Protocol of the Session on March 17, 2004

Wir wollen keine starre Festlegung auf einen bestimmten Kontrollrhythmus und bundesweite Überwachungsprogramme, wir wollen auch nicht den Ländern die Pflicht zur Erarbeitung von bestimmten Überwachungsprogrammen auferlegen. Wir wollen uns auch nicht vorschreiben lassen, wie viele und welche Proben wo und wann genommen werden müssen. Wir brauchen eine bedarfsgerechte Flexibilität, die gerade bei der vielen Schwankungen unterworfenen Lebensmittelüberwachung notwendig ist. Wir müssen sehen, dass keine Doppelregulierungen, aber auch keine Doppelstrukturen entstehen, und man muss auf die Kosten schauen.

Auch im Bundestag wurde das Thema Lebensmittelsicherheit im Januar diskutiert. Die CDU hat in den Bundestag einen Antrag eingebracht und die

Bundesregierung aufgefordert, ein Finanzierungskonzept zur besseren sachlichen und personellen Ausstattung zu entwickeln und bestehende und künftige Bundesprogramme voll zu finanzieren sowie den Ländern die Kosten für ihnen zugewiesene Aufgaben zu erstatten. Wir fordern das hier heute zwar nicht, aber ich habe viel Sympathie für diese Forderung.

Im Übrigen wollen wir als CDU wissen, welche Kosten und welche Maßnahmen mit der Verwaltungsvorschrift verbunden sind. Da sollen Jahresberichte erstellt werden, da sollen massenweise Daten ausgetauscht werden und dergleichen mehr. Ich denke, dass die Verwaltungsvorschrift noch bezüglich Doppelstrukturen und was ich vorhin schon ausgeführt habe, nachgebessert werden muss.

Ich möchte hier keine Schärfe hineinbringen, aber lassen Sie mich das doch noch einmal sagen! Die Bundesregierung ist jetzt über fünf Jahre im Amt, und Frau Künast hat es bis heute nicht geschafft, diese Verwaltungsverordnung auf den Weg zu bringen.

(Zuruf der Abg. Frau D r. M a t h e s [Bündnis 90/Die Grünen])

Man braucht die Zustimmung der Länder dafür, und das wissen Sie auch!

(Abg. Frau D r. M a t h e s [Bündnis 90/ Die Grünen]: Ja, und die Länder blockie- ren!)

Die Länder blockieren, die Gründe habe ich gerade gesagt! Man kann nicht einfach solche starren Regelungen machen, man muss auf die Bedürfnisse der Länder und auf das, was in den Ländern schon besteht, eingehen.

(Beifall bei der CDU)

Der Staatssekretär Matthias Berninger sagt, die Situation der Lebensmittelkontrollen sei dramatisch, und meint, die Länder müssten zirka 100 Millionen Euro investieren, um die Lage in den Griff zu bekommen. Das ist natürlich ein ganzer Batzen Geld, und das müssen die Länder erst einmal aufbringen können. Es ist immer einfach, meine Damen und Herren, etwas zu fordern, was andere dann finanzieren sollen!

Frau Künast wollte ja alles so viel besser machen, und sie sang immer „wir Grünen“! Sie wollte alles viel besser machen als ihre Vorgänger, und es passieren immer wieder leider die gleichen Skandale, die es früher auch gegeben hat. Ich erinnere nur an die Abgleiche von BSE-Tests, da ist es auch zu erheblichen Verzögerungen gekommen. Weitere Beispiele will ich hier jetzt gar nicht aufführen.

Leider hat es auch bei uns Ende letzten Jahres wieder Mängel bei den BSE-Kontrollen gegeben, die allerdings auf einzelne, individuelle Fehler zurückzuführen sind. Da wurden Rinder irrtümlich den Tieren unter 24 Monaten zugeordnet und demzufolge nicht getestet. Ansätze für eine kriminelle Handlungsweise haben sich zum Glück nicht ergeben. Es mussten auch keine Tierärzte entlassen werden wie zum Beispiel in Niedersachsen. Es passieren aber leider immer wieder Fehler, und daraus müssen eben die entsprechenden Konsequenzen gezogen werden. Meine Damen und Herren, die werden auch gezogen! Ich denke, wir bemühen uns alle, dass solche Fehler ausgemerzt werden.

Wir alle wollen, dass der Verbraucher, und das sind wir alle, sich darauf verlassen kann, dass die Lebensmittel gesund und nicht mit Stoffen belastet sind, die krank machen. Das ist hier auch schon ausgeführt worden. Genau das fängt beim Produzenten und Erzeuger an. Der Landwirt muss sicher sein können, dass die Saat, die er auf die Felder ausbringt, keine Schadstoffe oder verbotene Substanzen enthält. Das gilt genauso für die Futtermittel, die der Bauer seinen Tieren gibt. Der Verbraucher muss lesen können, was er kauft. Deshalb ist das System der Eigenkontrollen und Meldepflichten richtig. Deshalb kann staatliche Kontrolle immer nur die Kontrolle der Kontrolle sein. Herr Brumma ist darauf vorhin auch schon eingegangen. Deshalb ist es auch richtig, dass es einen risikoorientierten Kontrollplan gibt, der die Betriebe stichprobenartig überwacht. Wer sich nicht an die Vorgaben des Gesetzes hält und die Gesundheit der Verbraucher gefährdet, muss mit der entsprechenden Strafverfolgung rechnen.

Ich denke, die Lebensmittelüberwachung im Land Bremen ist gut aufgestellt. Wir alle, auch wir in der Gesundheitsdeputation, werden weiterhin darauf achten, dass das so bleibt. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Focke, ich weiß gar nicht, warum Ihnen meine Rede vorhin nicht gefallen hat, denn den weit über 100 hier anwesenden SSWWerftarbeitern hat meine Rede jedenfalls sehr gut gefallen. Viele Werftarbeiter haben mir jedenfalls draußen in der Halle zu dieser ihrer Meinung nach hervorragenden und sehr zutreffenden Rede ganz herzlich gratuliert und sehr viel Mut zugesprochen.

(Abg. Frau S a u e r [CDU]: Thema!)

Im Übrigen sollen Ihnen meine Reden auch nicht gefallen, dann würde ich hier etwas verkehrt ma

chen. Sie sollen dem Bürger gefallen, und das tun sie auf Grundlage des großen öffentlichen Zuspruchs und der Zustimmung ja wohl auch. Herr Focke, über meine Reden brauchen Sie sich wirklich keine Sorgen zu machen. Wirkliche Sorgen sollten Sie sich allerdings um Ihre verfehlte Politik machen, das wäre sinnvoller und zweckmäßiger.

(Zurufe von der SPD und von der CDU: Thema!)

Meine Damen und Herren, beruhigen Sie sich doch! In der Großen Anfrage und in der Mitteilung des Senats mit der Drucksachen-Nummer 16/152 beschäftigen wir uns mit dem sehr wichtigen bundesweiten Thema „Gesundheitlicher Verbraucherschutz durch zuverlässige Lebensmittelkontrolle gewährleisten“. Leider ist die Mitteilung des Senats doch sehr dürftig und sehr unzureichend.

Meine Damen und Herren, zwar besteht seit Februar 2002 das politische Ziel, sichere Lebensmittel und Futtermittel zu gewährleisten, dieses politische Ziel weist aber in der Realität erhebliche Lücken auf. Es ist schon erschreckend, wenn der Vorsitzende des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure sagt, dass die Kontrolle der Lebensmittel praktisch zusammengebrochen ist. Des Weiteren betont er sehr deutlich, dass es für ihn unverständlich ist, dass einige Bundesländer, damit meint er wahrscheinlich auch Bremen, praktisch gesehen, politisch nichts dagegen effektiv unternehmen und die Gesundheit der Bürger den verantwortlichen Politikern sozusagen völlig, aber auch völlig egal ist.

Meine Damen und Herren, ein altes Sprichwort besagt „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Die Frage aber ist doch: Können unsere Bürger angesichts der wenigen sporadischen Lebensmittelkontrollen denn überhaupt noch Vertrauen in solche Lebensmittelkontrollen haben? Tatsache ist doch, dass aufgrund der finanziellen Notlage des Landes Lebensmittelkontrollen immer seltener durchgeführt werden. Im Jahr 2000 zum Beispiel hat es noch 8300 Kontrollen gegeben. Derzeit sind es nur noch, ich betone nur noch, 5000 Kontrollen. Diese reduzierten 5000 Kontrollen sind doch viel zu wenig, das dürfte auch klar sein, dass das viel zu wenig ist.

Meine Damen und Herren, das erschreckende Ergebnis dieser wegen Personalmangel wenig durchgeführten Lebensmittelkontrollen war, dass die Kontrolleure im Jahre 2002 bei zirka 65 Prozent der kontrollierten Betriebe auf erhebliche Sauberkeits- und Hygienemängel stießen. So wurden zum Beispiel Schaben in Backstuben, verdorbenes Hackfleisch im Supermarkt, ranziges Fett in der Fritteuse und Lebensmittel mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum und so weiter festgestellt.

Meine Damen und Herren, das sind unhaltbare und ekelerregende Zustände, die wir im Interesse

und zum Schutz der Verbraucher so verantwortungslos, wie Sie es über Jahre getan haben, nicht länger hinnehmen können. Darum fordere ich Sie im Namen der Deutschen Volksunion dringend auf, umgehend alle Maßnahmen für eine verstärkte Lebensmittelkontrolle zum Schutz der Endverbraucher sofort einzuleiten und hier nicht nur große Scheinanfragen einzubringen, sondern bringen Sie demnächst schnellstens beschlussfähige Anträge ein, die wir dann auch effektiv im Sinne, zum Wohle und zum Schutz der Verbraucher hier beschließen und auch effektiv umsetzen können! Hierzu haben Sie das uneingeschränkte Vertrauen und die Unterstützung der Deutschen Volksunion. – Ich bedanke mich!

Als Nächste erhält des Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mathes.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will auf den Vorredner eigentlich nicht weiter eingehen. Ich glaube, irgendwie ist es an ihm vorbeigegangen, dass wir ernsthaft darum ringen, wie wir den Verbraucherschutz und hier insbesondere den gesundheitlichen Verbraucherschutz im Land Bremen verbessern können.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Inhaltlich wollte ich eigentlich auch nur noch auf einen Punkt eingehen, den ich vorher in meiner Rede nicht angesprochen hatte, den aber Frau Tuczek hier auf die Tagesordnung gebracht hat und der ja auch in der Antwort des Senats auf unsere Große Anfrage steht, nämlich die Frage der Umsetzung einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift, um die Lebensmittelsicherheit zu verbessern. Da, Frau Tuczek, war es für mich schon die Krönung, dass Frau Künast seit zwei Jahren darum ringt, diese allgemeine Verwaltungsvorschrift auch umzusetzen, das aber durch die Länder verhindert wird, und zwar insbesondere durch die CDU-Länder, aber auch durch Bremen in der großen Koalition.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Worum geht es? Wie gesagt, seit zwei Jahren ringen wir darum, dies zu erreichen. Ich nenne einmal ein paar Punkte, die darin stehen, um die es da geht, nämlich: Es sollen Überwachungsmaßnahmen der Länder nach einheitlichen Grundsätzen erfolgen. Es sollen eine vorausschauende, risikoorientierte Probenahme und Betriebsprüfung vorgeschrieben sowie effiziente Kommunikationswege zwischen allen an der Überwachung Beteiligten installiert werden, und die zuständigen Behörden sollen aus Gründen der Transparenz Qualitätsmanagementsysteme einführen. Meine Damen und Herren, was kann man eigentlich dagegen haben? Dass das bisher nicht

durchsetzbar war, ist aus unserer Sicht wirklich nicht weiterhin zu akzeptieren, und hier muss es endlich zu Verbesserungen kommen.

Wenn man in die Antwort des Senats sieht, dann findet man dort, dass diese Nichtunterstützung der allgemeinen Verwaltungsvorschrift damit begründet wird, dass sie noch nicht angemessen europäisches Recht mit umsetze. Das ist ein absolut konstruiertes Argument! Bei näherer Nachprüfung fällt das wirklich in sich zusammen, denn Tatsache ist, dass diese allgemeine Verwaltungsvorschrift das Ziel hat, die Lücke zwischen dem Zeitpunkt, an dem das europäische Recht hier bei uns Gültigkeit erlangt, und heute zu schließen. Das heißt, jeder weiß, der in dem politischen Umfeld aktiv ist, dass die Umsetzung von europäischem Recht bis hin auf die Länderebene eben Zeit beansprucht. Ziel des Hauses Künast ist es, genau diese Zeit mit der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu überbrücken, und es ist eben eine Verwaltungsvorschrift, die natürlich aktuell auch immer wieder angepasst werden kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Daher, sehr geehrte Frau Senatorin Röpke, bitten wir Grünen Sie, wirklich diese Initiative des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft zu unterstützen und in diesem Sinne an der Stelle auch für einen gesundheitlichen Verbraucherschutz einzutreten, damit dieser verbessert wird.

Ich habe Herrn Brumma so verstanden, Sie unterstützen das inhaltlich, die Verbesserung will Frau Tuczek auch, nur die Verwaltungsvorschrift nicht. Irgendwie finde ich es hier angebracht, sich einmal zu einigen und dann von Bremen auch dieses wichtige Zukunftsvorhaben der Grünen zu unterstützen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Tuczek.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dr. Mathes, wenn Sie mir zugehört hätten, hätten Sie gehört, was ich gesagt habe. Wir wollen diese Verwaltungsvorschrift, die ist wichtig, die brauchen wir in Europa, die brauchen wir in der Bundesrepublik, die brauchen wir im Land Bremen, aber wir wollen nicht vorgegeben haben, welche Anzahl von Proben wir wann und wo nehmen müssen! Das kann nicht sein! Wir müssen flexibel auf Probleme reagieren können.

Wir wollen risikoorientiert Kontrolluntersuchungen machen. Da kann man nicht nach starren Richtlinien gehen, da muss man Flexibilität bewahren kön––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

nen und den Ländern das auch an die Hand geben. Das ist genau der Punkt, der von vielen Ländern angesprochen worden ist. Ich denke, da muss ein vernünftiger Vertrag vorgelegt werden, eine vernünftige Vorschrift, und dann werden die Länder das auch machen, weil nämlich alle diese Vorschrift haben wollen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält Frau Senatorin Röpke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die EU erwartet künftig von den Mitgliedstaaten, dass die Kontrollkonzepte für Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung auf einer Risikobasis erstellt werden. Durch die Basisverordnung der EU, die im Februar 2002 anteilig in Kraft getreten ist, werden folgende neue Elemente in die Überwachungskonzepte eingebracht: Maßnahmen der Überwachung als Vorsorgeprinzip, Rückverfolgbarkeit der Produkte, Meldepflicht des Unternehmens bei bestimmten Sachverhalten und risikobewehrte Kontrollpläne der Überwachungsbehörden.

Die Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung hat zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit für sich in Anspruch genommen, dass sie umfassend und lückenlos kontrollieren kann. Das ist gar nicht möglich, weil die Kapazitäten nicht ausreichen. Entsprechend den Kapazitäten aber hat sie das Ziel, und das hat sie auch so umgesetzt, auf der Vermarktungsebene weitgehend flächendeckend diese Kontrollen durchzuführen.

Mehr Effizienz in der Überwachung bedeutet allerdings nicht in erster Linie mehr Kontrolle, also mehr Kontrollpersonal, sondern das heißt nachhaltige Verlagerung der Kontrollen auf, wie ich sie einmal nennen will, Flaschenhälse, zum Beispiel Überwachung der Hersteller und Importeure sowie Überwachung des Groß- und Zwischenhandels und anlassbezogene Kontrollen im Einzelhandel. Für die Standorte Bremen und Bremerhaven sind zunehmende Importkontrollen ganz wichtig und Warenuntersuchungen ebenfalls.

Im Rahmen der statistischen Darstellung der Lebensmittelüberwachung werden meistens die Probenuntersuchungen und die Betriebskontrollen getrennt dargestellt. Unabhängig von den Schwerpunktsetzungen innerhalb eines Jahres liegt die Beanstandungsquote der Lebensmitteluntersuchungen fast durchgängig bei zehn Prozent. Der Hauptanteil der Beanstandungen bezieht sich auf Kennzeichnungsmängel. Für die Durchführung der Betriebskontrollen werden von den Überwachungsbehörden branchenbezogen Ausführungshinweise erarbeitet. Daraufhin werden die Betriebskontrollen nach diesen Leitfäden vorgenommen. Sie sind danach zielorientiert und effizient. Es ist auch darauf hinzuwei

sen, dass in den Beanstandungsquoten alle bei der Betriebsbegehung angesprochenen Mängel erfasst werden, auch diejenigen, von denen keinerlei Risiko für die Lebensmittelsicherheit ausgeht.