Drittens: Wie wird der Senat die Fortführung des bewährten Beratungsangebotes für Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel sicherstellen, falls aus Gewinnabschöpfung und Vermögensbeschlagnahme keine ausreichenden Mittel zu dessen Finanzierung zur Verfügung stehen?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu eins: Die intern geführte Statistik der Staatsanwaltschaft weist für 2003 vorläufig abgeschöpfte Gewinne/Beschlagnahme von Sicherungswerten in Höhe von rund 0,5 Millionen Euro aus. Unter den Deliktsgruppen Ausbeutung von Prostituierten, Menschenhandel und Zuhälterei wurden bisher keine Gewinne/Beschlagnahmen erzielt.
Zu zwei: Der Senator für Justiz und Verfassung und der Senator für Inneres und Sport erarbeiten zurzeit eine Senatsvorlage, die eine Intensivierung gewinnabschöpfender Maßnahmen im Bereich des Strafrechts zur Optimierung der Rückgewinnungshilfe, des Opferschutzes sowie der Einziehung von aus Straftaten herrührenden geldwerten Vermögensvorteilen beim Täter vorsieht. Die Senatsvorlage soll noch vor der Sommerpause in den Senat eingebracht werden.
Zu drei: Um die Situation der Opfer von Zwangsprostitution und Menschhandel zu verbessern, hat sich der Senat auf eine ressortübergreifende Zusammenarbeit bei der Betreuung der Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel verständigt und diese im Rahmen der 2001 erstellten Konzeption beschlossen. Des Weiteren wurde in der Koalitionsvereinbarung zur aktuellen Legislaturperiode festgehalten, dass es Aufgabe des Landes sei, die Betreuung der Opfer von Menschhandel und Zwangsprostitution zu gewährleisten und diese Arbeit über ihre Regeldienste – Amt für Soziale Dienste, Polizei – dauerhaft wahrzunehmen sei.
Über diese Betreuung hinaus werden Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution seit Februar 2002 von einer Beratungsstelle der Bremischen Evangelischen Kirche und dem Verein für Innere Mission im Rahmen eines befristeten Projektes betreut, das zum 1. April 2004 ausläuft. Die Kosten dieses Projektes wurden bis zum 31.12.2003 aus Wettmitteln finanziert. Vom 1.1.2004 bis zum 31.3.2004 hat der Senator für Inneres die Kosten des Betreuungsprojekts übernommen.
Im Rahmen der oben erwähnten Senatsvorlage zur Intensivierung der Gewinnabschöpfung wird eine dauerhafte Finanzierung des Betreuungsprojektes der Bremischen Evangelischen Kirche mit Mitteln aus der Gewinnabschöpfung geprüft und dabei auch eine eventuell über den 31.3.2004 hinaus erforderliche Zwischenfinanzierung erörtert. Für eine dauerhafte Finanzierung der psychosozialen Betreuung durch die Bremische Evangelische Kirche stehen den Ressorts Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales sowie Justiz und Verfassung sowie Inneres und Sport bislang keine Mittel zur Verfügung.
Wie hoch sind die Kosten für die Beratung insgesamt, und wie hoch ist der Anteil des Senats an diesen Kosten gewesen?
Das kann ich Ihnen so genau nicht sagen! Sie meinen jetzt die Beratungsstelle der Bremischen Evangelischen Kirche und des Vereins Innere Mission, nehme ich einmal an. Die Kosten belaufen sich auf jährlich 24 000 Euro und sind bisher vollständig aus Wettmitteln bezahlt worden und in den ersten drei Monaten vollständig aus Haushaltsmitteln meines Ressorts.
Könnten Sie das noch einmal überprüfen? Ich habe nämlich unterschiedliche Angaben bekommen, die sich nicht decken mit dem, was Sie eben vorgetragen haben. Die Angaben, die ich bekommen habe, waren auch nicht deckungsgleich. Es wäre mir lieb, wenn wir genaue Zahlen hätten. Wäre das möglich?
Das ist sicherlich möglich, das können wir gern noch einmal nachreichen. Es ist so gewesen, dass die Bremische Evangelische Kirche bei einem Besuch bei mir darauf hingewiesen hat, dass die Finanzierung ausläuft und darum gebeten hat, bis zur endgültigen Vorlage einer gewinnabschöpfungsfinanzierten Beratung eine Überbrückungsfinanzierung zu bekommen. Daraufhin haben wir die angeforderten Mittel in Höhe von jeweils 2000 Euro pro Monat zur Verfügung gestellt.
Welche Erklärung haben Sie, Herr Senator, dass Gewinn- und Vermögensabschöpfungen in den Bereichen, über die wir hier gerade sprechen, Menschenhandel und Zwangsprostitution, nicht erzielt worden sind?
Die Bereiche der Gewinnabschöpfung und Beschlagnahme von Sicherungswerten sind mit einem hohen und polizeilichen Aufwand verbunden, letztendlich im Einzelfall durch die Staatsanwaltschaft auch in einem gerichtlich überprüfbaren Verfahren festzustellen. Es ist bisher trotz spezialisierter Ausbildung der betroffenen Polizisten nicht gelungen, die Personalkapazitäten dafür zur
Verfügung zu stellen, um die Gewinnabschöpfung vermehrt anzugehen. Genau dieses Ziel verfolgen wir jetzt aber mit der gemeinsamen Senatsvorlage, so dass wir aus den Erlösen der Mehrarbeit auch anteilige Finanzierungen für die betroffenen Ressorts vornehmen können.
Im Koalitionsvertrag war ja vereinbart worden, dass der Senat sich dieser Problemlösung widmen wollte. Für mich ist jetzt diese Antwort, die ich erhalten habe, ein Widerspruch zu dem Koalitionsvertrag. Wie erklären Sie mir den Widerspruch?
Wenn im Koalitionsvertrag steht, dass die Beratung der Opfer der Zwangsprostitution sichergestellt werden muss, und ich bekomme jetzt als Antwort, dass die Finanzierung eben nicht sichergestellt ist, ist das für mich ein Widerspruch. Man kann nicht eine Aufgabe einvernehmlich festlegen, aber dann sagen, wir können die Aufgabe nicht wahrnehmen, weil keine Mittel zur Verfügung stehen!
Im Koalitionsvertrag haben wir uns darauf verständigt, was wir als Staat tun, um die Opfer zu betreuen. Das stellen wir sicher durch eine Betreuung durch die Polizei Bremen und durch das Amt für Soziale Dienste, das da hoch spezialisiert eingreift. Über das, was wir darüber hinaus staatlich leisten, haben wir uns verabredet, über diesen gemeinnützigen Verein, also Bremische Evangelische Kirche, Verein Innere Mission, also über das hinaus, was wir als Staat ohnehin machen, zusätzlich noch ein Beratungsangebot zu finanzieren. Insoweit ist der Koalitionsvertrag eigentlich mit dem, was wir im Rahmen unserer Regelaufgaben erledigen, schon erfüllt. Wir haben uns aber zum Ziel gesetzt, verstärkte Maßnahmen zu ergreifen, um diesen betroffenen Opfern auch ein Höchstmaß an Hilfe und Schutz zu geben, und deswegen gehen wir sogar über das hinaus, was im Koalitionsvertrag steht.
Ich möchte es wirklich einmal lobend erwähnen, Herr Senator, dass Sie eine Finanzierung ermöglicht haben für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März, aber was passiert jetzt ab dem 1. April?
Da ist vorgestern, glaube ich, ein Schreiben der Bremischen Evangelischen Kirche eingegangen. Wir sind bisher davon ausgegangen, dass wir diese Vorlage sehr viel schneller, nämlich noch im März, in den Senat einbringen können. Da ist jetzt eine leichte Verzögerung entstanden. Ich will jetzt keine Zusagen machen, aber Sie können davon ausgehen, dass wir für die Zeit bis zur endgültigen Lösung, indem wir eine gemeinsame Finanzierung aus abgeschöpften Gewinnen sicherzustellen versuchen, eine Übergangslösung finden werden.
Herr Senator, um wie viele ermittelte Fälle von Zwangsprostitution hat es sich zum Beispiel im Jahr 2003 gehandelt, unabhängig von Vermögensabschöpfung, das ist ja nicht immer im Zusammenhang zu sehen, sondern die ermittelten Fälle von Zwangsprostitution?
Herr Senator, wie beurteilen Sie nach dem Verfassungsgerichtsurteil zur akustischen Raumüberwachung die Möglichkeiten der Verfolgungsbehörden, diese Deliktsfelder noch gezielter und noch besser bearbeiten zu können?
Nach meiner Auffassung ist durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Ermittlung der Täter und vor allen Dingen auch die Ermittlung von entsprechenden Werten, die einer Beschlagnahmung unterfallen, sehr viel schwieriger geworden. Wir reden bei dem Bereich von Prostitution, Menschenhandel, Zuhälterei nicht von Alltagskriminalitätsdelikten, sondern das sind Delikte der organisierten Kriminalität, und unsere bisherige polizeiliche Einschätzung war, dass wir die organisierte Kriminalität mit ihren professionellen Metho
den eigentlich nur auch schwerpunktmäßig mit den Möglichkeiten der akustischen Wohnraumüberwachung zur Strecke bringen können. Welche Auswirkungen das Urteil konkret hat, kann man nicht sagen. Wir hatten bisher die akustische Wohnraumüberwachung und trotzdem keine Fälle ermittelt. Von daher kann man nicht sagen, dass das eine zwingende Voraussetzung für das andere ist. Wir gehen aber davon aus, dass die Ermittlungen, die wir uns schwerpunktmäßig vornehmen, durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts schon, zumindest in Teilen, erschwert worden sind.
Herr Senator Perschau hat vor einem Jahr uns hier versichert, als es auch um die Finanzierung dieser Beratungsstelle ging, dass der Senat das in der Haushaltsaufstellung berücksichtigen wird. Er hat dazu auch ausgeführt, es gibt einen Beschluss im Senat, und er geht davon aus, dass dieser auch umgesetzt wird. Was ist jetzt aus diesem Beschluss geworden, existiert der nicht mehr?
Ich gehe davon aus, dass die Beschlüsse des Senats immer noch existieren, Frau Kollegin. Es ist aber so, wir haben zurzeit keinen Haushalt für das Jahr 2004, und deswegen haben wir aus Haushaltsresten meines Ressorts eine übergangsweise Finanzierung zunächst einmal sichergestellt, und wir werden sicherlich auch eine Lösung finden, bis wir eine dauerhafte Finanzierung haushaltsmäßig unterlegt haben.
Kann ich davon ausgehen, dass Sie das jetzt bei den nächsten Aufstellungen berücksichtigen werden und dass wir das dann auch finden werden im Haushalt?