Protocol of the Session on February 23, 2005

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, dass Attacken auf die Mitbestimmung der Beschäftigten und das Drohen mit betriebsbedingten Kündigungen äußerst kontraproduktiv sind, wenn man am Ende zu ordentlichen, zu vernünftigen Ergebnissen kommen will.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, auf den Prüfstand gehören auch Instrumente, die zur Effizienzsteigerung des so genannten Konzerns Bremen geschaffen wurden, besonders die Gesellschaften, die einen Teil der öffentlichen Aufgaben im privatrechtlichen Gewand erledigen sollen. Es zeichnet sich ab, dass Doppelstrukturen geschaffen wurden, die es zu verringern gilt. Es zeichnet sich, auch das will ich offen ansprechen, ein Denken in Gesellschaften ab, das aus meiner Sicht nicht zu akzeptieren ist.

Mit der Sicherheit der Rückkehr in den öffentlichen Dienst und seiner Versorgung wird etwa auf Geschäftsführerebene das Selbstbewusstsein privater Unternehmensführer durchaus entwickelt. Das macht sich nicht nur an der Bezahlung fest, sondern auch an der mitunter mangelnden Bereitschaft, sich in die Karten schauen zu lassen, sich der öffentlichen Verantwortung zu stellen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich stelle fest, dass sich das Bewusstsein, Teil des Konzerns Bremen zu sein, verringert hat, dass die

ses Bewusstsein schwindet. Dieses Bewusstsein gilt es wieder zu fördern, und dazu kann sicher auch beitragen, sich in die Gehaltsstruktur einzuordnen und sich dem Chef des Konzerns, dem Bürgermeister, unterzuordnen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich bin fest davon überzeugt, es dient der Glaubwürdigkeit, wenn Personalkosten nicht nur im unteren Lohn- und Gehaltsniveau reduziert werden, sondern auch in den höheren Etagen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, das Ende der Sanierungszahlungen und das hohe Haushaltsdefizit erfordern nicht nur ein Sparen bei den konsumtiven Ausgaben, sondern auch eine deutliche Absenkung der Investitionsausgaben, der Präsident des Senats hat es angesprochen. Dazu noch einmal der Hinweis: Unsere Investitionsausgaben im Lande Bremen pro Einwohner liegen derzeit doppelt so hoch wie in Berlin und in Hamburg! Die Investitionsquote liegt mindestens – sage ich mit Blick auf Frau Linnert – bei 18,6 Prozent aktuell, während das Sanierungssicherstellungsgesetz, das wir im Jahr 1999 beschlossen haben, für das Jahr 2005 eine Investitionsquote von 14,2 Prozent vorsieht. Welche Investitionen noch gehen und welche nicht, welche sparsamer gehen und welche gar nicht, das müssen wir im Einzelfall entscheiden. Ohne Alternative ist für mich aber, meine Damen und Herren, dass Investitionen, gleich welcher Art, eben nicht vom Sparen ausgenommen werden dürfen.

(Beifall bei der SPD)

Nach unserer Auffassung lässt die Haushaltssituation Bremens die Vorgriffe auf die Haushaltsjahre 2011 bis 2014 in der geplanten Höhe auch nicht mehr zu. Um allen Missverständnissen vorzubeugen, wir wollen uns nicht von der Investitionspolitik grundsätzlich verabschieden, Investitionen zur Wirtschaftkraftstärkung sind gerade angesichts der anhaltenden Massenarbeitslosigkeit in Bremen und Bremerhaven unverzichtbar, aber auch bei den Investitionen ist eine Konzentration auf das Unabdingbare, ist eine Schwerpunktsetzung erforderlich.

Wir glauben, dass uns dabei die Unterscheidung zwischen Grundinvestitionsprogramm und Anschlussinvestitionsprogramm nicht mehr besonders viel hilft. Die Basis für ein gesondertes Anschlussinvestitionsprogramm ist mit Auslaufen der Sanierungszahlungen ohnehin entfallen. Wir brauchen, das ist die Überzeugung der SPD-Bürgerschaftsfraktion, eine Investitionspolitik aus einem Guss, eine Politik, bei

der die Sanierung des Bestehenden Vorrang hat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Es wird in den kommenden Jahren weniger auf die Initiierung neuer Projekte ankommen, sondern auf die Konsolidierung des Erreichten und die Lösung vorhandener Probleme. Da will ich ganz offen sagen, ich glaube, dass einige Verwaltungen da noch lernen müssen, das erleben wir gerade bei der Gewerbeflächenplanung, jedenfalls bei dem, was wir aus dem Hause Wirtschaft dazu bislang vorgelegt bekommen, dass die Zeichen der Zeit da noch nicht richtig erkannt sind. Das Ressort kündigt seit Monaten ein neues Gesamtkonzept für die Gewerbeflächenplanung an, macht aber dennoch schlicht weiter wie bisher. Deswegen will ich auch mit aller Deutlichkeit sagen: Das wird es so mit uns nicht weiter geben, wir werden da konsequent bleiben!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich weiß, unsere Sparmaßnahmen, unsere Einschnitte bei den Investitionen und die Nutzung unserer sehr bescheidenen Möglichkeiten zur Einnahmeverbesserung werden nicht ausreichen, um unter den gegebenen Rahmenbedingungen in absehbarer Zeit einen verfassungskonformen Haushalt zu erreichen. Ein solcher Haushalt ist aber, da komme ich auf meine Eingangsbemerkung zurück, langfristig die Voraussetzung für die politische und finanzielle Handlungsfähigkeit und den Erhalt der Selbständigkeit Bremens.

Deshalb müssen wir die Politik der Konsolidierung und der Schwerpunktsetzung mit einer nach innen und nach außen gerichteten Kampagne flankieren, mit der Bremens Ansprüche an eine angemessene und faire Behandlung im föderalen System thematisiert wird. Wir müssen und wir werden das Unsere dazu tun, um eine gerechte Behandlung Bremens auch durchzusetzen, und wir werden dafür auch alle Instrumente nutzen. Dazu gehört wie gesagt auch mit kluger Vorbereitung, dass wir unsere berechtigten Ansprüche möglicherweise durch eine Klage beim Bundesverfassungsgericht versuchen durchzusetzen.

Meine Damen und Herren, zusammengefasst: Wenn wir jetzt nicht einschneidend handeln, fahren wir das bremische Staatsschiff auf Grund

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Senatsbarkasse!)

oder fahren wir Bremen vor die Wand. Wenn wir jetzt zu unserer Verantwortung stehen, wenn wir deutlich machen, dass wir das Unsere tun, um die Sa

nierung Bremens zu packen, dann haben wir keine Gewissheit, dass wir es packen, aber wir haben eine Chance. Die Antwort auf diese Alternative ist, glaube ich, klar: Wir wollen und wir werden diese Chance ergreifen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Wedler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Regierungserklärungen bieten gemeinhin die Chance, grundsätzliche Neuerungen und Umsteuerungen in der Politik der Öffentlichkeit und vor allem dem Parlament gegenüber darzulegen. Gemessen daran ist die heutige Regierungserklärung enttäuschend. Von grundsätzlicher politischer Neuerung und Umsteuerung der bisherigen Politik, vor allem der Haushalts- und Finanzpolitik, habe ich leider in der Mitteilung des Senats nichts gelesen und auch vorhin bei der Regierungserklärung nichts gehört. Das einzig Neue ist das Eingehen auf die geplatzten Hoffnungen aufgrund des Kanzlerbriefes und die vorsichtige Ankündigung, dass man nun doch den Weg nach Karlsruhe zum Bundesverfassungsgericht gehen will. Ansonsten liest man in der Mitteilung des Senats auf vielen Seiten nur die Erläuterung und Rechtfertigung der bisherigen Sanierungspolitik und die Ankündigung einer weiteren dritten Sanierungsphase. Für einen dringend nötigen politischen Neuanfang ist das nach meiner Auffassung viel zu wenig.

Auch der letzte Anhänger dieser Koalition muss inzwischen zur Kenntnis nehmen, dass das zentrale Anliegen dieser Koalition , die bremischen Haushalte zu sanieren, nicht gelungen ist. Das ist vorhin in einigen Redebeiträgen auch schon zugestanden worden. Die Koalition in Bremen, die sich selbst den Titel „Sanierungskoalition“ gegeben hat, ist mit ihrer Sanierungspolitik und mit ihrer Haushalts- und Finanzpolitik grandios gescheitert, und damit – das sage ich auch ganz deutlich – ist eigentlich auch die Koalition gescheitert.

Keines der Sanierungsziele wurde erreicht, die Zahlen der Erwerbstätigen und der Beschäftigten sowie der Arbeitslosen sind nicht besser, sondern im Sanierungszeitraum sogar schlechter geworden. Auch die so genannte Zinssteuerquote, das heißt das Verhältnis von Zinsen und Steuereinnahmen, ist nur vorübergehend etwas besser geworden. Bremen liegt aber immer noch weit an der Spitze aller Bundesländer und wird nach Berechnung des Finanzsenators bereits im Jahr 2009 wieder den Stand wie vor der Sanierung erreicht haben. Die Hauptursache für dieses schlechte Verhältnis ist die stark ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

steigende Zahl der Zinsausgaben. Sie steigen nämlich in den nächsten vier Jahren ganz gewaltig an, und das ist die Kehrseite der hemmungslosen – so wie das eben gesagt wurde – Investitionspolitik.

Die Schulden liegen trotz der milliardenschweren Sanierungszahlungen heute um gut 25 Prozent höher als zu Beginn der Sanierung, bei etwa zwölf Milliarden Euro, und das ohne die Schulden außerhalb der bremischen Haushalte! Das Schlimmste: Der Haushalt 2005, der erste nach Ablauf der Sanierungsphase, war schon bei seiner Verabschiedung Mitte letzten Jahres nicht verfassungskonform, und die Verfassungskonformität des Haushalts war eines der zentralen Anliegen der bremischen Sanierung. Der Haushalt 2005 konnte nur mit einer Chimäre, dem so genannten Kanzlerbrief, zum Ausgleich gebracht werden. Jeder Kundige wusste schon damals bei der Verabschiedung des Haushalts, dass dieser Kanzlerbrief ein unverbindliches wertloses Stück Papier darstellte, eine reine Fiktion, eine Rechengröße im Haushalt für Naive und Gutgläubige. Nur die Matadore dieser Koalition haben an der Fiktion Kanzlerbrief festgehalten, die Bürger hinter das Licht geführt und uns suggeriert, dass unsere Haushaltsnöte durch ihn beseitigt werden könnten.

Nun aber zeigt sich, dass die Zweifel an der Werthaltigkeit des Kanzlerbriefs und damit an der Seriosität der Haushalts- und Finanzpolitik dieser Koalition von Anfang an berechtigt waren. Der Kanzlerbrief war von Beginn an eine Luftnummer, er löst sich vielleicht, wenn wir Glück haben, in ein paar einmalige investive Maßnahmen auf. Unser strukturelles Haushaltsdefizit im konsumtiven Bereich von immerhin inzwischen weit über 600 Millionen Euro wird jedoch nicht beseitigt, und das wäre nötig, um die Haushalte verfassungskonform zu machen.

Von Bremerhaven will ich an dieser Stelle überhaupt nicht reden. Die Entwicklung dort ist noch dramatischer. Alle wirtschafts- und finanzpolitischen Kennwerte sind in Bremerhaven noch viel schlimmer und noch viel schlechter als hier in Bremen. Die bremische Sanierung ist, und das ist eine bittere Feststellung, an Bremerhaven vorbeigegangen. Das ist wahrlich kein Erfolg der bremischen Sanierung. Inzwischen dämmert es auch der Koalition, dass die Wirklichkeit des Haushalts und damit unserer politischen Gestaltungsmöglichkeit weit von der schönen Traumwelt entfernt ist, die man uns immer vorgespiegelt hat, dass es so nicht weitergehen kann.

Die SPD-Führungsspitze hat mit ihrem Papier vom Januar 2005 zumindest versucht – und Herr Böhrnsen hat eben ja, denke ich, in die gleiche Richtung argumentiert und viel Richtiges gesagt –, das Ruder herumzureißen und in die Realität zurückzukehren. Das macht die Fehler der Vergangenheit zwar nicht vergessen, aber Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung. Von der CDU habe ich diesbezüglich leider

bisher nichts gehört. Eben habe ich zum ersten Mal Andeutungen von Herrn Kastendiek in seinem Redebeitrag hier in dieser Debatte gehört. Offenbar ist der Neubesinnungsprozess dort noch ganz am Anfang der Entwicklung.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Immer schlecht, wenn man ein vorgefertigtes Manuskript hat!)

Die bitteren haushalts- und finanzpolitischen Realitäten, vor denen wir stehen, besagen doch nichts anderes, als dass wir uns nichts mehr vormachen dürfen, uns ehrlich machen müssen, dass Bremen in einer äußerst schwierigen finanzpolitischen Situation steht und um seine Unabhängigkeit kämpfen muss und dass wir uns am Ende wohl selbst werden helfen müssen. Das bedeutet nach meiner Auffassung sparen, sparen und nochmals sparen, auch wenn das in vielen Bereichen an die Substanz geht. Sparen heißt in unserem Fall: Wir müssen an die Leistungen selbst und an die Leistungsstandards heran. Aufgabenkritik ist vorhin genannt worden, das kann ich nur unterstreichen.

Wir müssen uns von manchen schönen Träumen und auch von Tabus verabschieden, und wir müssen uns deutlich machen, dass wir uns vieles einfach nicht mehr leisten können. Wir müssen uns auf das Notwendige beschränken, und das sehe ich auch, dass da Schwerpunkte notwendig sind, und bei allen Ausgaben, auch und insbesondere bei den Investitionen, auf Rentierlichkeit und Notwendigkeit achten. Die Koalition muss endlich das Ganze sehen und nicht nur die eigene Klientel und nicht nur den eigenen parteipolitischen Vorteil.

Im Gegensatz zu dem, was hier vorhin gesagt wurde, bin ich der felsenfesten Überzeugung, dass sich Bremen bei seinen eigenen Leistungsangeboten eher im unteren Bereich der Länder bewegen muss, und nicht, wie man das lesen und hören konnte, auch eben wieder, im oberen Bereich. Ein Land, das auf die Hilfe anderer angewiesen ist oder darauf reflektiert, muss sich bescheiden und stark zurücknehmen. Die bremische Selbständigkeit muss durch erhebliche eigene Anstrengungen auch verdient werden. Nur dann kann man bei anderen Verständnis und Entgegenkommen erhoffen.

Manche meinen nun, auch in dem erwähnten SPDPapier und in der Regierungserklärung ist das gesagt worden, auch eben hier in dieser Debatte ist das wieder erwähnt worden, dass wir zur Lösung unserer Haushaltsmisere ein weiteres Mal zum Bundesverfassungsgericht gehen sollten. Dazu muss man wissen, dass in Karlsruhe bereits eine Klage dieser Art anhängig ist, nämlich die von Berlin, und dabei spielt die bremische Sanierungspolitik eine nicht unwesentliche Rolle. Außerdem muss man sehen, dass die meisten Bundesländer inzwischen ebenfalls

große Haushaltsprobleme haben und einige möglicherweise auch die Kriterien einer Haushaltsnotlage erfüllen.

Schließlich: Auch der Bund hat riesige Haushaltsprobleme und überschreitet jetzt schon zum wiederholten Mal die so genannten Maastricht-Kriterien. Nicht zuletzt muss man wissen, dass die Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern bis zum Jahr 2019 gesetzlich festgeschrieben ist und dass Bremen dem seinerzeit ausdrücklich zugestimmt hat. Ich sehe also nicht, wie angesichts dieser Sachlage eine neuerliche Klage Bremens beim Bundesverfassungsgericht ausgehen kann. Wenn Bremen klagt, dürfte es weitere Klagen geben. Das Saarland hat derartige Überlegungen schon öffentlich angestellt.

Ich selbst stehe einer neuerlichen Klage Bremens sehr skeptisch gegenüber. Ich sehe nämlich die große Gefahr, dass in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht nur die Erfolglosigkeit der bremischen Sanierungspolitik festgestellt, sondern auch die Eigenständigkeit des Landes Bremen in Frage gestellt wird. Warum hören Sie nicht auf den früheren Finanzsenator und jetzigen Bundestagsabgeordneten Volker Kröning, der schon lange vor der Illusion des Kanzlerbriefes gewarnt hatte und der jetzt dringend von einer neuerlichen Klage Bremens in Karlsruhe abrät.

Ich sehe im Übrigen auch nicht, wie ein eventuell erfolgreiches Urteil in Karlsruhe im Konzert mit den anderen Bundesländern und dem Bund umgesetzt werden soll. Wir lösen das gesamte Finanzverfassungsgebilde, das wir im Bundesgebiet haben, damit auf, das heißt, es steht zur Diskussion, und wer weiß, wie Verhandlungen um Geld ausgehen, der weiß, wie das dann hier am Ende für uns in Bremen ausgehen kann.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber wir haben finanzpolitisch gar keine andere Wahl, Herr Wedler!)

Das wird sehr schwierig sein, weil alle anderen Länder genauso an der Grundstruktur festhalten werden. Deshalb sehe ich für Bremen höchstens marginale Veränderungen, wenn wir uns da überhaupt Veränderungen erhoffen können, denn eines ist für mich auch klar: Ein Dauersanierungsfall Bremen wird niemand im Bund und in den anderen Ländern wollen, und wesentliche Veränderungen an der Grundstruktur unserer bundesstaatlichen Finanzverfassung wird es nicht geben. Alle Hoffnungen, die darauf gerichtet sind, sollten wir sehr stark zurücknehmen. Ich glaube, das sind Hoffnungen, die wir schon einmal nicht erfüllt gesehen haben bei dem Stichwort Kanzlerbrief. Nicht ohne Grund wurden bei den Beratungen der Föderalismuskommission der bundesstaatliche Finanzausgleich und die Neustrukturierung der Bundesländer ausgeklammert.

Das hatte seinen tieferen Grund, weil sonst überhaupt nichts in Gang gekommen wäre, und wenn wir uns da erst verbeißen, sehe ich erhebliche Probleme.

Deswegen sind wir zuallererst selbst gefragt. Wer sich nicht selbst hilft, dem hilft auch kein anderer. Wir müssen uns primär selbst helfen, denn sonst werden diejenigen Recht bekommen, die Bremens Unabhängigkeit beschneiden wollen und schon heute seine Selbständigkeit in Frage stellen. Dann bliebe Herrn Scherf der zweifelhafte Ruhm, die Freiheit und Unabhängigkeit Bremens über das Roland-Jahr hinaus zwar gerettet, aber letztendlich doch verspielt zu haben.

Angesichts des Umgangs mit dem Kanzlerbrief möchte ich dem Senat und der Koalition eine Mahnung nicht ersparen: Täuschen Sie uns und die Öffentlichkeit nicht über die Chancen einer Klage in Karlsruhe! Beginnen Sie mit Ihren Hausaufgaben jetzt, und kommen Sie keinesfalls auf die Idee, den nächsten Haushalt auf ein noch nicht ausgesprochenes und gegebenenfalls noch nicht einmal anstehendes Urteil zu buchen! Nur was man ganz konkret schwarz auf weiß besitzt, das kann man dann auch – das ist ein altes Sprichwort – getrost nach Hause tragen. Das habe ich schon als Kind gelernt, und das sollten wir auch hier bei unseren Überlegungen in Bremen beherzigen.

Ich bleibe also dabei: Es führt kein Weg daran vorbei, uns auf uns selbst zu besinnen. Die große Koalition muss sich ehrlich machen, sie muss das Scheitern ihrer bisherigen Haushalts- und Finanzpolitik eingestehen, sie muss den Bürgern reinen Wein einschenken, vor allem hier in Bremen, und sie muss endlich anfangen, auch unliebsame, oder wie die Kammer hier in Bremen sagt, unpopuläre Entscheidungen zu fällen. Ein Blick nach Niedersachsen, wo die FDP ja mitregiert, könnte dabei sicherlich sehr lehrreich sein.