Wir rechnen es auch nicht auf den Kanzlerbrief, sondern wir setzen das um in richtige Verbesserung der Qualität im Grundschulbereich, und wir bekennen uns dazu, dass das neben allen Sparnotwendigkeiten unser Schwerpunkt ist. Das ist das Symbol in unserem Antrag, für den ich hier noch einmal um Zustimmung werbe. Wenn ich noch einmal an die Debatte von heute Morgen erinnern darf: Wir waren uns hier im Haus einig, dass wir den Senat in seinem Verhalten im Bundesrat binden wollen. Wir wollen dort keine Eierei, sondern wir wollen eine klare Aussage und Parteilichkeit für unsere Kinder.
Abg. Frau Hövelmann (SPD)* ): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Politik für Kinder und Jugendliche in Deutschland und auch in Bremen zu machen ist gelegentlich ein mühsames Geschäft, vor allem, wenn es den Rahmen der Sonntagsreden sprengt, das heißt also, wenn es um Geld geht.
Dabei ist effektive Kinder- und Jugendarbeit, Frau Linnert hat eben schon darauf hingewiesen, notwendiger denn je. Das zeigt zum Beispiel der Kinderreport 2004, der seit Anfang der Woche in Deutschland heftig diskutiert wird. Das erschreckende Fazit des Reports: Kinderarmut in Deutschland nimmt weiter zu. Bundestagspräsident Thierse spricht in diesem Zusammenhang von struktureller Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit der Deutschen gegenüber Kindern. 83 Prozent der Deutschen entscheiden sich einer Umfrage zufolge gegen Kinder, und zwar aus finanziellen Gründen.
Meine Damen und Herren, in keinem Land der Welt ist die Zahl der Kinderlosen so hoch wie in Deutschland. Es herrscht breite Einsicht, dass hier dringend, Herr Kollege Focke, umgesteuert werden muss. Unbestritten ist, dass in vielen Politikfeldern Konsequenzen aus dem Kinderreport gezogen werden müssen und dass nicht nur schöne Reden, sondern auch effektive Taten folgen müssen. Das gilt übrigens, Frau Kollegin Linnert, für Kindergärten natürlich genauso wie für die Schulen und auch für die Universitäten, denn was können wir unseren Kindern Wichtigeres mitgeben als eine gute, zukunftsorientierte Bildung! Es ist eine Banalität, aber ich glaube, diese Banalität können wir nicht oft genug wiederholen. Dabei spreche ich von allen Kindern. Wir dürfen kein einziges vernachlässigen, und wir dürfen hierbei kein einziges verlieren.
Der Bildungsstandort Deutschland rutscht nach dem neuesten OECD-Bericht weiter ab. Man muss in den Tabellen und in den Grafiken leider nur im unteren Mittelfeld nach Deutschland suchen, man findet es dort in allen Bereichen. Immerhin ist seit dem Regierungswechsel zu Rotgrün deutlich gegengesteuert worden und eine Menge passiert. Gesteigerte Investitionen in Forschung und Lehre, nicht zuletzt das Vier-Milliarden-Euro-Programm der Bundesregierung zum Ausbau von Ganztagsschulen, sprechen dafür, dass hier direkt ein Paradigmenwechsel vorgenommen ist.
Angesichts der Haushaltsnöte auf allen Ebenen hört sich das aber nach einer gewaltigen Kraftanstrengung an. Nur, im Vergleich mit den anderen Ländern sind wir leider nach wie vor überhaupt nicht Spitze. So wendeten die OECD-Mitgliedsstaaten im Jahr 2001 durchschnittlich 5,6 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für ihre Bildungssysteme auf, Deutschland nur 5,3 Prozent, also 5,6 zu 5,3! Am gravierendsten ist hierbei übrigens der Rückstand im Kindergarten- und Grundschulbereich. Laut OECD wird sich der Rückstand noch vergrößern.
Jetzt etwas, was selbst mich erschreckt hat: Die OECD-Staaten haben in der Zeit zwischen 1995 und 2001 ihre Investitionen in Schulen um 21 Prozent und in Hochschulen um 23 Prozent gesteigert. In Deutschland lag der Zuwachs in dieser Zeit bei sechs Prozent für die Schulen und sieben Prozent für die Universitäten. Sie sehen, dass wir selbst bei großen Kraftanstrengungen den Wettbewerb ganz offensichtlich nicht gewinnen, wenn wir sagen, so weiter wie bisher! Es gibt einen beachtlichen Nachholbedarf.
Meine Damen und Herren, Geld allein macht weder glücklich noch unsere Kinder zu Einstein-Junior-Nachfolgern. Nach Einschätzung der SPD sind die Instrumente unter anderem Bildungspläne für Kindergärten, Ganztagsschulen, feste Qualitätsstandards, längere gemeinsame Lernzeiten, exzellente Universitäten und Hochschulen. Das alles aber kostet auch mehr Geld, ohne Wenn und Aber.
Der Bundestag hat mit seiner rotgrünen Mehrheit ernst gemacht und sich trotz schwieriger Haushaltslage offen für Investitionen, Sie nannten das dort in der Debatte Investitionen in die Köpfe statt in Beton, entschieden. Die Grünen haben das zur Grundlage ihres heutigen Antrags gemacht. Während der erste Teil des Antrags, mehr Geld für Bildung und Forschung in die Hand zu nehmen, mittlerweile bei allen Fraktionen und Parteien unumstritten ist, gibt es bei der Frage, woher das Geld kommen soll, Diskussionen und auch eine parteiübergreifende Mehrstimmigkeit. Während noch Anfang der Woche der Weg über die Einschränkung oder Abschaffung der Subvention Eigenheimzulage von der CDU/CSU direkt verteufelt wurde, möchte die Parteiführung seit neuestem das Geld verwenden, um ihren innerparteilichen Konflikt bei der Gesundheitsreform mit
Steuergeldern zu finanzieren. Mich hätte es gestern fast, ich habe es vorgestern schon im Internet gesehen, umgehauen, als ich diesen doch sehr elastischen Schwenk zur Kenntnis nehmen konnte.
Die Unionsparteien in Hamburg und im Saarland müssen sich nun schon wieder umstellen, denn sie hatten sich schon sichtbar dem Slogan „Investieren in die Köpfe statt in Beton“ genähert. Beide Länder überlegen dem Vernehmen nach ernsthaft, dem Vorschlag der Bundesregierung im Bundesrat zuzustimmen. Gerade für den Stadtstaat Hamburg übrigens ist das sehr nachvollziehbar.
Ich möchte an dieser Stelle nicht verschweigen, dass es auch in der SPD Kolleginnen und Kollegen gibt, die die Abschaffung der Eigenheimzulage mit großer Sorge betrachten wegen der Auswirkungen sowohl für die Bauwirtschaft als auch für die Eigentumsbildung in Arbeitnehmerhand. Das ist auch ernst zu nehmen, meine Damen und Herren, Frau Linnert hat darauf hingewiesen. Der Deutsche Bundestag hat sich dennoch entschieden, mit der Eigenheimzulage einen der größten Subventionstöpfe zugunsten von Bildung und Forschung umzuwidmen. Ich rede von sechs bis sieben Milliarden Euro, die die Regierung Schröder bis 2012 zusätzlich in diesen Bereich für innovative Projekte investieren will.
Kreativität ist gefragt, und der Ideenwettstreit zur deutlichen Umschichtung zugunsten von Erziehung, Betreuung, Bildung und Forschung ist noch nicht beendet, aber, meine Damen und Herren, die rotgrüne Bundesregierung hat einen Vorschlag gemacht, der von Sonntagsreden und politischer Makulatur weit entfernt ist. Dass sie es ernst meint, hat sie schon mit dem vier Milliarden Euro schweren Ganztagsschulprogramm bewiesen. Die Gelder werden übrigens gern genommen, und auch Frau Angela Merkel tritt mittlerweile offensiv für Ganztagsschulen ein. Finanzierungsvorschläge fehlen bei ihr allerdings völlig.
Frau Linnert, jetzt komme ich zum schweren Teil der Rede, auch die Bremer CDU kann sich noch nicht dazu entschließen, hat sie uns signalisiert, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen. Ich bin allerdings sehr gespannt, wie die Argumentationslinie verlaufen wird. Ich habe gesehen, dass Herr Senator Eckhoff jetzt einen offensiven Vorschlag macht und sagt, Moment, da ist Geld in einer Vakanz, das ist nicht mehr aufzuhalten, aber ich möchte es jetzt für die Stadtteile haben. Da bin ich einmal gespannt, Herr Senator Eckhoff, was da von Ihnen an Argumenten kommt!
Jetzt, nachdem die Eigenheimzulage auch bei Ihnen, Kolleginnen und Kollegen von der CDU, nicht mehr als schützenswert dargestellt worden ist im Bund, dass Sie jetzt nicht sagen, wir tun „Butter bei die Fische“ und werden unseren Sonntagsreden Taten folgen lassen und investieren in Kindergärten, in Bildung und in Forschung, das müssen Sie uns
und den Bremern hier erklären. Angesichts der Fakten hat die SPD-Fraktion dafür bisher noch kein Verständnis. Ich bin gespannt, vielleicht höre ich noch etwas.
(Beifall bei der SPD – Abg. K a s t e n - d i e k [CDU]: Sie haben das doch gar nicht verstanden! Dann können Sie doch nicht dazu reden!)
Meine Damen und Herren, Herr Kastendiek, so einfach können wir uns das hier nicht machen, einfach einmal hochzuschauen vom Blättern im Pressespiegel und zu sagen, Sie haben das nicht verstanden, dann können Sie nicht dazu reden! Ich habe gesagt, ich bin darauf gespannt, wie Sie Ihren Schwenk hier erklären.
Genau, und ich halte die Spannung auch. Trotzdem ist es aber doch richtig, wenn ich Ihnen sage, dass die SPD-Fraktion kein Verständnis für Ihre Flexibilität hat, und deshalb, Herr Präsident, meine Damen und Herren, alle Parteien und Wissenschaftler fordern eine Erhöhung der Investitionen in Bildung und Forschung, und ich sage alle. Die Entwicklung ist zukunftsentscheidend und lässt sich nicht aufhalten. Die Beantwortung dieser Zukunftsfrage entwickelt sich offensichtlich zu einer Nagelprobe politischer Glaubwürdigkeit. Meine Damen und Herren, die Tatsachen sprechen für sich. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Hövelmann, also dass die Kinderarmut mit der Eigenheimzulage bekämpft werden kann, das kann ich mir nun beim besten Willen nicht vorstellen. Ich glaube, Sie haben drei Viertel Ihrer Redezeit dazu benutzt zu sagen, dass die Kinderarmut in Deutschland zunimmt, die ist aber erst recht nach oben gegangen in den letzten sechs Jahren, seit in Berlin
hilfe leben, dass sie von Arbeitslosengeld leben! Wer vernichtet denn jeden Monat 1000 Arbeitsplätze und mehr? Da sind die Hauptgründe für Kinderarmut zu suchen!
Ich wehre mich einfach dagegen, dass die Eigenheimzulage alle paar Monate nach Beliebigkeit neu verteilt wird. So sieht das doch aus in unserem Land in den letzten Monaten!
Die CDU/CSU hat immer gesagt, wir werden für den Subventionsabbau eintreten. Dazu gehört auch die Eigenheimzulage. Allerdings ist ein radikal anderes Steuersystem Voraussetzung, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der CDU – Abg. Frau L i n - n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Man nennt das auch Bierdeckel!)
Wenn diese große Steuerreform kommt, und darüber wird bei Ihnen gar nicht mehr diskutiert, aber wir diskutieren sehr wohl über das 12-, 24-, 36- beziehungweise 13-, 39-Prozent-Modell,
wenn diese Steuerreform kommt, in diesem Zusammenhang ist der Subventionsabbau auch geboten, und dann werden wir natürlich auch über die Eigenheimzulage dabei geredet haben.
(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Reden Sie doch einmal zum Antrag der Grünen! – Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Welches Steuerkonzept meinen Sie denn? Das mit dem Bierdeckel ist schon wieder out!)
Ich habe ganz ruhig zugehört und vorhin keinen Ton gesagt, und jetzt bitte ich auch, dass die Damen und Herren von der Opposition und auch von unserem Koalitionspartner einmal zuhören, was ich ihnen zur Eigenheimzulage zu sagen habe!
Im letzten Jahr, das wissen wir alle, wollte Herr Eichel die Eigenheimzulage kassieren, um seinen Haushalt zu konsolidieren. Ein bisschen Geld wollte er auch noch in die Städtebauförderung geben, aber der Großteil, über 75 Prozent, sollte in den Haushalt fließen. Das hat sich leider nicht durchgesetzt. Es hat aber eine Änderung gegeben. Die Ei
genheimzulage ist zum 1. Januar 2004 verändert worden. Der Neubau wird nicht mehr mit 2500 Euro, sondern nur noch mit 1250 Euro gefördert, genauso wie der Altbau. Zum 1. Januar 2004, das ist gerade einmal zehn Monate her!
Es muss auch eine gewisse Art von Beständigkeit in der Politik herrschen, sonst kann sich kein Mensch darauf einstellen, sonst fängt kein Mensch an zu bauen, das gefährdet wieder neue Arbeitsplätze im Baubereich, der sowieso schon sehr gebeutelt ist in den letzten Monaten. Ich glaube, dass man sich das nicht so einfach machen kann und sagen kann, ach, das ist egal, es sind zwar fünf Milliarden Euro über mehrere Jahre hinweg, das nehmen wir jetzt einfach einmal weg, und es ist auch egal, ob die Leute dann nun ein Eigenheim bauen können oder nicht. Es sind nicht diejenigen, die ein Eigenheim bauen, die sehr viel Geld verdienen. Es sind die Bürger mit mittleren und kleinen Einkommen, die von der Eigenheimzulage profitieren und die es sich damit zusammengerechnet leisten können, ein Einfamilienhaus zu bauen oder eine Eigentumswohnung zu kaufen. Das ist eine Art von Altersvorsorge und Alterssicherung, meine Damen und Herren, die ganz wichtig ist bei den Diskussionen um unsere Sozialsysteme.
Nachdem das nun alles passiert ist und eingeführt worden ist, ist jetzt die neue Diskussion aufgekommen, ja, wenn wir das nicht anders hinbekommen, versuchen wir einmal, das Geld dafür einzusetzen, um andere Löcher zu stopfen, und da fällt uns jetzt die Bildungspolitik ein. Das Gesetz ist zwar im Bundestag verabschiedet worden, aber eine Zweckbindung für Bildung steht nicht darin, das ist schon einmal klar, und was nachher herauskommt, ist völlig offen. Bei den Diskussionen, die über den Haushalt in Berlin geführt werden, ist es doch wirklich sehr vage, ob es überhaupt Geld dafür gibt, wie es hier angekündigt worden ist, in diesen Bereich zu stecken.
Ich bin noch nicht fertig! Ich habe zehn Minuten. Zum Schluss werde ich Ihnen noch sagen, was ich denn dazu meine.
Da ist hier alles so ein bisschen aufgeregt. Das muss gar nicht sein, ich war vorhin auch nicht aufgeregt.