Protocol of the Session on June 3, 2004

besser in die Studienstruktur eingliedern, als wir es gegenwärtig tun. Internationalisierungen und Auslandssemester haben auch etwas damit zu tun, dass wir auch Berufschancen im Ausland haben, so dass wir auch in Barcelona, Neapel oder Paris arbeiten können und nicht nur, dass wir Berufschancen in Bremen haben. Dazu sind Erfahrungen wichtig, die im Ausland gemacht worden sind. In dem Sinne würden wir Sie bitten, unseren Antrag zu unterstützen. Wenn Sie das an dieser Stelle nicht können – Herr Grotheer hat ja darauf hingewiesen, dass wir das schon in der Deputation eingebracht haben und dass es im weiteren Verfahren enthalten ist –, dann sollten Sie zumindest den Antrag überweisen! – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Lemke.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mit großer Freude zur Kenntnis genommen, dass wir nicht nur innerhalb der Koalition einen hohen Konsens über die Anstrengungen haben, die wir hier unbedingt im Bereich der Reform der Lehrerausbildung machen wollen, sondern dass auch ganz ausdrücklich unsere Anstrengungen von der Opposition begrüßt werden. Das ist nicht immer in allen Politikfeldern der Fall, aber als ich das gesehen habe, habe ich mich natürlich, wie Sie sich vorstellen können, darüber gefreut. Ich will auch nicht verhehlen, dass Ihr von mir sehr geschätzter Kollege Dr. Kuhn ja gerade in diesem Bereich in den letzten vier Jahren immer wieder auch Initiativen unternommen hat, um hier ein beschleunigtes Verfahren hinzubekommen.

Ich bin jetzt allerdings der Meinung, dass es uns sehr gut gelungen ist – und das haben ja auch Herr Jäger und Herr Grotheer eben besonders hervorgehoben –, keinen bremischen Alleingang zu machen. Den fordern Sie übrigens erneut, liebe Frau Schön, in Ihrem Antrag. Das widerspricht sich so ein bisschen mit der Grundhaltung, dass es richtig ist, einheitlich vorzugehen. Wir können es nicht bundesweit initiieren, aber wir können zumindest – und das haben wir gewagt, und es ist uns auch gelungen – einen ersten Schritt in Richtung Norddeutschland unternehmen, und demgegenüber passt es eben nicht, liebe Frau Schön, wenn Sie hier die unterschiedlichen Punkte kritisieren, zum Beispiel der Bereich Schulstufe kontra Schulart oder auch die unterschiedliche Dauer des Studiums. Da konnten wir in den verschiedenen Bereichen keine Übereinstimmung mit den anderen Bundesländern erzielen.

Da muss man sich dann entscheiden, was jetzt ganz besonders wichtig ist, und ich habe natürlich, wie Sie sich denken können, eine völlig andere Auffassung: Wir haben hier nicht das falsche Schulsys

tem, sondern wir haben ein Schulssystem in Bremen eingerichtet, das von den Eltern entschieden wird und nicht mehr von politischen Parteien. Ich finde das ausgesprochen richtig und wichtig. Stellen Sie sich bitte vor, und das wissen Sie ja auch, dass 95 Prozent der Eltern das in Erstwahlen anwählen konnten, was sie für ihre Kinder als richtig angesehen haben! Ein besseres Zeugnis für eine richtige Schulpolitik konnten wir überhaupt nicht erhalten. Ich bin ausgesprochen anderer Auffassung als Sie, liebe Frau Schön. Ich finde nicht, dass wir ein falsches Schulsystem haben, sondern wir haben den Eltern ein Schulsystem angeboten, das sie auch mit großer Zufriedenheit angenommen haben.

Ich sehe das übrigens gerade im Augenblick, indem ich durch die verschiedenen Beiräte in Bremen gehe und überall einen hohen Konsens finde, selbst in einem Beirat wie in der Vahr, wo es eine Schule gibt, die große Schwierigkeiten hat, wo wir zu dieser Schule gesagt haben, dass wir sie nachdrücklich unterstützen und nicht fallen lassen, sondern ihr alle Unterstützungsmaßnahmen geben, damit sie besser von den Eltern angewählt wird. Das Gleiche gilt für eine Schule im Bremer Süden, mit deren Vertretern wir hier gestern Abend zusammengesessen haben. Auch diese Schule soll alle Unterstützungsmaßnahmen bekommen und darf sich nicht allein gelassen fühlen.

Meine Damen und Herren, ich möchte zu den einzelnen Beiträgen noch kurz Stellung nehmen. Ich denke, wir brauchen von den fertigen Lehramtsstudenten eine höhere Flexibilität und Mobilität. Ich muss Ihnen sagen, dass es mir missfällt, dass ganz viele der fertigen Lehramtsstudenten nicht bereit und in der Lage sind, einen Referendariatsplatz, der in Deutschland nach wie vor vorhanden ist, anzunehmen, und hier in Bremen völlig unnötige Wartezeiten in Kauf nehmen und nicht in andere Bundesländer zu anderen Instituten wechseln, um dort die vorhandene Ausbildungskapazität für das Referendariat in Anspruch zu nehmen. Dies ist aus meiner Sicht überhaupt nicht nachzuvollziehen. Ich bin zugegebenermaßen in einer völlig anderen Generation groß geworden. Für mich wäre es überhaupt keine Frage gewesen, wenn ich meinen Studienabschluss in der Tasche habe. Wir finden in Bremen 300 bis 400 Plätze, die wir ja den Referendaren hier anbieten, wo wir eben keine Landesklausel haben, selbst die würde ja nicht reichen, um jedem Absolventen sofort einen Ausbildungsplatz zu geben.

So kann Ihre Forderung nicht sein: Nun musst du soundso viele Referendariatsplätze hier in Bremen schaffen, damit jeder Lehramtsstudent hier in Bremen an unserem LIS das Referendariat beginnen kann. Das kann nicht die Forderung sein, damit wären wir völlig überfordert. Wir haben die Zahl der Referendariatsplätze drastisch erhöht, sehen aber, dass unser LIS und Bremen und Bremerhaven so attraktiv sind, dass wir eigentlich immer mehr Refe

rendariatsplätze bieten müssen. Das kann nicht die Antwort sein, sondern meine Antwort an die vielen Studierenden, die ihren Abschluss mit Erfolg in Bremen gemacht haben, kann nur sein, und das sage ich denen auch, wenn Sie uns persönlich ansprechen und anschreiben: Nehmt die Chancen, die euch in anderen Bundesländern angeboten werden, wahr!

Deshalb passt das auch nicht so richtig zu Ihrem Antrag. Sie reden davon, dass sie demnächst in Barcelona, Paris und Neapel unterrichten sollen. Das ist auch meine Vision. Aber wenn die Studenten hier in Bremen nicht einmal den freien Platz in Lüneburg oder in Greifswald annehmen, weil sie lieber zwei, drei oder vier Jahre warten, bis sie einen Referendariatsplatz hier in Bremen bekommen, zeigen sie nicht sehr viel Mobilität, die hier von Ihnen und von mir eingefordert wird. Deshalb, denke ich, meine Damen und Herren, müsste der Appell an die fertigen Studenten unserer Universität sein: Wenn ihr hier nicht sofort einen Platz habt, seid so flexibel, geht heraus in die Institute, die nach wie vor freie Plätze haben! Seid so flexibel, mietet euch da eine Studentenbude oder eine Referendariatsbude, geht in andere Bundesländer, nehmt die Angebote der Gesellschaft an! Zugegeben unter erschwerten Bedingungen muss man dann Bremen verlassen, das tut weh, aber man kann ja selbstverständlich in der Zukunft wieder nach Bremen zurückkommen. Das zu diesem Thema!

Nun noch ein ganz interessanter Aspekt, lieber Herr Jäger, der mir eben bei Ihrem Beitrag noch einmal aufgefallen ist! Es ist natürlich auch von mir die hohe Studiendauer zu beklagen. Das ist überhaupt etwas, was wir gar nicht akzeptieren können. Ich glaube aber, dass es eine Menge Studenten gibt, auch bei den Lehramtsstudenten, die sich nach ihrem Examen noch einmal in einem weiteren Studium befinden, wenn Sie dann nach einem sehr langen Studium ihr Examen erreichen, wir alle hoffen, dass das nicht Endlosstudenten sind, die nachher ohne Examen dastehen. Einen kleinen Vorteil hat das, das ist mir neulich in einer sehr intensiven Diskussion im LIS klar geworden: Wir haben ein deutlich zu hohes Durchschnittsalter der Kolleginnen und Kollegen, die jetzt in den Schuldienst kommen. Das hat aber einen kleinen Vorteil. Dieser Zyklus, vor dem wir immer wieder stehen, dass es nur alte oder nur junge Lehrer gibt, wird dadurch durchbrochen.

Nun stellen wir auf einmal etwas fest bei den jetzt eingestellten Lehrerinnen und Lehrern. Das machen wir ja dank der Beschlüsse der großen Koalition, dass wir hier jedes Jahr 200 neue Lehrerinnen und Lehrer, die nicht alle jung sind, einstellen. Das hat den Vorteil, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es nicht diesen Zyklus gibt, dass jetzt nur Menschen von 25 oder 30 Jahren hineinkommen, sondern wir haben durchaus Gott sei Dank sehr junge

Kolleginnen und Kollegen, aber auch Kolleginnen und Kollegen, die über zehn oder 15 Jahre nicht eingestellt worden sind. Das führt dazu, dass es auch so ein Mittelalter, wenn ich das so formulieren darf, bei den Neueinstellungen gibt. Also ist es nicht nur ausschließlich ein Negativum. Ich teile natürlich Ihre Auffassung, dass sie schneller studieren müssen, schneller durch bessere Betreuung und bessere Beratung, auch dadurch, dass sie mehrere Angebote bekommen müssen, dass das nicht parallel geht, sondern dass wir den Lehramtsstudenten ein deutlich besser strukturiertes Studium geben müssen. Ohne jede Frage haben Sie da Recht, Frau Schön, aber dennoch wollte ich Ihnen diesen kleinen positiven Aspekt hier nicht vorenthalten.

Meine Damen und Herren, es ist überhaupt nicht tricky, wenn Ihr Bildungssenator im Konsens mit den anderen Wissenschaftsministern sagt: Wir wollen sechs Semester Bachelor machen für die Grundschullehrer- und die Sek-I-Ausbildung plus zwei Semester plus anderthalb Jahre. Wenn Sie sich anschauen, dass andere Bundesländer ihren Studenten auch heute noch deutlich geringere Studiendauern anbieten und komischerweise in diesen Ländern deutlich bessere Ergebnisse bei Iglu und Pisa erbracht werden, so ist das nicht unbedingt nur eine Frage der Studiendauer, sondern möglicherweise auch eine Frage, Frau Schön, der Qualität des Studiums. Da bin ich nun mit Herrn Grotheer und Herrn Jäger übereinstimmend der Meinung, dass das, was wir hier mit Qualität der Ausbildung demnächst bieten werden, deutlich mehr Praxisanteile haben wird, da teile ich Ihre Auffassung, außerdem deutlich mehr Diagnosefähigkeit im Studium, was wir jahrelang vernachlässigt haben, sonst hätte es nämlich nicht diese Verwerfungen der sozialen Kopplung geben können!

Wir wissen und beklagen doch alle, dass die schwachen, aber auch die starken Kinder von unseren Lehrerinnen und Lehrern nicht erkannt werden, dass also die Förder- und die Fordermaßnahmen allzu oft unterblieben sind. Hier sehe ich einen erheblichen Handlungsbedarf in der Ausbildung, auf die Diagnosefähigkeit unserer Lehrer einzuwirken wie auch auf den heterogenen Umgang mit Schülerinnen und Schülern. Auch dazu sind sie bisher leider nicht an unseren Hochschulen ausgebildet worden. Das belegen Pisa und Iglu ganz eindeutig.

Das war meinerseits das Schlusswort zu „nicht tricky“. Ich finde es überhaupt nicht tricky. Es ist im Konsens mit den anderen Ländern, und ich glaube, dass wir unseren zukünftigen Lehrerinnen und Lehrern eine gute Ausbildung anbieten werden. Ich möchte das Hauptaugenmerk darauf legen, dass wir motivierte, bestens ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer so bald wie möglich in die Schulen bekommen, die der Herausforderung gewachsen sind, mit heterogenen Gruppen umzugehen, um der sozialen Kopplung, die wir hier an unseren Schulen in Bre

men nach wie vor haben, massiv entgegenzuwirken. – Danke sehr!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Meine Damen und Herren, durch die Rednerin Frau Schön von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist beantragt worden, diesen Antrag an die staatliche Deputation für Wissenschaft, federführend, und an die staatliche Deputation für Bildung zu überweisen.

Wer der Überweisung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/268 zur Beratung und Berichterstattung an die staatliche Deputation für Wissenschaft, federführend, und die staatliche Deputation für Bildung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Bündnis 90/Die Grünen, Abg. T i t t m a n n [DVU] und Abg. W e d - l e r [FDP])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD und CDU)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt die Überweisung ab.

(Unruhe beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dann lasse ich jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, über den Antrag in der Sache abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/268 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU und Abg. W e d l e r [FDP])

Stimmenthaltungen?

(Abg. T i t t m a n n [DVU])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Antwort des Senats, Drucksache 16/244, auf die Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD Kenntnis.

Kurzzeitpflegeeinrichtungen im Land Bremen

Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD vom 18. März 2004 (Drucksache 16/196)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 4. Mai 2004

(Drucksache 16/239)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Röpke.

Gemäß Paragraph 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Ich frage Sie, Frau Senatorin: Möchten Sie davon Gebrauch machen?

Ich gehe davon aus, Sie tun es nicht, so dass wir gleich in die Aussprache eintreten können.

Ich eröffne die Aussprache.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mohr-Lüllmann.