunft weit über 2009 hinausgehen.
Wir werden auch nicht davon abgehen, dass wir die Klein-, Kleinst- und die Mittelstandsunternehmen fördern, da sie die Beschäftigungsbringer sind. Hierzu haben wir das Mittelstandsprogramm in der Vorbereitung. Das ist in hohem Maße Detailarbeit. Diese Detailarbeit müssen wir aber in Abstimmung mit der Wirtschaft, dem Wirtschaftsressort und natürlich auch den Deputationen, sehr nachhaltig leisten, und das werden wir tun. Dann werden wir auch Erfolg haben. Diesen Erfolg haben wir dringend nötig. Die wirtschaftspolitischen Tätigkeiten, die wir haben, die Investitionen, die ja immer verkannt werden, haben in dem Sinne nicht die ganz großen Erfolge gehabt, dass wir große Beschäftigungszuwächse hatten. Die hatten wir bis 2002. Sie haben aber verhindert, dass hier große Dinge abbrechen.
Die Beschäftigungsrückgänge, die wir in den Stahlwerken haben – mehrere 1000 –, die, die wir in der Werftindustrie haben, konnten wir auffangen. Das ist ein großer Verdienst! Wer diese Verdienste herunterredet, der hat den Strukturwandel hier gar nicht verstanden, und der hat auch nicht die Basis für eine zukunftsgerichtete Wirtschaftspolitik. Ich plädiere für eine differenzierte Politik, und die werden wir auch formulieren. Wir werden die Instrumente dazu darlegen und die Mittel auch, dafür haben wir auch im Koalitionsausschuss die Basis gelegt. – Vielen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/542 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!