Ich begrüße Sie recht herzlich und beglückwünsche Sie, dass Sie durch den Wählerauftrag ein Mandat in diesem Hause erhalten haben.
Mit dieser Sitzung tritt das erste Mal eine verkleinerte Bürgerschaft zusammen, da mit Beginn dieser Wahlperiode der Landtag nur noch aus 83 Mitgliedern besteht. Vor vier Jahren konnten wir 41 neue Damen und Herren in unserem Parlament begrüßen, diesmal sind es 20 Kolleginnen und Kollegen, die neu als Abgeordnete berufen wurden, darunter auch Zurückgekehrte. Ihnen gilt mein besonderer Gruß!
Mein Gruß gilt ebenfalls den Damen und Herren der Presse, des Rundfunks und Fernsehens, denen die Aufgabe zukommt, der Bevölkerung das zu vermitteln, was in diesem hohen Haus diskutiert und beschlossen wird. Wir hoffen auf eine faire und gute Zusammenarbeit mit Ihnen!
Auf der Besuchertribüne begrüße ich die Vizepräsidentin des Niedersächsischen Landtags, Frau Astrid Vockert. Ich begrüße Sie sehr herzlich, Frau Vockert!
Meine Damen und Herren, ich habe die Aufgabe, heute als Alterspräsidentin diese Sitzung zu eröffnen. Ich frage aber vorsichtshalber noch einmal: Gibt es in diesem Hause jemanden unter den Abgeordneten, der vor dem 11. September 1940 geboren wurde? – Das ist nicht der Fall. Dann darf ich also jetzt mit dieser ehrenvollen Aufgabe beginnen.
Meine Damen und Herren, es ist parlamentarischer Brauch, dass der Alterspräsident oder wie in meinem Fall die Alterspräsidentin eine kleine Eröffnungsrede hält. Diese Legitimation ergibt sich durch das erwartete hohe Alter des Alterspräsidenten, von dem in der Regel dann auch mahnende Altersweisheiten verlangt werden.
Ich bin erst 62 Jahre alt und muss Ihre vielleicht vorhandene Erwartungshaltung enttäuschen. Ich werde durchaus keine Altersweisheiten von mir geben, sondern ich möchte statt dessen einige Aspekte der vor uns liegenden Parlamentsarbeit beleuchten.
Verjüngung des Parlaments schließen, und ich sehe in der Tat eine erfreuliche Anzahl neuer junger Mitglieder in unseren Reihen. Seien Sie herzlich willkommen! Wir freuen uns alle auf Ihren unverbrauchten Elan, Ihre frischen Ideen und wünschen uns eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen!
Mit dem Willkommensgruß an die neuen Mitglieder der Bürgerschaft möchte ich gleichzeitig den Dank an die ausgeschiedenen Mitglieder verbinden. Ihnen, die Sie sich hier in der letzten Legislaturperiode für das Land Bremen und seine Menschen eingesetzt haben, gelten unser Dank und unser besonderer Gruß.
Andererseits halte ich es doch für bemerkenswert, dass man mit 62 Jahren schon Alterspräsidentin wird, und ich spreche damit einen Umstand an, den schon der Alterspräsident des Bundestages in seiner Eröffnungsrede ansprach, die Ausgrenzung der älteren Mitmenschen, die, wie ich mit Otto Schily meine, ein selbstverständliches Recht auf eine aktive Mitgestaltung der Politik haben.
In der Wirtschaft hat es sich ja durchaus eingebürgert, dass ab einem Alter von Mitte 50 an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgewechselt werden, nicht nur in Führungspositionen! Ich halte das für einen verhängnisvollen Fehler. Die Menschen werden immer älter, bleiben länger gesund, sollen aber immer früher aus dem aktiven Berufsleben und aus dem politischen Leben ausscheiden. Ich hoffe sehr, dass dieser Trend in unserer Gesellschaft eine Umkehrung erfährt, denn abgesehen von den Kosten für unsere Sozialsysteme werden wir den älteren Menschen nicht gerecht. Wir benötigen ihre Fähigkeiten und Erfahrungen, und eine sinnvolle Mischung von Jung und Alt wäre in allen gesellschaftlichen Bereichen, also auch in unserem Parlament, doch sehr wohl sehr erstrebenswert.
Meine Damen und Herren, wir haben in der letzten Legislaturperiode die Verkleinerung des Parlaments beschlossen. Es ist vorhin schon angedeutet worden, statt 100 Abgeordnete sind wir nur noch 83. Die Arbeit in der nun folgenden Wahlperiode wird nicht weniger werden, sondern eher mehr, und viele Probleme, die uns seit Jahren beschäftigen, brennen uns auch heute noch unter den Nägeln.
Die zentrale Aufgabe wird es sein, die Zukunft des Bundeslandes Bremen zu sichern. In den nächsten Jahren werden dramatische Einschnitte in vielen Bereichen notwendig werden, um dieses Ziel zu erreichen. Alles, fast alles steht auf dem Prüfstand. Dabei dürfen wir nicht vergessen, wir Politiker und Politikerinnen haben zum Wohl des Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger Dienst zu leisten. Von
uns werden für zahlreiche Problembereiche adäquate Lösungen verlangt, die den Menschen aber auch einsichtig sein müssen. Wenn diese Einsicht da ist, werden auch unpopuläre Lösungen akzeptiert.
Die Bürger verlangen von uns nicht, dem jeweiligen vermeintlichen Zeitgeist hinterherzulaufen, die Bürger erwarten von der Politik Lösungen, die über den Tag hinaus Bestand haben. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ beklagte im Mai dieses Jahres in einer Serie über die Verfassung der Bundesrepublik unter anderem die Gesetzesflut der Parlamente, welche die Wirtschaft angeblich lähmte, und forderte zum Beispiel mehr Volksabstimmungen, um neue Kräfte im Land freizusetzen, weil der Sozialstaat kurz vor dem Kollaps stehe.
Ich weiß nicht, ob dieser vorgeschlagene Weg der richtige ist oder nur dem eben erwähnten Zeitgeist verpflichtet scheint, aber Einschränkungen in der Krankenversicherung, der Umbau des Arbeitsrechts, der Arbeitslosensicherung sowie die Sanierung der Altersvorsorge sind Problembereiche, bei denen so mancher die Sozialstaatentwicklung in einer Sackgasse enden sieht und für die in der Tat neue Kräfte für unser Land zur Problemlösung entwickelt werden müssen. Hier hat nicht nur der Bund seine zentrale Aufgabe. Wir als Landesparlament sind gefordert, das Mögliche und Notwendige mit auf den Weg zu bringen.
Laut unserem Statistischen Landsamt hat sich die bremische Wirtschaftsentwicklung trotz bundesweiter Konjunkturabschwächung vergleichsweise gut behauptet. Das klingt auf den ersten Blick gut, aber gleichzeitig wurde die Zahl der Ausbildungsplätze in Bremen reduziert und ist die Erwerbstätigkeitszahl zurückgegangen. Die Arbeitslosenquote betrug im Landesdurchschnitt 2002 unerträgliche 12,4 Prozent. Sie wissen, wie hoch sie in der Stadt Bremerhaven ist.
Einer der laut der Wochenzeitschrift „Die Zeit“ wichtigsten Denker der Gegenwart, Jürgen Habermas, hat diese Gemengelage schon 1984 mit dem Schlagwort von der neuen Unübersichtlichkeit weitgehend pessimistisch gekennzeichnet und beklagt, dass die utopischen Energien aufgezehrt seien und dass das Wort Zukunft negativ besetzt sei. Wenn ich die vielen jungen Menschen betrachte, die arbeitslos sind und die für sich kaum eine Lebensperspektive sehen, scheint diese Analyse auch heute noch richtig zu sein, aber in dem entsprechenden Aufsatz macht Habermas uns auch Mut und sagt: „Die Lage mag ja objektiv unübersichtlich sein, aber daraus erwächst auch Handlungsbereitschaft.“
Auf unsere Politiker übertragen bedeutet dieser Gedanke, Politik kann sich nicht leisten, im Zustand der Ratlosigkeit zu verharren, sondern muss sich der gesellschaftlichen Probleme annehmen und sie lösen. Wer dabei zu viel verspricht, wird enttäuschen und scheitern. Deshalb sollten wir uns hier im Par
lament um Antworten redlich bemühen und um die besten Lösungen ringen. Wir werden unsere Arbeit mutig, tatkräftig, innovativ angehen, verpflichtet allein der Wahrheit und der Wahrhaftigkeit als den Maximen unseres Handelns.
Dabei sollte uns bei unserem Tun ein für die jungen Menschen der Hip-Hop-Generation wichtiges Wort begleiten: Respekt! Respekt meint Achtung des anderen, Fairness im Umgang miteinander und der Versuchung zu widerstehen, den anderen persönlich herabzusetzen. Ich greife dieses Wort, das uns allen doch sehr vertraut ist, auf und fordere uns alle auf, auch bei schärfstem politischen Streit diese Kultur des Respekts zu beachten!
Meine Damen und Herren, bevor ich zum Schluss komme, lassen Sie mich noch einen mir persönlich wichtigen Gedanken formulieren! Zirka 6500 Wählerinnen und Wähler haben uns wieder die Quittung dafür gegeben, dass Erwartungen enttäuscht worden sind. In Bremerhaven waren das immerhin mehr als sieben Prozent. Diese 6500 Wählerinnen und Wähler müssen wir durch eine überzeugende Politik für die demokratischen Parteien zurückgewinnen. Nicht nur die beiden Kommunen, sondern auch wir als Landesparlament haben hier eine hohe Verantwortung.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich mit einem Zitat von Willy Brandt aus dem Jahr 1992, das er drei Monate vor seinem Tod geschrieben hat, schließen, das für mich zeitlos gültig ist: „Nichts kommt von selbst, und nur wenig ist von Dauer. Besinnt euch auf eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll!“ – Ich danke Ihnen für Ihr geduldiges Zuhören!
So, jetzt gehen wir an die Arbeit! Ich schlage Ihnen vor, die Geschäftsordnung der fünfzehnten Wahlperiode zunächst zur gemeinsamen Verfahrensgrundlage bis zur Feststellung der Geschäftsordnung zu erklären.
Um die Abwicklung der Sitzung bis einschließlich der Wahl des Vorstandes ordnungsgemäß durchführen zu können, sind folgende drei Schriftführer benannt worden: von der SPD-Fraktion der Abgeordnete Frank Schildt, von der CDU-Fraktion der Abgeordnete Hans-Georg Gerling, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Jens Crueger.
1. Moratorium beim Ausbau der Stadthalle, Dringlichkeitsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 1. Juli 2003, Drucksache 16/4.
2. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Deputationen, Dringlichkeitsantrag der Fraktionen der SPD, der CDU und Bündnis 90/Die Grünen vom 2. Juli 2003, Drucksache 16/5.
Gemäß Paragraph 21 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung muss das Plenum zunächst einen Beschluss über die Dringlichkeit des Antrags herbeiführen.