Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren! Wir sind dabei, Zustände in unserem demokratischen Rechtsstaat zuzulassen, die ihn erheblich beschädigen. Deshalb dürfen wir nicht länger die Augen vor der Realität verschließen. Allein die Wahrnehmung in unserer Stadt ist alarmierend. Wir dürfen diese Zustände nicht schönreden, sondern müssen handeln, handeln im Sinne der Mehrheit unserer Bevölkerung!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die ausführliche Mitteilung des Senats zur Großen Anfrage der CDU gibt einen guten und detaillierten Überblick zur Asylpolitik und zu ausreisepflichtigen Ausländern im Lande Bremen. Besonders auffällig ist die Statistik zu den ausreisepflichtigen Ausländern, die im Besitz einer Duldung sind. Hierbei handelt es sich, wie bereits von Herrn Herderhorst erwähnt, um 3678 Ausreisepflichtige, denen wegen fehlender Pässe oder Passersatzpa
piere, Reiseunfähigkeit wegen Erkrankung oder Erkrankung eines Familienangehörigen oder wegen der Maßnahme der ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder, die die Aussetzung der Abschiebung für bestimmte Ausländergruppen vereinbart haben, die Duldung anerkannt wurde. Das möchte ich hier noch einmal mit aller Deutlichkeit sagen, dass dort die Duldung anerkannt wurde. Außerdem ist auffällig, dass der größte Anteil der Asylbewerber aus der Türkei, Serbien und Montenegro kommt, also aus Ländern, die Europa zuzuordnen sind. Es besteht die Hoffnung, dass sich durch die EU-Osterweiterung und durch das gemeinsame europäische Asylrecht auch hierzulande Verfahrensregeln im Asylrecht vereinfachen lassen.
Erfreulich ist, dass der Senator für Inneres sich bemüht, durch einen entsprechenden Einsatz von personellen Kapazitäten und Kompetenzen in der Behörde die Verwaltungsvorgänge für ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer zügiger in eine rechtlich einwandfreie abschließende Entscheidung zu führen. Hierbei ist noch anzumerken, wenn auch mit diesen entsprechenden Maßnahmen die beim Verwaltungsgericht eingegangenen 75 Untätigkeitsklagen in Ausländerangelegenheiten endlich abgearbeitet werden würden!
Der Senat führt an, dass kranke Menschen oder Menschen, die sich um kranke Angehörige kümmern müssen, nicht abgeschoben werden. Wie wir feststellen mussten, ändert auch ein paralleles gesundheitliches Gutachten von pensionierten Ärzten gar nichts daran. Dass diese Menschen nicht abgeschoben werden können, ist ebenso selbstverständlich wie die Duldung von Kindern und Jugendlichen, um die sich im so genannten Herkunfts- und Heimatland niemand kümmern kann und will. Bereits das Geltendmachen überprüfungsbedürftiger Vollzugs- und Abschiebehindernisse wie Krankheit, damit meine ich die in einer Demokratie selbstverständliche Nutzung von rechtsstaatlichen Mitteln und nicht, wie Herr Herderhorst meint, rechtsstaatlichen Findigkeiten, als ein selbst zu vertretendes Abschiebehindernis des Betroffenen darzustellen, ist aus sozialdemokratischer Sicht denkwürdig.
Am 29. April 2004 verständigten sich die europäischen Innenminister auf eine neue Richtlinie über Mindestnormen für Asylverfahren. Danach können Asylbewerber schon bei der Einreise ohne nähere Prüfung ihres Falles zurückgeschickt werden, wenn sie aus einem sicheren Drittstaat kommen. Als sicher gilt ein solches Transitland, wenn es die Genfer Flüchtlingskonvention ratifiziert hat und einhält. Das Gesamtpaket der Zuwanderung und des Asylrechts auf Bundesebene scheiterte bisher an der CDU, die bereits weit gediehene geeinigte Verfah
ren wieder mit neuen Ansprüchen blockierte. Seit Ende Mai haben wir zum Zuwanderungsgesetz eine neue Ausgangslage. Bundeskanzler Schröder hat das Ziel, spätestens am 30. Juni im Vermittlungsausschuss einen gemeinsamen Beschluss zu erreichen, und am 9. Juli soll das Zuwanderungsgesetz endgültig im Bundesrat verabschiedet werden.
Seit 1954 sind rund 31 Millionen Menschen in die Bundesrepublik eingewandert. Im gleichen Zeitraum haben 22 Millionen Menschen unser Land wieder verlassen. Das macht deutlich, Zuwanderung ist seit vielen Jahren Realität in Deutschland. Aufgrund unserer demographischen Entwicklung brauchen wir Fachkräfte aus dem Ausland. Ebenso brauchen wir eine klare Steuerung bei der Zuwanderung.
Zu den Kernbereichen des neuen Zuwanderungsgesetzes gehört ein flexibilisiertes Regelverfahren des Arbeitsmarktzuganges. Die Vorrangprüfung durch die Arbeitsverwaltung wird vereinfacht. Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist künftig möglich, wenn für die Stelle weder Deutsche noch Arbeitnehmer aus den EU-Mitgliedstaaten, die vorrangig zu berücksichtigen sind, zur Verfügung stehen. Hochqualifizierte Akademiker sollen danach zukünftig die Möglichkeit eines unbegrenzten Aufenthaltes bekommen. Ausländische Studienabsolventen bekommen die Möglichkeit, für ein Jahr eine Aufenthaltsgenehmigung zur Arbeitsplatzsuche zu bekommen. Bisher mussten sie nach ihrem Abschluss Deutschland regelmäßig verlassen.
Zur positiven Auswirkung auf die Wirtschaft und die Beschäftigung in Deutschland soll die Zuwanderung von Selbständigen ermöglicht werden. Ich erinnere noch einmal an die Diskussion, die wir heute Vormittag zu diesem Thema hatten. An dieser Stelle hätten wir gemeinsam mit den Wirtschaftsund Unternehmensverbänden gern mehr erreicht, zum Beispiel die Zuwanderung nach einem Punktesystem in den Arbeitsmarkt auch für nicht hochqualifizierte, aber gute und dringend benötigte Fachkräfte zuzulassen. Das war jedoch mit der CDU nicht zu machen.
Zu dem Bereich humanitäre Zuwanderung und Asyl wird sich der Aufenthaltsstatus von Opfern nichtstaatlicher oder geschlechtsspezifischer Verfolgung deutlich verbessern. In besonders problematischen Einzelfällen im humanitären Bereich soll eine bisher hier in Bremen von der CDU abgelehnte Härtefallkommission den Einzelfall untersuchen und die Ausländerbehörde ersuchen, ein Aufenthaltsrecht zu gewähren. Der letzte Integrationsbericht zeigte deutlich, dass wir in Bremen mit unseren Maßnahmen zur Integration von Zugereisten im Bundesvergleich gut aufgestellt sind.
tionsangebote wie Sprachkurse, Einführung in die Rechtsordnung, die Kultur und Geschichte Deutschlands gesetzlich geregelt werden soll. Die Kosten werden vom Bund übernommen. Es wird zusätzlich einen Katalog an Sanktionen geben, der entsprechende Auflagen für Zugereiste beinhaltet bis dahin, dass die Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert wird, sofern sich dem Integrationsangebot entzogen wird.
Bezogen auf die innere Sicherheit kommt es zu verschärften Regelungen über die Einreise und die Ausweisung sowie zu besseren Möglichkeiten der Überwachung gefährlicher Ausländer. Vom Tisch ist die von vielen auch als verfassungswidrig eingeschätzte Forderung der CDU nach Sicherungshaft. Nach meiner Einschätzung wird sie auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt kommen, weil mit der SPD nichts zu machen ist, was gegen unser Grundgesetz verstößt.
Als Schlussbemerkung möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass hinter den Zahlen der vom Senat zusammengestellten Statistiken Menschen stehen, Menschen, die ein Recht darauf haben, in unserem Land auf unserer gesetzlichen Grundlage ein humanes Verfahren zu ihrer Aufenthaltsbestimmung in Anspruch nehmen zu können.
Hierzu gehört auch, wie schon in der letzten Legislaturperiode von der SPD gefordert und von der CDU leider abgelehnt, die dringende Einrichtung einer Härtefallkommission. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir reden hier heute über zwei Dinge, die miteinander verbunden sind, nämlich die Anfrage der CDU zu den Asyl suchenden und geduldeten Flüchtlingen in Bremen und über das Verhandlungsergebnis zwischen Bundesregierung und Opposition zur Neufassung des Zuwanderungsrechtes.
Die Anfrage, über die ich zunächst reden möchte, ist auch aus Sicht der Grünen umfassend und informativ beantwortet. Man kann aus der Antwort des Senats sehen, dass die Asylanträge, die in Bremen gestellt wurden, in den letzten Jahren ungefähr um die Hälfte zurückgegangen sind. Das schafft erst einmal Entlastung im Verwaltungshandeln, darauf geht ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
der Senat auch ein, und schafft darüber, das ist aus Sicht der Grünen eher begrüßenswert, dann auch Voraussetzungen für eine schnellere Bearbeitung der ausländerrechtlichen Anträge.
Sie wissen ja, dass der Asylkompromiss bei den Grünen eher nicht so auf Begeisterung stößt. Er zeigt Wirkung, aber er zeigt auch die beabsichtigte Wirkung, und wir glauben, dass der Grundgedanke der Verfassungsväter, nämlich dass Deutschland sich dazu entschließen sollte, ein sehr weit gehendes Recht auf Asyl einzuräumen, durch den Asylkompromiss zumindest sehr stark verändert wurde. Das ist jetzt aber so.
Die Vorteile, die man in den Ländern und Kommunen davon hat, sind in der Tat so, dass man eben Entlastungen im Verwaltungsbereich bekommt und deshalb dann dort dafür sorgen kann, dass Entscheidungen zeitnäher fallen. Die Zeitnähe ist für uns auch immer eine Grundlage für rechtsstaatliches Handeln.
Der Nachteil ist, dass wir weiter mit anderen Ländern, auch im Zusammenhang mit dem Schengener Abkommen, dazu beitragen, dass Europa zu einer Festung ausgebaut wird, in die hineinzukommen immer schwieriger wird. Hier wird ja auch häufiger über die Schleuserproblematik geredet. Es ist einfach Fakt, dass sich Menschen, die Asyl suchen und auch ein Recht darauf hätten, wenn sie denn hier landen würden, mittlerweile so hohen Hürden gegenüber sehen, dass dieses Recht auf Asyl doch sehr stark ausgehöhlt wurde.
Was aber auf jeden Fall auch von uns eingeräumt wird, ist, dass über die Verbesserung der Verfahrenswege und auch durch die größere Zeitnähe eher vermieden werden kann, dass endlose Verfahren ablaufen, nach denen jemand, der hier jahrelang gewesen ist, der hier vielleicht auch heimisch geworden ist, dann doch noch gehen muss. Es gibt jetzt erstmalig seit vielen Jahren die Situation, dass die Verfahren so zeitnah bearbeitet werden können, und auch das ist für uns ein wesentlicher Bestandteil von Rechtsstaatlichkeit.
Was uns in der Anfrage stört, das geht ein bisschen in die Richtung, die Frau Möbius hier auch eingeschlagen hat, ist, es gibt keine Frage zu den Lebensbedingungen der Menschen hier, dazu, wie es ihnen in Bremen eigentlich geht. Es gibt kein Wort zur Sammelunterbringung. Es hat die CDU offensichtlich nicht so interessiert, unter welchen Bedingungen Asylsuchende da leben müssen. Es gibt keine Frage zur Sammelverpflegung, die ist nämlich, wenn Sie das interessiert hätte, deutlich teurer, als wenn man den Menschen das Geld geben würde, um sich selbst zu verköstigen.
Sie verlieren kein Wort darüber, dass Asylsuchende über einen längeren Zeitraum mit 20 Euro Taschengeld im Monat auskommen müssen, und Sie verlieren auch keine Frage daran, was eigentlich die
menschlichen Folgen sind, so untergebracht zu sein, einen so langen Zeitraum in Unsicherheit über das Asylverfahren leben zu müssen. So eine humanitäre Sichtweise ist für die Grünen auch immer ein wichtiger Parameter, um zu beurteilen, ob wir die freundliche, humanitäre und gastoffene Gesellschaft sind, die wir uns wünschen.
Stattdessen – auch Tradition der CDU, Sie sind da leider immer noch keine ordentliche Großstadtpartei geworden – legen Sie den Fokus Ihrer Anfrage darauf, wie viele Straftaten denn nun von dieser Personengruppe begangen wurden.
Typisch! Das ist leider nach wie vor das Hauptinteresse der CDU, wie viele Straftaten denn nun begangen worden sind.
Ich sage ja auch gar nicht, dass das etwas ist, worüber man sich nicht auseinander setzen soll, aber mit welcher Penetranz Sie hier diesen einzigen Punkt immer wieder hoch reiten – das ist offensichtlich das Einzige, was Sie am Asylproblem interessiert –, das finde ich schon ein bisschen erbärmlich, aber das müssen Sie ja vor Ihren Wählerinnen und Wählern selbst verantworten.
Sie haben auch Pech, irgendwie kommt Ihnen ja das Thema abhanden. Die Asylzahlen gehen dermaßen zurück, dass Sie da vielleicht die Sache auch nur sehr krampfhaft immer wieder hoch ziehen in der Hoffnung, dass ein paar immer noch nicht gemerkt haben, dass sich die Zeiten einfach verändert haben.
Sehen Sie, meine Damen und Herren von der CDU, da unterscheiden sich die Grünen von Ihnen ganz deutlich! Wir bekennen uns nämlich zu einem Recht auf Asyl und dazu, dass es den Menschen, deren Antrag positiv beschieden wurde – sie dürfen also hier bleiben, weil die Voraussetzungen in einem rechtsstaatlichen Verfahren für richtig befunden wurden – und die dann hier bleiben, auch gut geht, dass sie eine Chance erhalten und dass wir ihnen eine neue Heimat bieten. Das ist eine Frage der Haltung. Die Haltung ist: Das Recht auf Asyl ist in Ordnung! Das ist die Haltung der Grünen, während es bei Ihnen die Haltung ist: Hilfe, es gibt ein Problem! Das ist die Haltung, die Sie gegenüber dem Recht auf Asyl an den Tag legen.
Das finde ich nicht zukunftsgewandt, und ehrlich gesagt ist mir das gegenüber den Menschen auch immer etwas peinlich, weil ich mich dann doch eher als Gruppe der Deutschen wahrnehme und denke, du lieber Himmel, warum haben wir nicht verstanden, was auch alles an Chancen und Möglichkeiten in unserer Art der Herangehensweise an das Asyl für unsere ganze Gesellschaft liegen würde.
Vor dem Hintergrund beurteilen wir auch das Kirchenasyl und die von Frau Möbius schon erwähnte Härtefallkommission völlig anders als die CDU. Leider wird Ihnen das in der großen Koalition nicht gelingen, aber kommt Zeit, kommt Rat. Das Zuwanderungsgesetz, was ja jetzt in der ganz großen Koalition im Bund geeint wurde, lässt Härtefallkommissionen zu. Vielleicht schafft das bei Ihnen ja endlich Bewegung. Es geht aber auch um die Achtung vor den menschlichen Gesichtspunkten, deshalb Härtefallkommission und Kirchenasyl, und ein Anerkenntnis dessen, dass unsere Gesetze nur von Menschen gemacht werden und dass es nicht schlecht ist, wenn sich Mitglieder der Gesellschaft für Menschen interessieren, sich für sie einsetzen und dann auch Möglichkeiten finden, sich hier Gehör zu verschaffen. Womit wir auf keinen Fall etwas zu tun haben wollen, ist mit Ihrer Haltung, nur jeder ausgereiste Ausländer ist ein guter Ausländer. Das ist eine völlig rückwärts gewandte Haltung.
Nein, das haben Sie nicht gesagt, aber alles, was Sie hier in dieser Frage treiben, spiegelt diese Haltung wider!
Zum Zuwanderungskompromiss möchte ich gern Folgendes sagen: Es ist ja bekannt, dass das für die Grünen so manche herbe Pille beinhaltet, allerdings ist Politik die Kunst des Möglichen. Wir sind in der Lage, auch dort Kompromisse einzugehen.
Ja, alles politische Kunst! Wir sind in der Lage, auch zu sehen, dass dieser Kompromiss Verbesserungen bringt. Frau Möbius hat schon darauf hingewiesen. Dass die nichtstaatliche Verfolgung und die geschlechtsspezifische Verfolgung dort hineinverhandelt wurden, war ganz stark ein Interesse der Grünen, und wir freuen uns darüber, dass das gelungen ist, weil diese beiden Themen im Einklang mit einem humanitären Ansatz stehen. Zudem gibt es eine Verbesserung der Erleichterung von Arbeitsmigration. Es ist gerade für Großstädte wichtig, Menschen, die hierher kommen, weil sie einen Arbeitsplatz haben wollen, Sicherheiten zu bieten, dass sie in Zukunft auch über längere Zeit hier bleiben können.