Protocol of the Session on January 26, 2000

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ziel eines solchen Gutachtens wäre, die spezifische Art des Bremer Beteiligungscontrollings noch einmal genau zu bewerten, weil sich jetzt feststellen lässt, dass Bremen zurzeit hinter Standards, die in anderen Bundesländern angewandt werden, zurückbleibt, zum Beispiel in Rheinland-Pfalz, wo in der Landeshaushaltsordnung geregelt ist, dass nur 20 Prozent der Budgets, die an diese privatisierten Gesellschaften gehen, von diesen frei vergeben werden können und ansonsten die Parlamentarier noch eine größere Handhabe haben. Von daher ist die Debatte um die Neustrukturierung jenseits der Effizienzfragen in Bremen noch nicht zu Ende, und die Frage, wie ein geeignetes Controlling aussehen kann, ist noch offen und wird uns weiter beschäftigen und beschäftigen müssen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Jetzt erst einmal können wir nur feststellen, die Machtfülle der Bremer Investitions-Gesellschaft ist enorm, und sie ist enorm gewachsen. The Big Boss of Bremen ist Herr Keller, und er ist im Grunde de facto der Herr über weitreichende wirtschaftspolitische Entscheidungen. Fast kann man böse sagen, die BIG hat eine Lizenz zum Geldausgeben,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

und man könnte sagen, das Hauptziel der BIG ist es, Schulden zu finanzieren jenseits des Haushalts. Immer mehr Schattenhaushalte werden auch mit Hilfe der Bremer Investitions-Gesellschaft angelegt, die dann allerdings den Bremer Haushalt langfristig belasten, und dann kommen die schlimmen Folgen auf uns, die den Haushalt ja aufstellen müssen, wieder zurück. Aber dass wir die ausreichende Transparenz an diesem Punkt hätten, das können wir im Moment leider noch nicht behaupten.

Abschließend mein Fazit: Es ist teurer geworden, die Schere zwischen den Mitarbeitern und den zu verteilenden Geldern wird sich in den nächsten Jahren weiter auseinander entwickeln, die parlamentarischen Rechte sind reduziert worden, die Standards der parlamentarischen Kontrolle sind nicht besonders weitgehend, da gibt es dringenden Nachbesserungsbedarf, und die Steigerung der Effizienz der Wirtschaftsförderung ist noch nicht bewiesen. Also, leider sind die ursprünglich definierten Ziele nicht erreicht worden. Wenn allerdings die Ziele, die jetzt erreicht worden sind, die eigentlichen Ziele gewesen sind, nämlich alles an eine private Gesellschaft zu übergeben und sie dann machen zu las

sen, dann ist das Ziel erreicht worden, aber das kann es ja wohl nicht sein. — Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Leo.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Sie diese Fragen gestellt haben, war ich doch sehr neugierig auf die Antworten, die dann auch vorgelegt wurden. Ich war mir selbst nicht darüber im Klaren, wie wohl diese Antworten ausfallen würden.

Um es gleich vorweg zu sagen, von der Gesamtheit der Antworten, von der Länge und von dem Inhalt der Antworten, sind wir von unserer Seite grundsätzlich enttäuscht,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

und zwar einfach deswegen — ich werde es gleich auch noch im Einzelnen begründen —, weil wir gehofft haben, doch etwas mehr Antworten zu bekommen auf die Perspektive der BIG und der nachgeordneten Gesellschaften, aber auch Antworten zu bekommen, die durchaus die Probleme bei der Umsetzung darstellen und offen zeigen, welche Diskussion sinnvollerweise auch von uns aus geführt werden müsste und muss, damit wir dann aufzeigen könnten, in welche Richtung diese Gesellschaft BIG und die untergeordneten Gesellschaften gehen.

Lassen Sie mich deshalb auch noch einmal ganz kurz am Anfang sagen, wie wir uns das 1995, als es bei uns das erste Mal zu dieser Debatte kam, vorgestellt hatten! Insofern treffen wir uns da in einigen Punkten. Ich finde, das ist auch parteiübergreifend, nämlich das Interesse des Parlaments gewesen, dass wir gesagt haben, wir wollen eine schnelle, hochflexible, kompetente und eine attraktive Förderung nach innen und außen haben, um es einmal in solche Punkte zu bringen. Ich glaube, da treffen wir uns alle.

Das Entscheidende war, dass wir dann gesagt haben, wir wollen das in drei großen Einheiten versuchen zu organisieren, weil die Zersplitterung wirklich ein gravierendes Problem war. Wir wollen die Einheit der Beratung, die Einheit der Förderung und die Einheit der Finanzierung machen. Wir waren der Meinung, dass wir daraus praktisch drei große Organisationssäulen entwickeln müssen: einmal die Finanzierungssäule mit der BAB, die Wirtschaftsförderungssäule als zweite operative Einheit und darüber gelagert die BIG als eine Steuerungseinheit.

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) Vom Redner nicht überprüft.

Was heißt denn aber Steuerungseinheit? Steuerungseinheit, Herr Senator, heißt aus unserer Sicht, dass Sie in einer sehr kleinen, schmalen Gruppe versuchen, die einzelnen Gesellschaften zu steuern, das operative Geschäft tatsächlich in den operativen Gesellschaften auch lassen und nicht, wie es jetzt passiert, praktisch die gesamte Akquisition in das Zentrum, in die BIG, zu legen, und aus einer Holdinggesellschaft wird plötzlich eigentlich eine zentrale operative Gesellschaft. Das war zumindest nicht unsere Absicht.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dass wir das hier jetzt vorfinden, enttäuscht uns, weil damit nämlich die Voraussetzung geschaffen wird zu einer Verselbständigung des gesamten Kegelgebäudes.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das war doch die Absicht!)

Das muss man so überhaupt nicht machen, dafür haben wir beste Beispiele. Ich finde, die HVG ist da ein ganz vorzügliches Beispiel, wie es bei einer Holding ganz anders funktionieren könnte im Vergleich jetzt zur BIG.

Ich will das doch etwas anders als meine Kollegin Frau Dr. Trüpel an einem ganz anderen Beispiel aufgreifen. Wenn eine solche nachgelagerte operative Einheit entsteht, dann muss sie wohl offensichtlich die Politik des Senats umsetzen und nicht selbst versuchen, Politik zu betreiben. Das ist das, was wir uns vorgestellt haben. Das heißt, wir beschließen hier ganz bestimmte Fonds und ganz bestimmte große Flächen, die auch entsprechend besiedelt werden sollen mit Gewerbe et cetera, und die nachgeordneten Gesellschaften sollen das gefälligst umsetzen.

Meine Damen und Herren, ich habe mit etwas Befremden diese big News gelesen, weil an dieser Stelle klar wird, dass es so nicht gehen kann, und ich hoffe, dass dies auch in der BIG gehört wird und insbesondere aber auch der Senator und der Senat zur Kenntnis nehmen, dass wir von unserer Partei her uns das einmal hier so vorlegen lassen, aber sicherlich in Zukunft nicht hinnehmen können. Ganz schlicht und ergreifend, wenn dem Geschäftsführer in den Mund gelegt wird, wer weiter erfolgreich Ansiedlung will, der muss auch Ja sagen bei der Entscheidung über die Ausweitung neuer Flächen — das ist völlig in Ordnung, das sollen wir parlamentarisch tun —, dann aber am Schluss zu dem Ergebnis kommt, dazu sei ein Ausbau über die Bundesautobahn A 27 in nördlicher Richtung unverzichtbar — —.

(Beifall bei der CDU)

Genau darauf habe ich gehofft, dass jetzt die CDU klatscht, denn das ist genau das, was eine nachgeordnete Gesellschaft nicht darf!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Hier darf der politische Wille geäußert werden, aber nicht die nachgeordnete Gesellschaft kann ihrerseits einen politischen Willen, der noch nicht zu Ende diskutiert ist, praktisch antizipieren und vorwegnehmen. Das genau darf in Zukunft nicht mehr passieren.

(Abg. M ü t z e l b u r g [Bündnis 90/Die Grünen]: Senator Keller!)

Genauso finde ich es schon ein bisschen lustig, ich finde es auch ganz hübsch, wenn jetzt Herr Diehl, der diese Zeitung hier wohl verantwortet, es steht zumindest darin, verantwortlich Thomas Diehl, er war vorher beim Finanzsenator, jetzt das Hosianna auf eine angebotsorientierte Flächenpolitik hier schon einfach so feststellt. Das ist wesentlich differenzierter zu sehen, meine Damen und Herren! Ich glaube, Herr Senator, Sie haben das zwar auch schon einmal gesagt, das können Sie in Ihrer Funktion machen, nur, die nachgelagerte Gesellschaft macht hier etwas, denke ich, was sie nicht tun sollte, nämlich schlicht und ergreifend Politik!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Positiv zu vermerken, Frau Dr. Trüpel, im Gegensatz zu Ihnen, ist, dass diese Umorganisation relativ schnell und relativ gut vonstatten gegangen ist. Allerdings bleiben bei der Beantwortung der Fragen auch aus meiner Sicht Fragen offen, und ich bitte, diese hier zu beantworten. Warum nimmt die BIG wirklich um ein Drittel der Beschäftigten zusätzlich in ihre Gesellschaft? Das ist nicht nachvollziehbar und auch nicht notwendig.

(Beifall bei der SPD)

Es ist nach wie vor notwendig zu erklären, warum die Kosten für die Geschäftsführer so viel höher werden müssen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es ist für mich nicht unbedingt nachvollziehbar. Es steht auch dort, aus datenschutzrechtlichen Gründen geht man davon aus, dass man die Gehälter der Geschäftsführer nicht sagen darf. Nur, ich habe mich da erkundigt, so sicher bin ich da nicht, ob es nicht

doch gemacht werden kann. Es wäre auf jeden Fall eine Schlechterstellung, denn vorher — —.

(Abg. M ü t z e l b u r g [Bündnis 90/Die Grünen]: In jedem Geschäftsbericht sind sie zu veröffentlichen!)

Genau! Es ist vorher nur anders gewesen. Diejenigen, die solche Aufgaben zum Beispiel unter staatlicher Regie wahrgenommen haben, haben selbstverständlich mit ihrem Gehalt darin gestanden. Wir müssen von daher auch bitten, dass wir eine stärkere Transparenz in dieser Richtung haben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich habe das nicht verstanden in der Frage sechs, wenn dort steht, die in die BIG-Gruppe verlagerten Stellen werden grundsätzlich nicht auf die vorgegebene Einsparung der Personalbudgets angerechnet. Die Frage ist, ob es hier Ausnahmen gibt, welche und warum. Bei der Antwort zu Frage sieben sind bei mir wieder Fragen entstanden, die ich dann auch zu beantworten bitte, weil einfach die Antworten die Fragen sofort erzwingen. Welche Folgekosten werden aus der Neuordnung der Wirtschaftsförderung resultieren? Welche jährlichen Kosten werden mit dem Umzug der BIG-Gruppe in das Telekomgebäude verbunden sein? Die Umbaukosten des Gebäudes sind zum Teil zumindest dem Aufwand für die Neuordnung der Wirtschaftsförderung zuzurechnen. Wie viel ist das? Wenn diese Kosten durch strikte Begrenzungen auf die Angaben bis 1999 ausgeblendet werden, werden die Kosten der Neuordnung meiner Ansicht nach dann etwas zu tief angesetzt. Ich will an diesem Punkt jetzt abschließen, ich könnte es in einigen Punkten noch etwas vertiefen. Fazit ist: Wir wollen diese neue Organisationsform! Wir wollen dadurch Geschwindigkeit, Flexibilität, Attraktivität herstellen. Selbstverständlich kann man diese Organisationsform durch eine entsprechende hochflexible, hochagile Steuerungseinheit BIG auch hinbekommen. Das ist kein Problem! Wenn aber nach einem alten Muster jetzt solch eine neue Organisationsform sich versucht zu verselbständigen in eine bestimmte Richtung und meint, ein Parallelprogramm aufstellen zu können in der Abarbeitung des politischen Willens, dann, denke ich, wird die BIG ihre Aufgabe verfehlen. Deswegen sage ich es heute, bevor der Bericht der BIG vorliegt, da die BIG noch im Aufbau ist und durchaus noch die Möglichkeit hat, mit unseren konstruktiven Vorschlägen, die wir hier jetzt von diesem Pult aus machen, umzugehen und es in die weitere Bearbeitung ihrer Effektivität und Arbeit auch dann einzusetzen. — Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Focke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muss Ihnen ehrlich sagen, Frau Dr. Trüpel, und auch Ihnen, Herr Leo, ich bin von dieser Antwort

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Begeistert!)

auf die Große Anfrage gar nicht enttäuscht. Ich habe mir allerdings gedacht, dass die Ergebnisse, die der Senat aufgeschrieben hat, natürlich auch gar nicht anders sein können, wenn man einmal berücksichtigt, dass die Umstrukturierung erst 1998 stattgefunden hat und Auswirkungen aus solch großen Umstrukturierungen nicht ein halbes Jahr später auf dem Tisch liegen können, meine Damen und Herren.

(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen)

Ja, das ist nun einmal so! Sie hätten sich vielleicht einmal gedulden und noch zwei Jahre warten und dann fragen sollen!

(Lachen bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dann hätten Sie wahrscheinlich eine phantastische Antwort erhalten.