Deswegen, und das ist mir jetzt wichtig, wenn es um die Philosophie des Sanierungsprogramms geht, kann es nicht um eine Linie gehen, die heißt Arbeitsplätze, nichts als Arbeitsplätze und Infrastruktur, und dann in vielen Jahren kommen sozusagen die weichen Standortfaktoren oder das kleine Gedöns, wie man ja manchmal in der politischen Debatte gehört hat. Nein, gerade umgekehrt! Bei allen Versuchen, dass das Schaffen von Arbeitsplätzen die erste Relevanz haben muss, ist richtig, dass man das auch an dem Punkt mit einem Und verbinden muss. Die weichen Standortfaktoren gehören unmittelbar zu der Sanierungsphilosophie des Bundeslandes.
Deswegen war es richtig, eine Neubürgeragentur einzurichten, deswegen muss unbedingt die Qualität der Bildungspolitik steigen, die Kinderbetreuung und die familienfreundliche Kommune müssen einen anderen Schwerpunkt haben. Ich möchte Ihnen dazu noch zwei kleine Beispiele nennen. Zum Beispiel ist es jetzt möglich – gerade angesichts der Alterspyramide unserer Gesellschaft kann man ja davon ausgehen, dass die Unternehmen in den nächsten Jahren großes Interesse an jungen Arbeitskräften haben werden –, man kann sich bei der EU jetzt ja als familienfreundliche Kommune zertifizieren lassen, und auch Unternehmen können sich als familienfreundliche Unternehmen zertifizieren lassen, wenn sie auch Kindergartenplätze anbieten. Ich glaube, auch wenn das nur ein kleiner Beitrag ist, ist es aber trotzdem ein wichtiges Zeichen dafür, dass man sich hier zu einer neuen Haltung in der Sanierungspolitik bekennt und auch solche Beispiele mit anbietet.
Genauso ist es richtig gewesen, in Forschung und Entwicklung zu investieren. Aktuelles Beispiel aus der gestrigen Debatte, die blaue Biotechnologie mit dem Schwerpunkt Lebensmittelindustrie und damit hoffentlich neue marktgängige Produkte in Bremerhaven zu fördern und dann auf den Märkten anbieten zu können! Das sind richtige Wege. Auch da möchte ich noch einmal deutlich sagen, die Unterstellungen, die hier immer gemacht werden, wir würden an den so genannten harten Themen nicht mitarbeiten, sind schlichter Unsinn, und ich muss sagen, ich bedauere es mittlerweile sehr, das geht sowohl Herrn Perschau an als auch den Bürgermeister und Herrn Pflugradt, dass es offensichtlich mittlerweile zum guten Ton in diesem Haus gehört, dass man einfach nicht mehr zuhört oder glaubt, es nicht mehr nötig zu haben. Ich finde, das ist kein gutes Zeichen, was die politische Kultur in diesem Haus angeht, und wenn man sich schon politisch auseinander setzt und über Zukunftsinvestitionen streitet, dann sollte man das wenigstens auf der Höhe
Zwei Beispiele! Wenn Herr Scherf, auch das ist für mich nur eine Präsentation seiner Vorurteile, sagt, die Grünen wollten erst einmal nur eine Idylle einrichten und sich um alles andere nicht kümmern, ich meine, da kann ich mich nur fragen, in welchem Bundesland, Herr Scherf, leben Sie eigentlich! Ich kann mir ja manchmal vorstellen, so selten wie Sie hier im Parlament sind, dass Sie nicht so richtig wahrnehmen, was wir hier treiben und wie wir argumentieren, aber auch das wäre ja von Vorteil, wenn Sie sich das ab und zu einmal genauer anhören würden.
Ich möchte jedenfalls deutlich hervorheben, wer sich die Mühe macht, die Politik der grünen Fraktion und auch unsere Zukunftsvorstellungen genauer anzuschauen, kann nicht behaupten, wir würden Obstruktionspolitik machen, wir würden uns um die harten Themen nicht kümmern. Wir kümmern uns um Arbeitsplätze und Einwohner, da haben wir allerdings in den letzten Jahren, sowohl die Kulturpolitik als auch die Bildungspolitik betreffend, etliche Vorschläge gemacht, die die SPD jetzt aufgreift. Ein bisschen spät, aber immerhin greift sie die jetzt auf, und wenn man sich anschaut, in welche Richtung das Sanierungsprogramm weitergeführt werden muss, wenn es wirklich modern sein soll, dann hat das nichts mit Roncalli zu tun, sondern mit der richtigen Verbindung bei der Modernisierung einer Großstadt, dass man nicht sagt, erst kommen die harten Faktoren und dann die weichen, sondern es geht um die intelligente, moderne Verbindung von harten und weichen Standortfaktoren, und erst auf dieser Grundlage lässt sich das Sanierungsprogramm neu gestalten! – Danke schön!
Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Gesetzentwurf des Senats in ihrer 66. Sitzung am 23. Oktober 2002 in erster Lesung beschlossen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hoffe, ich versetze Ihnen keinen Schock, denn nach der doch relativ bewegten Debatte von eben komme ich nun zu einem Thema aus dem Dienstrecht, und dies ist ja anerkannterweise etwas trocken.
Gleichwohl, meine Damen und Herren, bei dem heute in der zweiten Lesung zu beratenden Disziplinargesetz handelt es sich um einen Entwurf, der nicht nur die Umbenennung von Disziplinarordnung in Disziplinargesetz vorsieht, sondern zum großen Teil völlig neue Inhalte, also Disziplinarrecht setzt und damit die Unzulänglichkeiten der alten bisherigen Disziplinarordnung auflöst.
Mir wäre wohler, diese Anmerkung sei mir in diesem Zusammenhang gestattet, wenn, wie bei Gesetzgebungsverfahren prinzipiell zwischen erster und zweiter Lesung, der Gesetzentwurf nach der ersten Lesung an eine zuständige Deputation oder an einen Parlamentsausschuss zur Beratung überwiesen worden wäre. Aber entgegen dem Paragraphen 97 des Bremischen Beamtengesetzes, in dem noch die bis 1999 existierende Deputation für öffentliches Dienstrecht und Verwaltungsreform als zuständige Deputation für Dienstrecht verzeichnet ist, gibt es in dieser Wahlperiode kein zuständiges Gremium, das eine solche Gesetzesvorlage wie die des Disziplinargesetzes fachlich politisch beraten könnte.
Es bleibt zurzeit also Interessierten in den Fraktionen vorbehalten, sich mit solchen dienstrechtlichen Initiativen auseinander zu setzen wie dem vorliegenden Disziplinargesetz.
Meine Damen und Herren, Beamtinnen und Beamte stellen eine relativ große Zahl von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst dar und sind mit den beiden anderen Beschäftigungsgruppen des bremi––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
schen öffentlichen Dienstes eine große Beschäftigungsgruppe insgesamt in Bremen. Deshalb muss meines Erachtens auch den Entwicklungen im Dienstrecht entsprechende Beachtung gerade auch durch dieses Parlament als Haushaltsgesetzgeber geschenkt werden.
Das Berufsbeamtentum ist ja gerade aktuell im Gespräch, angestoßen durch das Land Berlin, da geht es schon um gravierende Überlegungen im Hinblick auf dienstrechtliche Regelungen. Ich will hier heute jedoch dazu keine Stellung beziehen, wenn ich auch überzeugt bin, dass das Thema Reduktion der Beamtenbesoldung und Regelungskompetenz für Besoldungsrecht durch die Länder auch an diesem Hause nicht unangesprochen vorbeigehen wird.
Meine Damen und Herren, der vorgelegte Entwurf zur Neuordnung des bremischen Disziplinarrechts, zukünftig also Bremisches Disziplinargesetz genannt, ist ein durchaus zu begrüßendes Gesetzeswerk. Die Modernisierung und Aktualisierung des Disziplinarrechts ist lange überfällig. Deshalb darf ich auch dem Konstrukteur dieses Gesetzentwurfs, dem Referatsleiter beim Senator für Finanzen, Herrn Kahnert, meinen Dank aussprechen. Auch wenn Berufsvertretungen des öffentlichen Dienstes in einigen Bestimmungen ihre Forderungen nicht verwirklicht sehen, ist der Entwurf grundsätzlich von allen begrüßt worden.
Dieses Gesetz, das die bremische Disziplinarordnung ablöst, ist den Erfordernissen gerecht geworden, ein modernes und praktikables Verfahren zu regeln, das insbesondere auch die Dauer der Verfahren wesentlich verkürzen wird. Es wird darüber hinaus auch zur Vereinheitlichung des Disziplinarrechts des Bundes und der Länder beitragen. In Anlehnung an das Bundesdisziplinarrecht wird dieses Gesetz die Bindung an die Strafprozessordnung lösen und hinführen zu den Grundsätzen des Verwaltungsverfahrens und Prozessrechts. Das führt auch dazu, dass Verwaltungsgerichte, die im Rahmen ihrer Verfahrensordnungen handeln, damit effizienter werden arbeiten können, was Disziplinarverfahren anbelangt.
Insgesamt, meine Damen und Herren, ohne auf die einzelnen Bestimmungen des Gesetzes einzugehen, ist ein ganz entscheidender Vorteil des neuen Disziplinarrechts die Beschleunigung der Verfahren. Der sich aus Paragraph 4 ergebende Grundsatz des Gebots der Beschleunigung von Verfahren zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Gesetz. Allein diese Tatsache hätte schon die Änderung des Disziplinarrechts gerechtfertigt. Wer sich ein wenig aus der Vergangenheit mit Disziplinarrecht und daraus resultierender Dauer der Verfahren auskennt, wird bestätigen, dass die Verfahren zum Teil endlos verliefen, häufig mit Einstellung endeten. Gerade Disziplinarverfahren, die eröffnet wurden und werden, wenn ein Dienstvergehen einer Beamtin oder
eines Beamten angezeigt wird, lässt für die Dauer des Verfahrens keine Beförderung zu. Wenn sich später herausstellt, dass ein Dienstvergehen nicht vorlag, ist der Beamte ohne Verschulden benachteiligt.
Insofern, meine Damen und Herren, ist das neue Gesetz geeignet, diese Verfahren weitestgehend nicht ungerechtfertigt zu Lasten der Beamten gehen zu lassen. Dennoch bleibt, wer eine Dienstpflichtverletzung gemäß Paragraph 53 folgende Bremisches Beamtengesetz begeht, wird disziplinarrechtlich Konsequenzen auf sich nehmen müssen. Paragraph 76 Bremisches Beamtengesetz verweist dazu auf die Folgen der Nichterfüllung von Pflichten innerhalb und außerhalb des Dienstes nach dem Disziplinargesetz.
Meine Damen und Herren, auf den ersten Blick ist sicher die Frage gerechtfertigt, ob denn das alles noch zeitgemäß ist. Stellt das Disziplinarrecht nicht Doppelbestrafung dar, gehört die Disziplinierung als Wort noch in unsere Zeit, oder sollte auch hier nicht der Erziehungsfaktor Vorrang haben vor der Disziplinierung?
Eine Diskussion, die lange geführt wird, bislang jedoch keine Änderungen in den Grundsatzfragen herbeigeführt hat! Ich glaube, solange der Artikel 33 Grundgesetz die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums und das öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis regelt, muss auch an Regularien festgehalten werden, die Dienstordnung regeln und Fehlverhalten von Beamten, die sich dem grundgesetzlichen Rahmen unterwerfen, in der in diesem Disziplinargesetz vorgesehenen Form ahnden.
Dabei ist ein Fehlverhalten nicht nur, wenn gegen Strafrecht verstoßen wurde, sondern auch unterhalb dessen gibt es durchaus Dienstvergehen, die zu ahnden sind.
Meine Damen und Herren, ich wollte nicht zu tief einsteigen, deshalb komme ich jetzt noch einmal auf die Stellungnahme der Berufsverbände zu sprechen. Insbesondere auch der DGB hat eine umfängliche Stellungnahme abgegeben, die zwar im Wesentlichen nachvollziehbar ist, aber andererseits auch in der Gegenargumentation, die sehr deutlich vorgetragen worden ist vom Senat, dass hier diese Begründungen nicht ausreichen, um dieses Gesetz entsprechend zu ändern.
Dabei ist mir aufgefallen, dass bestimmte Vorschläge durchaus einer intensiveren Betrachtung in der Zukunft unterzogen werden sollten, wo mit diesem Gesetz heute in der vorliegenden Form abgeschlossen werden muss. Aber es sollte zum Beispiel überlegt werden, ob Disziplinarrecht konzeptionell in ein so genanntes Konfliktmanagement integriert werden kann. Genauso wäre es überlegenswert, statt Disziplinar- das Wort Dienstordnung oder Gesetz über die Verfolgung von Dienstvergehen, wie der
Paragraph 76 zum Beispiel des Bremischen Beamtengesetzes auch titelt, als Gesetzesbezeichnung festzulegen. Das allerdings würde für dieses Gesetz eine erhebliche redaktionelle Überarbeitung des Entwurfs bedeuten. Von daher und aus Zeitgründen wäre in diesem Fall davon zunächst abzusehen. Hinzu käme, dass wir in diesen Punkten dann auch bei den vereinheitlichenden Elementen dieses Gesetzes, was Bundes- und Länderdisziplinargesetze anbelangt, da etwas ausscheren würden.
Zum Schluss darf ich kurz auf den Änderungsantrag der Koalition zu sprechen kommen, der Ihnen ja vorliegt. Wir haben hier zwei Vorschläge zur Änderung beziehungsweise Ergänzung einzelner Bestimmungen dieses Disziplinargesetzes gemacht. Der erste ist die Ergänzung des Paragraphen 17. Wir haben diesen Vorschlag gemacht, um zumindest die Möglichkeit zu eröffnen, hier zentral Disziplinarvorgänge bearbeiten zu können. Das hätte zur Folge, dass erstens die einzelnen Dienstvorgesetzten, die jeweils in der Regel einen Disziplinarsachbearbeiter vorhalten, auf diesen verzichten könnten, es würde also zu Einsparungen kommen können, zweitens wäre hier auch ein schnelleres Verfahren noch in sich gewährleistet, und drittens, es ist nicht von der Hand zu weisen, dass bei einer zentralen Bearbeitung von Disziplinarverfahren die Einheitlichkeit auch in der Höhe der Ahndung gewährleistet wäre, auch das wäre ein Vorteil.
Dabei möchte ich anmerken, dass in Bremerhaven, da es in Bremerhaven ohnehin nur einen Dienstvorgesetzten gibt, diese Regelung schon besteht, von daher hätte es dieser ausdrücklichen Benennung von Bremerhaven nicht bedurft. Dennoch ist insgesamt im Lande Bremen und hier für die Stadtgemeinde Bremen auch diese Möglichkeit einzuräumen.
Das Zweite ist die Änderung des Paragraphen 22. Aus dem Wort „wird“ soll „kann“ werden. Das heißt, hier soll ein Ermessen gegeben werden, um eventuell trotz eines anhängigen Strafverfahrens ein Disziplinarverfahren fortzuführen, wobei dabei gesehen werden muss, dass erreicht wird, was auch Grundforderung dieses Disziplinargesetzes ist, dass die Verfahren beschleunigt werden, dass dies auch hier erreicht wird, wenn Disziplinarverfahren trotz anhängiger Strafverfahren durchgeführt werden können.
Auf der anderen Seite – ich komme zum Schluss, Herr Präsident – bei der im Ermessen stehenden Entscheidung, ob ein Disziplinarverfahren auszusetzen ist, ist darauf abzustellen, dass unterschiedliche Ergebnisse im Straf- und Disziplinarverfahren ausgeschlossen werden.
Ein letzter Satz! Ich glaube, das Haus ist gut beraten, diesem Gesetzentwurf auch in zweiter Lesung zuzustimmen, weil er eine positive Fortschreibung
dienstrechtlicher Vorschriften beinhaltet und von daher es insgesamt ein dienstrechtlicher Schritt nach vorn ist.