Ich möchte aus der Regierungserklärung noch zwei Punkte zur Kompetenzfrage aufgreifen. Zunächst die Kompetenzfrage für den Bildungs- und Hochschulbereich, um den es ja in der Föderalismuskommission auch geht: Diese Kompetenzfrage lässt sich nach meiner Auffassung nicht schlicht nach der Alternative alles in die Hand der Länder oder alles in die Hand des Bundes beantworten. Die Bedeutung gemeinsam abgestimmter hoher Standards in Deutschland im Bildungsbereich hat sich doch durch Pisa zum Beispiel gezeigt, und darüber, wie diese Standards zu erreichen sind, mögen die Länder durchaus unterschiedliche Auffassungen haben.
Das bremische Bekenntnis zur Ganztagsschule ist hier mit Sicherheit wettbewerbsfähig. In diesem Sinne begrüße ich aber, dass der Präsident des Senats in seiner Regierungserklärung gesagt hat, die Länder seien aufgerufen und imstande, ein gemeinsames Konzept zur Modernisierung Deutschlands als föderal aufgebauten Qualifikations- und Wissenschaftsstandort zu formulieren und umzusetzen. Genau darum muss es gehen, um diese Verzahnung von Länder- und Bundespolitik, also nicht die einfachen Botschaften, sondern die Botschaft ist etwas schwieriger, aber das entspricht, glaube ich, auch der Zielsetzung oder der Lage viel besser.
Ein Wort noch zu der vom Bürgermeister auch angesprochenen Frage der Kompetenz im öffentlichen Dienstrecht: Da bin ich sehr nahe bei dem, was Frau Linnert hier dazu vorgetragen hat. Ich habe die Vereinheitlichung des Dienstrechts, das ist ja schon ein paar Jahrzehnte her, dass das in Deutschland gelungen ist, immer als Fortschritt angesehen. Worum geht es dabei? Es geht ja nicht nur darum, Bedingungen für die Beschäftigten zu formulieren, sondern es geht im Kern darum, eine gleichbleibend hohe Qualität der Verwaltung und damit der staatlichen Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger überall in Deutschland zu organisieren.
Mir geht es da wie Frau Linnert. Ich möchte eigentlich nicht, dass wir in einen Wettlauf der Länder zum Beispiel bei der Bezahlung von Polizeibeamten eintreten.
Ich möchte nicht, dass wir in einen Konkurrenzkampf um Beschäftigte eintreten, und ich möchte eigentlich auch nicht erleben, dass wir Abwerbeaktionen
zwischen den Ländern bei öffentlich Beschäftigten haben. Darauf auch bitte etwas vorsichtiger schauen und fragen, was ist da richtig und was nützt uns! Ich glaube, gerade diese Gesichtspunkte, die ich genannt habe, sind für Bremen als kleinstes Bundesland nicht ganz unwichtig. Eine ergänzende Bemerkung dazu, dass die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, der berühmte Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes, von der Föderalismuskommission auf den Prüfstand gestellt werden: Das halte ich nicht nur für nötig, sondern für absolut und längst überfällig, und ich hoffe, dass daraus auch ein Ergebnis kommt.
Meine Damen und Herren, meine zweite Bemerkung, etwas kürzer als die erste, bezieht sich auf die Aussage in der Regierungserklärung, dass eine Länderneugliederung kein Thema der Föderalismuskommission darstellt. Das habe ich gern gehört, und das ist ja so etwas wie die Geschäftsgrundlage gewesen. Wenn man miteinander über die Modernisierung redet, kann man nicht sagen, aber einer, der dabei ist, dem hauen wir die Beine weg, dass er am Ende nicht mehr dabei ist. Das ist völlig klar. Dennoch muss man zur Kenntnis nehmen, und ich finde, wir tun in Bremen durchaus gut daran, das zur Kenntnis zu nehmen, dass es immer mehr werden, die augenscheinlich die Frage einer Länderneugliederung diskutieren wollen. Ich habe mit einer gewissen Entgeisterung, allerdings nicht wegen des Inhalts, sondern weil ich es vom Stil eines Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts eigentlich nicht für möglich gehalten habe,
gelesen, dass ein Präsident des Bundesverfassungsgerichts, der aktuelle Präsident des Bundesverfassungsgerichts, in mehreren großen Zeitungsinterviews vor einigen Wochen die Länderneugliederung nicht nur thematisiert hat, sondern sie eigentlich mit einer Zielrichtung versehen hat. Das kann man nun kritisieren, was ich hiermit tue, gleichwohl ist das aber eine Stimme, die in der Welt ist. Da gibt es auch andere, ich könnte sie jetzt alle aufzählen, die sich in den letzten Tagen und Wochen geäußert haben. Der Fraktionsvizevorsitzende der CDU im Bundestag, die Bundesministerin Künast vorgestern im „Tagesspiegel“, Fraktionsvorsitzende der Grünen in Baden-Württemberg und sonst wo, SPD-Leute, die es hier und da tun, nicht zuletzt der Bundeskanzler in der ach so renommierten Zeitung „Super-Illu“
mit der Uraltidee eines Nordstaats. Wer also schon ein paar Tage länger dabei ist, weiß ja, dass dieser
Nordstaat irgendeinem Schweinezyklus unterliegt, der kommt immer einmal wieder, aber verschwindet auch immer wieder.
Meine Damen und Herren, ich spreche das nicht an, weil ich meine, dass wir das überbewerten sollen. Wir sollten das auch nicht von uns aus auf die Spitze treiben oder weiter anheizen. Gleichwohl glaube ich, dass Bremen gut daran tut, wir alle hier in Bremen, uns für eine solche Debatte auch zu wappnen, und zwar selbstbewusst zu wappnen, denn wir haben doch gute Argumente für die bremische Selbständigkeit, und die müssten wir als Teil dieses bremischen Parlaments alle in der Lage sein, auch jedem überzeugend zu sagen.
Am wichtigsten aber ist in dieser Frage der Selbständigkeit, meine Damen und Herren, dass die Menschen in Bremen und Bremerhaven sich zu diesem Bundesland Bremen bekennen, denn schließlich ist es am Ende das Volk, das nach Artikel 29 unseres Grundgesetzes über eine Frage der Neugliederung entscheiden würde. Das Volk ist manchmal auch klüger als manche, die da etwas vorgeschlagen haben. Ich erinnere an die misslungene Fusion von Berlin und Brandenburg.
Meine Damen und Herren, wir müssen also unsere Politik so ausrichten, dass Bremen und Bremerhaven so lebenswert sind, dass keiner unserer Bürgerinnen und Bürger auf den Gedanken kommt, die Aufnahme in Niedersachsen zu beantragen. Das ist, glaube ich, der Kern dessen, was man bei der Selbständigkeit sagen muss.
Mit meiner dritten und abschließenden ganz kurzen Bemerkung komme ich zurück auf den Eingangssatz. Ich glaube, dass Bremen in der Föderalismuskommission nicht nur zahlenmäßig, das ist ja auch schon etwas Besonderes, wie wir von der Zahl her dort vertreten sind, sondern auch sonst mit Henning Scherf, Staatsrat Hoffmann, Volker Kröning und Bernd Neumann hervorragend dabei sind. Ich bin sicher, dass diese gute bremische Beteiligung nicht nur zu einem guten Gesamtergebnis beiträgt, sondern auch ein gutes Ergebnis für das Bundesland Bremen gewährleistet, Frau Linnert!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDP unterstützt alle Bemühungen, unsere föderale Staatsstruktur nicht nur zu erhalten, sondern insgesamt auch effektiver und bürgernäher zu gestalten. Deshalb beteiligen wir uns auch konstruktiv an der Föderalismuskommission von Bundestag und Bundesrat, die Vorschläge zur Moderni
sierung unserer bundesstaatlichen Ordnung erarbeiten soll. Der Föderalismus bei uns in Deutschland hat sich bewährt. Er verbindet die geschichtliche, politische, kulturelle, ökonomische, landsmannschaftliche und strukturelle Vielgestaltigkeit der Länder mit der solidarischen Verantwortlichkeit für das staatliche Ganze. Das wissen wir hier in Bremen als kleinstes Bundesland mit unserer besonderen stadtstaatlichen Struktur und als derzeitiges Haushaltsnotlageland sehr zu schätzen.
Dennoch sehen wir Fehlentwicklungen. Wir haben es inzwischen auf Bundesebene mit einem System von gegenseitigen Verflechtungen zwischen Bund und Ländern in der Politikgestaltung und Verwaltung zu tun, die für die Bürger nicht mehr durchschaubar sind und es ihm unmöglich machen, die politischen Entscheidungen und deren Folgen klar zuzuordnen. Die selbst für Interessierte und politisch einigermaßen Informierte nicht mehr durchschaubare Hartz-IV-Gesetzgebung ist hierfür ein klassisches und aktuelles Beispiel. Eine Reform unseres föderalen Systems ist also dringend geboten. Dies auch umso mehr, als von der europäischen Entwicklung her entsprechender Handlungsdruck besteht.
Die FDP fordert einen wettbewerblichen Föderalismus mit transparenten Entscheidungsstrukturen und klarer Kompetenzverteilung zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen. Es muss nach unserer Vorstellung ein Standortwettbewerb zwischen den Ländern entstehen, der sich auch in den Ergebnissen, zum Beispiel dem Steueraufkommen, dem Bruttoinlandsprodukt, der Bevölkerungszahl und auch der Zufriedenheit der Menschen, niederschlagen muss. Föderalismus darf nicht Gleichmacherei sein und auch nicht damit verwechselt werden, sondern muss das genaue Gegenteil bedeuten: Chancengleichheit statt Ergebnisgleichheit.
Föderalismus muss Länderautonomie, Standortwettbewerb sowie kulturelle, ökonomische und politische Vielfalt garantieren. Deshalb sage ich im Unterschied zu dem, was hier eben gesagt wurde, das Postulat der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse steht Wettbewerbsvielfalt und Länderautonomie entgegen. Es muss nach unserer Vorstellung abgeschafft, zumindest aber deutlich eingeschränkt werden. Das hat Konsequenzen für die Aufgaben- und Lastenverteilung zwischen den staatlichen Ebenen und damit auch hier für uns in Bremen.
Eine der zentralen Aufgaben in diesem Zusammenhang, die auch die Föderalismuskommission zu lösen hat, ist es, einen Vorschlag zur Neuordnung der Gesetzgebungszuständigkeiten zu machen. Die FDP strebt dabei eine klar strukturierte Trennung und Neuordnung der Gesetzgebungskompetenzen nach dem so genannten Trennungsgebot an. Kom
petenzen, die nicht zwingend bundeseinheitlich und auf der nationalen Ebene geregelt werden müssen, sollen im Sinne des Subsidiaritätsprinzips auf der unteren Ebene, sprich auf der Länderebene, geregelt werden. Dadurch würden nicht nur die Länder und die Länderparlamente gestärkt, sondern auch die Durchschaubarkeit politischer Entscheidungsprozesse und die Verantwortlichkeit entscheidend verbessert werden. Auch die politischen Entscheidungsprozesse selbst können dadurch deutlich verbessert werden, weil viele Vermittlungsverfahren und Zustimmungspflichtigkeiten im Bundesrat wegfallen könnten. Zielvorstellung der FDP also: Abschaffung der konkurrierenden Gesetzgebung und der Rahmengesetzgebung und Verteilung der entsprechenden Gesetzesmaterien auf Bund und Länder. Es gäbe danach also nur noch die ausschließliche Gesetzgebung entweder beim Bund oder die ausschließliche Gesetzgebung bei den Ländern. Im Einzelnen mag es in der Föderalismuskommission und in den politischen Parteien, auch in meiner Partei, hier noch unterschiedliche Betrachtungen geben. Das Grundprinzip der klaren Zuordnung und Verteilung der Zuständigkeiten dürfte aber, soweit ich das wahrgenommen habe, unstreitig sein. Mit der Neuordnung der Gesetzgebungszuständigkeiten eng verknüpft ist die Frage der Verwaltungshoheit. Das Grundprinzip, dass die Länder die Bundesgesetze entweder als eigene oder als Auftragsangelegenheit mit bestimmten Mitwirkungsrechten und Eingriffsrechten des Bundes ausführen, soll nicht verändert werden. Doch auch hier in diesem Kontext gibt es Reformbedarf. Ich kenne nicht den genauen Diskussionsstand in der Föderalismuskommission. Als Landespolitiker vertrete ich hier den Standpunkt, dass der Bund sich aus der Verwaltungshoheit der Länder weitgehend heraushalten sollte. Eine Bundesaufsicht und die Möglichkeit einer Mängelrüge bei schlechtem Vollzug eines Bundesgesetzes dürften völlig ausreichen, Instrumente, die es jetzt schon im Grundgesetz gibt. Die entsprechenden Artikel unseres Grundgesetzes, die dem widersprechen, müssten dann geändert werden. Wenn man die Gesetzgebungs- und die Verwaltungshoheit neu organisiert, muss man natürlich auch über Geld reden, sprich über die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern. Da beim Geld nicht nur Freundschaften, sondern auch Verwandtschaften aufhören, liegt hier natürlich besonderer Sprengstoff. Für uns als FDP ist in diesem Zusammenhang zunächst klar, dass die erst nachträglich in das Grundgesetz eingeführten Gemeinschaftsaufgaben wieder abgeschafft werden. Sie sind nicht mehr zeitgemäß, denn sie beteiligen den Bund in bestimmten Grenzen an der Wahrnehmung von Länderaufgaben. Das bedeutet konkret, dass Artikel 91 a und 91 b unseres Grundgesetzes ersatzlos gestrichen werden und diese Aufgaben wieder vollständig an die Länder zurückfallen.
Zugleich muss man dann jedoch, das ist schon gesagt worden, die Finanzausstattung der Länder entsprechend anpassen und verbessern. Über diese finanzielle Kompensation für die Länder wird derzeit meines Wissens in der Föderalismuskommission gestritten. Für Bremen hätte dies in der Sache erhebliche Folgen, ob finanzieller Art ist davon abhängig, wie die Länderkompensation konkret aussieht. Auch die Finanzhilfen des Bundes an die Länder, die nach Artikel 104 a Absatz 4 unseres Grundgesetzes möglich sind, sollen nach Auffassung der FDP entfallen, da hiermit dem Bund die Möglichkeit eröffnet wird, Länder zu kaufen, wie man am Beispiel der seinerzeitigen Steueränderungsgesetzgebung, die zum Kanzlerbrief geführt hat, nachvollziehen kann. Der Wegfall der Bundesfinanzhilfen, die nach unserem Grundgesetz an enge Voraussetzungen geknüpft sind, dürfte für uns in Bremen, meine ich, verschmerzbar sein, auch wenn sie bei den Gesprächen um die Einlösung des Kanzlerbriefes eine Rolle spielen dürften.
Die FDP fordert auch, ein echtes Konnexitätsprinzip in das Grundgesetz einzuführen. Bund und Länder sollten verpflichtet werden, Ausgaben, die sie durch ihre Gesetzesbeschlüsse veranlassen, jeweils auch selbst zu tragen. Wenn also zum Beispiel der Bund das Recht auf einen Kindergartenplatz beschließt und die Länder beziehungsweise die Kommunen mit der Aufgabe und den Ausgaben dafür belastet werden, dann muss er auch die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung stellen. Gleiches muss natürlich auch im Verhältnis der Länder zu ihren Kommunen gelten, auch hier in Bremen, wobei dies wohl nur im Verhältnis zwischen Bremen und Bremerhaven eine gewisse Rolle spielen würde.
Im Zusammenhang mit der Neuordnung der Gesetzgebungszuständigkeit muss auch über die Zuständigkeit bei der Finanzgesetzgebung diskutiert werden, Artikel 105 unseres Grundgesetzes. Hier tritt die FDP für eine größere Autonomie der Länder ein, indem zum Beispiel die Länder die Gesetzgebungshoheit für diejenigen Steuern erhalten, deren Ertragshoheit sie oder ihre Kommunen haben, oder indem ihnen oder ihren Kommunen Zuschlagsrechte zugebilligt werden. Das würde nicht nur die Länder und ihre Parlamente stärken, das würde auch zu einem aus unserer Sicht erwünschten Steuerwettbewerb zwischen den Ländern und zwischen den Kommunen führen. Die Gewerbesteuer sollte nach unserer Auffassung abgeschafft, der Steuerausfall in diesem Zusammenhang durch eine Kompensation bei der Mehrwertsteuer und ein Zuschlagsrecht auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer ausgeglichen werden. Für uns in Bremen hätte dies nach meinem Dafürhalten finanzwirtschaftlich mehr Vorteile als Nachteile.
Der Länderfinanzausgleich zwischen den Ländern ist aus dem Arbeitsauftrag der Föderalismuskommission ausgeklammert worden, um die Möglichkeiten einer Reform nicht von vornherein zu erschweren
beziehungsweise im Keim zu ersticken. Es ist nach Auffassung der FDP aber unstreitig, dass über dieses Thema, vor allem, wenn man Aufgaben und damit Lasten verlagert, auch gesprochen werden muss. Im Rahmen eines Wettbewerbsföderalismus muss es hinnehmbar sein, dass es finanzwirtschaftliche Unterschiede zwischen den Ländern gibt. Diese dürfen nicht durch einen nicht mehr nachvollziehbaren Finanzausgleichsmechanismus so weit auf einen Bundesdurchschnitt nivelliert werden, dass sich kaum noch finanzielle Unterschiede zeigen.
Das Streben nach Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet, das darin zum Ausdruck kommt, bewirkt eine Nivellierung, die jeden Anreiz zur Steigerung der Finanzkraft eines Landes nimmt. Das genau ist auch eines unserer Probleme hier in Bremen. Sämtliche Bemühungen der letzten Jahre, zu höheren Steuereinnahmen zu kommen, werden über die bestehenden Verteilungsregelungen des horizontalen und vertikalen Finanzausgleichs wieder zunichte gemacht. Überschießende Finanzkraft fließt ab, die Schulden und damit ihre Zinsen bleiben jedoch.
Vor dem Hintergrund der Zielsetzung, die Länder und ihre Parlamente zu stärken und ihnen größere Autonomie auch im finanzwirtschaftlichen Bereich zu gewähren muss über die Regelungen des horizontalen und vertikalen Finanzausgleichs nachgedacht werden. Der Länderfinanzausgleich muss die grundsätzliche Funktionsfähigkeit der Länder sichern. Die Länder müssen in der Lage sein und bleiben, die ihnen nach der Verfassung zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen. Ein auch nach unserer Auffassung weiterhin notwendiger Finanzausgleich zwischen den Ländern sollte aber auf wirkliche Notfälle, die von einem Land nicht zu vertreten sind, beschränkt werden und sich auf deutlich vereinfachte Kriterien stützen, zum Beispiel auf das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. Eine solche Vereinfachung und Systemumstellung könnte den Anreiz für die Länder, ihre Wirtschafts- und Finanzkraft zu stärken, deutlich erhöhen. Ich glaube, dass das Bundesland Bremen eine solche Systemveränderung nicht fürchten muss.
Zum Schluss noch zwei Punkte, die gleichfalls in diesen Zusammenhang gehören: Das eine ist die Beteiligung der Länder an der EU-Rechtssetzung. Zwar ist der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten allein zuständig und soll es nach unserer Auffassung auch bleiben, gleichwohl greift die EURechtssetzung zunehmend in unser deutsches Rechtssystem ein und tangiert damit Kompetenzen der Länder. Eine Beteiligung der Länder am Prozess der EU-Rechtssetzung ist also dringend geboten. Die derzeitige Regelung des Grundgesetzes in Artikel 23 hat sich nach Auffassung der FDP nicht bewährt. Die komplizierten Abstimmungsprozesse zwischen Bund und Ländern schwächen die deutsche Verhandlungsposition nach außen in Brüssel. Es muss
deshalb darüber nachgedacht werden, wie die derzeitigen Verfahrensregelungen für eine Mitwirkung der Länder am EU-Rechtssetzungsprozess vereinfacht und beschleunigt werden können. Denkbar wäre zum Beispiel, das ist nur ein Vorschlag, den ich mir jetzt hier einmal überlegt habe, dem Bundesratspräsidenten, der ja ständig wechselt, damit auch andere Länder zum Zuge kommen, ein größeres Gewicht beizumessen.
Das zweite Stichwort ist die Neugliederung der Bundesländer. Auch dieses Thema gehört nicht zu den Aufgaben der Föderalismuskommission, es gehört aber in diesen Sachzusammenhang und sollte zumindest angesprochen werden. Der Bundeskanzler hat sich als Anhänger eines Nordstaates gerade geoutet, so dass wir hier in Bremen uns dazu ebenfalls positionieren sollten. Ich bin kein Freund eines Nordstaates, bestehend aus allen norddeutschen Bundesländern. Dieses Gebilde erscheint mir viel zu groß, es hätte auch keinen landsmannschaftlichen Bezug.
Wenn es zu einer Neugliederung der Länder hier im Norden der Republik kommen sollte, sehe ich eher eine Verbindung von Niedersachsen und Bremen, also eine wesentlich kleinere und überschaubarere sowie naheliegendere Lösung. Ich sehe allerdings auch, dass es derzeit Bestrebungen dieser Art weder in Niedersachsen noch hier in Bremen gibt. Insofern ist das eine Luftdiskussion, obwohl sie, das füge ich hinzu, überall, auch in meiner Partei, diskutiert wird.
Was ich hier in Bremen sehe, ist, dass sich die politische und verwaltungsmäßige Zusammenarbeit über die Ländergrenzen hinweg verstärkt, und man in größeren Regionen plant und denkt. Das ist begrüßenswert und sollte nach unserer Auffassung weiter ausgebaut werden. Neben den Statistischen Landesämtern, den Justizvollzugsanstalten oder den Verfassungsschutzämtern und den Gerichten gibt es sicherlich noch weitere Bereiche für eine solche überregionale Zusammenarbeit, zum Beispiel die Gewerbeaufsicht oder die Lebensmittelkontrolle, den Verbraucherschutz oder eben auch die Datenschutzaufsicht, um das Thema einmal zu erwähnen, aus dem ich beruflich komme.
Das Grundgesetz, Artikel 29, schließt eine Neuregelung des Bundesgebietes nicht aus, nur die Verfahrensregelungen hierfür sind äußerst kompliziert. Nach Auffassung der FDP sollten diese Regelungen vereinfacht werden, so dass zumindest durch eine solche Verfahrensvereinfachung die Möglichkeiten für eine Länderneugliederung erleichtert würden. Im Hinblick auf unsere Vorstellung zum Wettbewerbsföderalismus und zur größeren Länderautonomie wären verbesserte Möglichkeiten für eine Länderneugliederung sicher begrüßenswert. – Damit möchte ich schließen, und ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht noch ein, zwei Anmerkungen, weil ich glaube, dass das Thema es verdient, auch in einen Diskurs einzusteigen, wo die Unterschiede und Differenzen zwischen den Fraktionen und den Rednern sind und wo auch die Probleme für das Bundesland Bremen stecken.
Vorab aber noch eine Bemerkung – gestatten Sie mir auch das, Herr Böhrnsen! – in Ihre Richtung: Dass das Problem mit dem Bundesrat Ihnen völlig fremd ist, haben wir Mitte der neunziger Jahre erleben können, aber es zeigt natürlich letztendlich, dass vom Prinzip her, wenn man die Republik voranbringen will, an der Stelle etwas verändert werden muss und beide Seiten kein Interesse daran haben können, dass sich diese gegensätzliche Blockade noch über die nächsten Jahrzehnte vollzieht, denn dafür ist der Wettbewerb mit anderen Industrienationen viel zu eng und viel zu hart geworden.
Es ist nicht nur der Wettbewerb mit Frankreich, den Niederlanden, England oder den Vereinigten Staaten. Wenn man sich anschaut, was in Fernost zurzeit an wirtschaftlicher Dynamik entsteht, werden wir uns umschauen, Stichwort China, Taiwan ist ja zwischenzeitlich schon eines derjenigen Länder, die selbst in Asien mit dem Wettbewerb zu kämpfen haben. Ich denke, gegenseitige Schuldzuweisungen sind da wenig hilfreich. Man kann höchstens erkennen, dass es nicht parteipolitisch geprägt ist, sondern dass es sich systemimmanent verhält und von der Seite aus eine Reform an dieser Stelle dringend notwendig ist.
Zweiter Punkt, den ich ansprechen will: Das waren ja auch die zwei, drei Punkte, bei denen wir uns unterscheiden, bei denen es Unterschiede zwischen den Fraktionen gibt. Da war das Stichwort Dienstrecht. Ich habe nicht den Eindruck, dass die starren Strukturen, die starren Formen des Dienstrechts, die wir im Augenblick in der Bundesrepublik haben, für uns als kleines Bundesland hilfreich sind, dass in Abwägung von hoch qualifizierten Mitarbeitern im öffentlichen Dienst, in der Abwägung zwischen einer Beschäftigung in einem großen Bundesland beziehungsweise des Bundes und des Bundeslandes Bremen wir in aller Regel hier den Kürzeren ziehen. Ich glaube, dass es uns hier als kleines Bundesland mit mehr Flexibilität und mehr Freiheit an der Stelle auch gelingt, hier und da die Mitarbeiter in einige Positionen zu bekommen, die wir vielleicht in der Vergangenheit aufgrund der Starrheit in diesem System nicht bekommen haben. Ich denke, dass da mehr Offenheit, mehr Flexibilität, natürlich auch mehr Risiko gerade einer kleinen, überschaubaren, eigentlich schnellen Einheit wie Bremen eher dien––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
lich als hinderlich ist, und von daher glaube ich, dass eine Korrektur im Dienstrecht, mehr Flexibilität, mehr Offenheit, ohne dass wir uns in den Bundesländern nun die Tarifstufen um die Ohren hauen, für uns eher hilfreich ist, als dass sie uns schadet. Ein wesentlicher Punkt, meine Damen und Herren, war der Bereich des Hochschulwesens. Wenn ich das, Frau Linnert, einmal so vereinfacht darstellen darf, so war ja Ihre These, wir lassen es so, wie es ist, weil es in der Vergangenheit schon optimal war, und daher wird es auch die Zukunft so richten.
Ich gebe zu, ich vereinfache das jetzt ein wenig, aber vielleicht macht es auch das Problem deutlich, Frau Linnert. Ich habe den Eindruck, dass wir mit unserem Hochschulwesen, so wie es sich in den vergangenen zehn, zwanzig Jahren organisiert hat, nicht dazu beigetragen haben, dass der Wissenschaftsstandort, der Hochschulstandort Bundesrepublik Deutschland an der Spitze in Europa liegt. Wenn Sie sich anschauen, mit welcher Flexibilität und Schnelligkeit andere Standorte in Europa zwischenzeitlich an uns vorbeigelaufen sind, dann kann ich Ihre Starrheit,
(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich denke, Sie haben Interesse an einem Diskurs, dann lassen Sie das!)