Herr Tittmann, ich finde das völlig in Ordnung, dass Sie sich gleich noch einmal zu Wort melden, aber mit diesem Krakeelen da hinten kommen wir hier nicht weiter!
Litauen, Estland und all den anderen Ländern, die wir in die Europäische Union aufgenommen haben, als die Aufnahme der Habenichtse bezeichnet haben!
Das haben Sie hier gesagt, und ich weise das zurück! Es ist im Interesse Europas und Deutschlands, dass diese Menschen zu uns kommen und dass wir einen gemeinsamen Wirtschaftsraum bilden.
Sie haben nichts, aber auch gar nichts von der Idee, auch der wirtschaftspolitischen, verstanden, die Europa zugrunde liegt. Sie gehen davon aus, dass man in heutigen Zeiten wie vor 200 Jahren in der Kleinstaaterei Mauern um Wirtschaftsräume ziehen kann, die undurchlässig sein sollen, für Menschen sowieso, das liegt ja in Ihrer Tradition, aber diese Mauern sollen undurchlässig für Menschen und für Geld sein, nur die Waren der anderen, die wollen wir gern haben! Sie haben nichts davon verstanden, dass der deutsche Reichtum ganz viel mit Export zu tun hat. Sie wollen eine Wirtschaftspolitik, die in heutigen Zeiten ein völliger Anachronismus ist.
Vor 200 Jahren haben die Regionalfürsten die Straßen vergammeln lassen in der Hoffnung, dass durch Radbruch jemand die Hotels vor Ort benutzt, weil sie nicht wollten, dass die Mobilität die Wirtschaft so prägt, wie sie heute geprägt ist. Das ist ein Konzept von Vorvorgestern,
und nirgendwo, außer an Stammtischen, wo Menschen das glauben und sich von der richtigen Politik verlassen fühlen, kann man damit reüssieren. Argumente oder Konzepte haben Sie nicht!
Die von Ihnen so geschmähte Europaidee geht übrigens gerade davon aus, dass es gelingen kann, über eine Harmonisierung innerhalb Europas und eine Angleichung der Lebensstandards wenigstens in diesem Wirtschaftsraum zu unterbinden, was Sie hier selbst beklagt haben, nämlich eine Kapitalflucht und die Möglichkeit von Unternehmen, immer jeweils dahin zu gehen, wo man noch billigere Löhne bekommt.
und zwar zu der Großen Anfrage zur Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit. Die Grünen würden ihren Redebeitrag gern mit einem Lob beginnen,
nämlich mit dem Lob, dass es endlich eine bremische Rechtsverordnung gibt, auf die wir ja eineinhalb Jahre warten mussten, und ich glaube, dass das eigentlich der Verdienst von Herrn Jägers, den Gewerkschaften und den Protestaktionen in Bremerhaven ist.
In diesem Fall, das will ich auch gern sagen, hat die Hartnäckigkeit der Kollegen vor allem in der SPD den Senat doch noch dazu gebracht, nach diesen eineinhalb Jahren endlich diese Rechtsverordnung zu erlassen, die uns in der Tat einen ganz großen Schritt voranbringt. In diesem Zusammenhang möchte ich auch gern die Bundesregierung mit ihrem Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit nennen, das zum 1. August 2004 in Kraft getreten ist.
Es scheint so zu sein, dass doch in vielen gesellschaftlichen Bereichen begriffen wird, dass man sich dem Problem Schwarzarbeit intensiver widmen muss. Ich finde es gut, dass die SPD-Fraktion diese Anfrage gestellt hat, weil dieser Ansatz, dass man darüber viel reden muss, um das Problembewusstsein zu stärken, in unserem gemeinsamen Interesse ist. Bei der Senatsantwort ging es mir aber eigentlich auch so, dass sie irgendwie lieblos und ein bisschen technokratisch ist. Vielleicht könnten wir ja verabreden, uns einmal gemeinsam diesem Thema, auch ressortübergreifend, zu widmen und mehr nach Strategien und Konzepten zu fragen. Dann bekommen wir vielleicht den Senat dazu, sich auch noch einmal etwas auszudenken und dem Parlament hier nicht nur Zahlenwüsten, mit denen man eigentlich nichts anfangen kann, mitzuteilen.
Ein ganz zentraler Punkt ist für die Grünen neben der Frage, was eigentlich Schwarzarbeit ist und wie man sie bekämpfen kann, die nach wie vor von uns als völlig anachronistisch empfundene Aufrechterhaltung des Meisterzwangs. Das, was auf Bundesebene dann endlich geeint wurde, nämlich eine Aufweichung des auch aus dem vorletzten Jahrhundert stammenden Zunftgedankens, finden wir unzureichend. Man kann zum Beispiel lesen, dass das Malergewerbe immer noch dem Meisterzwang unterliegt, und ich finde es eher schade, dass diese Reform so halbherzig gemacht wurde.
Das haben wir leider der CDU zu verdanken, die meint, dass man in einem Wirtschaftssystem wie dem unseren um das Bestehende Zäune bauen kann. Das wird auf Dauer sowieso nicht gelingen, und es wäre besser, wenn man für eine ganze Reihe von Gewerken den Meisterzwang aufweichen würde, und
wenn hier die Böhnhasen in Bremen öffentlich auftreten, dann haben sie auch viel Unterstützung für diese Position. Die Grünen möchten auch gern, dass wir es nicht mit der bisherigen Regelung zur Aufweichung des Meisterzwangs bewenden lassen, sondern dass wir weiter daran arbeiten. In dem Bereich sind, wenn wir hier über Arbeitslosigkeit reden, noch sehr viele Möglichkeiten für Existenzgründungen, und es ist wirklich sehr schade, dass diese Reform so halbherzig passiert und nicht weitergehender ist.
Ich will in meinem Redebeitrag jetzt aber gern noch ein wenig nach vorn sehen. Ich glaube, zu dem, was man hier in Bremen noch machen kann – über das hinaus, was der Senat geantwortet hat –, fällt mir eigentlich noch eine ganze Menge ein, wie man in diesem Politikbereich noch etwas tun kann. Erstens ist wichtig, dass allen klar ist, dass es um etwas Ressortübergreifendes geht. Das hängt mit dem Justizbereich, dem Sozialbereich, dem Bereich Arbeitsmarktpolitik und dem Bereich Wirtschaftspolitik zusammen, und nur wenn der Senat ein ressortübergreifendes Konzept entwickelt, kann man in dem Bereich auch etwas werden.
Es ist wichtig, dass das ganze Haus hier, der Senat und wichtige gesellschaftliche Kräfte Schwarzarbeit ächten. Es ist wichtig, dass wir darüber aufklären, dass auch im Bereich hauswirtschaftliche Leistungen – über Bau ist hier ja schon gesprochen worden – viele Missstände sind, die sich zum Teil sehr nachteilig für die Arbeitgeber und die Arbeitnehmerinnen auswirken. Dass in dem Bereich Schwarzarbeit stattfindet, wo die hauswirtschaftlichen Hilfen oft noch nicht einmal gegen Unfälle versichert sind, muss dieser Senat auch in der Öffentlichkeit sagen und darüber aufklären, dass das nicht in Ordnung ist, dass man damit hohe Risiken eingeht und man das ändern muss. Es muss auch geächtet werden, wie es immer mehr einreißt, dass Friseurinnen nach Hause kommen und dort dann schwarz bezahlt werden. Es gibt viele Bereiche, in denen man das öffentliche Bewusstsein verändern muss und in denen der Senat auch eine Aufgabe im Rahmen seiner eigenen Öffentlichkeitsarbeit hat. Ich finde, das ist auch insbesondere Sache der Arbeitssenatorin.
Vor ein paar Monaten war ich bei einer Feierlichkeit der Handwerkskammer eingeladen, da wurden Existenzgründer geehrt. Da war ein Maler dabei, der hat gesagt: Es war ganz leicht, ich habe einfach nur in meinem Stadtteil Zettel an die Haushalte verteilt und hatte ganz schnell Aufträge. Das weist darauf hin, dass ein Teil von Schwarzarbeit, der stattfindet, gar nicht einmal so etwas ist wie bewusstes Hinterziehen von Steuern und Sozialabgaben, sondern das hängt damit zusammen, dass sich unser Handwerk nach wie vor nicht auf ein bestimmtes Marktsegment einstellt und es dann irgendwie einfacher ist, jemanden in der Nachbarschaft – der kennt einen in der Nachbarschaft, und der kennt wieder einen
Also, die Handwerkskammern müssen insgesamt mit ihren Mitgliedern mehr darüber reden, wie sich der handwerkliche Bereich darauf einstellen kann, dass wir hier in Privathaushalten immer großen Bedarf an Renovierungen, an kleineren Umbaumaßnahmen haben, und wenn man, wie dieser Maler berichtet hat, auf die Kunden zugeht, dann sind diese oft auch bereit, die entsprechenden Kosten zu bezahlen, weil ein Teil der Schwarzarbeit einfach nur deshalb stattfindet, weil unser Handwerk nicht passgenau das anbietet, was in den Haushalten nachgefragt wird.
Wir Grünen möchten gern Anzeigenkampagnen des Senats. Wir möchten, dass der Senat für die Absicherung von Haushaltshilfen wirbt. Wir möchten ein Landesprogramm für Existenzgründungen im handwerklichen Bereich und auch bei Dienstleistungen.
Wer über Schwarzarbeit redet, muss auch darüber reden, dass wir illegale Ausländer haben, die keine andere Wahl haben, als schwarz zu arbeiten. Wir müssen wie andere Länder auch dazu kommen, uns regelmäßig mit diesem Problem zu beschäftigen und die Menschen zu legalisieren. Wer über Schwarzarbeit redet, muss auch über das Arbeitsverbot für Asylsuchende reden. Diese Faktoren tragen dazu bei, dass das Unrechtsbewusstsein bei Schwarzarbeit erodiert, und es fördert schattenwirtschaftliche Strukturen.
Vielleicht können wir uns verabreden, den Senat zu bitten, uns im Rahmen einer Großen Anfrage, die wir dann vielleicht im Herbst noch einmal neu stellen könnten, mehr über seine Strategien zu berichten, dass er uns hier ressortübergreifend berichtet, wie er sich in Kooperation mit der Handwerkskammer und anderen gesellschaftlichen Kräften diesem Problem widmen kann. Im Zusammenhang mit der Lage auf dem Arbeitsmarkt gibt es da, glaube ich, noch viel zu tun. Wir sind da erst am Anfang. Es ist kein reines Bauproblem oder eines der Bauwirtschaft oder des Industriebereiches, sondern auch gerade im Bereich Beschäftigung von Frauen gibt es da ziemlich viel zu tun. Das lohnt sich nicht nur aus fiskalischen Gründen, sondern auch aus Gerechtigkeitsgründen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, dass in diesem Hause Einigkeit zwischen den Fraktionen herrscht, ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
dass es gilt, die Schwarzarbeit nachhaltig zu bekämpfen. Schwarzarbeit verursacht in der Bundesrepublik Deutschland jährlich Einnahmeverluste in Höhe von 370 Milliarden Euro. Würde man das einmal in Beschäftigungsverhältnisse umsetzen, könnte man damit sechs Millionen Vollzeitarbeitsplätze in Deutschland schaffen. Ich denke, damit wird jedem klar, welche Bedeutung hinter diesem Thema steht.
Obwohl wir uns hier alle in diesem Ziel einig sind, dass es gilt, Schwarzarbeit zu bekämpfen, denke ich, dass die Große Anfrage der SPD-Fraktion und auch die dazugehörige Mitteilung des Senats herzlich wenig zu diesem Thema beitragen. Die Fragen, die von der SPD-Fraktion gestellt wurden, beschränken sich allein auf den repressiven Teil, also was passiert, wenn Schwarzarbeit vorhanden ist. Wie kann dies dann repressiv behandelt werden? Welche Aufgaben übernimmt dann die Staatsanwaltschaft, und welche Aufgaben übernehmen die Gerichte? Das ist relativ einfach, da schaut man in die Gesetze. Dementsprechend hat der Senat das auch getan und die verschiedenen Strafgesetzbuchnormen und auch die Normen, die in anderen Gesetzen zur Bekämpfung von Schwarzarbeit enthalten sind, aufgelistet.
Das hilft aber nicht, das Problem zu lösen, dass es gilt, auch die Ursachen von Schwarzarbeit zu bekämpfen. Ich glaube, eigentlich ist die Debatte dazu richtig angesetzt und nicht, um zu schauen, was passiert, wenn Schwarzarbeit schon geschehen ist und wie Staatsanwaltschaft und Gerichte tätig werden können, sondern wir müssen uns als Politik, als Parlament eher darüber Gedanken machen, über die Ursachen von Schwarzarbeit und wie wir diese Ursachen abstellen können, damit Schwarzarbeit in der Bundesrepublik Deutschland verhindert wird. Dazu trägt die Große Anfrage der SPD-Fraktion, wie gesagt, meines Erachtens wenig bei.
Ich finde auch ehrlich gesagt, dass wir als Parlamentarier ein bisschen überbezahlt wären, wenn unsere einzige Aufgabe darin bestehen würde, heute festzustellen, Schwarzarbeit ist schlecht, denn dass das so ist, weiß jeder. Ich glaube, dass unsere Aufgabe schon etwas darüber hinaus gehen sollte, nämlich sich mit den Ursachen auseinander zu setzen und genau diese auch abzustellen.
Mit den Ursachen, finde ich, haben Sie es sich hier teilweise auch etwas sehr einfach gemacht. Herr Grotheer führt aus, dass es mit der Bekämpfung der Schwarzarbeit so hapert, weil die Zuständigkeiten nicht ganz geklärt seinen. Frau Linnert hat ausgeführt, es läge daran, dass es noch den Meisterzwang in Deutschland gäbe.
ren, würden Sie heute sagen, es liegt an der schlechten Steuer- und Arbeitsmarktpolitik der rotgrünen Bundesregierung.
(Beifall bei der CDU – Widerspruch bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. K l e e n [SPD]: Da lacht sogar Focke!)
Da muss man einfach ansetzen und schauen, was die Menschen denn in die Schwarzarbeit treibt. Warum wählen sie den Weg, dass sie sich aus einer legalen Beschäftigung hinausziehen und in der Schattenwirtschaft ihre Zukunft suchen? Das sind doch genau die hohen Abgaben in Deutschland, die dazu führen, dass immer weniger den Anreiz im legalen Arbeitsmarkt finden, dort tätig zu werden,
und nicht, dass sie aus schier Schandudel sagen, sie möchten lieber in der Schattenwirtschaft tätig sein als auf dem legalen Arbeitsmarkt. Da sollten Sie die Konzepte Ihrer Bundesregierung einmal ganz genau überprüfen, und dann werden Sie auch die Fehler sehen, die dahinter stecken.
Es gilt nämlich in erster Linie, eine Deregulierung des Arbeitsmarktes herzustellen, damit auch die Unternehmen in der Lage sind, mehr Beschäftigte einzustellen und auch flexibler auf konjunkturelle Situationen einzugehen. Genau daran hapert es doch unter den bestehenden Regelungen, dass es den Unternehmen, aber auch den Arbeitnehmern schwer gemacht wird, flexibel auf die Situation auf dem Arbeitsmarkt einzugehen, flexibel auf eine konjunkturelle Lage einzugehen. Genau dort setzen Sie immer viel mehr Bürokratie ein, als dass Sie es wirklich schaffen, dies zu deregulieren.
Das Gleiche ist doch auch, dass wir uns vorwerfen müssen, dass es in der Steuerpolitik insgesamt nicht erreicht worden ist, die Steuern so herunterzufahren, dass eben auch dort mehr Anreize geschaffen werden für diejenigen, die tätig werden. Ebenso bei den Lohnnebenkosten! Wenn sich jemand heute die Frage stellt, der in der Sozialhilfe ist, ob er vielleicht viel mehr Einkommen in der Schattenwirtschaft erzielen kann, als er es auf dem legalen Arbeitsmarkt schaffen würde, wie wollen wir denn da Anreize setzen, dass er sich auf dem legalen Arbeitsmarkt zurückmeldet? Der sagt sich doch, dass er es viel leichter mit Sozialhilfe und eben einem Einkommen hat, das er aus der Schwarzarbeit erwirtschaftet. Ich denke, genau dort sind die Fehler. Wir setzen falsche Anreize für Transferleistungen vom Staat.
Genau hier muss überdacht werden, und dazu gehört eben auch, die sozialen Sicherungssysteme zu überdenken und zu strukturieren.